Wer zweifelt schon an einem Helden?: Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane 33 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Ein Viertel Bordeaux, bitte.« Als wäre es das Natürlichste der Welt, gab der Anwalt Marlon Falk beim Mittagessen seine Getränkebestellung auf. Dr. Daniel Norden warf seinem Freund einen verwunderten Blick zu. Aus der anfänglichen Arzt-Patienten-Beziehung hatte sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, und beide genossen die Gesellschaft des anderen. Seither trafen sich die beiden Männer, die unterschiedlicher nicht sein konnten, hin und wieder zum Mittagessen. Für gewöhnlich orderte der Anwalt stilles Wasser, manchmal Saft, aber auf keinen Fall Alkohol. Nicht am helllichten Tag. »Du überrascht mich!«, stellte der Arzt fest, nachdem er das obligatorische Mineralwasser bestellt hatte. Marlon lächelte. Um seine intensiv blauen Augen kräuselten sich sympathische Falten. Seine Zähne waren weiß und kräftig. »Hast du nie Sehnsucht danach, aus den immer gleichen Gewohnheiten auszubrechen?«, wusste er sofort, worauf der Dr. Norden anspielte. »Doch.« »Und? Was tust du dagegen?« Nun lächelte Daniel auch.
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Buchvorschau
Wer zweifelt schon an einem Helden? - Patricia Vandenberg
Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane
– 33 –
Wer zweifelt schon an einem Helden?
Unveröffentlichter Roman
Patricia Vandenberg
»Ein Viertel Bordeaux, bitte.«
Als wäre es das Natürlichste der Welt, gab der Anwalt Marlon Falk beim Mittagessen seine Getränkebestellung auf.
Dr. Daniel Norden warf seinem Freund einen verwunderten Blick zu. Aus der anfänglichen Arzt-Patienten-Beziehung hatte sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, und beide genossen die Gesellschaft des anderen. Seither trafen sich die beiden Männer, die unterschiedlicher nicht sein konnten, hin und wieder zum Mittagessen. Für gewöhnlich orderte der Anwalt stilles Wasser, manchmal Saft, aber auf keinen Fall Alkohol. Nicht am helllichten Tag.
»Du überrascht mich!«, stellte der Arzt fest, nachdem er das obligatorische Mineralwasser bestellt hatte.
Marlon lächelte. Um seine intensiv blauen Augen kräuselten sich sympathische Falten. Seine Zähne waren weiß und kräftig.
»Hast du nie Sehnsucht danach, aus den immer gleichen Gewohnheiten auszubrechen?«, wusste er sofort, worauf der Dr. Norden anspielte.
»Doch.«
»Und? Was tust du dagegen?«
Nun lächelte Daniel auch.
»Dasselbe wie du vermutlich. Ich mache etwas anders. Nur um irgendwann festzustellen, dass ich innerhalb kürzester Zeit wieder zu meinen alten Gewohnheiten zu-rückkehre.«
»Klingt so, als wäre dein Leben in schönster Ordnung.« Die beiden Männer hatten die Bestellung aufgegeben. Marlon hob sein Glas. »Darauf trinken wir.«
»Vielen Dank. Das ist es auch. Ich habe eine wunderschöne kluge Frau, fünf großartige gesunde Kinder, ein Haus und einen Beruf, den ich liebe. Was kann sich ein Mann noch mehr wünschen?«, fragte Daniel Norden ernsthaft. Zu spät erinnerte er sich an Marlons Sohn, den er vor vielen Jahren, in einer Zeit vor ihrer Bekanntschaft, durch einen tragischen Unfall verloren hatte. Schon lag ihm eine Entschuldigung auf den Lippen. Aber Mar- lon wirkte nicht die Spur betroffen und schien mit den Gedanken woanders zu sein. Er betrachtete seinen Freund eine Weile nachdenklich.
»Erklär mir die Liebe! Die zum Leben im Allgemeinen und zu einer Frau im Besonderen«, verlangte er plötzlich.
Irritiert beugte sich Daniel nach vorn.
»Das weißt du nicht? Aber du hattest doch einmal eine Familie. Und du wolltest wieder heiraten.«
Marlon zuckte mit den Schultern.
»Ich wollte vieles, habe einiges erreicht und vieles wieder verloren. Trotzdem glaube ich, mich nicht beklagen zu können. Meine Karriere läuft glänzend. Ich hatte eine Verlobte, um die mich viele beneideten, ein schönes Zuhause. Aber was ich auch tue, ich komme immer wieder zu dem einen Punkt.« Wieder hob er sein Glas und nahm einen tiefen Schluck. Er heftete seine Blicke fest auf Daniel. »Mir fehlt die Leidenschaft, die tiefen Gefühle. Bei allem, was ich tue.«
Daniel zögerte. Sollte er an alte Wunden rühren?
»Hängt das mit dem Tod von Nicholas zusammen?«, entschied er sich für Offenheit, die eine der Grundlagen ihrer Freundschaft war.
