Julia will was erleben: Toni der Hüttenwirt 196 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Tonis Handy klingelte. Auf dem Display erkannte er die Telefonnummer seiner Eltern.
»Ja, was gibt's?«, fragte Toni.
»Sagst du nicht mehr ›Grüß Gott‹, Toni? So viel Zeit muss sein!«, tadelte ihn seine Mutter.
»Du hast ja recht, entschuldige! Gerade ist eine Wandergruppe mit mindestens fünfundzwanzig Personen angekommen«, Toni lachte, »hat uns überfallen, des sagt es treffender. Mei, sind die ungeduldig! Also, ›Grüß Gott‹, Mutter! Was gibt es?«
»Der Postbote war hier und brachte einen großen braunen Umschlag. Er ist an Anna gerichtet.«
Der Briefträger brachte die Post nicht auf die Berghütte. Er gab sie entweder bei Tonis Eltern ab oder nahm sie mit auf die Oberländer Alm zu Hilde und Wenzel, die selbst selten Post bekamen.
»Wer ist der Absender?«, fragte Toni.
»Es ist eine Frau Marie Mahler.«
»Des ist eine gute Nachricht. Ich sage Anna Bescheid. Sie wird später noch runterkommen, wenn wir hier alle versorgt haben. Die Marie hat angerufen und gesagt, sie habe ihre Unterlagen der Anna geschickt und bat sie darum, sie weiterzugeben. Der Marie würde es gefallen, in Waldkogel als Gemeindehelferin zu arbeiten.«
»Die Anna will die Bewerbungsunterlagen sicher dem Fellbacher persönlich geben. Ich lege sie auf den Schrank, bis sie kommt. Was sind das für Leut', die du da als Hüttengäste hast? Du klingst net begeistert.«
»Zum Glück sind des nur Tagesgäste. Es ist ein Verein, soweit ich weiß. Aber ich habe keine Ahnung, wo sie genau herkommen. Ich habe aber sofort bemerkt, dass sie net viel Ahnung haben von den Bergen. Sie dachten, eine Berghütte sei ein Sternelokal. Stelle dir vor, sie fragten,
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Buchvorschau
Julia will was erleben - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 196–
Julia will was erleben
Ein Madl geht auf Wanderschaft
Friederike von Buchner
Tonis Handy klingelte. Auf dem Display erkannte er die Telefonnummer seiner Eltern.
»Ja, was gibt’s?«, fragte Toni.
»Sagst du nicht mehr ›Grüß Gott‹, Toni? So viel Zeit muss sein!«, tadelte ihn seine Mutter.
»Du hast ja recht, entschuldige! Gerade ist eine Wandergruppe mit mindestens fünfundzwanzig Personen angekommen«, Toni lachte, »hat uns überfallen, des sagt es treffender. Mei, sind die ungeduldig! Also, ›Grüß Gott‹, Mutter! Was gibt es?«
»Der Postbote war hier und brachte einen großen braunen Umschlag. Er ist an Anna gerichtet.«
Der Briefträger brachte die Post nicht auf die Berghütte. Er gab sie entweder bei Tonis Eltern ab oder nahm sie mit auf die Oberländer Alm zu Hilde und Wenzel, die selbst selten Post bekamen.
»Wer ist der Absender?«, fragte Toni.
»Es ist eine Frau Marie Mahler.«
»Des ist eine gute Nachricht. Ich sage Anna Bescheid. Sie wird später noch runterkommen, wenn wir hier alle versorgt haben. Die Marie hat angerufen und gesagt, sie habe ihre Unterlagen der Anna geschickt und bat sie darum, sie weiterzugeben. Der Marie würde es gefallen, in Waldkogel als Gemeindehelferin zu arbeiten.«
»Die Anna will die Bewerbungsunterlagen sicher dem Fellbacher persönlich geben. Ich lege sie auf den Schrank, bis sie kommt. Was sind das für Leut’, die du da als Hüttengäste hast? Du klingst net begeistert.«
»Zum Glück sind des nur Tagesgäste. Es ist ein Verein, soweit ich weiß. Aber ich habe keine Ahnung, wo sie genau herkommen. Ich habe aber sofort bemerkt, dass sie net viel Ahnung haben von den Bergen. Sie dachten, eine Berghütte sei ein Sternelokal. Stelle dir vor, sie fragten, ob wir Muscheln und Krebse auf der Speisekarte hätten.«
»Was du net sagst? Des ist ja unglaublich.«
»Doch so war es. Dumm war nur, dass sie den alten Alois angesprochen haben und der ist ganz schön ärgerlich geworden.«
»Alois hat die Fassung verloren? Dann muss es wirklich schlimm gewesen sein«, sagte Meta.
