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Julia Ärzte zum Verlieben Band 7: Der Doctor und die Lady / Vergiss Paris, Giselle / Dramatische Stunden mir Dr. Khalil /
Julia Ärzte zum Verlieben Band 7: Der Doctor und die Lady / Vergiss Paris, Giselle / Dramatische Stunden mir Dr. Khalil /
Julia Ärzte zum Verlieben Band 7: Der Doctor und die Lady / Vergiss Paris, Giselle / Dramatische Stunden mir Dr. Khalil /
eBook472 Seiten5 Stunden

Julia Ärzte zum Verlieben Band 7: Der Doctor und die Lady / Vergiss Paris, Giselle / Dramatische Stunden mir Dr. Khalil /

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Über dieses E-Book

DER DOCTOR UND DIE LADY von HARDY, KATE
Dr. Jake Lewis hat sich rettungslos verliebt! Ausgerechnet der ehrgeizigen und zudem noch adligen Kollegin Victoria Radley gilt seine ganze Sehnsucht. Doch als es ihm tatsächlich gelingt, sie zu erobern, erkrankt Victoria schwer. Kann Jake sie retten?

VERGISS PARIS, GISELLE von GORDON, ABIGAIL
Schon bei Marcs erstem Kuss spürt die junge französische Ärztin Giselle, dass ihr Herz in Gefahr ist. Der sympathische Landarzt weckt Gefühle in ihr, die sie auf keinen Fall zulassen will. Denn Giselle ist entschlossen, in wenigen Wochen nach Paris zurückzukehren ...

DRAMATISCHE STUNDEN MIR DR. KHALIL von WEBBER, MEREDITH
Seite an Seite mit dem faszinierenden Chirurgen Scheich Khalil, ihrem Exgeliebten, rettet die schöne Ärztin Nell Warren unter dramatischen Umständen Menschenleben. Noch weiß der Mann, dem nach wie vor ihr Herz gehört, nicht, warum sie in sein Wüstenreich gekommen ist ...

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum21. Aug. 2007
ISBN9783863491369
Julia Ärzte zum Verlieben Band 7: Der Doctor und die Lady / Vergiss Paris, Giselle / Dramatische Stunden mir Dr. Khalil /

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    Buchvorschau

    Julia Ärzte zum Verlieben Band 7 - Meredith Webber

    Meredith Webber

    Dramatische Stunden mit Dr. Khalil

    1. KAPITEL

    Kal beobachtete den Vogel, der sich von der warmen Wüstenluft höher und höher tragen ließ, bis er nur noch ein schwarzer Punkt am flirrend blauen Himmel war. Der Flug des Falken hob seine Stimmung. Nur hier, in diesem endlosen Meer aus Sand, empfand Kal eine Unbeschwertheit, die dem Gefühl von Glück am nächsten kam.

    Mehr war ihm nicht vergönnt …

    Plötzlich stieß der schwarze Punkt pfeilschnell herab, zielgerichtet und mit atemberaubender Geschwindigkeit, ehe er hinter einer Düne verschwand. Kal pfiff und streckte den Arm aus.

    Der Vogel kam zurück. Seine Beute hatte er verfehlt. Nicht dass es Kal gestört hätte. Er hatte genug zu essen für sich und seinen Falken, aber das Versagen des stolzen Tieres erinnerte ihn daran, dass er seine Vögel schon viel zu lange vernachlässigt hatte. Obwohl seine Untergebenen sie regelmäßig trainierten, war es nicht dasselbe, und die Tiere spürten es.

    Doch was war wichtiger? Falken für die Beizjagd abzurichten, wie seine Vorfahren es seit unzähligen Generationen getan hatten, oder die Segnungen der modernen Medizin in sein Land zu bringen, um seinem Volk die bestmögliche Versorgung zu bieten?

    Er stülpte dem Falken die Kopfhaube über und setzte ihn auf die Stange. Kal strich über die schimmernden dunklen Federn, während er eine enge Verbundenheit mit dieser Kreatur empfand, die zu freiem Flug fähig war und doch bereitwillig in die Gefangenschaft zurückkehrte. So wie Kal ins Krankenhaus zurückkehren würde, keine Frage.

    Aber erst morgen.

    Er marschierte über den Hügel zu der Stelle, wo er seinen Geländewagen geparkt hatte, und holte ein Bündel Holz heraus. Am Lagerfeuer zu liegen, unter dem Sternenhimmel zu schlafen, sollte ihm helfen, dem Alltag für kurze Zeit zu entfliehen.

    Das erhebende Gefühl von Freiheit wollte sich jedoch nicht wieder einstellen. Selbst die Sterne, die wie Diamanten am samtschwarzen Firmament funkelten, und der Wind, als er leise über die Sanddünen strich, brachten ihm die Sorglosigkeit nicht zurück. Von düsteren Gedanken erfüllt, schlief er ein.

    Die Maschine ging in den Sinkflug, durchstieß die Wolkendecke, und Nell sah die Wüste: ein goldenes Meer vom Wind geformter Wellen. Kal hatte von ihrer Schönheit gesprochen, aber die Sehnsucht in seiner Stimme verriet Nell mehr, als seine Worte ihr hätten sagen können. Der Mann, in den sie sich verliebt hatte, liebte dieses ausgedörrte Land mit einer tief verwurzelten Leidenschaft, die schon vor Tausenden von Jahren seinen Vorfahren im Blut gelegen hatte.

    Nell presste die Hände zusammen, zwischen ihnen das Foto von Patrick. Er hatte noch seine Haare, denn die Aufnahme stammte aus der Zeit, bevor der Krebs ausgebrochen war. Wie einen Glücksbringer hatte sie das Bild während des zwölf Stunden dauernden Fluges festgehalten.

