Zeit für Entscheidungen?: Toni der Hüttenwirt 315 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
»Grüß Gott, Erna!«, sagte Pfarrer Zandler. »Mei, grüß Gott, Herr Pfarrer! Kommen Sie zur jährlichen Untersuchung?«, fragte die Sprechstundenhilfe von Dr. Martin Engler erstaunt. »Naa, deswegen bin ich heute nicht hier. Ich wollte Martin besuchen. Sein Unfall ist jetzt schon ein paar Wochen her, und ich habe mich wenig blicken lassen. Ich wollte sehen, wie es ihm geht.« »Sie haben Glück, heute Vormittag ist es ruhig in der Praxis. Das Wartezimmer ist leer. Kommen Sie mit!« Erna Schulz ging voraus. Sie klopfte kurz an die Tür des Sprechzimmers und trat ein. »Martin, du hast Besuch«, sagte sie und ließ Pfarrer Zandler eintreten. »Grüß Gott, Martin! Ich wollte mal sehen, wie es dir inzwischen geht.« Doktor Martin Engler hatte seinen Schreibtischstuhl schräggestellt, damit er das kranke Bein auf einen Hocker legen konnte.
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Buchvorschau
Zeit für Entscheidungen? - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 315 –
Zeit für Entscheidungen?
Ernste Gespräche auf der Berghütte
Friederike von Buchner
»Grüß Gott, Erna!«, sagte Pfarrer Zandler.
»Mei, grüß Gott, Herr Pfarrer! Kommen Sie zur jährlichen Untersuchung?«, fragte die Sprechstundenhilfe von Dr. Martin Engler erstaunt.
»Naa, deswegen bin ich heute nicht hier. Ich wollte Martin besuchen. Sein Unfall ist jetzt schon ein paar Wochen her, und ich habe mich wenig blicken lassen. Ich wollte sehen, wie es ihm geht.«
»Sie haben Glück, heute Vormittag ist es ruhig in der Praxis. Das Wartezimmer ist leer. Kommen Sie mit!« Erna Schulz ging voraus. Sie klopfte kurz an die Tür des Sprechzimmers und trat ein. »Martin, du hast Besuch«, sagte sie und ließ Pfarrer Zandler eintreten.
»Grüß Gott, Martin! Ich wollte mal sehen, wie es dir inzwischen geht.«
Doktor Martin Engler hatte seinen Schreibtischstuhl schräggestellt, damit er das kranke Bein auf einen Hocker legen konnte. Er wollte aufstehen, um den Geistlichen zu begrüßen.
Zandler ging zu ihm und reichte ihm die Hand. »Bleib sitzen, Martin!«, sagte er schnell.
»Ich freue mich, Sie zu sehen«, sagte Martin. »Ich kann mich im Augenblick nicht so gut fortbewegen. Deshalb habe ich mir strikte Schonung verordnet. Je gründlicher ich sie einhalte, desto früher werde ich das Bein wieder ganz belasten können. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Heilung so lange hinzieht.« Martin stand dann doch auf. Er benutzte wieder Krücken, damit er das Knie nicht belasten musste. »Da Sie nicht als Patient zu mir gekommen sind, müssen wir nicht hier herumsitzen. Wir gehen rüber«, sagte Martin.
Zandler hielt Martin die Türen auf. Sie gingen in die Wohnküche.
In einer Thermoskanne war noch Kaffee. Martin bot Zandler eine Tasse an.
»Nur, wenn du sitzen bleibst und dein Bein schonst. Wo sind die Tassen? Lass mich das machen, Martin! Du willst doch dein Knie schonen. Mit den Krücken hast du keine Hände frei.«
Zandler fand alles, Kaffeebecher, Zucker und Sahne. Er stellte es auf den Küchentisch.
Martin Engler schenkte ein und sie tranken.
»Der Kaffee tut mir gut«, sagte Heiner Zandler. »Ich bin seit dem Frühstück unterwegs. Jeder wollte mir Kaffee anbieten. Aber ich hatte keine Zeit, mich irgendwo länger aufzuhalten, als es mein Anliegen erforderte. Aber jetzt habe ich die Liste fertig.« Zandler griff in die Innentasche seines schwarzen Jacketts und entnahm ein gefaltetes Blatt Papier. »So, hier ist es! Bitte schön, das ist für dich.«
Martin sah Zandler erstaunt an. Er griff danach und faltete es aus einander. Er betrachtete es einen Augenblick. Dann schmunzelte er. »Das ist ein bunter Stundenplan-Vordruck, wie ihn Veronika Boller in ihrem Laden an die Kinder verteilt«, bemerkte er höchst verwundert. »Sie haben an den einzelnen Tagen in die Stundenkästchen Namen und Nummern geschrieben?«
»Das sind die Telefonnummern. Ich dachte, ich schreibe sie gleich dazu, dann muss Erna sie nicht erst heraussuchen. Verstehst du?«
Martin schüttelte den Kopf und sah den Geistlichen fragend an. »Ich kann damit nichts anfangen. Der Plan ist für Erna. Warum geben Sie ihn dann mir?«
Zandler trank einen Schluck Kaffee. »Weil ich die Sache zuerst mit dir bereden wollte, Martin. Ich höre alles, nun, fast alles, was hier in Waldkogel die Runde macht. Und dass deine Katja sich auf die Berghütte zurückgezogen hat, ist nun einmal Dorfgespräch. Dass dir die alte Walli die Freundschaft aufgekündigt hat, ist auch kein Geheimnis.«
Martins Gesichtszüge verfinsterten sich. »Falls Sie hergekommen sind, um mir ins Gewissen zu reden, ich solle aufhören, meine Frau mit meiner Praxisvertretung zu betrügen und zur Beichte gehen, dann können Sie gehen. Ich habe nichts zu beichten. Sollten Sie mir das nicht glauben und auch nur den Versuch machen, mich zu beschuldigen, dann gehe ich noch einen Schritt weiter. Ich trete noch heute aus der Kirche aus und um Sie richtig zu treffen, schließe ich mich der Konkurrenz an«, schrie er Zandler an.
