Geld oder Liebe?: Der kleine Fürst 280 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Ich habe mich leider gezwungen gesehen, unseren Familienrat einzuberufen«, sagte Alma Gräfin von Hedestein mit kalter Stimme. »Benjamin, hast du uns etwas zu sagen?« Benjamin von Hedestein, ihr ältester Enkel, erbleichte. Er hatte geahnt, was folgen würde, doch bis zu diesem Moment noch immer gehofft, es gebe einen anderen Grund für diesen Termin als sein eigenmächtiges Verhalten. Wie hatte sie davon erfahren? Er war so sicher gewesen, dass noch niemand in der Familie ahnte, was er getan hatte! Was sollte er jetzt sagen? Was konnte er sagen? »Wir warten!« Kalt und scharf zerschnitt Almas Stimme die Stille, die sich nach ihrer Frage ausgebreitet hatte. Benjamin hob den Kopf, sah in lauter fragende Gesichter, begegnete dem unsicheren Blick seiner Frau, die so unwissend war wie alle anderen hier im Raum. Alle, außer Alma und ihm selbst. »Ich habe …«, begann er, doch sofort versagte ihm die Stimme, er musste sich räuspern. Seine Handflächen waren feucht, ihm war übel, und er fing an zu schwitzen. Mit welchen Worten sollte er erklären, was er getan hatte? Es kam ihm jetzt selbst ganz ungeheuerlich vor, dass er, ohne den Familienrat einzuschalten, wie es üblich war, mit den Rücklagen der Firma … spekuliert hatte. Ja, so musste man das wohl sagen. Er hatte sich eingeredet, ein seriöses, Gewinn versprechendes Geschäft abgeschlossen zu haben, in Wirklichkeit aber hatte er sich auf eine ziemlich undurchsichtige – jedenfalls für ihn – Transaktion eingelassen.
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Buchvorschau
Geld oder Liebe? - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 280 –
Geld oder Liebe?
Hochmut kommt vor dem Fall
Viola Maybach
»Ich habe mich leider gezwungen gesehen, unseren Familienrat einzuberufen«, sagte Alma Gräfin von Hedestein mit kalter Stimme. »Benjamin, hast du uns etwas zu sagen?«
Benjamin von Hedestein, ihr ältester Enkel, erbleichte. Er hatte geahnt, was folgen würde, doch bis zu diesem Moment noch immer gehofft, es gebe einen anderen Grund für diesen Termin als sein eigenmächtiges Verhalten. Wie hatte sie davon erfahren? Er war so sicher gewesen, dass noch niemand in der Familie ahnte, was er getan hatte! Was sollte er jetzt sagen? Was konnte er sagen?
»Wir warten!« Kalt und scharf zerschnitt Almas Stimme die Stille, die sich nach ihrer Frage ausgebreitet hatte.
Benjamin hob den Kopf, sah in lauter fragende Gesichter, begegnete dem unsicheren Blick seiner Frau, die so unwissend war wie alle anderen hier im Raum. Alle, außer Alma und ihm selbst.
»Ich habe …«, begann er, doch sofort versagte ihm die Stimme, er musste sich räuspern. Seine Handflächen waren feucht, ihm war übel, und er fing an zu schwitzen. Mit welchen Worten sollte er erklären, was er getan hatte? Es kam ihm jetzt selbst ganz ungeheuerlich vor, dass er, ohne den Familienrat einzuschalten, wie es üblich war, mit den Rücklagen der Firma … spekuliert hatte. Ja, so musste man das wohl sagen. Er hatte sich eingeredet, ein seriöses, Gewinn versprechendes Geschäft abgeschlossen zu haben, in Wirklichkeit aber hatte er sich auf eine ziemlich undurchsichtige – jedenfalls für ihn – Transaktion eingelassen.
Er räusperte sich noch einmal, bevor Alma ihn erneut ermahnen konnte. »Herr Dr. Fritzkow, unser neuer Bankberater, riet mir zu einem Termingeschäft mit der chinesischen Währung«, sagte er, wobei er sich um einen sachlichen Tonfall bemühte. »Er hatte sich sehr gut auf unser Gespräch vorbereitet und erklärte mir, wenn wir unsere Firma breiter aufstellen wollten, würden wir zusätzliches Kapital benötigen.«
»Breiter aufstellen?«, fragte sein Vater, Ludwig Graf von Hedestein.
Alma fuhr dazwischen. »Lass ihn ausreden!«
Sein Vater verstummte sofort, wie immer alle verstummten, wenn Alma es verlangte.
Benjamin fragte sich zum ersten Mal, ob es eigentlich jemanden gab, der seine Großmutter aufrichtig gern hatte. Alle fürchteten sie, jeder hatte Respekt vor ihr. Aber wer liebte sie?
»Ja, unser Sortiment verbreitern«, sagte er in Richtung seines Vaters. »Jedenfalls schlug mir Herr Dr. Fritzkow vor, große Mengen chinesischer Währung zu kaufen, abzuwarten, bis sie weiter gestiegen war und sie dann zu verkaufen. Das war eigentlich alles.«
»Bist du darauf eingegangen?«, fragte Alma.
Dieses Mal war es seine Mutter, die sich einmischte. »Das kann er ja wohl kaum getan haben, der Familienrat hat seit längerem nicht getagt!«, sagte Gräfin Barbara. »Ich weiß wirklich nicht, was das hier soll, Mutter!«
Alma warf ihr einen vernichtenden Blick zu, woraufhin auch Barbara verstummte.
