Himmlische Bestellung: Toni der Hüttenwirt 207 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Es war schon dunkel in Waldkogel. Norbert Seeberger ging mit seinem Mischlingshund Wuschel spazieren. Wuschel war ein folgsamer Hund, deshalb ließ er ihn meistens ohne Leine laufen.Plötzlich blieb Wuschel stehen. Er drehte den Kopf etwas, stellte die Ohren auf und rannte los.»Wuschel, hierher!«, rief ihm sein Herrchen nach.Doch Wuschel rannte laut bellend am Ufer des Bergsees entlang. So blieb Norbert Seeberger nur übrig, seinem Hund hinterherzurennen.Atemlos erreichte er seinen Hund, der begeistert um den Bürgermeister herumsprang.»Du, Fellbacher?«, staunte Seeberger. »Wenn ich gewusst hätte, dass du hier bist, hätte ich nicht so rennen müssen.Er setzte sich neben Fritz Fellbacher auf einen Baumstamm.»Hat es dich hierhergetrieben, Fritz? Die Ratssitzung ist wohl nicht zu deiner Zufriedenheit gelaufen?»Naa, des lief ganz und gar nicht in meinem Sinn, Norbert. Ich bin enttäuscht. Dass der Huber-Franz, Ruppert Schwarzers Bazi, von dem Industriegebiet begeistert sein würde, des hatte ich angenommen. Aber ich bin enttäuscht vom Weißgerber.
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Buchvorschau
Himmlische Bestellung - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 207–
Himmlische Bestellung
Alexanders innigster Wunsch
Friederike von Buchner
Es war schon dunkel in Waldkogel. Norbert Seeberger ging mit seinem Mischlingshund Wuschel spazieren. Wuschel war ein folgsamer Hund, deshalb ließ er ihn meistens ohne Leine laufen.
Plötzlich blieb Wuschel stehen. Er drehte den Kopf etwas, stellte die Ohren auf und rannte los.
»Wuschel, hierher!«, rief ihm sein Herrchen nach.
Doch Wuschel rannte laut bellend am Ufer des Bergsees entlang. So blieb Norbert Seeberger nur übrig, seinem Hund hinterherzurennen.
Atemlos erreichte er seinen Hund, der begeistert um den Bürgermeister herumsprang.
»Du, Fellbacher?«, staunte Seeberger. »Wenn ich gewusst hätte, dass du hier bist, hätte ich nicht so rennen müssen.«
Er setzte sich neben Fritz Fellbacher auf einen Baumstamm.
»Hat es dich hierhergetrieben, Fritz? Die Ratssitzung ist wohl nicht zu deiner Zufriedenheit gelaufen?«
»Naa, des lief ganz und gar nicht in meinem Sinn, Norbert. Ich bin enttäuscht. Dass der Huber-Franz, Ruppert Schwarzers Bazi, von dem Industriegebiet begeistert sein würde, des hatte ich angenommen. Aber ich bin enttäuscht vom Weißgerber. Dass der sich auf die Seite vom Huber schlägt, das hat mich doch erstaunt.«
Fritz Fellbacher schüttelte den Kopf. Er bückte sich und hob Wuschel auf seinen Schoß. Er streichelte ihn.
»Geld regiert die Welt, Fritz. Des weißt du doch. Weißgerber ist Geschäftsmann. Der wirtschaftliche Druck, den bekommt er auch zu spüren. Es wird immer mehr Bauholz und Brennholz aus dem Ausland herangeschafft. Deshalb lockt Weißgerber natürlich die Möbelfabrik auf der anderen Seite des Bergsees.«
»Mir ist schon klar, dass Weißgerber in einem Interessenkonflikt steckt. Es scheint ihm sein Geldbeutel näher zu sein als die Interessen der Gemeinde Waldkogel«, seufzte Fellbacher.
»Ist das nicht bei jedem Menschen so?«, fragte Norbert Seeberger.
