Schwesterherz, ich hab' dich lieb: Mami 1861 – Familienroman
Von Isabell Rohde
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»Ist es weit bis München?« fragte Frankie seinen Vater, als der sich mit einer herzlichen Umarmung von dem Siebenjährigen verabschieden wollte.
»Einige hundert Kilometer sind es schon. Aber mit dem Flieger ist das ein Klacks, mein Junge. Heute abend bin ich wieder bei euch.«
Max Küster war Frankies Stiefvater und nicht mal ihm war der Name des leiblichen Vaters bekannt. Und da er seine zweite Frau viel zu sehr liebte, um sie noch mit Fragen nach ihrer Vergangenheit zu quälen, hatte er Frankie einfach adoptiert. Und? Hätte er sich einen besseren Sohn als ihn vorstellen können?
»Prima, daß du bald wiederkommst«, meinte Frankie.
Es war noch sehr früh an diesem Aprilmorgen und recht kühl für die Jahreszeit. Weil der Kleine sich beeilen mußte, um seinen Vater ans Auto zu begleiten, trug er noch nicht mal einen Pullover. Nun fröstelte er ein wenig, als er sich neben dem Auto aufbaute.
»Mußt du einen neuen Koch aus München holen oder was?« fragte er.
Max, der für seine Mitte Vierzig schon recht behäbig wirkte, lachte auf, deutete auf das alte, liebevoll renovierte Haus, in dessen Erdgeschoß sich sein renommiertes Restaurant ›Zum alten Brunnen‹ befand und meinte amüsiert: »Mami und ich sind mit unserem jetzigen Koch doch sehr zufrieden, Frankie. Nein, wir brauchen keinen anderen.«
»Aber was willst du denn in München?«
Max rückte hinters Steuer. Dann breitete er noch mal die Arme aus, um Frankie an seine Brust zu ziehen, so daß der Kleine den Duft eines teuren Rasierwassers einatmete und die Nase kraus zog.
»Das werde ich dir später einmal erzählen,
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Buchvorschau
Schwesterherz, ich hab' dich lieb - Isabell Rohde
Mami –1861–
Schwesterherz, ich hab' dich lieb
Ein ganz neues Erlebnis für den kleinen Frank
Roman von Isabell Rohde
»Ist es weit bis München?« fragte Frankie seinen Vater, als der sich mit einer herzlichen Umarmung von dem Siebenjährigen verabschieden wollte.
»Einige hundert Kilometer sind es schon. Aber mit dem Flieger ist das ein Klacks, mein Junge. Heute abend bin ich wieder bei euch.«
Max Küster war Frankies Stiefvater und nicht mal ihm war der Name des leiblichen Vaters bekannt. Und da er seine zweite Frau viel zu sehr liebte, um sie noch mit Fragen nach ihrer Vergangenheit zu quälen, hatte er Frankie einfach adoptiert. Und? Hätte er sich einen besseren Sohn als ihn vorstellen können?
»Prima, daß du bald wiederkommst«, meinte Frankie.
Es war noch sehr früh an diesem Aprilmorgen und recht kühl für die Jahreszeit. Weil der Kleine sich beeilen mußte, um seinen Vater ans Auto zu begleiten, trug er noch nicht mal einen Pullover. Nun fröstelte er ein wenig, als er sich neben dem Auto aufbaute.
»Mußt du einen neuen Koch aus München holen oder was?« fragte er.
Max, der für seine Mitte Vierzig schon recht behäbig wirkte, lachte auf, deutete auf das alte, liebevoll renovierte Haus, in dessen Erdgeschoß sich sein renommiertes Restaurant ›Zum alten Brunnen‹ befand und meinte amüsiert: »Mami und ich sind mit unserem jetzigen Koch doch sehr zufrieden, Frankie. Nein, wir brauchen keinen anderen.«
»Aber was willst du denn in München?«
Max rückte hinters Steuer. Dann breitete er noch mal die Arme aus, um Frankie an seine Brust zu ziehen, so daß der Kleine den Duft eines teuren Rasierwassers einatmete und die Nase kraus zog.