Offenbar hatte Marlon mit dieser Frage gerechnet. Er zuckte gelassen mit den Schultern.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, wie meine Gefühlslage damals war. Jetzt ist sie jedenfalls der Grund dafür, warum ich die Hochzeit mit Lydia abgesagt habe. Es wäre nicht fair gewesen, sie zu heiraten.«
Daniel seufzte, als er sich an Marlons Anruf vor ein paar Wochen erinnerte.
»Selbst Felicitas war schockiert. Ihr ward für uns ein echtes Traumpaar.«
Der Kellner servierte Lachs-Carpaccio, Salat und Weißbrot.
»Lydia hat das wohl ähnlich gesehen. Sie war am Boden zerstört und vermutete sofort eine andere Frau. Das zeigt mir, dass sie mich nie verstanden hat.«
»Vielleicht wolltest du auch nicht verstanden werden«, gab Daniel zwischen zwei Bissen zu bedenken. »Nicht von ihr.«
Marlon lachte leise.
»Schon möglich. Mit dem Kauf der alten Villa am See habe ich jetzt dafür gesorgt, dass mich auch der letzte Rest meiner Familie und Bekannten für völlig verrückt hält.«
Interessiert horchte Daniel auf.
»Welche alte Villa?«
»Ach, du hast es noch nicht gehört? Ich habe es inzwischen so vielen Leuten erzählt, dass ich gar nicht mehr weiß, wen ich informiert habe und wen nicht.«
»Das kenne ich.« Daniel lächelte, als er an seine vielköpfige Familie dachte. »Bei Fee oder mir gehen auch ständig Beschwerden ein, wir hätten jemanden bei der Weitergabe wichtiger Informationen übergangen. Wir überlegen schon, ob eine große Tafel, auf die wir unsere Termine der Allgemeinheit mitteilen, Abhilfe schaffen könnte.«
Marlon lächelte, teils amüsiert, teils wehmütig.
»Manchmal träume ich schon von einer Familie, wie du sie hast.«
Er seufzte. Plötzlich wurde seine Miene wieder undurchschaubar. Er strich sich über das ordentlich gescheitelte Haar. »Aber nein. Die Zeit dafür ist vorbei. Es sollte nicht sein. Nun beginnt eine neue Ära.«
»Du sprichst in Rätseln.« Tat-sächlich konnte Daniel seinem Freund nicht folgen.
»Deshalb habe ich um dieses Treffen gebeten.« Erstaunt stellte Marlon fest, dass seine Hände vor Nervosität feucht wurden. Im Laufe der Zeit hatte sich Dr. Daniel Norden zu einem wichtigen Ratgeber entwickelt. Er hielt große Stücke auf die Meinung des Arztes. »Wein am Mittag ist nur ein kleiner Teil der großen Veränderungen in meinem Leben. Vor dir sitzt ein Mann, der seinen Beruf aufgegeben hat und im Begriff ist, einen Neuanfang in der alten Villa am See zu wagen.«
Klirrend fiel eine Gabel auf den Rand des Tellers. Rasch hob Daniel Norden sie wieder auf. Diese Nachricht brachte ihn doch einigermaßen aus der Fassung.
»Und was ist mit deinem finanziellen Auskommen? Von was willst du leben?«, galt seine erste Frage den praktischen Dingen.
Das schien der kleinste Anlass zur Sorge für Marlon Falk zu sein. Er winkte lässig ab.
»Ich habe meine Anteile an der Kanzlei gut verkauft. Darüber hinaus habe ich in den vergangenen Jahren für die Zukunft vorgesorgt und mir ein angenehmes Polster geschaffen. Auf dem lässt es sich für den Rest meines Lebens gut ruhen«, erklärte er zufrieden.
»Klingt vielversprechend«, musste Daniel unumwunden zugeben. »Trotzdem frage ich mich, was du mit der vielen Zeit anfangen willst, die du dann haben wirst. So ganz ohne Aufgabe.«
Marlon lachte.
»Keine Sorge. Langweilig wird mir schon nicht werden. Die Villa ist der ideale Spielplatz für mich. Meine Hände schreien förmlich nach praktischer Arbeit. Und dann ist ja da noch der See. Wenn ich genug habe von meditativer Handarbeit gehe ich segeln. Mein Boot liegt schon in dem kleinen Hafen vor Anker und wartet auf mich.«
»Du hast wirklich an alles gedacht.« Dr. Norden nickte anerkennend.
Trotz des Lobs seines Freundes zog eine sorgenvolle Wolke über Marlons erstaunlich entspanntes Gesicht. Der Appetit schien ihm vergangen zu sein, und er schob die wenigen Reste seiner Mahlzeit lustlos auf dem Teller hin und her.
»Ich hoffe zumindest, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Dass ich dort in der Einsamkeit das finde, wonach ich so lange schon suche. Dass ich endlich erfahre, was es heißt, glücklich zu sein.« Seine Stimme war rau, als er diesen innigen Wunsch äußerte.
Daniel war versucht, dem Anwalt die Hand auf den Arm zu legen, um ihm Mut