Für dich tun wir alles: Sophienlust 478 – Familienroman
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Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Es war zwölf Uhr mittags. Dorthe Holthaus stand in ihrer Küche, um das Mittagessen für sich und die Kinder zuzubereiten, als sie das Klappen der Haustür hörte. Sie lief in die Diele und blieb wie erstarrt stehen, als sie in das totenblasse Gesicht ihres Mannes blickte. »Dieter …, du?«, flüsterte sie erschrocken. »Bist du krank?« Sie war nicht daran gewöhnt, dass er zu so früher Stunde heimkam. Er, der Neffe des alten Holthaus, musste genauso gewisssenhaft wie jeder Angestellte der großen Möbelfabrik seine Arbeitszeit einhalten. Dorthe Holthaus liebte ihren Mann über alles. Sie wusste, dass nur ganz triftige Gründe ihn veranlassen konnten, die Fabrik vormittags zu verlassen. »Ich bin nicht krank«, antwortete er auf ihre Frage. »Es ist etwas viel Schlimmeres.« Seine Wangenmuskeln zuckten und seine Stimme klang unsicher. »Hat Hartmut endlich erreicht, was er wollte?« Eine andere Erklärung fand sie nicht, denn Hartmut Freiberg, dem Schwiegersohn von Maximilian Holthaus, war Dieter ein Dorn im Auge. Dorthe hatte seit dem Tag, an dem Dieter sie der Familie als seine Frau vorgestellt hatte, viel Kummer gehabt, und nur die Liebe ihres Mannes und ihrer beiden reizenden Kinder Jan und Bibi hatten ihr darüber hinweggeholfen. Sie sollte an diesem Tag noch viel darüber nachdenken. Jetzt war es ihr erst einmal wichtig zu erfahren, was ihren Mann so elend machte. Ihre Augen weiteten sich erschreckt, als er hervorstieß: »Es fehlen vierzigtausend Euro, und sie wollen es mir anhängen.
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Familie Dr. Norden - Neue Edition
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Buchvorschau
Für dich tun wir alles - Patricia Vandenberg
Sophienlust
– 478 –
Für dich tun wir alles
Patricia Vandenberg
Es war zwölf Uhr mittags. Dorthe Holthaus stand in ihrer Küche, um das Mittagessen für sich und die Kinder zuzubereiten, als sie das Klappen der Haustür hörte. Sie lief in die Diele und blieb wie erstarrt stehen, als sie in das totenblasse Gesicht ihres Mannes blickte.
»Dieter …, du?«, flüsterte sie erschrocken. »Bist du krank?« Sie war nicht daran gewöhnt, dass er zu so früher Stunde heimkam. Er, der Neffe des alten Holthaus, musste genauso gewisssenhaft wie jeder Angestellte der großen Möbelfabrik seine Arbeitszeit einhalten.
Dorthe Holthaus liebte ihren Mann über alles. Sie wusste, dass nur ganz triftige Gründe ihn veranlassen konnten, die Fabrik vormittags zu verlassen.
»Ich bin nicht krank«, antwortete er auf ihre Frage. »Es ist etwas viel Schlimmeres.« Seine Wangenmuskeln zuckten und seine Stimme klang unsicher.
»Hat Hartmut endlich erreicht, was er wollte?« Eine andere Erklärung fand sie nicht, denn Hartmut Freiberg, dem Schwiegersohn von Maximilian Holthaus, war Dieter ein Dorn im Auge. Dorthe hatte seit dem Tag, an dem Dieter sie der Familie als seine Frau vorgestellt hatte, viel Kummer gehabt, und nur die Liebe ihres Mannes und ihrer beiden reizenden Kinder Jan und Bibi hatten ihr darüber hinweggeholfen.
Sie sollte an diesem Tag noch viel darüber nachdenken. Jetzt war es ihr erst einmal wichtig zu erfahren, was ihren Mann so elend machte.
Ihre Augen weiteten sich erschreckt, als er hervorstieß: »Es fehlen vierzigtausend Euro, und sie wollen es mir anhängen. Den letzten beißen die Hunde.« Unendlich bitter klang seine Stimme.
