Der Mann mit der Maske: Der kleine Fürst 289 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Das war ein merkwürdiges Gespräch«, berichtete Baronin Sofia von Kant, als sie in die Bibliothek von Schloss Sternberg zurückkehrte, wo sich die Familie nach dem Abendessen um den Kamin versammelt hatte. »Wer hat denn angerufen?«, erkundigte sich ihr Mann, Baron Friedrich. Sofias hübsches rundes Gesicht mit den schönen blauen Augen drückte Ratlosigkeit aus. »Nadia«, antwortete sie. »Nadia von Burghausen, aber sie klang …« Sie musste nach den richtigen Worten suchen. »Sie klang nicht wie sie selbst. Wenn Herr Hagedorn mir nicht gesagt hätte, wer am Apparat ist, ich hätte sie an der Stimme nicht erkannt. Sie hörte sich an, als sei sie irgendwie in Panik.« »Nadia?«, fragte der Baron befremdet. »Das klingt nun wirklich nicht nach ihr.« Die drei Teenager in der Runde, die bislang nur mäßig interessiert zugehört hatten, waren jetzt ganz Ohr. »Hast du sie gefragt, ob es ihr schlecht geht, Tante Sofia?«, erkundigte sich Christian von Sternberg. Er war sechzehn Jahre alt, seine Eltern, Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold von Sternberg, waren vor über einem Jahr bei einem Hubschrauberabsturz gemeinsam mit dem Piloten ums Leben gekommen. Elisabeth war Sofias Schwester gewesen.
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Buchvorschau
Der Mann mit der Maske - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 289 –
Der Mann mit der Maske
Vor wem hat Nadja Angst?
Viola Maybach
»Das war ein merkwürdiges Gespräch«, berichtete Baronin Sofia von Kant, als sie in die Bibliothek von Schloss Sternberg zurückkehrte, wo sich die Familie nach dem Abendessen um den Kamin versammelt hatte.
»Wer hat denn angerufen?«, erkundigte sich ihr Mann, Baron Friedrich.
Sofias hübsches rundes Gesicht mit den schönen blauen Augen drückte Ratlosigkeit aus. »Nadia«, antwortete sie. »Nadia von Burghausen, aber sie klang …« Sie musste nach den richtigen Worten suchen. »Sie klang nicht wie sie selbst. Wenn Herr Hagedorn mir nicht gesagt hätte, wer am Apparat ist, ich hätte sie an der Stimme nicht erkannt. Sie hörte sich an, als sei sie irgendwie in Panik.«
»Nadia?«, fragte der Baron befremdet. »Das klingt nun wirklich nicht nach ihr.«
Die drei Teenager in der Runde, die bislang nur mäßig interessiert zugehört hatten, waren jetzt ganz Ohr. »Hast du sie gefragt, ob es ihr schlecht geht, Tante Sofia?«, erkundigte sich Christian von Sternberg.
Er war sechzehn Jahre alt, seine Eltern, Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold von Sternberg, waren vor über einem Jahr bei einem Hubschrauberabsturz gemeinsam mit dem Piloten ums Leben gekommen. Elisabeth war Sofias Schwester gewesen. Seit dem Unfall lebte Christian im Westflügel des Schlosses bei den Kants, als ihr drittes Kind. Christian war ein schmaler dunkelhaariger Junge, der reifer wirkte als andere seines Alters. Er sah seiner verstorbenen Mutter sehr ähnlich.
»Ja, aber sie ist nicht darauf eingegangen. Ich bin nicht einmal sicher, ob sie meine Fragen gehört hat. Sie wollte wissen, ob sie für eine Weile zu uns kommen kann. Und sie hat immer wieder gesagt, wir sollten niemandem von ihrem Besuch erzählen, sie brauchte absolute Ruhe und legte auf Geselligkeit keinen Wert.«
»Natürlich kann sie kommen, das weiß sie doch«, sagte der Baron.
Anna, Sofias und Friedrichs vierzehnjährige Tochter, die wie eine jüngere Ausgabe ihrer Mutter aussah – auch deren gelegentlich überschäumendes Temperament hatte sie geerbt – fragte: »Und wann kommt sie?«
»Wenn ich das wüsste.« Die Baronin schüttelte den Kopf. »Nicht einmal diese Frage hat sie mir klar beantwortet. Als ich sie gefragt habe, wann wir mit ihrem Eintreffen rechnen können, hat sie mir erklärt, das wisse sie noch nicht, weil sie nicht auf direktem Wege herkommen würde. Ich habe mich dann erkundigt, ab wann sie denn Urlaub hätte, da hat sie gesagt, dass sie ihre Stelle gekündigt hat.«
»Wie bitte?«, rief Konrad, Annas siebzehnjähriger Bruder. Anders als Anna ähnelte er seinem groß gewachsenen Vater mit dem klassischen Profil, allerdings war er blond wie Sofia und Anna. »Sie hatte doch so einen Super-Job, um den alle sie beneidet haben.«
Das stimmte allerdings. Nadia von Burghausen war Assistentin eines berühmten Pariser Designers gewesen, der über sie in einem Interview gesagt hatte, sie sei die Einzige, deren Kritik er ertragen könne, sie habe einen unfehlbaren Blick, um den er sie beneide.
