Studentenehe: Sophienlust 157 – Familienroman
Von Susanne Svanberg
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Das Baby im Arm der eleganten Dame schrie aus Leibeskräften. Sein kleines rundes Gesichtchen war krebsrot. Wild fuchtelten die geballten Fäustchen durch die Luft.
Denise von Schoenecker ging der Besucherin lächelnd entgegen. Charmant reichte sie der Frau in dem auffallend modischen Kleid die Hand. Doch jeder Versuch einer Verständigung war durch das ohrenbetäubende Geschrei des Säuglings unmöglich. Die Besucherin zuckte die Schultern und verdrehte die Augen.
»Geben Sie mir das Kleine«, meinte Denise und streckte in ihrer mütterlichen Art die Hände aus.
Nur zu gern kam die vornehme Dame diesem Vorschlag nach. Sie war sichtlich froh, von der ungewohnten Last befreit zu werden. Und dann zeigte sich, dass sie das Baby nicht ungern, sondern auch äußerst ungeschickt gehalten hatte. Bei Denise beruhigte sich das Kind sofort.
»Ich bin Astrid Langenburg. Mein Mann ist Eigentümer des bedeutendsten Verlagshauses in diesem Raum«, stellte sich die brünette Dame mit der tadellos sitzenden Frisur vor.
Es hätte dieser Erläuterungen nicht bedurft. Denise kannte die Langenburgs und wusste, dass sie zu den reichsten Familien von Maibach gehörten. Der Verlag Max Langenburg beschäftigte etwa sechshundert Arbeiter und Angestellte.
Die jugendliche Denise von Schoenecker bot ihrer Besucherin einen Platz im Biedermeierzimmer an und setzte sich ihr gegenüber. Immer wieder sah sie auf den Säugling in ihrem Arm. Es war ein bildhübsches Kind mit einer glatten rosigen Haut und erstaunlich klaren dunklen Augen.
»Ich wollte Sie bitten, das Kind bei sich aufzunehmen, bis man Adoptionseltern gefunden hat«, begann Astrid Langenburg geschäftsmäßig. Ihre schlanken gepflegten Hände lagen dabei ruhig auf der Kroko-Ledertasche. An ihren etwas langen
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Buchvorschau
Studentenehe - Susanne Svanberg
Sophienlust
– 157–
Studentenehe
Wie beinahe ein großes Glück zerbrochen wäre
Susanne Svanberg
Das Baby im Arm der eleganten Dame schrie aus Leibeskräften. Sein kleines rundes Gesichtchen war krebsrot. Wild fuchtelten die geballten Fäustchen durch die Luft.
Denise von Schoenecker ging der Besucherin lächelnd entgegen. Charmant reichte sie der Frau in dem auffallend modischen Kleid die Hand. Doch jeder Versuch einer Verständigung war durch das ohrenbetäubende Geschrei des Säuglings unmöglich. Die Besucherin zuckte die Schultern und verdrehte die Augen.
»Geben Sie mir das Kleine«, meinte Denise und streckte in ihrer mütterlichen Art die Hände aus.
Nur zu gern kam die vornehme Dame diesem Vorschlag nach. Sie war sichtlich froh, von der ungewohnten Last befreit zu werden. Und dann zeigte sich, dass sie das Baby nicht ungern, sondern auch äußerst ungeschickt gehalten hatte. Bei Denise beruhigte sich das Kind sofort.
»Ich bin Astrid Langenburg. Mein Mann ist Eigentümer des bedeutendsten Verlagshauses in diesem Raum«, stellte sich die brünette Dame mit der tadellos sitzenden Frisur vor.
Es hätte dieser Erläuterungen nicht bedurft. Denise kannte die Langenburgs und wusste, dass sie zu den reichsten Familien von Maibach gehörten. Der Verlag Max Langenburg beschäftigte etwa sechshundert Arbeiter und Angestellte.
Die jugendliche Denise von Schoenecker bot ihrer Besucherin einen Platz im Biedermeierzimmer an und setzte sich ihr gegenüber. Immer wieder sah sie auf den Säugling in ihrem Arm. Es war ein bildhübsches Kind mit einer glatten rosigen Haut und erstaunlich klaren dunklen Augen.
»Ich wollte Sie bitten, das Kind bei sich aufzunehmen, bis man Adoptionseltern gefunden hat«, begann Astrid Langenburg geschäftsmäßig. Ihre schlanken gepflegten Hände lagen dabei ruhig auf der Kroko-Ledertasche. An ihren etwas langen Fingern glitzerten mehrere geschmackvoll ausgewählte Ringe. Auffallend war ein großer Diamant von bemerkenswerter Reinheit.
