Im Schein des Abendrots: Dr. Norden Gold 98 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Dieser Husten mag mir inzwischen gar nicht mehr gefallen, Herr Kaiser«, erklärte Dr. Daniel Norden sehr ernsthaft und hielt das Stethoskop erneut an den mageren, entblößten Rücken des Patienten, der schwer atmend vor ihm saß. »Ach was, das wird schon wieder.« »Bitte? Was haben Sie gesagt?« Mit dem Stethoskop in den Ohren konnte der Arzt die Worte nicht verstehen. Doch er hatte seine Untersuchung ohnehin beendet und warf Ralf Kaiser einen fragenden Blick zu. »Ich sagte, das wird schon wieder. Jetzt bin ich schon so alt geworden. Da bringt mich das bisschen Husten auch nicht mehr um«, versuchte der alte Herr zu scherzen, als er das Hemd zuknöpfte und sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches setzte, an dem der Arzt inzwischen mit besorgter Miene Platz genommen hatte. »Haben Sie mit dem Rauchen aufgehört, wie ich es Ihnen schon so oft ans Herz gelegt habe?« »Das spielt doch in meinem Alter keine Rolle mehr. Ich rauche schon mein ganzes Leben lang, und es hat mir nichts geschadet.« »Ihr Wort in Gottes Ohr«, seufzte Dr. Norden bekümmert und machte sich ein paar Notizen, ehe sein forschender Blick wieder auf den Patienten fiel. »Haben Sie Auswurf, wenn Sie husten müssen?« »Manchmal schon.«
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Im Schein des Abendrots - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Gold
– 98 –
Im Schein des Abendrots
Patricia Vandenberg
»Dieser Husten mag mir inzwischen gar nicht mehr gefallen, Herr Kaiser«, erklärte Dr. Daniel Norden sehr ernsthaft und hielt das Stethoskop erneut an den mageren, entblößten Rücken des Patienten, der schwer atmend vor ihm saß. »Ach was, das wird schon wieder.«
»Bitte? Was haben Sie gesagt?« Mit dem Stethoskop in den Ohren konnte der Arzt die Worte nicht verstehen. Doch er hatte seine Untersuchung ohnehin beendet und warf Ralf Kaiser einen fragenden Blick zu. »Ich sagte, das wird schon wieder. Jetzt bin ich schon so alt geworden. Da bringt mich das bisschen Husten auch nicht mehr um«, versuchte der alte Herr zu scherzen, als er das Hemd zuknöpfte und sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches setzte, an dem der Arzt inzwischen mit besorgter Miene Platz genommen hatte.
»Haben Sie mit dem Rauchen aufgehört, wie ich es Ihnen schon so oft ans Herz gelegt habe?«
»Das spielt doch in meinem Alter keine Rolle mehr. Ich rauche schon mein ganzes Leben lang, und es hat mir nichts geschadet.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, seufzte Dr. Norden bekümmert und machte sich ein paar Notizen, ehe sein forschender Blick wieder auf den Patienten fiel. »Haben Sie Auswurf, wenn Sie husten müssen?«
»Manchmal schon.«
»Ist dieser Auswurf blutig?«
»Na, was Sie alles wissen wollen«, gab sich Ralf Kaiser von seiner schnodderigsten Seite. Ihm war das Verhör des Arztes lästig, und es drängte ihn zum Stammtisch, wo seine Kartenbrüder schon auf ihn warteten. »So genau schau ich mir das doch nicht an.«
Daniel Norden seufzte. Er nahm seinen Patienten nicht gerne die Sorglosigkeit, aber Kaiser ging für seinen Geschmack entschieden zu unbekümmert mit seiner Gesundheit um. »Ich muss Sie bitten, sich zu einer näheren Untersuchung in der Behnisch-Klinik einzufinden.«
»Warum das denn? Machen Sie doch kein solches Theater wegen dem Husten«, erwiderte Ralf Kaiser in wachsender Ungeduld. »Nun nehmen Sie doch Vernunft an! Der Verdacht liegt nahe, dass Sie an einem Bronchialkarzinom leiden. Alle Anzeichen sprechen dafür. Deshalb rate ich Ihnen, sich in der Klinik gründlich untersuchen zu lassen.«
»Was soll das für ein Ding sein?«
»Ein Bronchialkarzinom, im Volksmund auch Lungenkrebs genannt«, erklärte Daniel ernst. Wenn er aber damit gerechnet hatte, bei Ralf Kaiser so etwas wie Betroffenheit und damit ein Umdenken hervorzurufen, so hatte er sich gründlich geirrt.
Ein heiseres Lachen war zunächst alles, was er für seine Befürchtung erntete.
»Mein lieber Herr Doktor, Ihr Wissen in allen Ehren«, erklärte Kaiser schließlich leichthin. »Aber Sie scheinen hin und wieder ein Opfer Ihrer schlechten Erfahrungen zu werden. Lungenkrebs? Nein, ganz ausgeschlossen. Meine Familie hat eine unverwüstliche Gesundheit. Ich werde es Ihnen beweisen. Machen Sie für mich einen Termin in dieser Klinik aus. Dann werden Sie sehen, dass ich recht habe.« Kaisers Kampfgeist war geweckt, und herausfordernd blitzte er Daniel Norden an. Der dachte nicht daran zu widersprechen. Er war froh, sein Ziel erreicht zu haben, mit welchen Mitteln auch immer.
