Der Auftritt der Gräfin Vinzenzia: Toni der Hüttenwirt 360 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Endlich fiel nach vielen heißen Tagen der ersehnte Regen in Waldkogel. Es regnete nicht stark. Es war mehr ein erfrischender warmer Sommerregen. Trotzdem blieben die Waldkogeler zuhause. Das Wartezimmer der Praxis von Doktor Martin Engler war leer. »Es scheint heute ruhig zu werden«, sagte Martin zu seiner Frau Katja. Da niemand gekommen war, setzte er sich in die Küche. Dort tranken Katja und Walli Kaffee. Martin nahm sich auch einen Becher. Die Fenster standen offen und die frische Luft drang herein. »Mei, tut das gut!«, sagte Martin. »Da werden viele meiner Patienten aufatmen. Das ist schön.« »Ich hoffe, es regnet etwas länger«, sagte Walli. »Es ist alles ein bisserl trocken. Nun ja, so schlecht war das trockene Wetter auch nicht. Die Bauern konnten das Heu einfahren.«
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Buchvorschau
Der Auftritt der Gräfin Vinzenzia - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 360 –
Der Auftritt der Gräfin Vinzenzia
Mit dieser stolzen Dame hatte keiner gerechnet
Friederike von Buchner
Endlich fiel nach vielen heißen Tagen der ersehnte Regen in Waldkogel. Es regnete nicht stark. Es war mehr ein erfrischender warmer Sommerregen. Trotzdem blieben die Waldkogeler zuhause.
Das Wartezimmer der Praxis von Doktor Martin Engler war leer.
»Es scheint heute ruhig zu werden«, sagte Martin zu seiner Frau Katja.
Da niemand gekommen war, setzte er sich in die Küche. Dort tranken Katja und Walli Kaffee. Martin nahm sich auch einen Becher.
Die Fenster standen offen und die frische Luft drang herein.
»Mei, tut das gut!«, sagte Martin. »Da werden viele meiner Patienten aufatmen. Das ist schön.«
»Ich hoffe, es regnet etwas länger«, sagte Walli. »Es ist alles ein bisserl trocken. Nun ja, so schlecht war das trockene Wetter auch nicht. Die Bauern konnten das Heu einfahren.«
»Ja, das war gut«, stimmte Martin zu.
Er trank einen Schluck Kaffee und sagte:
»Ich bin gespannt, ob es in München auch geregnet hat. Sascha und Stella wollten sich einen schönen Tag machen und bummeln gehen.«
»Bei Regen können sie sich in ein Café oder ein Wirtshaus setzen und dabei ein bisserl die Füße entspannen. Ich finde es immer anstrengend, das harte Pflaster«, sagte Katja. »Sie haben bestimmt viel zu erzählen, wenn sie zurück sind. Ich hatte Stella einen Zettel mitgegeben. Ich hoffe, sie konnte die Sachen einkaufen.«
»Wenn du willst, fahren wir mal einen Tag zusammen nach München«, schlug Martin vor.
»Danke, so sehr zieht es mich nicht dorthin. Ich habe nicht so viel Freude daran, durch die Läden zu bummeln, wie vielleicht andere. Da geht es mir genau wie Stella. Einmal im Jahr einen Großeinkauf für Sachen, die ich in Kirchwalden nicht bekomme«, antwortete Katja.
Martin sah auf die Uhr.
»Noch niemand gekommen«, murmelte er. »Ich werde rüber ins Sprechzimmer gehen und noch ein paar Atteste diktieren. Die können dann gleich geschrieben werden. Ein etwas ruhigerer Nachmittag ist nicht schlecht.«
Martin nahm seinen Kaffeebecher mit.
Die Sprechstundenhilfe genoss ebenfalls die ruhige Zeit und machte die Abrechnung.
Martin schloss die Tür hinter sich. Wenn er allein in seinem Sprechzimmer war, legte er schon mal die Beine auf die Ecke seines Schreibtisches.
Er griff nach dem Diktiergerät und nahm sich die erste Krankenakte vor. Der Patient war Ronald Scherer. Es ging um die Begründung für eine Kur. Der Familienvater, der bei einer großen Firma in Kirchwalden arbeitete, war überarbeitet. Er war nur in Martins Sprechstunde gekommen, weil er nicht schlafen konnte. Martin brauchte nicht viel Phantasie, zu erkennen, dass der Mann erschöpft war. Er arbeitete am Band in der Stanzerei eines Metallbetriebes. Als Martin ihn für zwei Wochen krankschreiben wollte, wehrte er ab. Dann könne er keine Überstunden machen, und das sei im Augenblick ungünstig. Die Überstunden sammle er, falls er mal wegen der Kinder daheimbleiben müsse. Seine Frau Doris arbeitete ebenfalls in einem Montagebetrieb für Kleinteile. Es kam vor, dass sie Doppelschichten machen musste. Da beide keinen Beruf gelernt hatten, verdienten sie wenig als Hilfsarbeiter. Martin ahnte, dass der wahre Grund der Schlaflosigkeit die Sorge um die Familie und den alten, geerbten Bauernhof war. Sie hatten die Kinder seines Bruders Elmar bei sich aufgenommen. Er war bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Mutter der Kinder war immer noch in einem Rehazentrum. Martin bewunderte die Familie. Sie schlug sich wacker, ohne groß zu klagen. Die eigenen drei Kinder und die vier Kinder seines Bruders gediehen gut.