    Patrick ging es gut. Seit dem Abflug hatte sie zwei Mal mit ihm telefoniert. Das erste Mal, nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie nur ihre Kreditkarte in den Apparat zu stecken und zu wählen brauchte, und das andere, um einfach vor der Landung seine Stimme noch einmal zu hören.

    „Sicher gelandet", seufzte die rundliche Frau neben ihr. Nell blickte auf. Ihre Sitznachbarin und deren Mann waren sympathische Reisegefährten gewesen. Sie lächelte ihnen zu und wünschte ihnen alles Gute.

    Nell hatte ihnen erzählt, dass sie in den Wüstenstaat reiste, um eine Methode zur Regeneration der Haut nach Verbrennungen vorzustellen. Sie arbeitete in einem Behandlungszentrum für Brandverletzte und hatte ein Verfahren entwickelt, mit dem aus gesunder Haut Zellen gewonnen und auf die betroffenen Stellen aufgesprüht wurden. Die Heilungschancen durch diese Sprühhaut waren beträchtlich. Der Zufall wollte es, dass das hiesige Krankenhaus um Unterstützung angefragt hatte, weil erst kürzlich eine Spezialstation für Verbrennungsopfer eingerichtet worden war. Als man darum bat, jemanden zu schicken, der die Behandlung demonstrierte, nutzte Nell die Gelegenheit.

    Jetzt hatte sie einen Monat Zeit. Zeit, um dem Klinikpersonal die Behandlung zu erklären – und um Patricks Vater ausfindig zu machen. Sie würde ihren wohlbehüteten Seelenfrieden riskieren, aber sie musste ihm sagen, dass er einen Sohn hatte. Einen Sohn, der bald die Hilfe seines Vaters und seines Volkes brauchen würde …

    Sie schloss die Augen, doch die Furcht vor diesem Schritt blieb. Nell riss sich zusammen. Es wird schon alles gut gehen, sagte sie sich. Es musste gut gehen!

    An der Passkontrolle erklärte sie Sinn und Zweck ihres Besuchs im Scheichtum und verneinte, als sie gefragt wurde, ob sie etwas zu verzollen hätte. Die Türen glitten auf, und inmitten einer Gruppe Reisender erreichte sie die Ankunftshalle. Um sie herum fielen Leute einander in die Arme, begrüßten sich lachend. Am Rand der Menge entdeckte sie ein schmales Schild. Dr. Warren stand darauf, und die junge Frau, die es hielt, lächelte ihr warmherzig entgegen.

    „Ich bin Nell Warren." Sie streckte die Hand aus.

    „Yasmeen Assanti."

    Plötzlich erschütterte eine ohrenbetäubende Detonation das Gebäude. Angstvolle Schreie ertönten, und kurz darauf schrillten Sirenen.

    Yasmeen reagierte sofort. „Vielleicht werde ich gebraucht. Aber Sie können gern hier warten."

    „Wenn es ein Notfall ist, kann ich Ihnen helfen." Nell stellte ihren kleinen Koffer an einer Säule ab und eilte neben ihr an Menschen vorbei, die panisch zum Ausgang hasteten.

    Schließlich erreichten sie einen verlassenen Flur. Yasmeen stieß die Tür zu einem riesigen Raum auf. Hinter der breiten Fensterfront am Ende loderte eine rot glühende Feuersbrunst. Nell trat an eine der Scheiben und sah Löschzüge über das Rollfeld rasen. Einige Feuerwehren standen bereits am Unglücksort. Schneeweißer Schaum regnete auf das Flugzeug.

    Yasmeen murmelte etwas vor sich hin. Wahrscheinlich sprach sie ein Gebet, und auch Nell betete insgeheim für die Passagiere, die in diesem Inferno gefangen waren. Hinter ihr öffnete sich die Tür, Leute kamen herein. Manche schoben Instrumentenwagen, andere trugen Erste-Hilfe-Ausrüstungen. Draußen fuhren zwei Krankentransporter auf die Rollbahn.

    „Wir werden hier warten und die Verletzten in Empfang nehmen, sagte Yasmeen. „Da wir die ersten Ärzte vor Ort sind, müssen wir tun, was wir können. Das Krankenhaus steht in Alarmbereitschaft, bald werden noch mehr Rettungswagen eintreffen. Die schlimmsten Fälle schicken wir direkt in die Klinik, wo sich Spezialteams um sie kümmern können.

    Nell warf einen Blick auf die brennende Maschine und fragte sich, ob es überhaupt Überlebende gab.

    „Wissen Sie, was passiert ist?"

    Yasmeen schüttelte den Kopf. „Nicht genau, aber ich habe gehört, dass es beim Landeanflug Probleme gegeben hätte. Vielleicht ließ sich das Fahrgestell nicht richtig ausfahren, oder die Rollbahn war ölverschmutzt. Jedenfalls geriet das Flugzeug ins Rutschen, brach zur Seite aus und krachte in eine stehende Maschine. Dann ist es explodiert."

    Nell mochte sich das Entsetzen an Bord nicht vorstellen. Wie viele Passagiere waren dort drin? Sie hatte keine Ahnung, wie groß das Flugzeug war, aber auf ihrem Flug waren es an die vierhundert Menschen gewesen.

    „Sehen Sie!" Yasmeen packte sie am Arm. Und tatsächlich, vor den orangeroten Flammen hoben sich Gestalten dunkel ab. Sie taumelten über das Rollfeld und wurden sofort von Flughafenfahrzeugen aufgenommen. Die Autos rasten auf das Gebäude zu.

    „Also haben einige überlebt."