»Aber das ist doch unmöglich!«, flüsterte Dorthe. »Onkel Maximilian mag sein, wie er will, aber er ist gerecht.«
»Mein liebes Dorthekind«, meinte Dieter Holthaus, »es gibt nur drei, die dafür in Frage kommen: Werner, Hartmut und ich. Du wirst doch wohl nicht glauben, dass Onkel Maximilian seinen Sohn und seinen Schwiegersohn verdächtigen würde? Ich würde das auch weit von mir weisen.«
»Aber kann es denn nicht jemand anders gewesen sein?«, fragte sie niedergeschlagen. »Vielleicht ist das Geld falsch verbucht.«
»Es kann nicht falsch verbucht sein. Es ist aus dem Safe verschwunden. Na, wenigstens du wirst mir wohl glauben, dass ich es nicht genommen habe. Vielleicht ist es weggezaubert worden«, fügte er sarkastisch hinzu. »Jedenfalls hat man mir nahegelegt, mich nach Hause zu begeben und weitere Entscheidungen abzuwarten. Einen Skandal will man natürlich nicht. Guter Gott! Der Name Holthaus in den Schmutz gezogen – das würde Onkel Maximilian nicht überleben.«
Dieter Holthaus fühlte sich jetzt, nachdem er es Dorthe gesagt hatte, etwas erleichtert. Sie teilten alles miteinander, Freude und Leid, sie ahnten in diesem Augenblick, dass ihnen eine schwere Zeit bevorstand.
Dorthe zwang sich zu einer zuversichtlichen Miene. »Es wird sich aufklären, Dieter«, versicherte sie eindringlich. »Es muss sich ja aufklären. Vierzigtausend Euro können doch nicht einfach verschwinden!«
*
Jan und Bibi Holthaus waren auf dem Heimweg von der Schule. Friedlich vereint gingen sie, wie an jedem Tag, den gleichen Weg, der sie auch am Haus Hartmut Freibergs vorüberführte. Die herrliche Villa hatte Irene Freiberg, Tochter von Maximilian Holthaus, als Mitgift in die Ehe gebracht. Mit dem Bargeld war der Senior nicht so großzügig. Er, der sich aus kleinsten Anfängen emporgearbeitet und aus einem Handwerksbetrieb die riesige Möbelfabrik geschaffen hatte, vertrat den Standpunkt, dass sich Sohn und Schwiegersohn ebenso wie der Neffe ihr Geld erst mal verdienen müssten.
Bibi hatte Hannes, Hartmut Freibergs Sohn, schon bemerkt. Sie raunte ihrem Bruder Jan rasch noch eine Warnung zu, als Hannes auch schon auf sie zugestürzt kam.
Hannes fand immer etwas, womit er die beiden Kleineren ärgern konnte. Jan und Bibi hatten sich daran gewöhnt und nahmen es auch gelassen hin, weil ihre Mutti ihnen eindringlich eingeschärft hatte, dass sie keinen Streit mit Hannes beginnen sollten. Aber heute hatte sich Hannes etwas ganz Besonderes ausgedacht.
»Euer Vater ist ein Dieb, euer Vater ist ein Dieb, ein Mi-ma-mausedieb«, sang er und tanzte dabei um sie herum.
Das war Jan doch zu viel. »Du bist gemein«, stieß er hervor. »So ein gemeiner Lügner!«
»Ihr werdet es schon sehen«, höhnte Hannes. »Wenn Großpapa will, kommt er auch noch ins Kittchen.«
»Hannes«, rief eine schrille Stimme, dann erschien Irene Freiberg. Sie warf Jan und Bibi einen eisigen Blick zu, nahm ihren Sohn bei der Hand und zog ihn in den Garten.
»Ich habe dir gesagt, dass du nicht mit ihnen reden sollst«, hörten die beiden verstörten Kinder sie sagen.
»Ihr Vater ist doch ein Dieb«, erklang Hannes Stimme. »Ich habe gehört, wie ihr darüber gesprochen habt.«
Danach wurde eine Tür mit einem lauten Krach geschlossen. Bibi und Jan hörten nun nichts mehr.
»Oh, sie sind ja so gemein«, flüsterte Bibi. Große Tränen rannen über ihre Wangen. »Warum können wir nicht woanders wohnen?«
»Weil wir jetzt das schöne Haus haben«, erklärte Jan nachdenklich. »Und weil wir Holthaus heißen. Großonkel Maximilian hat Vatis Studium bezahlt, deswegen muss er ihm dankbar sein.«
»Aber sie dürfen Vati doch nicht einen Dieb nennen«, meinte Bibi ängstlich.
»Du weißt ja, wie gräßlich er immer redet. Das kommt davon, weil er alles darf. Diesmal werde ich es Vati aber sagen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen.«
Dieser Meinung war Bibi auch, aber ihr Gesicht wurde noch ängstlicher, als sie den Wagen ihres Vaters in der Garage gewahrte.
»Vati ist schon zu Hause«, flüsterte sie. »Das haben wir noch nie erlebt. Nur im Urlaub.«
»Vielleicht hat er Urlaub«, versuchte Jan sie zu beruhigen.