Denise zog fragend die Augenbrauen hoch. Wie kam die Frau des reichen Verlegers zu diesem hübschen Baby? Dass es nicht ihr eigenes Kind sein konnte, war sofort klar.
Astrid bemerkte den fragenden Blick und lachte gekünstelt. »Ich weiß, dass ich Ihnen eine Erklärung schuldig bin. Sie werden es nicht glauben, Frau von Schoenecker, aber ich habe das Kind gefunden. Gefunden wie eine Geldbörse oder einen Regenschirm.«
»Das ist allerdings erstaunlich«, sagte Denise überrascht. »Man kann sich gar nicht vorstellen, dass es eine Mutter gibt, die ein so süßes kleines Wesen herzlos aussetzt.«
»Möglicherweise ein armes unverheiratetes Mädchen …«
»Und Sie haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, wem das Kleine gehören könnte?« Mitleidig sah Denise auf den Säugling. Er war erst wenige Tage alt und doch schon ganz allein auf der Welt. Ein Kind, das Hilfe und Liebe brauchte. Ein Kind, das auf die Güte mitleidiger Menschen angewiesen war.
»Überhaupt keine. In der Decke lag lediglich ein Zettel mit einem einzigen Wort: Tim. Es soll wohl der Name sein.«
»Tim«, wiederholte Denise leise. Sie schaute in das kleine Gesichtchen mit den dicken Bäckchen und drückte das Bündel sanft an sich.
»Stellen Sie sich vor, ich gehe im Park meines Hotels am See spazieren und sehe auf einer Bank plötzlich eine karierte Decke. Zuerst dachte ich, ein Gast hätte sie liegenlassen. Doch dann sah ich, dass sich die Decke bewegte. Ich ging näher, weil ich mir das nicht erklären konnte. Ja, und da fand ich das Kind.« Die elegante Besucherin machte eine Pause und atmete tief durch. Dann fuhr sie fort: »Zunächst habe ich natürlich geglaubt, die Mutter oder eine andere Bezugsperson würde sich in der Nähe aufhalten. Ich habe den Park abgesucht, habe gerufen und habe den Portier um Unterstützung gebeten. Man hat die ganze Gegend abgesucht, aber leider vergeblich.«
»Sie fanden das Kind also nicht hier?«, erkundigte sich Denise interessiert.
Astrid Langenburg verneinte. »Ich war für einige Tage in Seewalchen am Attersee, einem kleinen ruhigen Ferienort, den ich sehr mag. Wissen Sie, ich bin Österreicherin und liebe meine Heimat sehr.«
Denise von Schoenecker bettete das Baby auf die Couch und holte sich Schreibzeug, um sich einige Notizen zu machen.
»Ich hätte mich auf den Standpunkt stellen können, dass mich das alles nichts angeht«, erklärte Astrid Langenburg selbstgefällig. »Aber das habe ich einfach nicht fertiggebracht. Tim wäre dann in ein staatliches Waisenhaus gekommen, in dem er wahrscheinlich eine traurige Zukunft gehabt hätte. Um das zu vermeiden, habe ich ihn kurzerhand hierhergebracht. Ich habe von Ihrem Kinderheim schon viel Gutes gehört und bin überzeugt, dass der Kleine hier die Pflege bekommt, die er braucht. Selbstverständlich komme ich für alle Unkosten auf.« Die Besucherin lächelte gewinnend. »Sie werden mich fragen, weshalb ich das Baby nicht behalte. Das ist nicht so einfach zu beantworten. Sehen Sie, mein Mann legt sehr viel Wert auf ein ruhiges gepflegtes Heim. Schon deshalb könnte ich es nicht verantworten, ein Kleinkind ins Haus zu nehmen. Außerdem hat er eine Tochter aus erster Ehe, die wahrscheinlich wenig Wert auf Familienzuwachs legen würde. Jedenfalls halte ich es für besser, wenn das Baby recht schnell von einem jungen Ehepaar adoptiert wird und so in einer Familie aufwächst. Ich glaube, dass Sie, Frau von Schoenecker, in der Vermittlung solcher Adoptionen einige Erfahrung haben. Bitte, regeln Sie alles Nötige. Sie sollen es nicht umsonst tun.«
»Das wird nicht so einfach sein, Frau Langenburg. Ich nehme Tim selbstverständlich gern auf. Allerdings bräuchte ich noch die Bestätigung der österreichischen Behörden, dass Tim als Findelkind gilt.«
Astrid Langenburg schluckte mehrmals. Eine hektische Röte brannte plötzlich auf ihren Wangen. »Genügt es, wenn ich diese Bescheinigung von meinem nächsten Besuch in Österreich mitbringe?«, fragte sie hastig.