    Die ersten Opfer hatten noch Glück gehabt und waren schnell versorgt: Wundreinigung, Verbände, Decken um zitternde Schultern legen, gegen Schock behandeln. Doch der Raum füllte sich rasch mit Schwerverletzten, und bald mussten Nell und Yasmeen aufs Rollfeld, wo grelle Scheinwerfer eine grausige Szene beleuchteten.

    „Bedecken Sie die Wunden mit sauberen, trockenen Tüchern, intubieren Sie nur, wenn die Atemwege keinen Schaden genommen haben. Bei Verbrennungen im Gesicht und am Hals führen Sie Sauerstoff über eine Maske zu. Denken Sie daran, dass die Lungen nach Einatmen von Rauch und heißer Luft beeinträchtigt sein können. Hängen Sie die Patienten an den Tropf, zählte Nell auf, als sie merkte, dass Yasmeen zögerte. „Wir müssen etwas gegen die Schocksymptome tun, aber versuchen Sie nicht, die Brandwunden zu behandeln. Also nicht die Kleidung entfernen, Brandblasen punktieren oder die Köpfe anheben, weil Sie damit die Atmung behindern könnten.

    Nell wurde klar, dass sie sich mit Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Brandverletzten offenbar besser auskannte als die Kollegin. „Sagen Sie es auch den anderen Helfern. Möchten Sie, dass ich die Triage übernehme? Die Patienten nach Schweregrad einteile, damit die, die am schlimmsten dran sind, sofort ins Krankenhaus gebracht werden?"

    Yasmeen nickte und gab mit klarer Stimme Anweisungen.

    Kleintransporter tauchten auf, und als die Schiebetüren geöffnet wurden, entdeckte Nell dankbar, dass sie mit einem gut sortierten Nachschub an medizinischer Ausrüstung gefüllt waren. Offenbar hatte die Flughafenleitung für solche Katastrophenfälle vorgesorgt.

    Sie arbeitete zügig, untersuchte, behandelte, reichte Patienten weiter. Erst als mehr und mehr Menschen aus der Maschine gezogen wurden, für die jede Hilfe zu spät kam, wandte sie sich an Yasmeen.

    „Kommen Sie, wir werden in der Klinik gebraucht."

    Das Gesicht der Kollegin war rußig und schmutzig von den Kleidern der Patienten, um die sie sich gekümmert hatte, und Nell vermutete, dass sie selbst nicht besser aussah.

    Jetzt blitzten weiße Zähne in dem dunklen Gesicht auf. Yasmeen lächelte und schüttelte den Kopf. „Sie sind unser Gast und haben schon mehr als genug getan. Ich bringe Sie zu Ihrer Unterkunft, damit Sie sich ausruhen können."

    „Kommt nicht infrage! Das ist mein Fachgebiet, Yasmeen. Ich bin Spezialistin für Brandverletzungen. Wie viele solcher speziell ausgebildeten Ärzte haben Sie in Ihrem Krankenhaus? Bringen Sie mich hin, dort kann ich am besten helfen."

    Zusammen eilten sie zum Ausgang. Draußen war der Teufel los. Auf den Zufahrten stauten sich die Autos besorgter Angehöriger, die zum Flughafen gerast waren. Laute Rufe mischten sich in das Hupkonzert. Nichts ging mehr.

    „Der Verkehr ist zusammengebrochen. Vielleicht sollten wir versuchen, in einem der Krankenwagen mitzufahren." Das Knattern von Hubschrauberrotoren übertönte Nells Worte. Sie sah nach oben.

    „Damit kommen wir hier weg. Das ist der Hubschrauber unseres Chefs. Yasmeen nahm sie beim Arm und zog sie mit sich. „Ich hatte mich schon gefragt, warum ich ihn hier noch nicht gesehen habe, bis mir einfiel, dass er sich zwei Tage frei genommen hat, was er selten tut, und wahrscheinlich in die Wüste gefahren ist.

    Nell war nicht entgangen, dass sie mit großem Respekt und einem bewundernden Unterton von diesem Mann sprach.

    „Ihr Chef? Der Leiter der Abteilung? Oder des Krankenhauses?"

    „Chefarzt der Chirurgie, Krankenhausdirektor und Mitglied unserer Herrscherfamilie. Khalil al Kalada ist ein großartiger Mann, der zu Höherem geboren wurde und auch in der heutigen Zeit die Familientradition in Ehren hält."

    Khalil al Kalada.

    Die Worte schienen aus weiter Ferne zu kommen, drangen wie ein Echo in ihr Bewusstsein, bis sie laut in ihrem Kopf hämmerten.

    Eine eiskalte Faust umklammerte ihr Herz, Panik erfasste Nell. Noch nicht! Ich bin noch nicht so weit! Sie stolperte kurz, aber Yasmeen drängte sie weiter – hin zu dem Mann, dem eigentlichen Ziel ihrer weiten Reise.

    Kal verfluchte sich, dass er statt des Hubschraubers den Jeep mit in die Wüste genommen hatte. Er hätte schneller auf den Notruf reagieren können.

    Unter ihm leuchteten die roten Blinklichter der Rettungswagen. Manche waren hoffnungslos zwischen Zivilfahrzeugen eingekeilt. Per Funk gab Kal dem Helikopterpiloten seines Vaters Anweisungen, die Polizei zu unterstützen und über Megaphon den Ambulanzen freie Fahrt zu verschaffen.