»Mei, Seeberg, das ist eine Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist. Es kommt eben immer darauf an, was einem wichtiger ist. Ich muss als Bürgermeister ständig damit umgehen. Weißt du, Norbert, das mit der Möbelfabrik, drüben am Seeufer, das hört sich ganz wunderbar an: Arbeitsplätze, Steuereinnahmen. Aber alles hat zwei Seiten. Betrachtet man die Schokoladenseite, dann rasselt im Hinterkopf die Rechenmaschine und die Euros klingeln in der Kasse. Doch es gibt eine Rückseite. In der Möbelfabrik soll in drei Schichten gearbeitet werden. Damit soll es spätestens Ende nächsten Jahres losgehen. Jetzt rechne mal den Autoverkehr dazu, der auf Waldkogel losrollen wird. Wenn nur einhundert Leute Schichtwechsel haben, dann quälen sich zweihundert Autos durch die Hauptstraße und das im Rhythmus von acht Stunden. Außerdem planen die Herren Möbelfabrikbesitzer bis zu dreihundert Arbeitsplätze und es werden vielleicht noch mehr. Ich kann verstehen, dass sich die Investition rechnen muss. Die Maschinen müssen ausgelastet sein. Aber unser schönes Waldkogel wird auch sehr ausgelastet, um beim Wort zu bleiben. Ich würde meinen, Waldkogel wird überlastet ist zutreffender. Norbert, ich mache mir große Sorgen. Wie wirkt sich das auf den Tourismus aus? Bisher war alles gut. Wir haben unsere Stammgäste. Sie suchen Ruhe und Erholung in Waldkogel und den schönen Bergen. Viele kommen bereits in der zweiten und dritten Generation zu uns. Fast in jedem Haus entlang der Hauptstraße gibt es Fremdenzimmer. Wenn zum Beispiel nachts oder am frühen Morgen Schichtwechsel in der Möbelfabrik ist, dann ist das mit Lärm verbunden. Sag mal ganz ehrlich, würdest du irgendwo Urlaub machen, wo dich der Verkehr aus dem Schlaf reißt, wo du in deiner Nachtruhe und auch am Tag ständig gestört wirst?«
Norbert Seeberger nickte.
»Ich mache mir auch Sorgen, Fritz. Unser Hotel ›Zum Ochsen‹ hat fast an jeden Zimmer einen Balkon zur Straße. Ich will dir anvertrauen, dass ich befürchte, die Buchungen könnten zurückgehen. Wenn jemand in München, in der Innenstadt, ein Hotelzimmer bucht, weil er geschäftlich in der Stadt etwas zu tun hat, dann ist das etwas anderes. Aber zu uns kommen die Gäste, um sich zu erholen. Es sind die betuchteren Urlauber, die gern für den Komfort der vier Sterne bezahlen. Doch eine luxuriöse Ausstattung und ein erstklassiger Service können sie über die Lärmbelästigung durch Verkehr nicht hinwegtrösten.«
»Das stimmt! Und dabei haben wir noch gar nicht von den Lastwagen geredet, Norbert.«
»Du hast es vorhin in der Gemeinderatsitzung deutlich angesprochen, Fritz.«
»Ja, das habe ich. Aber Weißgerber und Huber haben meine Argumente vom Tisch gewischt. Sicher fahren die Lastwagen des Sägewerks durch den Ort. Aber das ist doch kein Vergleich mit den Brummern, die dann dazukämen. Jetzt sind sicherlich viele Waldkogler dafür. Doch das kann sich schnell ändern, wenn an den schönen alten Häuserwänden die ersten Risse entstehen durch die Erschütterungen des Schwerlastverkehrs. Dann wird das Geschrei und Gezeter groß werden. Ich sehe es kommen. Die Gästezahlen werden zurückgehen. Der Verkehr wird bald alle nerven. Die Luft wird voll mit Benzingestank sein. Von der Verschandelung des schönen Seeufers will ich gar nicht erst reden.«