»Des kannst du laut sagen. Ich war mit Anna in der Küche. Plötzlich hörte ich den Alois losbrüllen: Des ist eine Berghütte und kein Sternelokal! Heute gibt es nur Kartoffeleintopf mit Brot. Dazu kann ich jedem ein Bier anbieten. Alles andere ist ausgegangen. Wem des net passt, der kann runter ins Tal gehen. Dort gibt es des Hotel ›Zum Ochsen‹. Die haben ein Restaurant und haben bestimmt noch freie Zimmer. Hier ist nix mehr frei. So, wie steht es jetzt? Wer will bestellen? Ich hab nix dagegen, wenn mein Kartoffeleintopf abgelehnt wird.«
»Das hat Alois gesagt? Des war ein Rauswurf. Wenn er so reagiert, dann müssen sie ihn gereizt haben.«
»Das haben sie. Weißt du, des sind alles so Schickimicki-Typen mit Designer-Sonnenbrillen und protzigen Uhren am Handgelenk.«
»Haben sie doch bestellt?«
»Ja, das haben sie. Aber sie verlangten Gewürze, denn sie wollten Chilisauce hineintun, damit es überhaupt nach etwas schmeckt.«
»Gütiger Himmel, des ist kaum zu glauben! Du hast doch keine Chilisauce auf der Berghütte, Toni.«
»Naa, Chilisauce haben wir nicht, doch der alte Alois hat Tomatenmark genommen. Viel Pfeffer, Paprika, Knoblauch und Senfpulver hat er reingegeben. Des Ganze hat er mit einem Schuss von seinem Obstler abgeschmeckt. Dann stellte er auf jeden Tisch ein Gläschen davon, mit Löffel.« Er lachte laut. »Das Beste kommt noch. Alois gab der Sauce den Namen ›Höllentor‹ und verlangte pro Person drei Euro dafür.«
»Drei Euro?«
»Du hast richtig gehört, Mutter. Und sie haben bezahlt. Ich wollte Alois zurückhalten, aber Anna sagte, ich solle ihn gewähren lassen. Solche Typen kenne sie genau, denen schmecke nur, was teuer ist.« Toni sah nach draußen. »Alois hat seine Freude dran. Er grinst still vor sich hin. Du müsstest sehen, wie die ›Feinschmecker‹ nach dem ersten Löffel nach Luft japsen und ihnen die Tränen kommen.«
Meta Baumberger lachte.
»Dabei wird es nicht bleiben. Sie werden alle Bauchgrimmen bekommen.«
»Des stimmt. Plötzlich haben sie es sehr eilig, hinunter ins Tal zu kommen. Jetzt müssen wir aber Schluss machen, Mama. Anna wird später runterkommen.«
»Grüße alle von mir, Toni! Bringt Anna die Kinder mit? Sie können hier übernachten, wenn sie wollen, und morgen früh von hier aus zur Schule gehen.«
»Franzi und Basti freuen sich bestimmt. Grüße mir Vater!«
Sie legten auf.
Am frühen Abend traf sich Anna mit Bürgermeister Fellbacher im Rathaus. Gina, die Gemeindesekretärin, hatte schon Kaffee gemacht. Im Amtszimmer des Bürgermeisters setzten sie sich zusammen.
»Des sind also die Unterlagen von Frau Mahler«, sagte Fellbacher. »Sie lesen sich gut.«
Er reichte Gina die Bewerbungsmappe.