    Er selbst wollte sich erst einen Überblick vor Ort verschaffen, ehe er in die Klinik flog. Kal landete am Rand des Rollfelds, kletterte aus der Kabine und rannte geduckt unter den Rotorblättern entlang auf die Unglücksstelle zu. Wie immer unterbrachen Menschen, an denen er vorbeikam, ihre Arbeit und nickten ihm zu. Einige verbeugten sich sogar. Ein großer, dürrer Mann in rußgeschwärzter Kleidung trat ihm entgegen.

    „Ich bin der Leiter des Sicherheitsdienstes, Hoheit, sagte er und nannte seinen Namen, während er Kal die Hand schüttelte. „Wir wissen nur, dass die Maschine von der Rollbahn gerutscht ist, ein stehendes Flugzeug gerammt hat und dann in Flammen aufging. Die Schwerverletzten sind auf dem Weg ins Krankenhaus, die Leichtverletzten und unter Schock stehende Personen werden im Gebäude von unserem Personal betreut. Wir sind gerade dabei, die Verstorbenen in die Leichenhalle zu transportieren.

    Er deutete auf die reglosen Körper.

    „So viele Tote", murmelte Kal voller Bedauern.

    „Ohne die Ärztinnen Ihrer Klinik, die zufällig hier waren, hätten wir noch viel mehr zu beklagen. Sie haben die Verletzten behandelt und meinen Leuten gesagt, was zu tun ist. Der Mann schwieg kurz, ehe er hinzufügte: „Trotzdem werden noch einige sterben, Exzellenz. Manche waren in kritischem Zustand, als wir sie in die Rettungswagen brachten.

    „Dann muss ich los, man braucht mich dort." Er hätte gern hinzugefügt, dass er auf die korrekte Anrede keinen Wert legte, aber er spürte, dass der Mann die Formalitäten brauchte. Und sei es nur, um sich zu vergewissern, dass gewisse Dinge sich nie änderten. Wenn ein Mitglied der königlichen Familie anwesend war, gab es jemanden, der die Verantwortung übernahm. Als er sich abwandte, hörte er eine Frauenstimme seinen Namen rufen.

    Kal drehte sich um und sah zwei Frauen auf ihn zulaufen.

    „Hoheit …Yasmeen Assanti, Station sechs. Ich war hier, um die Kollegin aus Australien abzuholen, die uns eine Einführung in die neue Brandwundenbehandlung geben will. Sie hat sich nicht davon abbringen lassen, uns bei der Versorgung der Verletzten zu helfen. Ein Engel in der Not. Ohne sie wären noch mehr Menschen gestorben."

    Ehe sie den Engel in der Not vorstellen konnte, war dieser in die Knie gegangen und hatte eins der Leichentücher angehoben.

    „Er lebt!", stieß sie hervor, aber es klang mehr wie ein Krächzen.

    Kal war im nächsten Moment bei ihr, rief, man solle Licht bringen, und untersuchte rasch den Mann, den man für tot gehalten hatte.

    „Bringen Sie ihn in meinen Hubschrauber, befahl er zwei Männern, die auf dem Weg zu dem Leichenwagen waren. „Yasmeen, hängen Sie ihn an den Tropf und decken Sie seine Verletzungen mit einem sauberen Tuch ab. Sie … Über die Trage hinweg sah er die Frau an. „Bleiben Sie bei ihm. Tun Sie, was Sie können."

    Sie nickte, während sie den Karotispuls checkte. „Geben Sie ihm auch Sauerstoff, Yasmeen", sagte sie und hob kurz den Kopf. Kal sah in helle Augen und ein rußiges Gesicht. Doch ihre Stimme, obwohl sie heiser klang durch den Rauch, den sie eingeatmet hatte, sandte ihm einen Schauer über den Rücken.

    Rasch schüttelte er das beunruhigende Gefühl ab und trat zurück, um Yasmeen Platz zu machen. Die Männer hoben die Trage an, und er beobachtete, wie die Fremde nebenher ging, in einer Hand die Beatmungsmaske, die sie dicht über die Nase des Verletzten hielt, in der anderen die schwere Sauerstoffflasche.

    Kal rannte zum Hubschrauber, um den Transport vorzubereiten. Als der Patient und die beiden Frauen sicher an Bord waren, holte er die Starterlaubnis ein und flog los.

    Über dem Flugplatz kreisten Maschinen, denen die Landegenehmigung verwehrt worden war. Kal zweifelte nicht daran, dass sein Bruder im Kontrollturm dafür sorgen würde, dass sie zu anderen Flugplätzen umgeleitet wurden. Ein anderer Bruder hatte sicher längst eine Pressekonferenz einberufen, um die Medien zu informieren.

    Während er Kurs auf das Krankenhaus nahm, drehte Kal sich einen Moment um und musterte die Frau, die neben dem Patienten kniete.

    Unmöglich. Es konnte nicht sein …

    „Ich kann nicht intubieren, flüsterte Nell Yasmeen zu. „Halten Sie die Maske dicht über Mund und Nase, ohne die verbrannte Haut zu berühren … Nein! Verdammt, er atmet nicht mehr. Die Atemwege sind dicht. Wir müssten einen Kehlkopfschnitt machen und intubieren, aber wenn die Lungen geschädigt sind und wir Sauerstoff hineinpumpen, könnte der Druck …, überlegte sie laut, während sie schon Skalpell und Tubus aus dem Notfallkoffer nahm.

    „Tun Sie es." Yasmeen legte ihr die Hand auf den Arm.

    Nells Finger bebten leicht, als sie nach der richtigen Stelle tastete, aber sie führte den Schnitt sicher aus. Sobald der Tubus das Loch offen hielt, sah sie, wie die Brust des Mannes sich hob und senkte.

    Er atmete selbstständig!

    Sie holte ebenfalls tief Luft. Yasmeen beugte sich zu ihr, um den Lärm der Rotoren zu übertönen.