»Mei, Martin, da muss sich bei dir eine ganze Menge Wut angestaut haben, hoch wie ein Berg.«
»Sie irren, Herr Pfarrer. Setzen Sie auf unsere Berge die Rocky Mountains, die Anden und den Himalaja oben drauf, dann erreichen Sie immer noch nicht die Obergrenze meines Wutpegels.«
Zandler war über Martin erschrocken und entsetzt. Er überlegte kurz, dann stand er auf.
»Ah, Sie gehen. Das ist gut. Dort ist die Tür. Schönen Tag noch, Herr Zandler!«
Zandler sah Martin nur ganz ruhig an. Dann zog er sein Jackett aus, in dessen linkem Revers immer ein kleines goldenes Kreuz steckte. Anschließend entledigte er sich seines weißen Kragens. »So, jetzt siehst du in mir hoffentlich nicht mehr den Geistlichen, sondern einen Freund. Und wenn dir das nicht möglich ist, dann sehe in mir einen Nachbarn aus Waldkogel.« Heiner Zandler setzte sich wieder. »Martin, es gibt manchmal Vorurteile, völlig aus der Luft gegriffene Verdächtigungen und üble Gerüchte, die schwer zu verkraften sind. Derjenige, gegen den sie sich richten, kommt sich vor wie Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft«, sagte er freundlich und fügte weich und sanft hinzu, »wie du im Augenblick. Stimmt’s?«
Martin nickte. Schnell trank er einen Schluck Kaffee. Zandlers Worte hatten ins Schwarze getroffen. »So ist es. Aus Verzweiflung hat sich bei mir viel angestaut. Es tut mir leid, dass Sie es abgekommen haben. Ich entschuldige mich.«
Zandler lachte laut. »Martin, es ist gut. Mache dir keine Gedanken! Da hat man mir schon ganz andere Sätze an den Kopf geworfen. Ich verstehe dich. Und ein bisserl Menschenkenntnis habe ich auch. Magst du darüber reden? Ich höre dir gern zu. Was ich bisher weiß, habe ich aus zweiter oder dritter Hand.«
Martin nickte. »Also, an den Verdächtigungen ist kein wahres Wort dran. Ich habe kein Verhältnis mit Manuela Andler, hatte nie ein Verhältnis mit ihr und werde nie eines haben. Ich liebe meine Frau. Ich vermisse Katja.« Martin schluckte.
Zandler ließ ihm Zeit.
»Ich verstehe nicht, wie das alles gekommen ist. Katja muss doch wissen, dass ich nur sie liebe. Sie hat sich da in etwas hineingesteigert – ohne jeden Grund. Ich grübele und grübele. Ich hatte auch nie gedacht, dass meine Genesung so lange dauern wird. Es war Pech, das ich noch einmal gestürzt bin. Das war an dem Abend, als Toni mich besucht und beschimpft hat. Er hatte Katja Glauben geschenkt, die schlecht über mich geredet hat. Mei, ich weiß, dass Manuela von manchen Burschen als besonders fesch angesehen wird. Sie entspricht dem gängigen Schönheitsideal. Aber das hat doch nichts mit mir zu tun! Dazu kommt, dass am Anfang alle ledigen Burschen auf sie flogen und nicht nur die ledigen Mannsbilder. Auch die Verheirateten kamen, um die schöne, junge Vertretungsärztin zu sehen. Erna hat eine Statistik gemacht. Die Männer wollten Manuela eben mal selbst in Augenschein nehmen. In der Praxisvertretung war von Anfang an der Wurm drin. Als ich dann wieder aus dem Krankenhaus kam, hatte Manuela ein schlechtes Gewissen, weil sie die Praxis so schlecht geführt und einen solchen Aufstand ausgelöst hatte. Sie wissen schon, das Chaos, als die Sprechstunden von den liebeskranken jungen Burschen aus Waldkogel belagert wurden. Sie wollte das wieder gut machen. Also bemühte sie sich, jeden meiner Handgriffe und Bedürfnisse vorauszuahnen und sie mir abzunehmen. Manchmal war mir ihre Aufmerksamkeit lästig. Ich wollte nichts sagen, da ich froh war, eine Praxisvertretung zu haben. Manuela hatte keinerlei Erfahrung mit der Arbeit in einer Landarztpraxis, auf dem Dorf. Sie beherrscht den Klinikbetrieb. Und sie ist eine gute Ärztin. Also nahm ich mich ihrer an. Ich vermittelte ihr, wie man mit Patienten in einer Hausarztpraxis umgeht. Das ging sogar so weit, dass wir durchspielten, was zu tun wäre, wenn sie selbst eine Praxis übernähme.«
»Ach, so war das«, sagte Zandler leise, mehr zu sich selbst.
»Ja, so war es, mal kurz zusammengefasst. Ich war über lange Zeit völlig ahnungslos, dass Katja das nicht so sah wie ich. Es war Pech, als sie von ihrem Mädelsabend