Ein starkes Madl weiß, was es will: Toni der Hüttenwirt 416 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Anna streckte in der Dunkelheit des Schlafzimmers die Hand aus. Liebevoll streichelte sie Tonis Wange. »Schatz, kannst du wieder nicht schlafen?« »Ich wollte dich net stören, Anna!« »Das tust du nicht. Aber deine Unruhe bringt dich nicht weiter. Du mußt schon noch ein wenig Geduld haben. Es werden doch höchstens nur noch einige Tage sein, Toni.« »Ich weiß! Das sag ich mir auch!« Anna schmunzelte vor sich hin. »Toni, die Schreiben der Behörde in Kirchwalden werden schon kommen. Du weißt doch, wie Ämter sind. Immerhin wissen wir über den Bürgermeister Fellbacher, daß unsere Sache entschieden ist und zwar in unserem Sinn, ohne daß es zu Nachfragen, Verzögerungen oder sonst etwas gekommen ist.« »Ich weiß! Das sage ich mir auch!« wiederholte Toni und seufzte. »Toni, im Fall unserer Adoption geht es viel schneller als bei einer natürlichen Schwangerschaft. Die dauert neun Monate.« »Des weiß ich, Anna!
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Ein starkes Madl weiß, was es will - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 416 –
Ein starkes Madl weiß, was es will
Friederike von Buchner
Anna streckte in der Dunkelheit des Schlafzimmers die Hand aus. Liebevoll streichelte sie Tonis Wange.
»Schatz, kannst du wieder nicht schlafen?«
»Ich wollte dich net stören, Anna!«
»Das tust du nicht. Aber deine Unruhe bringt dich nicht weiter. Du mußt schon noch ein wenig Geduld haben. Es werden doch höchstens nur noch einige Tage sein, Toni.«
»Ich weiß! Das sag ich mir auch!«
Anna schmunzelte vor sich hin.
»Toni, die Schreiben der Behörde in Kirchwalden werden schon kommen. Du weißt doch, wie Ämter sind. Immerhin wissen wir über den Bürgermeister Fellbacher, daß unsere Sache entschieden ist und zwar in unserem Sinn, ohne daß es zu Nachfragen, Verzögerungen oder sonst etwas gekommen ist.«
»Ich weiß! Das sage ich mir auch!« wiederholte Toni und seufzte.
»Toni, im Fall unserer Adoption geht es viel schneller als bei einer natürlichen Schwangerschaft. Die dauert neun Monate.«
»Des weiß ich, Anna! Mei, bitte, verstehe mich! Ich freue mich so, es den beiden zu sagen.«
»Das verstehe ich! Doch wir waren uns einig, daß wir sie fragen, bevor wir es ihnen sagen. Bisher haben wir nie mit ihnen darüber geredet. Wie wäre es, wenn wir die Angelegenheit in zwei Schritten erledigen?«
»Wie meinst des jetzt, Anna?«
Anna kuschelte sich in Tonis Arm.
»Nun, wenn die Kinder von der Schule kommen, dann machen wir mit ihnen einen schönen Spaziergang. Wir können zum ›Erkerchen‹ wandern oder ein Stück den Weg hinauf in Richtung ›Paradiesgarten‹. Wir verbringen einen Familiennachmittag mit einer schönen Rast. Dann bringen wir wie von selbst das Gespräch auf das Thema. Auch wenn sie sofort davon begeistert sein sollten, bitten wir sie, noch einmal darüber nachzudenken. Die beiden Kinder wissen nicht, daß ich zugehört hatte, wie sie sich darüber unterhielten. Ich denke, daß diese Vorgehensweise es dir leichter machen wird.«
»Das tut es bestimmt!«
Toni gab Anna einen Kuß.
»Toni, ich denke, daß du vielleicht auch etwas Angst hast. Ist es so?«
»Angst? Meinst, Angst vor der Verantwortung? Naa, davor hab’ ich keine Angst.«
»Ich meine, Angst, daß Franzi und Basti doch nicht adoptiert werden wollen. Ich habe gelegentlich Zweifel, ob es nicht besser gewesen wäre, von Anfang an mit den beiden offen zu reden.«
»Wir waren uns doch einig, daß wir es so machen, Anna. Wenn du Zweifel hattest, warum hast du nix gesagt?«
»Ich hatte keine Zweifel. Vielmehr ist es so, daß ich eine Art Lampenfieber spüre. Natürlich ist da die große Freude und Erwartung. Doch aufgeregt bin ich auch.«
»Du bist aufgeregt? Davon habe ich bis jetzt nichts bemerkt, Anna.«
»Vielleicht gehe ich anders damit um. Ich stellte mir vor, die Wartezeit bis der Brief kommt, wäre so etwas wie die Zeit der Schwangerschaft. Die zieht sich auch hin. Als Frau hat man wohl von der Natur die Geduld mitbekommen. Ich male mir aus, daß es jetzt die letzten Tage sind, bis ich Mutter werde, bis wir Eltern sind.«
»Mm! So kann man es auch sehen. Bist ein kluges Madl, Anna. Ich weiß ja, daß es unnütz ist, sich so verrückt zu machen. Aber ich fiebere der Sache entgegen.«
»Das weiß ich, Toni! Nun sei ganz ruhig. Wir versuchen jetzt zu schlafen. Und morgen Mittag machen wir mit den Kindern eine kleine Wanderung. Währenddessen wird sich der Alois um die Berghütte kümmern. Dann sehen wir weiter. Und wer weiß, vielleicht kommen die Dokumente schon morgen.«
Anna gab Toni einen innigen Kuß. Sie streichelte ihm über das Haar. In einigen Dingen sind Männer wie Kinder, dachte sie und lächelte still vor sich hin.