    „Da vorn ist das Krankenhaus. Wir landen auf dem Dach. Sie sollten sich auf einen Sitz setzen und sich anschnallen."

    Und den Mann, der schon einmal für tot erklärt worden war, sich selbst überlassen? Ausgeschlossen.

    „Ich werde mich gut festhalten." Sie nahm ihr die Sauerstoffmaske ab und hielt sie dicht über den Tubus. Das Ausmaß der Lungenschädigung konnte sie nicht einschätzen, aber es machte ihr Sorgen. Lungen waren äußerst empfindliche Organe, und zu viel Druck würde sie zum Platzen bringen. Der Patient hatte Hitze und giftige Dämpfe eingeatmet, also musste das zarte Gewebe teilweise zerstört sein …

    Sich Gedanken um ihren Schützling zu machen, bewahrte sie davor, an den Mann zu denken, der den Helikopter steuerte. Vorhin hatte er sie nur flüchtig betrachtet, und sie war froh darüber gewesen.

    Gut, sie würde mit Kal reden müssen, aber nach der anstrengenden Reise und diesem nervenaufreibenden Notfalleinsatz, von Kopf bis Fuß bedeckt mit Ruß und Asche … wohl kaum!

    Die kleine Maschine setzte sanft auf.

    „Dr. Warren?"

    Die Stimme war vertraut und ließ ihre Haut prickeln.

    „Ich begleite den Patienten", sagte sie bewusst ruppig, weil sie die Anspannung fast nicht mehr ertrug. Sie hatte Angst, die Fassung zu verlieren, wenn sie Kal jetzt direkt ansah.

    Dann tauchte Patricks Bild vor ihrem inneren Auge auf. Nein, sie konnte es nicht riskieren, Kal von vornherein gegen sie aufzubringen.

    Ihr Herz klopfte wild, in ihrem Bauch flatterten tausend Schmetterlinge, ihre Knie zitterten. Doch sie war eine erwachsene Frau und hatte einen Sohn, der dringend Hilfe brauchte. Also hob sie den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln.

    „Hallo, Kal."

    Bevor er antworten konnte, bäumte sich der Patient neben ihnen auf. Nell beugte sich über ihn und vergewisserte sich, dass der Tubus noch an Ort und Stelle saß.

    „Yasmeen? Die Trage wurde angehoben und aus dem Hubschrauber geholt. „Sprechen Ihre Mitarbeiter Englisch? Werden die Krankenschwestern mich verstehen, wenn ich etwas brauche?

    „Yasmeen wird dich als Dolmetscherin begleiten, bis wir eine Schwester gefunden haben, die deine Sprache spricht, aber das dürfte kein Problem sein. Die meisten sprechen auch Englisch."

    So viel zu ihrem Versuch, ihn nicht gegen sich aufzubringen. Kals Stimme klang eisig.

    Er marschierte davon – ein Fremder in rauchgeschwärzter weißer Kandoura –, riss sich die Kopfbedeckung herunter und griff im Vorbeigehen nach einem Set OP-Kleidung, die auf einem Wagen lag. Der Wüstenfürst verwandelte sich wieder in den Arzt.

    Warum taucht sie in meinem Land auf? Nach vierzehn Jahren?

    Kal glaubte nicht an einen Zufall. Allerdings fiel ihm auch kein einziger Grund ein, warum sie zu ihm kam. Sie musste annehmen, dass er noch verheiratet war, also konnte es nicht eine Art Midlifecrisis sein, eine Sehnsucht, die Jugend zurückzuholen.

    Oder?

    Nein, so war Nell nicht. Sie war von Anfang an vernünftig gewesen und hatte für seine Situation Verständnis gehabt.

    Außerdem hatte sie auch geheiratet. Warum sonst sollte sie Warren heißen und nicht mehr Roberts? Andererseits trug sie keinen Ring …

    Kal schüttelte den Kopf und verschwand in einem Nebenraum, wo er das lange Gewand abstreifte. Sand rieselte zu Boden und erinnerte ihn an die Stunden der Freiheit, die er genossen hatte. Schnell schüttelte er die Gedanken ab. Er zog die OP-Kleidung über, entschlossen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – die Brandverletzten in seinem Krankenhaus. Dass Nell hier war, durfte ihn nicht ablenken. Im Gegenteil, er sollte dankbar sein. Die Dr. Warren, die er erwartet hatte, galt als Spezialistin für Verbrennungsopfer, und gerade jetzt wurde sie dringend gebraucht.

    Dr. Warren!

    Sie musste geheiratet haben …

    Wie konnte sie nur?

    Nun, er hatte es auch getan. Doch die Erkenntnis tröstete ihn nicht …

    „Wir haben zweiundsechzig Verletzte hier in der Notaufnahme, berichtete ihm Stationsschwester Lalla el Wafa, als er den Fahrstuhl im Erdgeschoss verließ. „Die diensthabenden Ärzte konnten nicht mehr tun als sie zu untersuchen, die Atemwege freizuhalten und Infusionen zu legen.

    „Wir nehmen uns einen Patienten nach dem anderen vor, sagte er und fügte hinzu: „Ohne in Panik zu geraten.

    Sie waren im Durchgang stehen geblieben und pressten sich nun an die Wand, um den Pflegern Platz zu machen, die den Verletzten aus dem Hubschrauber vorbeirollten. Nell ging neben ihm und hielt die Sauerstoffmaske dicht über den Tubus.