»Nein, bestimmt nicht!«, erwiderte sie beklommen. »Den hatte er im Sommer in den Schulferien. Weißt du, Jan, wir sagen besser noch gar nichts. Wir warten erst mal ab.«
Nun, es herrschte heute eine ganz komische Stimmung in dem schönen neuen Haus, das sie erst im Sommer bezogen hatten. Vati sei krank, sagte die Mutter, aber sie selbst sah auch ganz elend aus. Sie aß auch gar nichts, und den Kindern wollte es auch nicht schmecken.
»Ist Vati wirklich krank?«, fragte Bibi kleinlaut.
»Er fühlt sich nicht wohl, deswegen hat er sich hingelegt«, wich Dorthe aus.
Jan kniff die Augen zusammen und blickte vor sich hin. »Der Hannes war heute ganz gemein«, rutschte es ihm nun doch heraus.
»Euer Vater ist ein Dieb, hat er gesagt. Das können wir uns doch nicht gefallen lassen, Mutti.«
Dorthe Holthaus verschlang die Hände ineinander und rang nach Fassung.
»Nein, das werden wir uns nicht gefallen lassen«, erklärte sie mit seltsam klangloser Stimme. »Geht jetzt auf euer Zimmer und macht Hausaufgaben! Ich muss noch etwas Wichtiges erledigen.«
Jan und Bibi schlichen bedrückt davon. Ja, heute war alles ganz anders. Es machte ihnen plötzlich sehr viel aus, von Hannes gehänselt zu werden.
»Vati ist kein Dieb«, behauptete Jan. »Ich weiß es ganz gewiss.«
»Aber etwas muss passiert sein«, meinte Bibi. »Sonst wäre Vati nicht zu Hause.«
*
»Ich muss etwas tun«, dachte Dorthe. Die Kinder müssen von diesem Ränkespiel möglichst verschont bleiben. Hannes wird schon dafür sorgen, dass geklatscht wird. Sie kannte die Boshaftigkeiten dieses verwöhnten Jungen zur Genüge und hatte selbst schon manches einstecken müssen, wobei ›Landei‹ und ›Gänseliesel‹ noch die sanftesten Ausdrücke gewesen waren. Sie wusste auch, dass Hannes es nicht anders aus dem Munde seiner Eltern hörte.
Gewiss, sie stammte aus bescheidenen Verhältnissen. Ihre Eltern hatten einen kleinen Bauernhof in Friesland, und dort war die hübsche blonde Dorthe aufgewachsen. Zwar hatte sie eine gute Schule besucht, aber was galt das schon in dieser Familie? Zumindest Irene hatte vergessen, dass ihr Vater auch einmal als Handwerker angefangen hatte.
Für Dieter und Dorthe war es Liebe auf den ersten Blick gewesen, als sie sich an einem Sonntagnachmittag an der See kennengelernt hatten. Der alte Maximilian Holthaus hatte Dorthe gerade nur soweit akzeptiert, wie er überhaupt einen Menschen akzeptierte, der nicht zu seiner Familie gehörte, und den er nicht selbst als Ehepartner ausgewählt hatte. Doch er war ein Mann, der seine Gefühle niemals zeigte. Niemandem, auch seinem Sohn Werner nicht.
Dorthe überlegte, ob sie mit Werner sprechen sollte. Aber was würde das schon nützen? Er war ja viel zu nachgiebig, um sich gegen seinen Vater aufzulehnen.
Aber sie musste etwas tun, um ihrem Mann zu helfen. Sie konnte nicht tatenlos zusehen, wie man ihn und ihr Leben zerstörte.
Einen Freund hatte Dieter: Dr. Robert Quirin, den Rechtsanwalt, der Dieter schon verschiedentlich angeboten hatte, doch eine Stellung bei seinem Schwager Henning van Droehmen anzunehmen. Aber das hatte der anständige Dieter nicht fertiggebracht. Ja, es war so, wie Jan vorhin zu seiner Schwester Bibi gesagt hatte: Weil Maximilian Holthaus ihm das Studium ermöglicht hatte, fühlte Dieter sich verpflichtet, in dieser feindseligen Atmosphäre, die dem Senior wahrscheinlich gar nicht bewusst war, auszuharren.
»Wenn wir uns nur lieben!« Wie oft hatte Dieter das gesagt. Dorthe hatte sich daran geklammert. Weil sie ihn liebte, wollte sie jetzt auch etwas für ihn tun.
Leise verließ sie das Haus, damit Dieter sie nicht hörte. Denn er würde sie bestimmt zurückhalten. Sie