Mein Bruder ist ein Held: Kinderärztin Dr. Martens Classic 48 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Renate Geversen warf einen besorgten Blick auf die Uhr. Es war inzwischen vierzehn Uhr vorbei, und Mark war noch nicht aus der Schule zurück. Dem Stundenplan nach war er eine Stunde überfällig. Mit seinen zehn Jahren verstand er nicht, daß sie sich Sorgen machte, wenn er nicht sofort nach Unterrichtsschluß nach Hause kam. Schon seit vielen Jahren bewohnte Renate Geversen das alte Forsthaus der Gemeinde Wismor, eines kleinen Orts in der Lüneburger Heide. Das hübsche alte Fachwerkhaus lag ziemlich einsam am Rande eines großen Waldgebietes. Vor dem Haus lag ein kleiner gepflegter Vorgarten und hinter dem Haus ein Nutzgarten, in dem auch Obstbäume standen. Renate Geversen war eine kleine mollige Frau von fünfundvierzig Jahren mit vollem dunklem Haar, in dem sich die ersten grauen Strähnen zeigten. Seit ihre einzige Tochter bei der Geburt ihres zweiten Kindes vor sechs Jahren gestorben war, sorgte sie für den Schwiegersohn und die beiden Jungen, den zehnjährigen Mark und den sechsjährigen René. Während Renate Geversen auf Mark wartete, gingen ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Sie versorgte die kleine Familie sehr gern, und die beiden Jungen hingen mit zärtlicher Liebe an ihrer Oma. Doch war es genug, was sie den beiden geben konnte? Frank war die ganze Woche in seinem Beruf als Fernfahrer unterwegs und hatte somit nur an den Wochenenden Zeit für seine beiden Söhne. Für den Sechsjährigen war das noch nicht so schlimm, doch Mark, der sehr lebhaft war, brauchte ab und zu die feste Hand des Vaters. »Oma, wann kommt der Mark? Ich habe Hunger«, drang da eine helle Kinderstimme an Renates Ohr und holte sie aus ihren Gedanken heraus. Ein liebevolles Lächeln legte sich um ihre Lippen, als sie den kleinen blondhaarigen Buben in der Küchentür stehen sah. »So, so, mein Schatz, du hast Hunger? Wenn Mark nicht gleich nach Hause kommt, essen wir einfach.
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Kinderärztin Dr. Martens Classic
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Buchvorschau
Mein Bruder ist ein Held - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 48 –
Mein Bruder ist ein Held
Er hat der kleinen Inka das Leben gerettet
Britta Frey
Renate Geversen warf einen besorgten Blick auf die Uhr. Es war inzwischen vierzehn Uhr vorbei, und Mark war noch nicht aus der Schule zurück. Dem Stundenplan nach war er eine Stunde überfällig. Mit seinen zehn Jahren verstand er nicht, daß sie sich Sorgen machte, wenn er nicht sofort nach Unterrichtsschluß nach Hause kam.
Schon seit vielen Jahren bewohnte Renate Geversen das alte Forsthaus der Gemeinde Wismor, eines kleinen Orts in der Lüneburger Heide. Das hübsche alte Fachwerkhaus lag ziemlich einsam am Rande eines großen Waldgebietes. Vor dem Haus lag ein kleiner gepflegter Vorgarten und hinter dem Haus ein Nutzgarten, in dem auch Obstbäume standen.
Renate Geversen war eine kleine mollige Frau von fünfundvierzig Jahren mit vollem dunklem Haar, in dem sich die ersten grauen Strähnen zeigten. Seit ihre einzige Tochter bei der Geburt ihres zweiten Kindes vor sechs Jahren gestorben war, sorgte sie für den Schwiegersohn und die beiden Jungen, den zehnjährigen Mark und den sechsjährigen René.
Während Renate Geversen auf Mark wartete, gingen ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Sie versorgte die kleine Familie sehr gern, und die beiden Jungen hingen mit zärtlicher Liebe an ihrer Oma. Doch war es genug, was sie den beiden geben konnte? Frank war die ganze Woche in seinem Beruf als Fernfahrer unterwegs und hatte somit nur an den Wochenenden Zeit für seine beiden Söhne. Für den Sechsjährigen war das noch nicht so schlimm, doch Mark, der sehr lebhaft war, brauchte ab und zu die feste Hand des Vaters.
»Oma, wann kommt der Mark? Ich habe Hunger«, drang da eine helle Kinderstimme an Renates Ohr und holte sie aus ihren Gedanken heraus.
Ein liebevolles Lächeln legte sich um ihre Lippen, als sie den kleinen blondhaarigen Buben in der Küchentür stehen sah.
»So, so, mein Schatz, du hast Hunger? Wenn Mark nicht gleich nach Hause kommt, essen wir einfach. Nun, was hältst du davon?« Mit einer sanften Geste fuhr sie dem Kleinen über das blonde Haar.
Scheu nickte René und setzte sich an den Tisch auf seinen Platz. Genau in diesem Augenblick schlug jemand heftig die Haustür zu, und schon kam Mark in die Küche gestürmt, wo er achtlos seine Schultasche zur Seite warf.
»Was soll das, Mark? Kannst du wirklich nicht ein wenig sorgsamer mit deinen Sachen umgehen? Überhaupt, wo kommst du so spät her? Ich warte schon seit einer Stunde auf dich. Mußt du auf dem Schulweg immer so trödeln?«
»Ach, Omilein, nicht schimpfen. Ich mußte dem Ingo die Hausaufgaben vorbeibringen. Er ist nämlich krank.«
»Trotzdem solltest du es nicht so spät werden lassen. Ich mache mir doch Sorgen, wenn du so lange ausbleibst. Wasch dir deine Hände, damit wir endlich essen können.«
»Ich mach ja schon, Oma.« Wie ein Blitz war Mark aus der Küche verschwunden.