    Warum hatte sie den Tubus nicht direkt an die Sauerstoffflasche angeschlossen? Er musste sie nachher fragen. Seit der Explosion bei einer Ölförderanlage vor drei Monaten hatte Kal sein Krankenhaus für solche Unglücksfälle umgerüstet und viel über die Behandlung von Brandverletzungen gelesen. Während seiner Facharztausbildung hatte er nur gelegentlich mit solchen Patienten zu tun gehabt, und inzwischen waren viele Jahre vergangen. Er wusste längst nicht alles, was er wissen musste. Abgesehen davon war es ihm noch nicht gelungen, einen Spezialisten für die Leitung der neuen Station zu finden.

    Vielleicht könnte er Nell überreden, hierzubleiben.

    Bist du übergeschnappt?

    Die kleine Gruppe verschwand hinter den Türen am Ende des Flurs, doch Kal starrte ihr noch nach. Nell hatte kurz den Kopf gehoben, als sie die Station betrat, um mit Yasmeen zu sprechen, und Kal einen flüchtigen Blick auf ihr klares Profil mit der geraden Nase erhascht.

    Nell Roberts fand ihre Nase nicht schön. Zu lang, meinte sie.

    Kal dachte nur daran, wie oft er diese Nase geküsst hatte …

    2. KAPITEL

    Kal wollte Antworten von Nell, aber der Anblick von dreiundsechzig Verletzten in der Notaufnahme setzte andere Prioritäten.

    „Wissen Sie, wer zuerst behandelt werden muss?", fragte er Lalla, die ihm nicht von der Seite wich.

    „Jemand muss bereits am Flughafen eine Patientensichtung vorgenommen haben, und wir halten uns an diese Einteilung."

    Er ahnte, wer das gewesen sein könnte. Sein Blick fiel auf diejenigen, die auf Behelfsliegen an der Wand lagen. Sie gehörten nicht zu den Schwerverletzten, aber sie litten große Schmerzen und standen unter Schock. Ein junger Arzt brüllte, er brauche mehr Infusionsbeutel, und ein anderer hob in seiner Verzweiflung einen Verletzten einfach auf die Arme, um ihn in einen der Behandlungsräume zu tragen. Aber sie waren alle belegt.

    Kal begriff, dass er und sein Team mit dreiundsechzig Patienten, von denen viele so schwer verletzt waren, dass sie kaum Überlebenschancen hatten, hoffnungslos überfordert waren.

    „Kal, ich will dir hier nicht vorschreiben, was zu tun ist, aber ihr müsst systematisch vorgehen. Nell kam aus einem der Zimmer und blieb vor ihm stehen. „Deine Mitarbeiter sollten die Verbrennungen der Körperfläche anhand der Neunerregel beurteilen. Jeder Patient mit mehr als zwanzig Prozent braucht eine Infusion – Ringer-Laktat in den ersten vierundzwanzig Stunden. Um den Elektrolythaushalt kümmern wir uns später. Sie redete weiter, sprach von Kathetern, Hämoglobin und Nierenversagen.

    Verwundert musterte er sie. Sie gab Anweisungen, als wäre es das Normalste der Welt. Seine Gefühle waren in Aufruhr. Ihre nicht? Oder konnte sie Privates und Beruf einfach besser trennen als er?

    „Sag ihnen, sie sollen die Wunden mit sterilen Tüchern abdecken. Am wichtigsten ist jetzt, Blutungen oder Wundsekretion zu stoppen, um noch mehr Flüssigkeitsverlust zu vermeiden und die Patienten zu stabilisieren."

    „Schmerzmittel?" Das Wimmern und Stöhnen um ihn herum brachte ihn zur Vernunft. Natürlich musste Nell Anweisungen geben. Es war ihr Spezialgebiet. Und selbstverständlich konnte er Beruf und Privates trennen – tat er das nicht seit Jahren?

    „Am besten Morphin. Intravenös. Dann brauche ich jemanden – dich, wahrscheinlich, Yasmeen sagte, du wärst Chirurg –, der die Verletzungen auf Schorfbildung untersucht. Vor allem auf der Brust und an den Extremitäten."

    „Um Entlastungsschnitte durchzuführen?"

    Sie nickte. „Du wirst keine Narkose brauchen. Bei Verbrennungen dritten Grades sind die Nervenenden zerstört, sodass der Patient nichts spüren wird."

    Noch während sie ihre Erläuterungen fortsetzte, rief Yasmeen nach ihr, und Nell wandte sich ihr zu. Dann schien ihr noch etwas einzufallen. „Tetanusprophylaxe ist ganz wichtig. Und keine orale Medikation – wenn sie zu viel Rauch eingeatmet haben, kann es zu einem Darmverschluss kommen."

    Das wusste er auch, aber sie hatte recht, ihn – und alle anderen – daran zu erinnern, wie wichtig es war, grundsätzliche Regeln einzuhalten. Wäre ein einziger Brandverletzter eingeliefert worden, hätte man ihn zügig und effizient behandelt. Aber angesichts so vieler Patienten konnte leicht etwas übersehen werden und ein übereifriger Arzt schnell einen Fehler machen.

    Nell ging zu Yasmeen und beugte sich über den kleinen Körper auf der Liege. Yasmeen redete auf sie ein, doch Nells Miene verriet Kal, dass sie nicht mehr helfen konnte. Das erste Todesopfer unter den Neuzugängen.

    „Der Kleine hätte niemals überlebt, sagte Nell zu der Kollegin. „Sehen Sie sich das an, er hat zu starke Verbrennungen erlitten. Selbst Erwachsene haben bei sechzig Prozent betroffener Körperoberfläche kaum Chancen.

    Als Nächstes kümmerte sie sich um ihren speziellen Fall, den Mann, den man vorhin schon zu den Toten gelegt hatte. Sie setzte einen Katheter, entnahm eine Urinprobe für das Labor und überprüfte den Blutsauerstoffgehalt. Er war noch zu niedrig. Nell regulierte die Zufuhr und ging weiter.