Martin überlegte, was er tun könnte. Da kam ihm eine Idee. Und wie das in Waldkogel üblich war, wollte und würde er dafür einen Verbündeten finden. Er sah auf die Uhr. Noch war es zu früh. Die offizielle Sprechstunde würde noch eine Stunde dauern. Erst danach wollte er die Sache in Angriff nehmen.
Er genoss es, dass keine Patienten gekommen waren. Er nahm sich die anderen Unterlagen vor und erledigte sie zügig.
Durch das offene Fenster hörte er ein Quietschen. Er drehte sich um und schaute hinaus. Es war sein Kollege Sascha, den er mit einer halben Stelle in die Praxis geholt hatte. Seither war alles leichter. Martin und Sascha teilten sich die Bereitschaftsdienste für die Nächte und wechselten sich an den Wochenenden ab.
Sie teilten sich die Sprechstunden und die Hausbesuche. Dass Sascha seine andere Zeit der medizinischen Forschung am Krankenhaus in München widmete, ergänzte sich gut und war durch die Kontakte dort für die Praxis nützlich.
Martin streckte den Kopf aus dem Fenster und rief:
»Sascha, nanu, schon hier und dann kommst du angeradelt?«
»Ja, das war heute nicht so, wie es sein sollte. Ich brauche jetzt erst mal einen Kaffee«, antwortete Sascha.
Er stellte das Fahrrad ab.
Wenig später kam Sascha mit einer Tasse Kaffee zu Martin ins Sprechzimmer. Er brachte Martin ebenfalls einen Kaffee.
»Bitte!«
»Danke!«
Sascha setzte sich Martin gegenüber auf einen der Stühle für die Patienten.
»Kein einziger Patient? Das Wartezimmer ist leer«, sagte Sascha.
»Ja, so ist es. Es hat ziemlich lange geregnet. Da sind wohl alle daheim geblieben. Nach den sonnigen Tagen genießen sie die Kühle und erholen sich. Da brauchen sie keinen Doktor«, antwortete Martin. »Gute Zeit für den Schreibkram.«
Sie nippten beide am Kaffee.
»So jetzt erzähle mal«, forderte ihn Martin auf.
»Das ist kurz gesagt. Wir hatten eine Autopanne und blieben schon auf dem Weg nach München liegen. Es dauerte lange, bis der Pannendienst kam. Er konnte nichts machen. Deshalb wollte er einen Abschleppwagen aus München kommen lassen. Doch darauf haben wir verzichtet. Wir haben unsere Autowerkstatt hier angerufen. Ihr Abschleppwagen war aber unterwegs. Also haben wir gewartet. Jetzt steht das Auto in der Werkstatt. Ersatzteile müssen besorgt werden. Bitte frage mich nicht, was defekt ist. Ich verstehe nichts von Autos. Ich sagte nur, sie sollen es reparieren und mich anrufen, wenn der Patient von der Transplantation genesen ist«, fasste es Sascha zusammen.
Beide lachten.
»Transplantation klingt gut«, sagte Martin. »Musst du morgen nicht nach München in die Klinik?«
»Stimmt, aber ich habe ihnen schon gesagt, dass ich nicht komme.«
»Du kannst eines unserer Autos nehmen, entweder meinen Geländewagen oder Katjas kleinen Kombi«, bot Martin an.
»Danke, aber es ist alles geregelt«, antwortete Sascha.
Er erzählte, dass die Werkstatt sie heimgefahren hatte.
»Aber es gibt ja noch Fahrräder. Ich wollte Stellas Auto nicht nehmen. Der Hof liegt etwas abseits. Da ist es gut, wenn sie einen fahrbaren Untersatz vor der Tür stehen hat.«
Martin berichtete Sascha von den Gutachten, die er auf Band gesprochen hatte. Er weihte ihn in seine Idee ein, wie es vielleicht möglich wäre, der ganzen Familie Scherer eine Atempause zu verschaffen.
»Martin, das ist eine gute Idee«, stimmte ihm Sascha zu und versprach seine Unterstützung.
Das Telefon klingelte. Martin nahm das Gespräch an. Es war die Sprechstundenhilfe.
»Ich wünsche dir einen schönen Abend«, sagte er und legte auf.
Sascha schaute auf die Uhr. Die Nachmittagssprechstunde war zu Ende.
Martin schaute in seinen leeren Kaffeebecher.
»Magst du auch noch einen?«
»Da bin ich dabei«, antwortete Sascha.
Sie gingen hinüber in die große Wohnküche.
Martin fragte Walli, wo Katja ist. Sie sagte, sie mit Coco unterwegs. Dabei fiel ihm auf, dass sie etwas wortkarg war.
»Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen, Walli?«, fragte Martin. »Du siehst irgendwie verbissen aus.«
»Naa, alles in Ordnung. Ich war nur in Gedanken.