»Niemand ist froher als ich, wenn er den Beweis in Händen hält, dass Sie gesund sind. Ich rufe Sie spätestens morgen früh wegen des Termins an«, erklärte er mit einem unfrohen Lächeln. Er war sich seiner Diagnose sehr sicher und fürchtete schon jetzt den Tag, an dem auch Ralf Kaiser den unabänderlichen Tatsachen ins Auge sehen musste.
Mit blicklosen Augen und emotionsloser Miene saß Madeleine Hochmuth im Klinikbett und starrte vor sich hin. Die Welt schien sich ihr verschlossen zu haben, nichts vermochte es offenbar, zu ihr vorzudringen. Selbst als sich die Tür zu ihrem Krankenzimmer öffnete und leise wieder schloss, drehte sie nicht den Kopf. Erst als ihr Mann Lukas einen wunderschönen Strauß dunkelroter Rosen vor ihr auf das Bett legte und ihr einen sanften Kuss auf die Stirn gab, erwachte Madeleine zum Leben.
»Lukas, da bist du ja. Ich habe schon auf dich gewartet.«
»Ich bin gekommen, so schnell es ging. Es ist wie verhext. Du in der Klinik. Dazu ist momentan in der Firma die Hölle los. In der neuen Zweigstelle in Berlin geht es drunter und drüber, und wir hier in München müssen die Aufträge von oben neben unserer normalen Arbeit ebenfalls koordinieren.«
Madeleine lauschte ungerührt.
»Wie geht es dir?« fragte sie abwesend, statt auf seine Schilderung zu reagieren. »Mir geht es gut, aber das spielt jetzt ohnehin keine Rolle. Die Frage ist, wie du dich fühlst. Glaubst du, du kannst die Klinik morgen verlassen? Oder möchtest du lieber noch ein paar Tage hierbleiben?«
»Um all den glücklichen Müttern zuzusehen, die ihre Neugeborenen in ihren Bettchen den Flur auf und ab schieben? Genau dieser Anblick ist es, der mich krank macht. Ich will nicht immer an unser Unglück erinnert werden. Sonst werde ich mich niemals mit meinem Schicksal abfinden.«
»Es ist auch mein Schicksal.«
»Ach, was weißt du schon, wie es ist, das dritte Kind zu verlieren?« stieß Madeleine erbost durch die Zähne. Sie beneidete Lukas zutiefst. Strahlend und in ihren Augen ungerührt saß er an ihrem Bett, ein smarter Geschäftsmann im Anzug, der gleich in sein Leben zurückkehren würde, an dem sie nicht teilhatte. »Du gehst zur Arbeit und vergisst alles um dich herum. Aber mein Leben ist hier, ich muss mich mit der Tatsache abfinden, niemals Mutter zu sein. Ich bin es, die sich eine andere Aufgabe suchen muss.«
»Aber du hast doch deinen Job als Dekorateurin.«
»Soll das eine Lebensaufgabe sein?«
»Das wird sich zeigen. Wenn nicht, dann suchst du dir eben etwas anderes, arbeitest als Philologin. Irgendetwas wird sich schon finden.«
»Du redest dich leicht. Immerhin hast du alles, wovon du immer geträumt hast. Ein schönes Haus, eine tolle Arbeitsstelle, Erfolg und Bestätigung, eine steile Karriere.«
»Nicht zu vergessen die wunderbare Frau, die ich über alles liebe«, machte Lukas einen letzten Versuch, seine frustrierte Frau zu beruhigen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wie oft sie diese Diskussion in der Vergangenheit schon geführt hatten. Und nach jeder Fehlgeburt, die Madeleine erlitten hatte, war die Verbitterung größer geworden. »Ich weiß, wie traurig und enttäuscht du bist. Aber ich denke, es ist an der Zeit, dass du dein Leben neu ordnest. Du bist jetzt fünfunddreißig, das Thema Baby sollten wir endgültig zu den Akten legen«, erklärte er, um es ihr nicht noch schwerer zu machen. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, waren das genau die falschen Worte.
»Dir kommt das vermutlich auch noch ganz gelegen, was? Ich ahnte doch, dass dir ein Kind nur im Weg sein würde. Es passt nicht in das Leben, das du gerne führen möchtest. Zu den weiten Reisen, die du so liebst, zu deiner Arbeit, die du auf keinen Fall vernachlässigen willst«, redete sich Madeleine immer mehr in Rage. Lukas betrachtete seine Frau erschüttert. Schon oft hatte sie ihn in ihrem Schmerz beschimpft. Aber so schlimm wie diesmal war es noch nie gewesen.
»Ist das dein Ernst? Meinst du das alles so, wie du es sagst?« fragte er tonlos und zutiefst getroffen.
»Tu doch nicht so, als wäre ich nicht mehr Herrin meiner Sinne! Ich habe nur ein Kind verloren und nicht meinen Verstand. Weißt du was? Das größte Unglück, das mir passieren konnte, war, dich getroffen zu haben. Gäbe es dich nicht,