Denise nickte lächelnd. »Schwieriger ist es mit der Adoption. Nach bestehendem Recht brauchen wir dafür das Einverständnis der Eltern, zumindest der Mutter.«
»Wenn man sie aber nicht kennt?«
»Es müssten entsprechende Nachforschungen angestellt werden.«
»Und wenn man nichts herausfindet?« Die Besucherin war jetzt lange nicht mehr so ruhig wie zuvor.
»Dann wird das Jugendamt darüber entscheiden. Vermutlich muss man sich auch mit den Behörden in Österreich absprechen. Auf jeden Fall wird man eine lange Wartezeit verstreichen lassen.«
»Und daran ist gar nichts zu ändern?«
»Nichts.«
»Aber es liegt doch gewiss im Interesse des Kindes, dass es möglichst rasch in eine Familie vermittelt wird.«
»Man geht davon aus, dass Kinder bei ihren eigenen Eltern die beste Pflege erfahren. Stellen Sie sich das Leid beider Parteien vor, wenn die Mutter nach vollzogener Adoption auftaucht und ihr Kind zurückfordert. Um solche Härtefälle zu vermeiden, wartet man lieber etwas länger.«
»Aber wenn sich nun herausstellen sollte, dass die Mutter im See ertrunken ist, dass sie Selbstmord begangen hat, wie man vermutete?« Frau Langenburg ließ nicht locker.
»Wenn die Mutter ledig war, ginge natürlich alles sehr schnell. Dann wäre Tim ja als Waise anzusehen.« Denise sah hinüber zur Couch. Der Säugling schlief friedlich. Er hatte von seinem schlimmen Schicksal keine Ahnung.
»Dann hängt also alles von der Klärung des Falles ab.« Astrid Langenburg legte mit spitzen Fingern einen Scheck auf die Tischplatte und erhob sich rasch. »Ich danke Ihnen für Ihr Entgegenkommen«, sagte sie reserviert. »Selbstverständlich erkundige ich mich wieder nach meinem Schützling.«
Ein wenig hochmütig neigte die reiche Frau den Kopf und verließ dann stolz und aufrecht das Zimmer. Denise läutete nach der Kinderschwester.
*
Nick, der hübsche Junge mit dem blauschwarzen Haar und den blitzenden dunklen Augen, stürmte temperamentvoll in die Halle. Er sah gerade noch, dass Pünktchen und Angelika eilig die Treppe emporrannten.
»Moment!«, rief Nick halblaut. »Ich gehe baden. Kommt ihr mit?« Er schwenkte die Badehose.
Die beiden Mädchen wandten sich um und kamen dann rasch zurück. Eigentlich hatten sie eine derartige Einladung noch nie abgeschlagen, doch jetzt schüttelte Pünktchen, die Kleine mit dem langen blonden Haar, den leuchtend blauen Augen und den vielen lustigen Sommersprossen auf dem Stupsnäschen, bedauernd den Kopf.
»Schwester Regine hat uns versprochen, dass wir das Baby spazieren fahren dürfen«, berichtete Angelika aufgeregt.
»Welches Baby denn?«, fragte Nick verblüfft. Als künftiger Erbe von Sophienlust kümmerte er sich eifrig um alles, was das Kinderheim betraf. Eigentlich war es noch nie vorgekommen, dass es auf Sophienlust etwas gab, was er nicht wusste. Obwohl er mit seiner Mutti, seinem Stiefvater und dem Halbbruder Henrik auf dem benachbarten Gut Schoeneich wohnte, kam er jeden Tag nach Sophienlust. Meist benutzte er für die kurze Strecke das Fahrrad, manchmal kam er aber auch hoch zu Ross, oder Denise nahm ihn im Wagen mit.
»Weißt du denn noch nichts von dem Findelkind?« Pünktchen blies erstaunt die Backen auf. Sie war seit vielen Jahren in Sophienlust. Das große schöne Haus war ihr zur zweiten Heimat geworden, und Nick war fast so etwas wie ein Bruder für sie. Von Anfang hatte er sich liebevoll um sie gekümmert. Viele gemeinsame Erlebnisse verbanden die beiden Kinder, ließen sie fast unzertrennlich werden.
»Ein Findelkind? Bei uns?« Nick strich sich die dunklen Locken aus der Stirn. »Ich habe immer gedacht, so etwas gäbe es nur in Büchern.«
»Nein, es gibt Tim wirklich. Und Frau Langenburg hat ihn tatsächlich gefunden. Einfach auf einer Bank am See.« Angelika reckte sich ein wenig. Sie war sehr stolz darauf, endlich einmal mehr zu wissen als Nick.
»Willst du ihn sehen?« Für Pünktchen stand bereits fest, dass sie an diesem Nachmittag auf ein