    „Achten Sie auf die Kohlenmonoxidvergiftung bei Brandopfern, erklärte sie einem jungen Arzt, der ratlos an einer Trage stand. Der Patient wies die typischen kirschroten Schleimhäute auf. „Kohlenmonoxid verdrängt Sauerstoff im Blut. Hat der Betroffene zu viele giftige Dämpfe inhaliert, erstickt er irgendwann.

    „Ist er deshalb bewusstlos? Nicht wegen der Brandwunden, sondern aufgrund der Rauchvergiftung?"

    Nell betrachtete den Mann, um seine Verbrennungen genau einzuschätzen.

    „Höchstwahrscheinlich. Geben Sie ihm hundertprozentigen Sauerstoff, aber behalten Sie seine Bewusstseinslage im Auge. Haben Sie eine Überdruckkammer?"

    Verwundert sah er sie an. „Wie wir sie bei der Taucherkrankheit benutzen?"

    Sie nickte.

    „Ja, antwortete er. „Viele Touristen kommen zum Tauchen hierher, und es gibt immer wieder Unfälle. Deshalb gehört sie zu unserer Standardausrüstung.

    „Gut, wenn er in … sagen wir … einer Stunde noch immer bewusstlos ist, bringen wir ihn in die Kammer. Sein Zustand ist ähnlich wie bei einem betroffenen Taucher. Über den Druck entziehen wir dem Blut Kohlenmonoxid."

    Nell schrieb die Anweisung auf die Patientenkarte und schaute auf, als Kal zu ihnen trat.

    „Wir haben noch mehr mit Kohlenmonoxidvergiftung. Ich werde die Kollegen anweisen, besonders auf den Grad der Bewusstlosigkeit zu achten."

    Damit verschwand er. Doch während Nell arbeitete, tauchte er immer mal wieder neben ihr auf. Manchmal, um sie etwas zu fragen, manchmal, um sie zu einem Patienten zu bringen.

    Zusammen mit anderen kämpfte Nell um das Leben der Schwerverletzten. Niemand hielt sich mit Anamnese auf, fragte nach früheren Erkrankungen, und in einigen Fällen kannten sie nicht einmal Namen oder Nationalität des Patienten. Dieser Notfall setzte vieles außer Kraft, was im normalen Krankenhausalltag zur Routine gehörte.

    Von Zeit zu Zeit zog Yasmeen sie in einen kleinen Aufenthaltsraum, wo erschöpfte Mitarbeiter sich stumm mit Kaffee und Keksen stärkten. Platten voller Sandwiches standen bereit, doch viele Kollegen aßen hastig und nur, weil sie wussten, dass sie bei Kräften bleiben mussten.

    Ungezählte Stunden später kehrte in der Notaufnahme allmählich Ruhe ein. Auf dem Boden häuften sich aufgerissene Verpackungen von Verbandsmaterial, Kanülen und anderen Instrumenten. Die Schlacht war geschlagen. Vierzehn Patienten, deren Zustand nach wie vor kritisch war, hatte man in die neue Abteilung für Brandverletzte verlegt, zwei davon auf die Intensivstation. Elf wurden auf die übrigen Stationen des Krankenhauses verteilt.

    Einundzwanzig leicht Verletzte waren behandelt und entweder nach Hause geschickt oder in Hotels untergebracht worden. Weitere zehn – Fußballspieler aus einem Nachbarstaat – hatte man im Privatjet des Herrschers in ihre Heimat ausgeflogen, wo sie im Krankenhaus der Hauptstadt weiterbehandelt werden konnten.

    Sechs Menschen hatten sie nicht retten können, und Nell kämpfte noch immer um das Leben des Mannes, den sie unter den Toten entdeckt hatte.

    „Lassen Sie uns ihn auf die Station bringen, bat Yasmeen. „Die Krankenschwestern sind ausgeruht. Sie werden sich um ihn kümmern.

    „Ich möchte ihn nicht bewegen, ehe er nicht stabil ist. Nell studierte die Testergebnisse, die sie gerade aus dem Labor bekommen hatte. „Sein Säure-Basen-Status gefällt mir nicht. Es muss mit der Rauchvergiftung zu tun haben, aber die Röntgenaufnahmen zeigen, dass seine Lungen frei sind. Kohlenmonoxid kann auch nicht die Ursache sein …, dachte sie laut und ging noch einmal alle Möglichkeiten durch.

    Yasmeen hörte geduldig zu und wiederholte nur ihre Bitte, sie möge sich endlich ausruhen.

    „Aber …", protestierte Nell.

    „Wir bringen ihn auf die Station", wurde sie von einer tiefen Männerstimme unterbrochen.

    Sie blickte auf. Kal stand an der Tür. Seine Worte hatten wie ein Befehl geklungen, doch Nell war ganz und gar nicht einverstanden.

    „Er sollte nicht bewegt werden."

    „Er wird verlegt, bekräftigte er. „Du hast getan, was du konntest, aber du bist so fertig, dass du Gefahr läufst, genau den Fehler zu machen, der ihn umbringt.

    Betroffen öffnete sie den Mund, um zu widersprechen, klappte ihn jedoch wieder zu, als Kal sie eindringlich ansah.

    „Yasmeen, fuhr er freundlicher fort, „ich werde jemanden finden, der den Patienten begleitet und dafür sorgt, dass eine Krankenschwester sich um ihn kümmert. Gehen Sie nach Hause und erholen Sie sich. Ich bringe Dr. Warren zu ihrer Unterkunft, sobald ich den Transfer in die Wege geleitet habe.