»Das werde ich dir später einmal erzählen, mein Junge. Wenn du älter bist und etwas mehr von den Menschen und der Welt verstehst.«
Frankie hatte braune Haare, die ihm bis beinah vor die Augen ins Gesicht fielen. Sie mußten wohl mal wieder geschnitten werden. Schnell strich er sie beiseite.
»Ich bin doch schon in der zweiten Klasse, Papi!«
»Was du nicht sagst«, spielte Max den Überraschten. »Und warum bist du dann noch nicht in der Schule?«
Frankie lachte. »Ach, das weißt du doch. Es ist erst sieben. Ich hab’ noch Zeit!«
Eine letzte Zärtlichkeit, dann fühlte er sich auf den Boden neben dem Wagen gestellt. Die Tür klappte zu. Max ließ den Motor an und gleichzeitig das Fenster herunter. »Gib unserer Mami noch einen dicken Kuß von mir. Bis heute abend, mein Großer.«
Frankie blickte der Limousine nach, bis sie sich auf der Hauptstraße in den morgendlichen Verkehr der kleinen Stadt eingliederte. Dann witschte er in die Hintertür des alten Fachwerkhauses, von der eine alte, breite Treppe in die Wohnung führte.
Das Heim der Küsters bestand aus drei riesigen und zwei kleineren Zimmern. Und jedes war von Max sehr behaglich und geschmackvoll eingerichtet worden. Franziska, Frankies Mutter, machte sich manchmal über dieses Hobby ihres Mannes lustig. Denn auch unten, im Restaurant, hatte er sich mit dem Schreiner Alfons Schuster ja um jede Leiste und jedes Schräubchen gestritten, bis alles seinen Vorstellungen entsprach.
Frankie rannte durch den Flur und schaute ins Schlafzimmer seiner Eltern. Dort stand seine Mutter vor dem großen Spiegel. Noch vor Minuten hatte sie einen schlichten Kimono getragen. Jetzt war sie wie verwandelt. Frankie mußte zweimal hinschauen, denn in dem schlanken schwarzen, minikurzen Kleid kam ihm seine Mami auf eine ungewöhnliche Weise faszinierend, aber beinah fremd vor.
»Uiii!« staunte er.
Franziska Küster warf ihrem Söhnchen einen kurzen Blick zu und griff in einer Schatulle nach prächtigen Ohrgehängen. Während sie sie befestigte, rief sie ihm ungeduldig zu: »Deine Schuhbänder mußt du noch zubinden. Und dann schnell, schnell… zieh den Pulli über und pack dein Frühstücksbrot ein. Es liegt auf dem Küchentisch. Aber beeil dich! Wir müssen gleich los.«
»Wohin denn?« fragte er verdutzt, bückte sich aber, um seine Schuhe zuzubinden. »Ist doch noch so früh. Gerade sieben…«
»Ich fahr’ dich heute zur Schule, weil ich um halb acht einen Termin hab’.«
»Fliegst du auch weg?«
»Unsinn!« amüsierte sie sich. Franziska war eine lebenslustige, quirlige und bildhübsche Frau, die ihrem Mann als zuverlässige und respektierte Geschäftsführerin im Restaurant zur Seite stand. Von seinem Vater hatte Frankie oft gehört, wie tüchtig sie war. Daß sie oft rumfahren mußte, um Zutaten für die Küche, Porzellan, Tischwäsche oder Blumenarrangements zu bestellen, war er gewohnt. Aber so auffallend schick gekleidet hatte er sie lange nicht gesehen.
»Nein, nein. Ich muß nur in die Nachbarstadt. Und heute mittag darfst du mit Leos Mami heim. Du kannst bei ihm spielen. Ich hole dich nachmittags, bevor wir öffnen, dort ab.«
»Toll!« freute er sich. Leo war sein bester Freund und wohnte am Rand der Stadt ganz nah am Wald. Darin konnten sie heute nach Herzenslust spielen. »Heute abend ist Papi auch wieder da«, stellte er fest, bevor er losrannte, um sein Schulbrot in den Ranzen zu packen.
