Lukas startet durch: Toni der Hüttenwirt (ab 301) 309 – Heimatroman
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Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt.
Es war schon gegen Mittag, als Henk in die Küche kam. Carl schmunzelte, als er ihn sah. Henks Zettel lag noch auf dem Küchentisch. "Du siehst ein bisserl verkatert aus", bemerkte Carl. "Wo ist Beate?", fragte Henk. "Sie ist drüben in der Praxis. Gleich nach dem Frühstück war sie schon beim Bauer Hallinger. Aber es war ein Fehlalarm. Es dauert noch etwas mit dem Kalben. Es waren nur leichte Koliken." "Während ich Praxisvertretung machte", sagte Henk, "rief mich Hallinger jeden zweiten Tag an. Er ist sehr um seine Kuh besorgt. Das kann ich verstehen. Sie hat viele Preise gewonnen und ist ein Prachtexemplar." "Was willst du frühstücken?", fragte Carl. "Ich habe eine Brausetablette genommen.
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Lukas startet durch - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt (ab 301)
– 309 –
Lukas startet durch
Aber – wer die Wahl hat ...
Friederike von Buchner
Es war schon gegen Mittag, als Henk in die Küche kam. Carl schmunzelte, als er ihn sah. Henks Zettel lag noch auf dem Küchentisch.
»Du siehst ein bisserl verkatert aus«, bemerkte Carl.
»Wo ist Beate?«, fragte Henk.
»Sie ist drüben in der Praxis. Gleich nach dem Frühstück war sie schon beim Bauer Hallinger. Aber es war ein Fehlalarm. Es dauert noch etwas mit dem Kalben. Es waren nur leichte Koliken.«
»Während ich Praxisvertretung machte«, sagte Henk, »rief mich Hallinger jeden zweiten Tag an. Er ist sehr um seine Kuh besorgt. Das kann ich verstehen. Sie hat viele Preise gewonnen und ist ein Prachtexemplar.«
»Was willst du frühstücken?«, fragte Carl.
»Ich habe eine Brausetablette genommen. Mir genügt zum Nachtisch heißer schwarzer Kaffee, stark, sehr stark«, antwortete Henk.
Er wollte sich selbst Kaffee machen, aber Carl sagte: »Setz dich, Henk! Ich mache dir den Kaffee. Du hast uns gut vertreten. Aber jetzt bist du wieder unser Gast. Das heißt, du wirst von uns verwöhnt.«
»Zu gestern Nacht kann ich nur sagen«, sagte Henk, »der Obstler war heimtückisch. Er schmeckt angenehm und kommt einem gar nicht so hochprozentig vor. Da trinkt man schon einmal ein bisserl mehr. Die Wirkung setzt erst später ein, aber dann mit voller Wucht. Raffinierter Tropfen!«
Carl lachte. »Dieses Kompliment solltest du dem alten Alois machen. Er hat ihn selbst gebrannt, aus Waldbeeren, die Ella Waldner sammelt. Alois hat uns zur Hochzeit ein halbes Dutzend Flaschen geschenkt. Du hast wohl noch einige getrunken, nachdem Beate und ich ins Bett gegangen waren. Das kann ich verstehen. Beate und ich haben uns noch kurz über deinen Liebeskummer mit Sandy unterhalten. Wir können verstehen, dass es weh tut.«
Der Kaffee war fertig. Henk trank einen Schluck. Er setzte sich an den Küchentisch, streckte die Beine aus und legte die Fußknöchel übereinander. »Den meisten Obstler habe ich getrunken, nachdem ich wieder zurück war.« Er griff in die Hosentasche seiner leichten Freizeithose und legte den Verlobungsring auf den Küchentisch. »Ich habe ihn wieder.«
Beate kam in die Küche. »So, im Augenblick ist das Wartezimmer leer. Ist noch Kaffee da?«
»Ja, aber er ist sehr stark. Henk wollte ihn so«, sagte Carl.
Beate bemerkte den Ring auf dem Küchentisch. »Was ist das?«, rief sie aus.
»Ich habe den Verlobungsring wieder. Es ist aus, endgültig, unwiederbringlich«, erklärte Henk. In seiner Stimme lag Bitternis.
»Aber Sandy ist doch in Amerika?«
»Irrtum, Beate! Nachdem ich auf Sandys Nachrichten jedweder Art nicht reagiert habe, stand sie vergangene Nacht bei Addi, in Kirchwalden, vor der Tür. Zuerst hat sie es wohl in München versucht. Als Sandy meine Großtante dort nicht antraf, ließ sie sich nach Kirchwalden fahren. Addi rief mich an. Ich hatte Sandy noch spät in der Nacht eine Nachricht zukommen lassen, dass ich die Verlobung löse. Die SMS erreichte sie bei Addi. Also fuhr ich hin und forderte den Ring zurück und löste die Verlobung«, sagte Henk. »Es ist vorbei. Ich habe mein Herz gründlich geprüft. Es ist aus und vorbei.« Er zuckte mit den Schultern. »Beate, Carl, mein Vertrauen wurde zu sehr erschüttert. Ich kann der neuen Sandy nicht mehr vertrauen. Eine Ehe basiert nicht nur auf Liebe, sondern auch auf Vertrauen. Sandy hat jetzt andere Lebenspläne. Selbst wenn sie mir versprochen hätte, doch nach Deutschland zu ziehen und dass unsere Kinder hier groß werden könnten, ich hätte ihr es nicht glauben können. Wisst ihr, für mich sollte eine Ehe ein ganzes Leben lang halten und nicht nur einen Lebensabschnitt lang. Trotzdem tut es weh. Aber lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.«
»Und wie hat es deine Tante aufgenommen?«, fragte Beate.