Und jetzt war sie gegangen? Auch die anderen konnten es kaum glauben.
»Ich kann nur wiedergeben, was sie mir gesagt hat«, erklärte Sofia. »Wisst ihr was? Während des Gesprächs habe ich mich gefragt, ob ich tatsächlich mit Nadia spreche oder ob es sich um einen üblen Scherz handelt, den sich jemand erlaubt.«
Friedrich warf seiner Frau einen beunruhigten Blick zu.
»Aber Herr Hagedorn hätte sich doch nicht an der Nase herumführen lassen!«
»Fragen wir ihn doch!«, schlug Christian vor, was Sofia für eine gute Idee hielt.
Als der alte Butler wenig später die Bibliothek betrat, um zu fragen, ob die Herrschaften noch Wünsche hätten, war es die immer ungeduldige Anna, die die Frage stellte. »Sind Sie ganz sicher, dass das eben am Telefon Nadia von Burghausen war, Herr Hagedorn?«
Er warf ihr einen ehrlich erstaunten Blick zu. »Aber natürlich bin ich sicher, Baronin Anna. Sie klang angegriffen, aber ich habe sie trotzdem sofort erkannt, sonst hätte ich das Gespräch selbstverständlich nicht durchgestellt. Allerdings ist mir aufgefallen, dass Frau von Burghausen angespannt zu sein schien. Sie hat mir auch sofort gesagt, dass sie erholungsbedürftig ist.«
»Sie klang nicht so, wie wir sie kennen, deshalb die Nachfrage, Herr Hagedorn«, erklärte die Baronin. »Ich hätte sie an der Stimme nicht erkannt.«
»Das verstehe ich gut, aber ich bin darauf natürlich trainiert, es rufen ja öfter Leute im Schloss an, die ich höflich abweisen muss. Ich erkenne Stimmen eigentlich immer wieder, auch wenn jemand erkältet ist oder gepresst spricht.«
»Danke, Herr Hagedorn«, sagte der Baron. »Frau von Burghausen wird also demnächst eintreffen, aber leider wissen wir nichts Genaueres. Das ist schlecht für die Küchenplanung, aber wir können es nicht ändern.«
»Ich werde Frau Falkner sagen, dass sie sich darauf einrichten muss, eventuell zu improvisieren«, erwiderte Eberhard Hagedorn. »Haben Sie noch Wünsche, kann ich Ihnen noch etwas bringen?«
»Danke, nein, wir werden bald schlafen gehen«, erwiderte die Baronin. Die Teenager mussten schließlich am nächsten Morgen früh aufstehen, es waren ja keine Ferien.
Als sich Eberhard Hagedorn wieder zurückgezogen hatte, sagte Anna unzufrieden: »Jetzt sind wir genau so klug wie vorher.«
»Das wirst du aushalten müssen.«
Konrad grinste seine Schwester an. Früher hatte er gerne Streit mit ihr angefangen, es hatte ihm Spaß gemacht, sie so lange zu reizen, bis sie richtig wütend geworden war, doch diese Zeiten waren vorbei. Er zog sie immer noch gerne auf, aber er trieb es nicht mehr auf die Spitze.
Die Veränderung in den Beziehungen der Teenager untereinander war nach dem Tod von Christians Eltern eingetreten: Vorher waren Anna und Christian eng verbunden gewesen, während Konrad eher für sich geblieben war, weil er mit den beiden Jüngeren wenig hatte anfangen können oder wollen. Jetzt jedoch waren sie drei Freunde, die sich durch nichts trennen ließen. Sofia und Friedrich waren sehr froh über diese Entwicklung.
Anna zog eine Grimasse in Konrads Richtung, erwiderte aber nichts.
Wenig später beschlossen die Teenager, schlafen zu gehen, Sofia und Friedrich blieben allein zurück.
»Hoffentlich ist Nadia nicht in ernsten Schwierigkeiten, Fritz«, sagte die Baronin besorgt. »Ich meine, das ist doch auch kein gutes Zeichen, dass sie diesen Job gekündigt hat, oder? Weißt du noch, wie glücklich und stolz sie war, als sie ihn endlich bekommen hatte? Und dann wirft sie alles hin?«
»Seltsam ist das schon. Irgendwie klingt das alles nach einer Depression, finde ich – nur dass ich mir das ausgerechnet bei Nadia eigentlich nicht vorstellen kann. Sie hatte doch immer eine so positive Ausstrahlung, war durch nichts aus der Bahn zu werfen, stand fest mit beiden Beinen im Leben.«
»Ich hoffe, sie sagt uns, was los ist, wenn sie kommt«, seufzte die Baronin. »Es macht mich nervös, wenn ich nicht weiß, womit ich es zu tun habe.«
»Wahrscheinlich sollten wir aufhören, uns die Köpfe zu zerbrechen, weil wir das Rätsel ohnehin nicht lösen können«, schlug der Baron vor. »Warten wir ab, bis Nadia hier ist,