»Was meinst du dazu, Gina?«
Gina las den Lebenslauf und das Zwischenzeugnis des Krankenhauses, an dem Marie Mahler noch immer beschäftigt war. Im beigefügten Anschreiben betonte Marie, dass sie ihr Leben gern verändern würde und ein Ortswechsel nach Waldkogel keine Schwierigkeit für sie sei. Sie wolle sich persönlich vorstellen und sei auch bereit, in ihrem Urlaub zur Probe zu arbeiten, um erst einmal auszuhelfen.
»Des Zupackende gefällt mir gut«, betonte Bürgermeister Fellbacher. »Sie scheint ein gestandenes Weibsbild zu sein.«
Anna lächelte.
»Das ist sie bestimmt. Marie hat im Leben so manches bewältigt. Es war nicht einfach für eine junge Witwe mit Kind.«
Bürgermeister Fellbacher besah sich noch einmal den Lebenslauf.
»Sie war wirklich noch sehr jung, als sie Witwe wurde, gerade mal dreißig ist sie gewesen.«
Er betrachtete das Foto, das Marie Mahler geschickt hatte.
»Mei, sie sieht heute noch fesch aus!«, bemerkte er. »Trotzdem ist sie Witwe geblieben? Das wundert mich.«
Anna meinte nur: »Ihre kleine Tochter Rita war ihr ganzer Lebensinhalt.«
»Sie schreibt, sie könnte nächste Woche hier sein. Sie nimmt ihren gesamten Jahresurlaub und die Überstunden am Stück.«
Gina holte den Kalender.
»Laden wir sie ein!«, sagte Gina.
»Des machen wir. Ich werde sie gleich anrufen.«
Bürgermeister Fellbacher griff zum Telefon. Aber er erreichte Marie Mahler nicht.
»Sie wird Spätschicht im Krankenhaus haben«, sagte er.
»Ich werde sie später am Abend anrufen, wenn du willst«, bot Anna an.
»Des ist lieb von dir, Anna. Sag ihr, sie ist uns herzlich willkommen. Wo wird sie wohnen?«
»Ich habe das schon mit Meta besprochen. Wir haben doch die beiden Zimmer bei meinen Schwiegereltern für den Winter, wenn die Berghütte geschlossen ist. Marie kann des Schlafzimmer von Toni und mir haben. Außerdem denke ich, wenn Meta sie ein bisserl unter ihre Fittiche nimmt, wird ihr des bestimmt den Einstieg in Waldkogel erleichtern.«
»Des ist eine ausgezeichnete Idee, Anna. Da danke ich dir erst mal für deine Hilfe. Meinst du, sie passt hierher, so als Nordlicht?«
Anna lachte laut.
»Ich – als Nordlicht – habe mich doch auch gut eingelebt und Waldkogel zu meiner zweiten Heimat gemacht.«
»Des stimmt«, sagte Fellbacher. »Entschuldige meine dumme Frage! Aber das kommt daher, dass ich einfach nicht mehr daran denke, dass du eine Zugereiste bist.« Er blinzelte ihr zu. »In deinem Dirndl schaust wirklich wie ein Madl aus den Bergen aus.«
Anna bedankte sich für das Kompliment. Sie schaute auf die Uhr.
»Es freut mich, dass alles geregelt ist. Ich schaue jetzt noch kurz bei meinen Schwiegereltern vorbei, bevor ich rauf auf die Berghütte gehe.«
Sie standen alle auf. Bürgermeister Fellbacher brachte Anna hinaus.
»Noch auf ein Wort, was ist das für eine neue scharfe Sauce, die es bei euch geben soll? Veronika Boller hat mir gesagt, sie hätte eine Menge Kunden gehabt, die bei ihr nach einer Apotheke gefragt hätten. Sie hat sie alle zu Doktor Engler geschickt.«
»Ich weiß, das Patientenaufkommen hat sich heute beim Martin verdreifacht. Er hat bei uns auf der Berghütte angerufen.«
Anna erzählte von Alois feuriger Sauce mit dem Namen