Die Frau des Arztes: Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane 12 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Leiden Sie unter Schuldgefühlen, wenn Sie anderen nicht helfen?«, stellte Yasmin Distler ihrem Mann die letzte Frage eines Psychotests, bei dem sie sich, ganz im Gegensatz zu Christoph, prächtig amüsierte. Unwillig schüttelte der Arzt, der als Hand- und Schönheitschirurg an der Privatklinik von Dr. Jenny Behnisch arbeitete, den Kopf. »Die Frage müsste anders lauten: Wer hat keine Schuldgefühle, wenn er nicht hilft«, gab er zurück. Yasmin lächelte sanft, ohne die Augen zu heben. »Was jetzt? Ja oder nein? Dann bist du erlöst.« »Selbstverständlich.« »Gut. Dann haben wir nach Adam Riese und Eva Zwerg«, sie bewegte murmelnd die weichen roten Lippen, ehe sie das Ergebnis preisgab, »siebenunddreißig Punkte.« »Und was bedeutet das?« Obwohl Christoph vorgab, diesen Test in einer Frauenzeitschrift nicht ernst zu nehmen, spiegelte sich Neugier in seinen ungewöhnlich hellgrünen Augen. Yasmin blätterte eine Seite um und studierte die Auflösung, ehe sie sie laut vorlas. »In diesem Test können Sie maximal vierzig Punkte erreichen. Wenn Sie mehr als dreißig Punkte haben, ist das ein Hinweis darauf, dass Sie unter einem Helfersyndrom leiden könnten. Je mehr Sie sich überfordert und ausgelaugt fühlen und an den Grenzen Ihrer Belastbarkeit sind, umso wahrscheinlicher haben Sie diese Störung.«
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Buchvorschau
Die Frau des Arztes - Patricia Vandenberg
Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane
– 12 –
Die Frau des Arztes
Nur Yasmin kennt sein wahres Gesicht
Patricia Vandenberg
»Leiden Sie unter Schuldgefühlen, wenn Sie anderen nicht helfen?«, stellte Yasmin Distler ihrem Mann die letzte Frage eines Psychotests, bei dem sie sich, ganz im Gegensatz zu Christoph, prächtig amüsierte. Unwillig schüttelte der Arzt, der als Hand- und Schönheitschirurg an der Privatklinik von Dr. Jenny Behnisch arbeitete, den Kopf.
»Die Frage müsste anders lauten: Wer hat keine Schuldgefühle, wenn er nicht hilft«, gab er zurück.
Yasmin lächelte sanft, ohne die Augen zu heben.
»Was jetzt? Ja oder nein? Dann bist du erlöst.«
»Selbstverständlich.«
»Gut. Dann haben wir nach Adam Riese und Eva Zwerg«, sie bewegte murmelnd die weichen roten Lippen, ehe sie das Ergebnis preisgab, »siebenunddreißig Punkte.«
»Und was bedeutet das?« Obwohl Christoph vorgab, diesen Test in einer Frauenzeitschrift nicht ernst zu nehmen, spiegelte sich Neugier in seinen ungewöhnlich hellgrünen Augen. Yasmin blätterte eine Seite um und studierte die Auflösung, ehe sie sie laut vorlas. »In diesem Test können Sie maximal vierzig Punkte erreichen. Wenn Sie mehr als dreißig Punkte haben, ist das ein Hinweis darauf, dass Sie unter einem Helfersyndrom leiden könnten. Je mehr Sie sich überfordert und ausgelaugt fühlen und an den Grenzen Ihrer Belastbarkeit sind, umso wahrscheinlicher haben Sie diese Störung.«
»So ein ausgemachter Unsinn«, unterbrach Dr. Distler seine Frau ärgerlich. »Als ob es eine psychische Störung ist, sich für seine Mitmenschen einzusetzen. Dass du so einen Schwachsinn auch noch ernst nimmst, enttäuscht mich wirklich.«
Wie unter einem Peitschenhieb zuckte Yasmin zusammen.
»Aber das war doch nur ein Spaß. Warum regst du dich gleich so auf? Außerdem finde ich wirklich, dass du sehr müde und abgespannt bist in letzter Zeit.«
»Dann bist du aber die Einzige, die das feststellt.«
»Ich kenne dich eben so gut wie kein anderer. Dein wahres Gesicht zeigst du nur mir«, erwiderte Yasmin zärtlich und stand auf, um ihrem Mann fürsorglich über das müde Gesicht zu streichen. Sie beugte sich hinab und bedeckte seine Wange mit kleinen Küssen. »Außerdem würde ich mich freuen, wenn du dein Helfersyndrom wieder einmal an mir und unserem Haus ausleben könntest. Hier gibt es tausend Kleinigkeiten, die erledigt werden müssen.«
»Ruf einen Handwerker.«
»Um ein paar Löcher zu bohren, den Sperrmüll wegzubringen und den Rasen zu mähen?«, fragte Yasmin ungläubig.
Noch ehe Christoph eine Antwort finden konnte, wurde das Ehepaar Distler jedoch von einem lauten Geräusch im Garten aufgeschreckt. Yasmin starrte ihren Mann mit großen Augen an.
