Eine Verwandlung mit Stil: Der kleine Fürst 284 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Das ist Frau von Tooss«, sagte Eberhard Hagedorn, als die Nachtbeleuchtung auf dem Schlossgelände das bunt bemalte Auto Philippas erfasste. Zuvor hatten sie nur den Motor hören können. Das kleine Auto kam sehr langsam näher, und manchmal machte es unvermutet einen kleinen Schlenker. »Glauben Sie, dass sie etwas getrunken hat?«, fragte Christian unsicher. »Sie fährt so komisch.« Eberhard Hagedorn, der perfekte Butler, der auch ein großer Menschenkenner war, schüttelte den Kopf. Von seiner Überraschung hatte er sich bereits erholt. »Wahrscheinlich weint sie«, sagte er ganz ruhig. »Wie kommen Sie darauf, Herr Hagedorn? Sie hätte doch allen Grund, glücklich zu sein. Ihr Auftritt bei dem Essen war so ein großer Erfolg! Warum sollte sie weinen?« »Mein Gefühl sagt es mir, Prinz Christian.« Der Wagen hielt vor dem Hauptportal, aber Philippa stieg nicht aus. Also ging Eberhard Hagedorn die paar Stufen hinunter und öffnete die Tür auf der Fahrerseite. »Guten Abend, Frau von Tooss.« Philippa sah zu ihm auf, mit von vielen Tränen verschmiertem Augen-Make-up.
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Buchvorschau
Eine Verwandlung mit Stil - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 284 –
Eine Verwandlung mit Stil
Du hast es allen gezeigt, Philippa!
Viola Maybach
»Das ist Frau von Tooss«, sagte Eberhard Hagedorn, als die Nachtbeleuchtung auf dem Schlossgelände das bunt bemalte Auto Philippas erfasste. Zuvor hatten sie nur den Motor hören können. Das kleine Auto kam sehr langsam näher, und manchmal machte es unvermutet einen kleinen Schlenker.
»Glauben Sie, dass sie etwas getrunken hat?«, fragte Christian unsicher. »Sie fährt so komisch.«
Eberhard Hagedorn, der perfekte Butler, der auch ein großer Menschenkenner war, schüttelte den Kopf. Von seiner Überraschung hatte er sich bereits erholt. »Wahrscheinlich weint sie«, sagte er ganz ruhig.
»Wie kommen Sie darauf, Herr Hagedorn? Sie hätte doch allen Grund, glücklich zu sein. Ihr Auftritt bei dem Essen war so ein großer Erfolg! Warum sollte sie weinen?«
»Mein Gefühl sagt es mir, Prinz Christian.«
Der Wagen hielt vor dem Hauptportal, aber Philippa stieg nicht aus. Also ging Eberhard Hagedorn die paar Stufen hinunter und öffnete die Tür auf der Fahrerseite. »Guten Abend, Frau von Tooss.«
Philippa sah zu ihm auf, mit von vielen Tränen verschmiertem Augen-Make-up. Aber das nahm er kaum wahr, er sah vor allem ihr Unglück, ihre Verzweiflung. Und er sah, dass sie Hilfe brauchte.
Christian trat neben ihn, auch er begriff sofort, dass Philippa im Schloss Zuflucht gesucht hatte, vor wem auch immer. »Steig aus«, sagte er, »und komm rein. Die anderen sitzen alle noch in der Bibliothek.«
Da wollte auch Togo nicht zurückstehen. Er bellte kurz, winselte und leckte Philippa die Hände, bevor er sie mit seiner Schnauze anstupste, als wollte er sagen: »Nun komm schon! Wir sind alle auf deiner Seite!«
Ein paar Tränen flossen wieder, aber sie stieg aus. Noch immer hatte sie kein Wort gesagt, aber sie schien zu begreifen, dass das nicht nötig war. Sie war hier willkommen, auch ohne lange Erklärungen.
Christian nahm ihre Hand, ganz selbstverständlich, und zog sie mit sich.
»Ich bringe gleich noch einen Tee in die Bibliothek«, kündigte Eberhard Hagedorn an.
Während er das Hauptportal schloss, führte Christian Philippa in die Bibliothek. Dort war eine lebhafte Unterhaltung im Gange, die abrupt abbrach, als sie eintraten. Alle sahen Philippas Gesicht, das verschmierte Make-up, die Tränenspuren, die Verzweiflung in ihren Augen.
Sofia sprang auf und nahm die junge Frau in die Arme. »Komm, setz dich zu uns«, sagte sie. »Und wenn du magst, erzähl uns, was passiert ist.«
Aber der freundliche Empfang riss auch die letzten Dämme von Philippas Selbstbeherrschung ein, die Tränen flossen, sie konnte kein Wort herausbringen. Sie beruhigte sich erst wieder, als Eberhard Hagedorn ihr einen Tee serviert und sie ein paar Schlucke davon getrunken hatte.
