Hände Weg von Marilu: Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane 13 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
In rasender Geschwindigkeit schoss das Flugzeug über die graue Startbahn, die in morgendliches Licht getaucht war. Bald darauf erhob es sich scheinbar mühelos in die Lüfte. Mit weit aufgerissenen, braunen Augen saß Marilu am Fenster und blickte hinab auf die immer kleiner werdenden Häuser ihrer Heimat. Der Boden unter ihr entfernte sich in Sekundenschnelle. Ihre Mutter Nora, die bis zum Abflug nervös und unruhig gewesen war, lehnte sich zurück. Sie atmete auf. »Nicht mehr lange, und wir sind in München.« Liebevoll strich sie ihrer Tochter übers Haar. »Wie lange sind wir denn diesmal unterwegs?«, Marilu sah ihre Mutter fragend an. Nora setzte sich gerade auf. Bislang hatte sie diese Frage ausweichend beantwortet. Doch nun war es an der Zeit, Marilu die Wahrheit zu sagen. »Wir werden für immer in Deutschland bleiben.« »Was?« Das Gesicht des Mädchens war schneeweiß geworden. Nora senkte beschämt die Augen. »Ich weiß, dass ich dich angelogen habe. Aber ich hatte keine andere Wahl. Sonst wärst du womöglich nicht mit mir gekommen.
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Familie Dr. Norden - Neue Edition
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Buchvorschau
Hände Weg von Marilu - Patricia Vandenberg
Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane
– 13 –
Hände Weg von Marilu
Ich beschütze meine Tochter vor der ganzen Welt
Patricia Vandenberg
In rasender Geschwindigkeit schoss das Flugzeug über die graue Startbahn, die in morgendliches Licht getaucht war. Bald darauf erhob es sich scheinbar mühelos in die Lüfte. Mit weit aufgerissenen, braunen Augen saß Marilu am Fenster und blickte hinab auf die immer kleiner werdenden Häuser ihrer Heimat. Der Boden unter ihr entfernte sich in Sekundenschnelle. Ihre Mutter Nora, die bis zum Abflug nervös und unruhig gewesen war, lehnte sich zurück. Sie atmete auf.
»Nicht mehr lange, und wir sind in München.« Liebevoll strich sie ihrer Tochter übers Haar.
»Wie lange sind wir denn diesmal unterwegs?«, Marilu sah ihre Mutter fragend an. Nora setzte sich gerade auf. Bislang hatte sie diese Frage ausweichend beantwortet. Doch nun war es an der Zeit, Marilu die Wahrheit zu sagen.
»Wir werden für immer in Deutschland bleiben.«
»Was?« Das Gesicht des Mädchens war schneeweiß geworden.
Nora senkte beschämt die Augen.
»Ich weiß, dass ich dich angelogen habe. Aber ich hatte keine andere Wahl. Sonst wärst du womöglich nicht mit mir gekommen. Und du bist doch meine Tochter, mein Sonnenschein. Ohne dich kann ich nicht leben.«
Marilu schnaubte verächtlich.
»Soweit ich mich erinnern kann, hast du von meiner Existenz bisher nicht viel mitbekommen«, entgegnete sie altklug.
»Was soll das heißen? Nur weil mir meine Karriere wichtig ist, heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht um dich gekümmert habe.« Es fiel Nora sichtlich schwer, ihren Zorn zu unterdrücken. Sie warf ihr blondes langes Haar in den Nacken. Ihre Augen funkelten herausfordernd. Aber so leicht ließ sich das Mädchen nicht einschüchtern. Es war in einer Welt der Erwachsenen groß geworden und wusste sich zur Wehr zu setzen.
»Stimmt«, gab sie ihrer Mutter überraschend recht. Ihre tiefbraunen Augen blickten spöttisch drein. »Du hast dich immer fabelhaft um Babysitter, Ballettstunden, Tanzkurse und Malstunden gekümmert, damit ich euch aus dem Weg war. Noch nicht einmal abholen musstet ihr mich, weil das Nonna übernommen hat.«
Am liebsten hätte Nora ihrer Tochter eine schallende Ohrfeige verabreicht. Angesichts der Tatsache, dass sie in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Flugzeug saßen und die Passagiere schon neugierig herüberschauten, versagte sie sich diesen Impuls jedoch. Dennoch zogen Mutter und Tochter die Aufmerksamkeit auf sich. Entschuldigend lächelnd wandte Nora sich an ihren Sitznachbarn.
»Diese Kinder von heutzutage. Sind mit nichts zufrieden. Früher wären wir froh gewesen, wenn uns jemand so verwöhnt hätte«, versuchte sie, sich in ein gutes Licht zu rücken. Doch Marilu war nicht schüchtern und beugte sich ebenfalls nach vorne.
»Keine Sorge, das sagt sie nur, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Meine Eltern haben nämlich nie Zeit für mich.«
Der Herr auf dem Außensitz ließ deutlich erkennen, was er von diesem seltsamen Paar hielt und wandte sich kommentarlos ab. Empört starrte Nora an Marilu vorbei. Unweigerlich wanderten ihre Gedanken zu dem Leben, das sie hinter sich gelassen hatte. Und zu dem Mann. Diesmal sollte es endgültig sein. »Wovon leben wir in München?«, riss Marilus Stimme sie aus ihren verwirrten Gefühlen, die zwischen Trauer und Freude, Wut und Enttäuschung schwankten. Ihre Tochter klang auf einmal wie eine ganz normale Elfjährige.