»Was war das?«
»Ich gehe nachsehen.« Obwohl es schon spät in der Nacht war und er sich nach Schlaf sehnte, stemmte sich der Arzt ohne große Umschweife aus seinem Sessel. Er durchquerte das geräumige, mit glänzendem Marmorboden ausgelegte Wohnzimmer und öffnete die Terrassentür. Kühle Dunkelheit schlug ihm entgegen. »Hallo? Ist da wer?«, rief er forsch.
Ein leises Ächzen war die Antwort.
»Geh du schon mal vor ins Bett. Ich komme gleich nach«, wandte sich Christoph an seine Frau, als er auch schon auf die Terrasse trat und von der Finsternis verschluckt wurde.
Diese Anweisung kam Yasmin gerade recht. Mit ihren blonden, leicht gewellten Haaren, den babyblauen Augen und dem runden Gesicht sah sie nicht nur aus wie eine lebensgroße schüchterne Puppe. Sie war tatsächlich weder mit viel Mut noch mit einem besonderen Selbstvertrauen ausgestattet. »Sei ja vorsichtig!«, riet sie ihm und lief mit klopfendem Herzen nach oben. Im Handumdrehen lag Yasmin unter den weichen Decken, die sie bis zum Kinn gezogen hatte und lauschte atemlos in die Stille.
Dr. Christoph Distler hatte inzwischen die Außenbeleuchtung angeschaltet. Das Stöhnen war beinahe sofort verstummt, und er spähte hinaus in das weitläufige Grundstück. Mit Meisterhand hatte der Gärtner es verstanden, den Eindruck eines englischen Parks entstehen zu lassen. Zu Kugeln geschnittene Buchsbäume, prachtvolle Rosenstöcke und sorgfältig zusammengestellte Rabatten säumten den feinen englischen Rasen. Angestrengt versuchte der Arzt, in dem spärlichen Licht etwas zu erkennen. Nur langsam gewöhnten sich seine Augen an die schemenhafte Mischung aus Licht und Schatten.
»So ein Mist. Warum muss das ausgerechnet mir passieren?«, hörte er auf einmal ein verhaltenes Fluchen. Kurzentschlossen und unerschrocken folgte Christoph der Stimme und fand sich schließlich am Ende des Gartens wieder. Dort entdeckte er endlich, wonach er gesucht hatte. Eine schemenhafte Gestalt presste sich gegen die hohe Steinmauer, die eine Hand mit schmerzverzerrtem Gesicht umklammert. Der ungebetene Gast war so in seinen Schmerz vertieft, dass er den Hausherrn nicht bemerkte.
»Was tun Sie hier?«, machte sich Christoph Distler mit lauter Stimme bemerkbar.
Der Mann zuckte zusammen und sah nach oben. Ein scheuer Blick aus dunklen Augen traf den Arzt.
»Oh, oh, es tut mir leid. Ich habe mich verirrt. Bin sofort weg«, stammelte der Angesprochene mit schwankender Stimme und wollte sich abwenden. Doch in welche Richtung er auch humpelte, überall versperrte ihm die hohe weiße Mauer den Rückweg.
Christoph beobachtete den Fremden eine Weile bei seinen Bemühungen. Alle Strenge war aus seinem Gesicht gewichen, ein milder Ausdruck an seine Stelle getreten.
»Immer mit der Ruhe, guter Mann«, sagte er schließlich freundlich. »Sie wollen mir also weismachen, Sie sind zufällig auf unserer Mauer herumgeklettert und in den Garten gefallen?«
Trotz der Dunkelheit konnte der Fremde das Lächeln des Arztes ausmachen, das seine Stimme freundlich machte. Verwundert hielt er in seinem Fluchtversuch inne.
»Sie sind mir nicht böse? Sie rufen nicht sofort die Polizei?«, fragte er heiser.
»Das entscheide ich, wenn ich Ihre Gründe kenne. Allerdings sehen Sie mir nicht gerade gemeingefährlich aus.« Im schwachen Schein der Gartenlampen konnte Christoph die schäbige Kleidung, das bärtige Gesicht und das ungepflegte Haar erkennen. Der Eindringling stöhnte, ehe er eine Antwort gab.
»Ich war auf der Suche nach einem Schlafplatz und wollte mal sehen, was hinter der Mauer ist. Sie wirkte so sicher«, gestand er leise. Angesichts Christophs seidenem Hausmantel, der bei jeder Bewegung sanft schimmerte, senkte er beschämt den Kopf.
Das Lächeln des Arztes wurde breiter.
»Zumindest haben Sie Geschmack bewiesen. Und Treffsicherheit. Ich habe tatsächlich einen Schlafplatz für Sie. Aber zuerst sehe ich mir Ihre Hand an. Sie haben sich beim Sturz verletzt?« Er machte einen Schritt auf den Fremden zu, der erschrocken nach hinten wich. Die Mauer versperrte ihm den Weg. Misstrauisch starrte er Christoph an.
»Was soll das werden? Ist das eine Falle? Rufen Sie gleich die Polizei an?«
Christoph lächelte beruhigend.
»Wenn ich das wollte, hätte ich es längst getan. Keine Sorge. Ich bin Arzt und kann Ihnen helfen. Nun kommen Sie schon«, forderte er den Mann mit sanftem Nachdruck auf. Der ließ ihn nicht aus den Augen. »Haben Sie auch einen Namen?«