»Ja, das habe ich«, antwortete Benjamin. Es tat ihm leid für seine Mutter, dass er das zugeben musste, aber es war nun einmal die Wahrheit. »Mir schien alles klug und durchdacht zu sein, das Risiko war minimal. Dr. von Fritzkow zeigte mir die Kurvenverläufe der chinesischen Währung und machte mir drei verschiedene Rechnungen auf. Selbst im schlechtesten Fall hätten wir noch einen satten Gewinn gemacht, im besten …«
Das war der Punkt, an dem sich sein jüngster Bruder Sebastian einschaltete. »Wie viel Geld hast du denn eingesetzt?«
Benjamin stockte nur kurz, aber es nützte ja nichts, die Wahrheit würde sowieso herauskommen. »Alles«, sagte er und setzte etwas dümmlich hinzu: »Es sollte sich ja lohnen.«
»Ohne den Familienrat zu fragen?«, fragte Sebastian ungläubig.
»Dazu war keine Zeit«, behauptete Benjamin, was natürlich Unsinn war, aber er wusste nicht, was er sonst vorbringen sollte.
»Und wie viel Gewinn hat das Geschäft eingebracht?«, erkundigte sich sein Vater.
Jetzt kam der kritische Punkt. Benjamin atmete tief durch. Wieso war Alma auf einmal so still? Wieso sagte sie nichts mehr? Sie saß da wie eine Spinne in ihrem Netz, die das zappelnde Insekt beobachtet, dass sie gerade gefangen hat. Eine neue Welle der Übelkeit überkam ihn, er musste mehrmals schlucken. »Das weiß ich noch nicht«, antwortete er schließlich. »Offenbar hat es eine Verzögerung gegeben, das Geld ist noch nicht zurück.«
Schweigen breitete sich in der Runde aus, auch Alma sagte nichts. Hoch aufgerichtet saß sie am Kopfende des Tisches, aber er machte sich keine Illusionen. Sie war noch nicht fertig mit ihm. Sie hatte noch etwas in der Hinterhand, und er ahnte, dass es keine guten Nachrichten waren. Dass er in der Bank mittlerweile nicht einmal mehr jemanden ans Telefon bekam, konnte kein gutes Zeichen sein. Und die Gerüchte, die ihm natürlich auch längst zu Ohren gekommen waren, besagten ebenfalls nichts Gutes.
Aber letzten Endes: Was war denn schon passiert? Das Geschäft hatte vielleicht nichts eingebracht, aber es gab Schlimmeres in seinen Augen.
Alma ergriff erneut das Wort. »Dr. Peter von Fritzkow«, sagte sie, »ist ein Betrüger. Er sitzt bereits in Untersuchungshaft. Er hat unvorstellbare Geldmengen regelrecht verzockt, und er hat seine kriminellen Machenschaften sehr geschickt zu verschleiern gewusst. Leute wie du, Benjamin, haben ihm dazu gedient, die Fassade vom fleißigen Bankmitarbeiter aufrechtzuerhalten, der die Kunden gut betreut, so dass sie Vertrauen zu ihm fassen und seinen Vorschlägen folgen. Er hat dieses Spiel auch noch mit einigen anderen gutgläubigen Kundinnen und Kunden getrieben.«
Bis dahin hatte ihre Stimme beinahe gleichmütig geklungen, jetzt gewann sie, wie schon zu Beginn dieser Zusammenkunft, wieder an Schärfe. »Die Bank wird vermutlich schließen müssen, es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie sich von dem Schaden, den dieser Mann angerichtet hat, erholen kann. Er hat Milliarden verbrannt – und unsere Millionen sind ein Teil davon. Du hast unser Geld verspielt, Benjamin. Wir sind im Augenblick zahlungsunfähig.«
Das letzte Wort sorgte dafür, dass sich ihr mit einem Ruck alle Köpfe zuwandten. Münder blieben halb offen stehen, ungläubige Blicke wanderten hin und her, jemand stöhnte, aber niemand sagte ein Wort.
Benjamin hätte beinahe gelacht. Was redete sie denn da? Gut, er hatte gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen und eigenmächtig ein Geschäft abgeschlossen, ohne vorher Rücksprache zu nehmen, aber dadurch stand die Firma Hedestein ja nicht gleich vor dem Ruin!
Doch noch während er sich selbst zu beschwichtigen versuchte, erinnerte er sich an seinen Versuch, in der Bank vorgelassen zu werden und Auskunft über den Verbleib der Millionen zu bekommen, die er angelegt hatte. Er erinnerte sich an den geschmeidigen Peter von Fritzkow, der auf jede seiner Fragen eine passende Antwort gehabt und ihm die Gewinne in leuchtenden Farben ausgemalt hatte. Er erinnerte sich aber auch, dass er einiges nicht verstanden, aber trotzdem nicht hatte nachfragen sollen, um seine Unkenntnis nicht zu offenbaren. Er hatte sich hereinlegen lassen!
Aber trotzdem: Die Millionen konnten ja nicht einfach verschwunden sein!
»Das ist unmöglich«, sagte er. »Ich habe nichts verspielt, ich habe die chinesische Währung gekauft. Wir können sie wieder