    Kal verschwand, kehrte aber ein paar Minuten später zurück. „Komm, sagte er und nahm Nell beim Arm. „Du kannst dich ja kaum noch auf den Beinen halten.

    Widerstand war zwecklos. Als sie die ersten Schritte machte, musste sie Kal recht geben. Ihre Beine waren schwer wie Blei, und sie hatte das Gefühl, kaum einen Fuß vor den anderen setzen zu können.

    Er murmelte ärgerlich etwas vor sich hin, und als sie ein Wort aufschnappte, musste sie unwillkürlich lächeln.

    Hatte er tatsächlich Dummkopf gesagt? Sie erinnerte sich, dass er sie damals so genannt hatte, wenn sie während eines Praktikums kleinlaut die schwierigsten Dienste übernahm oder Freunden, die die Vorlesungen geschwänzt hatten, bereitwillig ihre Notizen überließ.

    „Du lächelst?"

    Ihr Lächeln vertiefte sich, als sie den ungläubigen Unterton hörte.

    „Mir fiel ein, dass du mich schon früher einen Dummkopf geschimpft hast." Sie wandte sich ihm zu und sah ihm zum ersten Mal richtig in die Augen. Nell suchte nach Ähnlichkeiten, nach Veränderungen, nach irgendetwas, das an den ernsten jungen Mann erinnerte, den sie unendlich geliebt hatte.

    Der Mann, der vor ihr stand, war unrasiert, erschöpft, hatte harte Züge und Zorn im Blick.

    „Es ist lange her", fügte sie ruhig hinzu, obwohl ihr ganz anders zumute war. Sie hatte den jungen Mann wiedererkannt, und weil ihr Herz ihr sagte, dass sie ihn noch immer liebte, schlug sie die Augen nieder, ehe Kal ihre Gefühle lesen konnte. Sie brauchte nicht noch mehr Komplikationen. Ihre Mission war schwierig genug.

    Sie ging neben ihm den Flur entlang, ohne die geringste Ahnung, wo sie sich befanden. Immer noch im Krankenhaus, vermutete sie, aber sie hatten eine hohe, verglaste Brücke überquert und das Gebäude gewechselt.

    „Hat man deine Koffer hierherbringen lassen?"

    Die Frage ergab keinen Sinn.

    „Meine Koffer?"

    „Gepäck! Persönliche Habe! Oder hast du dir keine Kleidung zum Wechseln mitgebracht und wenigstens eine Zahnbürste?"

    Nell blieb abrupt stehen und sah an sich herab. Ihre Handtasche hatte sie über der Schulter. Sie hatte sie quer über der Brust getragen, als sie losrannte, um Erste Hilfe zu leisten. Später, in der Notaufnahme, konnte sie sie in einem der Spinde einschließen, den Yasmeen ihr gezeigt hatte.

    „Ich habe meinen Koffer am Flughafen stehen lassen, als die Sirenen losheulten. Yasmeen wollte erst, dass ich auf sie warte, aber ich musste doch mithelfen."

    Kal schnaubte. „Das ist typisch für dich, brummte er vor sich hin und ging mit langen Schritten weiter, sodass sie gezwungen war, ihm zu folgen. „Du hast lahme Enten unter deine Fittiche genommen und streunende Katzen aufgelesen – du würdest deine Schuhe weggeben, wenn jemand sie bräuchte!

    „Es scheint, als hätte ich es diesmal tatsächlich getan, versuchte sie ihn aufzuheitern. Gleichzeitig fragte sie sich, warum ihr so viel daran lag, seine düstere Stimmung zu mildern. Schließlich war sie so kaputt, dass es ihr egal sein könnte. „Vorausgesetzt, der, der den Koffer genommen hat, brauchte wirklich welche …

    Mit finsterer Miene blieb Kal vor einer Tür stehen, zog ein Schlüsselbund aus der Tasche und steckte einen Schlüssel ins Schloss.

    „Dies ist ein Generalschlüssel, deshalb kann ich ihn dir nicht geben. Falls drinnen auf dem Tisch keiner liegt, schicke ich morgen früh jemanden, der dir einen bringt."

    Morgen früh?

    „Haben wir nicht schon Morgen?"

    „Es ist kurz vor Mitternacht. Du bist gestern angekommen und hast eine Nacht und einen Tag durchgearbeitet."

    Er öffnete die Tür. Dahinter erstreckte sich ein geschmackvoll möbliertes Wohnzimmer, das am anderen Ende in eine kleine Küche überging. „Schlafzimmer und Bäder sind dort drüben. Kal deutete auf eine Tür zur Rechten. „Waschzeug findest du in beiden Badezimmern, und in den Schlafzimmerschränken hängen Bademäntel.

    „Wie im Erste-Klasse-Hotel."

    „Erstklassig beschreibt nicht einmal annähernd, was du heute für uns getan hast." Der raue Unterton brachte sie dazu, ihn anzublicken. Der Schmerz in seinen Augen tat ihr weh, und spontan beugte sie sich vor, wollte Kal umarmen, um ihn zu trösten.

    Er legte die Hände auf ihre Schultern und hielt Nell auf Armlänge von sich ab. „Leider benötigen wir deine Hilfe weiterhin. Zumindest, bis ich andere Spezialisten herholen kann. Also, leg dich am besten gleich schlafen, damit du ausgeruht bist."

    Sein Verhalten verwirrte sie. „Es macht mir nichts aus zu helfen."

    „Geh schlafen." Er ließ die Hände sinken und marschierte zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. „Falls du irgendetwas brauchst, wähl die Eins, und du wirst mit der Zentrale verbunden. Du kannst jetzt etwas

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