Hof ohne Zukunft?: Der Bergpfarrer 260 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Der Lindner-Hof lag im Schein der Abendsonne. Schräg goss sie ihr mildes Licht über Wohnhaus, Stall und Scheune und tauchte alles in einen rotgoldenen Glanz. Pfarrer Trenker freute sich an der malerischen Stimmung. Auch wenn sie ihn nicht darüber hinwegtäuschen konnte, wie heruntergekommen das ehemals so stattliche Anwesen des alten Tobias Lindner inzwischen war. Langsam und in Gedanken versunken ging der gute Hirte von St. Johann den grasüberwachsenen Weg zur Haustür hinauf. Mit leiser Wehmut betrachtete er das verwilderte Bauerngärtchen, dessen morscher Holzzaun dringend ersetzt werden müsste, was auch für die schief in den Angeln hängenden Fensterläden galt. Die Scheiben waren von Staub und getrockneten Regentropfen gesprenkelt, und die Vorhänge mit den handgearbeiteten Häkelspitzen gelblich verfärbt. Sebastian Trenker überlegte, wie lange der Lindner-Bauer nun schon alleine lebte. Mindestens fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre mussten ins Land gezogen sein, seit Tobias Lindners einziges Kind, seine Tochter Irmtraud, nach München geheiratet und dem Hof den Rücken gekehrt hatte. Ungefähr so alt musste inzwischen auch Katharina, Tobias' Enkeltochter sein, die als Madl immer so gerne in St. »Herr Pfarrer, grüß' Sie Gott! Das ist aber schön, dass Sie wieder einmal bei mir vorbeischauen«, wurde Sebastian in diesem Moment von der Stimme des Lindner-Bauern aus seinen Gedanken gerissen. »Sie haben mich also net vergessen, auch wenn ich in letzter Zeit kein besonders eifriger Kirchgänger gewesen bin.« Pfarrer Trenker schmunzelte. Er wandte seinen Blick der Haustür zu, in deren Rahmen Tobias Lindner stand. »Servus, Tobias. Grüß' dich Gott«, sagte er gut gelaunt.
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Buchvorschau
Hof ohne Zukunft? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 260 –
Hof ohne Zukunft?
Jetzt hängt alles von Kathi ab
Toni Waidacher
Der Lindner-Hof lag im Schein der Abendsonne. Schräg goss sie ihr mildes Licht über Wohnhaus, Stall und Scheune und tauchte alles in einen rotgoldenen Glanz.
Pfarrer Trenker freute sich an der malerischen Stimmung. Auch wenn sie ihn nicht darüber hinwegtäuschen konnte, wie heruntergekommen das ehemals so stattliche Anwesen des alten Tobias Lindner inzwischen war.
Langsam und in Gedanken versunken ging der gute Hirte von St. Johann den grasüberwachsenen Weg zur Haustür hinauf. Mit leiser Wehmut betrachtete er das verwilderte Bauerngärtchen, dessen morscher Holzzaun dringend ersetzt werden müsste, was auch für die schief in den Angeln hängenden Fensterläden galt. Die Scheiben waren von Staub und getrockneten Regentropfen gesprenkelt, und die Vorhänge mit den handgearbeiteten Häkelspitzen gelblich verfärbt.
Sebastian Trenker überlegte, wie lange der Lindner-Bauer nun schon alleine lebte.
Mindestens fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre mussten ins Land gezogen sein, seit Tobias Lindners einziges Kind, seine Tochter Irmtraud, nach München geheiratet und dem Hof den Rücken gekehrt hatte.
Ungefähr so alt musste inzwischen auch Katharina, Tobias’ Enkeltochter sein, die als Madl immer so gerne in St. Johann beim Großvater gewesen war und …
»Herr Pfarrer, grüß’ Sie Gott! Das ist aber schön, dass Sie wieder einmal bei mir vorbeischauen«, wurde Sebastian in diesem Moment von der Stimme des Lindner-Bauern aus seinen Gedanken gerissen. »Sie haben mich also net vergessen, auch wenn ich in letzter Zeit kein besonders eifriger Kirchgänger gewesen bin.«
Pfarrer Trenker schmunzelte. Er wandte seinen Blick der Haustür zu, in deren Rahmen Tobias Lindner stand.
»Servus, Tobias. Grüß’ dich Gott«, sagte er gut gelaunt. »So einen Empfang lob’ ich mir. Noch ehe man überhaupt an der Haustür ist und den Klingelknopf drücken kann, wird man schon aufs Herzlichste willkommen geheißen.«
Der alte Bauer strahlte übers ganze Gesicht, wobei sich eine Unzahl von Fältchen in seine eingefallenen Wangen grub. Seine ein wenig gebeugte Gestalt straffte sich.
»Das versteht sich doch von selbst bei so einem hohen Gast«, gab er zurück. »Kommen S’ herein, Herr Pfarrer. Bei mir ist es zwar recht bescheiden, aber wenn Sie mein Abendessen, Kaffee und Hefezopf, mit mir teilen wollen …«
Sebastian schüttelte den Kopf.
»Nein, lieber net, Tobias. Gegessen hab’ ich schon daheim, bei Frau Tappert. Und das net zu knapp«, erwiderte er schmunzelnd. Als er jedoch sah, wie sich die Miene des Lindner-Bauern umwölkte, fügte er rasch hinzu: »Gegen eine Tasse Kaffee hab’ ich natürlich trotzdem nix einzuwenden. Ganz im Gegenteil. Wenn mir jemand Kaffee anbietet, sag’ ich gerne ja.«
»Na also«, lächelte Tobias Lindner zufrieden und hielt Sebastian die Tür weit auf.