»Nun, sie mochte Sandy, wie sie früher war. Sie hatte mir gewünscht, dass ich mit ihr glücklich werde. Doch sie ist über Sandys Veränderung genauso verwundert wie ich. Sie äußerte sich nur in dem Sinn, dass sie die alte Sandy sehr gemocht habe. Tante Addi ist eine großartige Frau.«
Beate betrachtete den Verlobungsring. »Das ist ein sehr schöner Ring. Art déco?«
»Ja, Art déco. Dazu gibt es noch eine Halskette, ein Armband, Ohrringe und einen Armreif. Tante Addi bekam sie von ihrem Mann zur Hochzeit. Es sind Familienerbstücke.«
Beate legte den Ring wieder auf den Tisch.
Henk steckte ihn wieder ein. »Ich hätte ihn bei Addi lassen sollen. Ich weiß nicht, warum ich ihn mitgenommen habe«, sagte er leise. »Wenn mein Kater nachgelassen hat, fahre ich nach Kirchwalden und gebe ihn ihr. Bein nächsten Mal bin ich vorsichtiger. Das Madl bekommt erst mal einen neuen einfachen Verlobungsring. Im Safe ist er besser aufgehoben, bis zu meiner Hochzeit. Wenn ich denn überhaupt ein Madl finde und heirate. Ich muss euch gestehen, dass ich im Augenblick etwas misstrauisch bin. Ich habe einen Schock erlitten. Als ich zurückkam, ließ ich mich von Alois’ Obstler trösten.«
Carl und Beate hatten Verständnis für ihn. Sie unterließen es aber, ihm in dem Sinne zuzureden, er werde ein anderes Madl finden, nicht alle Madln seien so wie Sandy und andere Eltern hätten auch fesche Töchter.
Carl nahm sich einen Becher Kaffee. »Wie wäre es, Henk, wenn wir beide eine Wanderung machen? Wir könnten hinauf zur Berghütte wandern. Dann kannst du Alois dein Lob aussprechen. Außerdem sind frische Luft und Bewegung gut für dich.«
Henk rieb sich die Stirn. »Berghütte, richtig, jetzt fällt es mir wieder ein. Nachdem ihr schlafen gegangen seid, dachte ich, ich schwimme eine Runde im Bergsee. Dort traf ich Toni. Er hatte Tassilo besucht und war auf dem Rückweg vom Waldschlösschen. Er hält von heute an auf der Berghütte zwei Kammern frei, für mich und Addi. Das muss ich Addi noch sagen. Ich denke, sie wird begeistert sein. Sie sucht doch eine alte, unrenovierte Almhütte, hier in Waldkogel. Toni gab mir den Rat, mit Addi Wanderungen über die Almen zu machen. Dabei könnte sie sich umhören.« Henk stand auf. Er trank seinen Kaffee aus. »Ich werde Addi sofort anrufen«, sagte er. »Das bedeutet nicht, dass die von dir geplante Wanderung ausfällt, Carl. Wir werden sie nachholen.«
»Das werden wir«, sicherte ihm Carl zu.
Henk verließ die Küche und ging hinauf ins Gästezimmer.
Beate und Carl warteten, bis die Tür ins Schloss fiel.
»Henk tut mir leid«, sagte Carl. »Es ist immer schlimm, wenn eine Beziehung zerbricht.«
Beate schmiegte sich an Carl. Sie schaute ihm in die Augen. Sie wusste genau, wovon er sprach. Während ihrer Studienzeit waren sie ein inniges Paar gewesen, mit gemeinsamen Träumen von der Zukunft. Dann hatte Beates grundlose Eifersucht sie auseinandergebracht. Beide hatten gelitten, jeder auf seine Art. Carl hatte sich Hals über Kopf in eine Ehe gestürzt, die wenig glücklich war. Nach dem tragischen Unfalltod seiner Frau, war er in tiefe Trauer voller Schuldgefühle gestürzt. Beate hatte sich nie wieder verliebt. Sie wollte nicht. Unbewusst hatte sie sich immer nach Carl gesehnt. Doch die Liebe hat ihre Herzen sich neu finden lassen. Und jetzt lebten sie ihren Traum.
Carl ahnte, was Beate durch den Kopf ging. »Warten wir es ab, Beate. Vielleicht wird Sandy eines Tages einsichtig? Vielleicht erkennt sie, dass eine gute Ehe und eine Familie unter einem gemeinsamen Dach viel mehr wert ist als der Ruhm, ein leuchtender Stern am Kunsthimmel zu sein.«
Beate schüttelte den Kopf. »Sicherlich wünsche ich Sandy diese Erkenntnis. Aber Henks Angst sitzt tief. Es ist nicht so, wie es bei uns gewesen war, Carl.«
Carl gab ihr einen Kuss. »Ja, das ist richtig. Ich mag Henk, er ist ein wunderbarer Mensch. Er ist ein tüchtiger Tierarzt und sehr bodenständig.«