»Ich bin völlig deiner Meinung. Wenn ich hier sitze und mir vorstelle, drüben an der anderen Uferseite brennen nachts ständig Lichter, schmerzt mich das sehr. Von Ruhe wird auch keine Rede mehr sein. Die Idylle wird zerstört. Was sagt Tassilo dazu? Hast du mit ihm schon geredet?«
»Der ist davon überhaupt nicht begeistert, das kannst du dir vorstellen. Er hat eine Musikproduktion im Schloss und braucht Ruhe. Es würde angeblich nicht viel Lärm über den See dringen, sagen diese Jungmanager.«
»Wer es glaubt, wird selig!«, rief Norbert Seeberger aus. »Du musst Tassilo ins Boot holen. Die Grafen von Teufen-Thurmann sind seit alters her hier angesiedelt und haben über Jahrhunderte die Geschicke der Waldkogler gelenkt. Sie haben das gut gemacht und sich um alle gekümmert. Deshalb gilt auch heute noch, was Tassilo sagt. Wenn er sich dagegenstemmt, hat das Einfluss. Je mehr Waldkogler die Möbelfabrik ablehnen, desto besser. Dann entsteht ein Druck, dem du dich nicht beugen kannst, Fellbacher«, blinzelte Norbert dem Bürgermeister zu. »Wenn du willst, dann können wir im großen Saal bei uns im Hotel eine Informationsveranstaltung abhalten. Du sprichst und Tassilo spricht. Wir spendieren Bier und Weißwurst.«
»Gute Idee, ich lasse es mir durch den Kopf gehen. Dazu brauchen wir handfeste Tatsachen, um die Leute zu überzeugen.«
»Meine Unterstützung hast du, Fritz. Was können wir sonst noch machen?«
»Das ist die Frage. Die Gemeinde Waldkogel könnte eine Gutachterfirma beauftragen, zu erforschen, wie sich die Fabrik auf die Gemeinde und das Leben hier auswirken würde. Das kostet viel Geld. Und was nützt es? Nix, sage ich dir! Bei den Unterlagen, die Mayer mir gegeben hat, ist schon ein Gutachten dabei. Das ist so wachsweich abgefasst, dass mir die Haare zu Berge stehen. Da drin wird alles schöngeredet, vielmehr schöngeschrieben. Mayer und der ganze Clan wissen, dass das niemals einer objektiven Überprüfung standhält. Deshalb wollen sie auch alle Kosten für vielleicht notwendige Infrastrukturmaßnahmen übernehmen. Die sind doch mit allen Wassern gewaschen. Das Ganze stinkt zum Himmel, Norbert. Warum sind sie so großzügig? Sie könnten doch ihre Fabrik in einem Industriegebiet bauen, in dem es schon alles gibt, was sie brauchen. Was haben sie im Hinterkopf? Warum muss es ausgerechnet Waldkogel sein?«
Die beiden schauten sich an und zuckten mit den Schultern.
»Sie besitzen hier Baugrund, den sie nicht kaufen müssen«, sagte Norbert Seeberger.
»Des stimmt, aber das Gelände ist nicht erschlossen. Sie wollen die Erschließungsgebühren übernehmen. Das Vorhaben muss ihnen lieb und teuer sein. Ich kann schon nicht mehr schlafen. Warum machen sie das?«
»Das weißt du doch, Fellbacher! Aus Werbegründen machen sie das, so steht es auch in den Unterlagen. Sie weisen auf die alte Tradition hin, an die sie anknüpfen wollen.«
»Ja, das steht dort – aber Papier ist ja bekanntlicher Weise geduldig.«
»Sollten die Möbel wirklich nach der hundertjährigen Tradition gebaut werden, dann werden sie damit Erfolg haben, Fritz.«
»Das wollen sie den Leuten