Seufzend wandte Nora sich ihr zu und strich ihr zärtlich über das lange Haar.
»Es ist alles vorbereitet. Ich habe eine Stelle als Chefredakteurin bei einer tollen Frauenzeitschrift bekommen. Das Angebot konnte ich unmöglich ausschlagen.«
»Und wo sollen wir wohnen?«
»Zuerst einmal bei Esther. Du erinnerst dich doch an Esther? Sie hat uns vor ein paar Jahren mal besucht. Inzwischen ist sie mit meinem ehemaligen Chef Robert verheiratet. Die beiden haben zwei süße Kinder, Lilli und Tobi«, versuchte Nora, ihrer Tochter die nahe Zukunft schmackhaft zu machen.
Aber Marilu schüttelte unwillig den Kopf.
»Ich hasse kleine Kinder. Die machen Lärm und sind frech.«
»Wie kannst du so was sagen? Du kennst die beiden doch gar nicht.«
»Der kleine Bruder von Sara ist auch so.«
»Das heißt doch nicht, dass alle Kinder so sein müssen wie der Bruder deiner besten Freundin.«
Doch Marilus Miene blieb verschlossen. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte missmutig aus dem Fenster.
»Trotzdem«, sagte sie. Und gleich darauf: »Warum hast du Papa verlassen?«
Nora holte tief Luft. Die Wahrheit tat so weh.
»Adelio war es. Er wollte nicht mehr.«
»Kein Wunder. Ihr habt euch ja nie gesehen«, stellte Marilu unbarmherzig fest. »Wenn Papa gekommen ist, bist du gegangen. Und umgekehrt.«
»Ist das ein Grund, eine Ehe zu beenden?« Obwohl Nora wusste, dass sie diese Diskussion nicht mit einem Kind führen sollte, konnte sie nicht anders. Wenn sie nur an die letzten Auseinandersetzungen mit ihrem italienischen Ehemann dachte, stieg der Zorn in ihr auf. »Er wollte mich zu Hause einsperren. Aus mir eine typisch italienische Mamma machen. Aber das bin ich nicht. Das geht nicht. Und das habe ich ihm von Anfang an gesagt«, beharrte sie eigensinnig. Marilu zuckte nur mit den Schultern und lehnte sich zurück. »Wenn ich groß bin, bekomme ich ganz viele Kinder und werde eine normale Hausfrau. Ich kümmere mich nur um meine Familie und den Haushalt«, stellte sie eigensinnig fest. Nora starrte ihre Tochter entgeistert an.
»Na bravo! Dabei dachte ich, ich hätte dir ein paar moderne Ansichten beigebracht. Eine Frau hat dasselbe Recht auf Karriere wie ein Mann. Und ich sehe nicht ein, dass ich darauf verzichten soll, nur weil dein Vater sich das einbildet. Ende der Diskussion.« Mit einer resoluten Handbewegung beendete Nora das Gespräch mit ihrer Tochter. Sie hatte in den vergangenen Wochen genug diskutiert, gestritten, geweint und erklärt. Es war genug. Sie wollte nur noch nach vorne blicken, in ihr neues, verheißungsvolles Leben, das mit der Landung in München beginnen sollte.
*
Esther lag im Bett und versuchte, mit geschlossenen Augen die Geräusche zu sortieren, die an ihr Ohr drangen. Sie hörte, wie ein Stuhl über den neuen Holzboden geschoben wurde. Schranktüren öffneten sich und schlugen mit lautem Krachen wieder zu. Als ein Topf laut scheppernd zu Boden fiel, saß sie senkrecht im Bett. Jetzt war klar, dass nicht ihr Mann Robert in der Küche hantierte, um Frühstück zu machen. Mit einem Satz war Esther aus dem Bett.
»Lilli, Tobi, was stellt ihr jetzt schon wieder an?« Im Laufen griff Esther nach dem Morgenmantel. Sie hastete die Treppe hinunter, verfing sich im wehenden Stoff, taumelte haltsuchend. Doch vergebens. Mit einem Schreckensschrei stürzte die junge Mutter die letzten Stufen hinunter und landete auf beiden Knien. Der Schmerz verschlug ihr den Atem. Für einen kurzen Moment sah sie Sterne vor den Augen.
»Mami wehtan?« Die kleine Lilli stand neben ihrer Mutter, hatte den Kopf schiefgelegt und tätschelte ihr das Haar, wie es Esther für gewöhnlich zu tun pflegte.
»Es geht schon wieder, mein Schatz«, antwortete Esther vor Schmerz keuchend. Langsam setzte sie sich auf die unterste Stufe und besah sich das Malheur.
Inzwischen war auch Tobi herbeigekommen. »Au weia, das blutet«, stellte er mit Kennermiene auf das linke Knie seiner Mutter fest. »Weiß schon, das brennt wie Feuer und tut brutal weh. Brauchst du ein Pflaster?« Er war ein Spezialist auf diesem Gebiet. Esther schüttelte tapfer den Kopf. »Geht schon. Aber was ist mit dir passiert? Du bist ja total staubig. Und