Gerührt trat der Geistliche über die Schwelle und folgte dem Bauern in die Wohnküche. Die Tatsache, dass der alte Mann sich so sehr über seinen Besuch freute, weckte in ihm den Verdacht, dass sonst wohl niemand beim alten Lindner vorbeischaute.
»Nehmen S’ Platz, Herr Pfarrer«, sagte Tobias und wies auf das altmodische Sofa, auf dem sich zwei getigerte Katzen räkelten. »Ach herrje, meine Miezerln …« Der alte Tobias klatschte in die Hände. »Husch, husch, ihr zwei. Rutscht gefälligst ein bissel zur Seite, damit der Herr Pfarrer sich hinsetzen kann.«
Die Tiere machten sich nichts aus Tobias Lindners Aufforderung.
Und noch ehe der Alte sie nachdrücklicher hätte verscheuchen können, hatte Sebastian Trenker bereits, so gut es eben ging, zwischen den beiden Samtpfoten Platz genommen. Eine von ihnen sprang dem Geistlichen sogleich zutraulich auf den Schoß, leckte mit ihrer rauen Zunge seine Hand und legte sich dann schnurrend zurecht.
Der Lindner-Bauer stellte indessen geschäftig ein Kaffeehaferl vor Sebastian Trenker hin und füllte es, bis es fast überlief.
»Waren Sie nur zufällig des Wegs oder gibt es irgendetwas Besonderes, das Sie hergeführt hat, Herr Pfarrer?«, fragte er, als er sein eigenes Haferl genauso vollgeschenkt hatte.
Sebastian Trenker warf Tobias einen viel sagenden Blick zu.
»Und ob es etwas Besonderes gibt«, sagte er. »Ich bin gekommen, um dir zum Geburtstag zu gratulieren. Natürlich auch im Namen der Pfarrei. Siebzig wird man schließlich net alle Tage. So ein runder Geburtstag ist schon ein Grund zum Feiern.« Sebastian zog eine von Sophie Tappert liebevoll verpackte Flasche Wein aus seinem Rucksack und stellte sie mitten auf dem Tisch. »Die ist für dich, Tobias. Und alles Gute wünschen wir dir. Gesundheit, Glück und …«
Tobias Lindner ergriff mit festem Druck die Hand, die der gute Hirte von St. Johann ihm entgegenstreckte.
»Ich bedank’ mich halt recht schön, Herr Pfarrer«, erwiderte er, noch ehe Sebastian seine Gratulation vollendet hatte. Er konnte seine Freude über die unverhofften Glückwünsche und das unerwartete Geschenk einfach nicht länger zurückhalten. »Wenn es Ihnen recht ist, mach’ ich die Flasche gleich auf. Dann können Sie auch ein Glaserl mittrinken, Herr Pfarrer.«
»Ja, doch. Warum eigentlich net?«, meinte Sebastian ein wenig zögernd. »Obwohl ich mir eher gedacht hab’, dass du den edlen Tropfen an deinem Ehrentag zusammen mit deiner Tochter, deinem Schwiegersohn und deiner Enkelin …«
Der Lindner-Bauer winkte ab.
»Da wird wohl nix draus werden«, meinte er. »Die Irmi und der Wolf-Dieter haben mich gestern schon wissen lassen, dass sie an meinem Geburtstag leider keine Zeit haben. Und meine Enkelin, die Kathi, hat sich auch entschuldigt. Die Kathi macht sich seit dem vergangenen Sommer sowieso mehr als rar.« Tobias seufzte. »Ich nehm’ es ihr aber net übel. Es ist schließlich kein Verbrechen, wenn ein junges Madl etwas Besseres zu tun hat, als seinen alten Opa zu besuchen. Weh tut’s allerdings schon. Vor allem, weil ich die Kathi so gern hab’. Und weil ich immer davon geträumt hab’, dass sie sich ihr Leben einmal anders einrichtet als ihre Mutter. Ich hab’ so gehofft, dass sie hier in St. Johann einen netten Burschen kennenlernt. Vielleicht auf dem Tanzabend im ›Löwen‹, oder was weiß ich. Einen bodenständigen Burschen, der etwas von der Bauernarbeit versteht. Und der Lust hat, meinen Hof zu übernehmen und wieder auf
Vordermann zu bringen.«
Pfarrer Trenker schwieg.
Eigentlich hatte auch er schon hin und wieder an diese Möglichkeit gedacht. Aber wenn Kathi andere Pläne hatte, war da wohl nicht viel zu machen, es sei denn …
»Junge Madln ändern ihre Meinung oft schnell«, versuchte Sebastian, den Lindner-Bauern zu trösten. »Ich hab’ jedenfalls immer das Gefühl gehabt, dass die Kathi dir nachschlägt, Tobias. Und ich glaub’ net, dass ich mich getäuscht hab’. Früher oder später wird sie schon wieder Sehnsucht nach St. Johann und nach deinem Hof bekommen. Meinst’ net auch?«
In Tobias Lindners Augen glomm ein leiser Hoffnungsschimmer auf.
»Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Pfarrer«, sagte er. »Wenn Sie Recht hätten …, schön wär’s. Es ist alles andere als leicht, in meinem Alter einen Hof allein zu bewirtschaften. Das heißt, wenn von bewirtschaften überhaupt die Rede sein kann. Eher könnt’ man wahrscheinlich sagen, irgendwie über die Runden kommen. Mehr schlecht als recht.«
Pfarrer Trenker schaute den Lindner-Bauern überrascht an.
»Wieso ganz allein? Du hast doch deinen Knecht, den Loisl, der obendrein recht tüchtig und fleißig ist«, wunderte er sich. »Oder bist’ aus irgendeinem Grund nimmer zufrieden mit ihm, Tobias?«
Tobias Lindner fuhr sich ein paar