Zehn Minuten später saß er hinter seiner Mutter in deren kleinen Auto. Aus dem Radio dröhnte rhythmische Musik, und sie trällerte gutgelaunt mit. Vor dem Schulgebäude tat sich noch nicht viel. Erst in zwanzig Minuten würden die ersten Kinder eintreffen. Er konnte sich auf die Treppe vor der Tür setzen und jeden Ankommenden beobachten.
»Krieg ich kein Küßchen wie Max?« fragte seine Mami.
»Klar.« Mit dem Schulranzen in der Hand beugte er sich zu ihr. Sie roch verdammt gut. Noch viel besser als das Rasierwasser von Max.
»Also sei schön brav, mein Schatz. Bis heute abend. Und mecker bloß nicht wieder über das von Leos Mami gekochtes Mittagessen. Du weißt, so gute Sachen wie bei uns gibt es nicht überall.«
»Weil wir drei Sterne haben, nicht?« fragte er stolz.
»Ja, drei Sterne hat unser Restaurant. Ist prima, wie? Und jeden Abend in dieser Woche sind wir ausgebucht. Unser Papi ist wirklich ein As in seinem Beruf. Also, Kopf hoch. Bis später, mein großer Junge.«
Zum zweiten Mal an diesem Morgen sah Frankie einem Auto nach. In der Eile hatte er nun doch tatsächlich vergessen, ihr eine wichtige Frage zu stellen. Warum machst du dich so toll schön, Mami? Seufzend schulterte er seinen Ranzen und trottete in den Schulhof und auf die Treppe vor der großen Tür zu.
Franziska Küster brauchte nur eine Viertelstunde Fahrt in die nächste Kleinstadt. Sie kannte sich hier sehr gut aus, entschied sich aber, ihren Wagen auf dem öffentlichen Parkplatz am Markt abzustellen. Von dort aus war sie in fünf Minuten bei dem großen Neubau in einer Seitenstraße. Sie klingelte, die Tür sprang auf und sie fuhr mit dem Lift ganz nach oben.
Unter der Wohnungstür erwartete sie ein gutaussehender jüngerer Mann. Er hieß Alfons Schuster und war der Besitzer einer Schreinerei.
»Endlich!« lachte er, zog Franziska an sich, umschlang und küßte sie. »Max ist also wirklich nach München geflogen?«
»Ihm blieb ja nichts anderes übrig. Seine geschiedene Frau braucht ihn«, erwiderte Franziska mit strahlendem Lächeln. »Und? Steht der Champagner kalt? Hast du Melone mit Parmaschinken und alles andere, was ich mir für heute als Frühstück gewünscht habe?«
Er schloß die Tür, ohne sie aus seinen Armen zu lassen. Dann deutete er mit verschmitztem Lächeln in den großen, hellen Raum.
»Siehst du nicht, was ich extra für dich herbeigezaubert habe?«
Sie sah sich um, und über ihr Gesicht glitt ein namenloses Staunen.
»Die Treppe in den Speicherraum! Du hast tatsächlich eine Wendeltreppe gebaut!« jubelte sie beim Anblick eines zierlichen Kunstwerks aus hellem Holz. »Danke, mein Schatz. Nun endlich steht das Bett hier nicht mehr so frei im Raum.« Sie lachte. »Hast du es tatsächlich nach oben geschafft? Wie romantisch, Alfons. Du hast eben begriffen, was Frauen sich für zärtliche Stunden wünschen. Eine richtige Kuschelecke, versteckt vor den Blicken unerwünschter Besucher.«
Und schon ließ sie sich von ihm, diesem athletisch gebauten jungen Mann auf die Arme heben und zur Treppe tragen. »Alles, was dein Herz sonst noch begehrt – vom Kerzenschimmer bis Champagnerkribbeln wartet oben auf dich, meine bezaubernde Geliebte.«