*
Anton und Theresa Bantinger warfen sich Blicke zu, als sie ihren Sohn die Stiege herunterkommen hörten. Er blieb in der offenen Tür der schönen Wohnküche stehen.
»Ich gehe dann mal!« sagte er.
»Fährst wieder in die Disco nach Kirchwalden, Paul?«
»Naa, net direkt, da gehe ich vielleicht später noch hin. So früh am Abend ist da noch nix los. Ich hab’ mich für einen Kinobesuch verabredet.«
»So, hast des? Gehst mit einem Madl hin?«
Paul lachte und strich sich das schwarzbraune Haar aus der Stirn.
»Sicher gehe ich da mit einem Madl hin!«
Anton Bantinger, der am Küchentisch mit Schreibarbeiten beschäftigt war, schraubte seinen Füllhalter zu.
»Paul, wie lange soll des noch so weitergehen? Bist unruhig geworden seit damals. Irgendwann solltest dich endlich fangen, wie man sagt. Die Leut’ reden schon über dich.«
»Laß sie reden, Vater! Was ich mache, wie ich lebe, des geht niemanden etwas an.«
»So ist des net, Bub! Wir sind immer noch deine Eltern. Wir machen uns Sorgen. Du hast einen schlechten Ruf. Treibst dich jeden Abend irgendwo herum. Auf jedem Fest hast ein anderes Madl.«
»Wen geht es was an? Es ist mein Leben!«
»Sicher ist es des, Paul! Aber ist dir noch net der Gedanke gekommen, an die Zukunft zu denken?«
Paul lachte bitter.
»Daran will ich nimmer denken! Wie heißt es? ›Nach mir die Sintflut!‹ Ich mache mir eine schöne Zeit. Des ist des einzige, was zählt. Die Erinnerung daran kann mir später niemand nehmen. Ich kann mir dann wenigstens sagen, ich hab’ gelebt und auch geliebt. Basta!«
Anton Bantinger zuckte mit den Schultern. Er fühlte sich hilflos und warf seiner Frau einen verzweifelten Blick zu. Theresa, die Resi gerufen wurde, sah ihren Sohn an.
»Paul, du bist unser Einziger! Was soll nur mal später werden? Mei, Bub, irgendwann muß des aufhören, und du mußt wieder ein geregeltes und vernünftiges Leben führen. Wir werden auch immer älter. Du gehst abends fort, kommst spät heim, schläfst bis zum Mittagessen und teilweise noch länger. Du kümmerst dich um nix!«
»Es läuft doch alles, oder? Was soll ich machen?«
»Vielleicht den Hof kehren«, warf sein Vater ein. »Anpacken sollst!«
»Ich werde eine Kehrmaschine bestellen. Dann ist des schnell gemacht!«
Anton Bantinger schüttelte den Kopf. Er war ratlos.
»Bub, du redest dich nur wieder heraus! Du weißt genau, wie ich es gemeint habe!«
»Vater, laß mich! Ich bin nur einmal jung!«
»Du bist nimmer so jung, Paul! Ich will doch nur, daß du an die Zukunft denkst. Sicher hast du eine Enttäuschung erlebt. Aber irgendwann mußt du innerlich damit abschließen. Du lebst in den Tag hinein. Du gehst nur deinen Vergnügungen nach. So kann des net weitergehen!«
»Ach, Vater, laß mich! Ich bin eben so, wie ich bin. So, und jetzt gehe ich! Grüß euch!«
Paul wandte sich um und ging hinaus.
*
Seine Eltern schauten aus dem Küchenfenster. Paul trug eine Jeans und ein helles Sommerhemd unter einer Lederweste.
»Schmuck schaut er schon aus, unser Bub, Anton. Ich kann schon verstehen, daß die Madln auf ihn fliegen.«
»Ja, des kann ich auch, besonders wenn er dann noch in dem Sportwagen vorfährt. Er ist ein richtiger Hallodri geworden, unser Bub.«
Anton Bantinger seufzte tief.
»Resi, ich frage mich, was wir falsch gemacht haben. Warum ist der Bub nur so geworden?«
»Des mußt nicht fragen, Anton. Des tust wissen. Der hat eben einen Knacks bekommen, als seine Braut ihm den Laufpaß gab.«
»Sicher, Resi! Des war alles tragisch! Aber darauf kann er doch net immer noch herumreiten. Des ist doch schon Jahre her. Der Bub ist schon über dreißig. Wir wollen auch mal in Rente gehen und ihm alles übergeben. Doch so wie des aussieht, ist net daran zu denken. Er lebt nur in den Tag hinein, zeigt keine Verantwortung, hat ein Madl nach dem anderen, was man so hört und sieht. Aber ernsthaft ist er wohl net auf der Suche. Wohin soll des führen, Resi?«
Therese zuckte mit den Achseln.
»Ich bin auch mit meinem Latein am Ende. Und eines sage ich dir, wenn ich ein junges Madl wäre, würde ich unseren Bub net wollen. Es ist traurig, daß ich des so sagen muß. So fesch er auch aussieht, er ist kein Bursche, der einen guten Ehemann und Familienvater abgibt. Die Madln müssen heute nimmer heiraten. Die haben einen Beruf und verdienen selbst Geld. Die brauchen keinen Versorger. Die sind helle und schauen hinter die Fassade. Die machen keine Kompromisse und haben des auch nicht nötig. Die tun sich nur aus Liebe mit einem Burschen zusammen. Und so dumm ist heute kein Madl, daß es sich aus Liebe an unseren Buben hängt. Er hat sich zu einem Nichtsnutz entwickelt.«
»Ja, des stimmt, Resi! Mei, ich schäme mich für unseren Buben. Ich traue mich schon gar nimmer ins