Sofia fragte sich, angesichts des Gesprächs, das Anna, Stephanie und sie vor kurzen erst mit Philippa geführt hatten, ob sie in dieser großen Runde offen über das reden würde, was sie bedrückte, und so fragte sie: »Sollen wir beide uns vielleicht in einen der Salons setzen? Wäre dir das lieber?«
Philippa schüttelte den Kopf. »Es ist ja sowieso alles aussichtslos«, sagte sie und musste mehrmals schlucken, um nicht erneut in Tränen auszubrechen. »Und wahrscheinlich weiß das längst jeder – jeder außer mir.«
Die Schlossbewohner wechselten ratlose Blicke, sie konnten sich keinen Reim auf diese Sätze machen. Anna war es schließlich, die ganz vernünftig vorschlug: »Warum erzählst du uns nicht, was passiert ist? Sonst können wir dir nicht einmal einen guten Rat geben.«
Philippa nickte, sagte dann jedoch erst einmal nichts. Sie starrte vor sich hin, tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen trocken, wobei sie noch mehr Make-up verschmierte, aber das war in diesem Augenblick natürlich nicht wichtig. Wichtig war, dass sie endlich redete, doch genau das tat sie nicht. Sie sahen ihr an, dass sie nach Worten suchte, die richtigen jedoch offenbar nicht fand.
»Hat jemand dich beleidigt?«, fragte Konrad endlich – und das erwies sich als die richtige Frage.
»Ja!«, antwortete Philippa. »Mit Worten und durch Nichtbeachtung. Ich weiß nicht, ob euch das schon einmal passiert ist, dass jemand einfach durch euch hindurchsieht?«
»Eher im Gegenteil«, gestand Christian zögernd. »Mich übersieht leider niemand, selbst wenn ich es mir in manchen Situationen wünsche.«
Philippa nickte. »Entschuldige, es war eine dumme Frage. Ich habe mich mit Wolf getroffen, wir waren im Café, haben uns gut unterhalten, und dann wollte ich ihn zu seinem Wagen bringen, in der Nähe vom Marktplatz.«
Sie sprach jetzt ohne zu stocken, die Tränen schienen endgültig zurückgedrängt zu sein.
»Wir hatten seinen Wagen schon fast erreicht, als uns die Gräfin von Geisenstein entgegenkam.«
Sofia entfuhr unwillkürlich ein leiser Schreckenslaut. Ausgerechnet, dachte sie, und eine Ahnung stieg in ihr auf, welche Geschichte sie jetzt zu hören bekommen würden.
»Sie hat Wolfgang begrüßt. Er wollte mich vorstellen, da hat sie in so einem ganz abfälligen Ton gesagt, sie wüsste, wer ich bin. Und dann hat sie ihm gesagt, er solle aufpassen, mit wem er sich abgibt, schlechte Gesellschaft würde abfärben – oder so ähnlich. Dabei hat sie die ganze Zeit nur noch ihn angesehen und mit ihm gesprochen, als wäre ich nicht da. Das hat nicht lange gedauert, sie hat sich dann schnell verabschiedet, aber mir ist klar geworden, dass das alles sinnlos ist, dass es zu nichts führen wird.«
»Was genau meinen Sie damit, Philippa?«, fragte der Baron vorsichtig. »Was ist sinnlos und wird zu nichts führen?«
Die Frage hing im Raum, blieb sekundenlang unbeantwortet, bis Philippa endlich, noch leiser als zuvor, erwiderte: »Ich habe Wolf sehr gern, das wissen Sie wahrscheinlich längst. Und ich glaube, er mag mich auch. Ich habe mir eingebildet, wir könnten vielleicht …« Sie brach ab, schaffte es nicht, auszusprechen, was ihr auf dem Herzen lag, und so fuhr sie schließlich fort: »Es müssen nur genug Leute so reagieren wie die Gräfin, dann wird Wolf mich eines Tages genau so sehen wie sie. Und ich glaube, das könnte ich nicht ertragen.«
Die Baronin sah, wie ihre Tochter den Mund öffnete, um Philippa an das Gespräch zu erinnern, das sie gerade erst geführt hatten: das Gespräch über Philippas Art, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wenn sie ohnehin darüber nachdachte, ihr Aussehen grundlegend zu verändern, so würde Anna fragen, dann war es doch überflüssig, sich jetzt noch Gedanken über die augenblickliche Situation zu machen?
Sie schoss warnende Blicke in Annas Richtung ab, die tatsächlich den gewünschten Erfolg hatten. Sie mussten behutsam mit Philippa umgehen, durften sie nicht damit überfordern, dass sie zu schnell voranpreschten.
Für die junge Frau war der Abschied von ihrer jahrelang kultivierten Aufmachung eine große Sache – die erledigte sich nicht mit einem Handstreich.
Aber die Baronin hatte nicht daran gedacht, dass nicht nur Anna der Sache würde auf den Grund gehen wollen, sondern auch die anderen. Es war Konrad, der jetzt fragte: »Kann ich mal eine Frage stellen, die vielleicht unverschämt klingt, Philippa?«
Hier kamen Sofias Blicke zu spät, denn ihr Sohn sah Philippa an, nicht sie.
Philippa versuchte zu lächeln, immerhin. »Du willst