Mit nachsichtigem Lächeln sah Renate hinter dem Jungen her. So war es immer. Wenn er so schmeichelte und sie mit seinen blauen Augen ansah, konnte sie einfach nicht lange böse mit ihm sein.
Beide Jungen, Mark und auch der Kleine, erinnerten sie jeden Tag aufs neue an ihre so früh verstorbene Tochter. Auch Hella hatte diese blauen Augen, das blonde, leicht gewellte Haar gehabt. Und auch sie hatte so schmeicheln können, als sie ein kleines Mädchen gewesen war.
Viel Zeit zum Nachdenken blieb Renate Geversen nicht, denn Mark kam in die Küche zurück und setzte sich auf seinen Platz.
Etwas später, beim Nachtisch, wollte Mark wissen: »Wann kommt Vati nach Hause, Oma? Kommt er in dieser Woche schon am Freitag oder wieder erst Samstag?«
»Ich weiß es nicht genau, Mark. Ich schätze, wenn er seine Tour durch hat. Warum willst du das wissen? Gibt es einen besonderen Grund?«
»Vati hat versprochen, am Wochenende mit uns zur Stadt zu fahren. Hast du vergessen, daß er mir neue Fußballschuhe kaufen will?«
»So eilig wird es damit auch nicht sein. In zwei Tagen haben wir Wochenende. Wenn du gleich fertig bist, zeigst du mir zuerst welche Hausaufgaben du machen mußt.«
»Klar, Oma, habe ich sogar schon fertig. Ich habe sie gleich beim Ingo gemacht.«
»Na, da bin ich aber gespannt, ob du sie auch sauber und richtig gemacht hast.«
»Aber Oma. Matheaufgaben, kinderleicht. Kann ich doch.«
»Wir werden sehen, Mark. Kannst ja nachher mit René im Garten spielen. Dein kleiner Bruder ist viel zuviel allein.«
Da Mark seine Hausaufgaben wirklich sehr ordentlich und ohne Fehler ausgeführt hatte, schickte Renate ihn und den Jüngsten in den Garten. Sie selbst räumte den Tisch ab und kümmerte sich um den Abwasch. Mit zufriedenem Gesicht hörte sie durch das geöffnete Küchenfenster die hellen Stimmen der spielenden Jungen.
*
Am Freitagnachmittag, kurz vor fünfzehn Uhr, näherte sich ein dunkelblauer Opel Kadett in zügigem Tempo dem alten Forsthaus. Der Wagen wurde von einem großen, breitschultrigen Mann mit blauen Augen und flachsblondem Haar gefahren. Je näher er seinem Ziel kam, um so mehr hellte sich sein ernstes, abgespanntes Gesicht auf. Es war der zweiunddreißigjährige Frank Matissen, der sich auf sein freies Wochenende mit seinen beiden Jungen freute. Er bedauerte es oft, nicht mehr Zeit für die beiden zu haben, doch es ließ sich nicht ändern. Zudem wußte er sie bei seiner Schwiegermutter in den besten Händen, das glich alles etwas aus.
Kaum brachte er den Wagen zum Halten, kamen die beiden auch schon aus dem Haus gestürmt, mit langen Schritten sein Ältester und etwas langsamer der Kleine.
»Endlich, Vati, wir haben schon auf dich gewartet.«
»Grüß dich, mein Junge.« Liebevoll zog Frank Mark in seine Arme und fragte forschend: »Warst du vernünftig? Ist alles in Ordnung?«
»Klar doch, Vati, kannst Oma fragen.«
»Ich glaube es dir auch so.«
»Geh, Mark, ich will Vati auch guten Tag sagen.«
René drängte Mark zur Seite, und schon hing er Frank am Hals.
»Ist ja gut, mein Kleiner, du weißt doch, daß Vati dich auch sehr lieb hat. Heute darfst du auch meine Tasche aus dem Auto holen. Nun, lauf schon und bring sie ins Haus. Ich gehe hinein und frage die Oma, ob du die ganze Woche brav gewesen bist.«
Ein weiches Lächeln lag um Franks Lippen, als er auf seine beiden Söhne sah.
In der offenen Tür tauchte nun Renate Geversen auf.
Mit raschen Schritten ging Frank Matissen durch den Vorgarten auf sie zu und begrüßte sie herzlich.
»Endlich habe ich mal zwei Tage Zeit für die Jungen, Mutter. Ich freue mich darauf. Ist die Woche gut verlaufen?«
»Natürlich, Frank, du weißt doch, daß mir beide Jungen keine Schwierigkeiten machen.«
»Dann bin ich zufrieden, Mutter. Es ist schön, wenn man sich auf das Heimkommen am Wochenende freuen kann.«
»Du müßtest dir nur eine andere Arbeit suchen, dann hättest du mehr Zeit für die Jungen.«
Renate Geversen sah den Schatten, der über Franks Gesicht huschte, und sagte einlenkend: »Entschuldige, es ist mir nur so herausgerutscht. Komm ins Haus, du wirst von der anstrengenden Woche bestimmt wieder ziemlich erschöpft sein. Mach dich frisch, ich sorge inzwischen für den Kaffeetisch.«
»Fein, Mutter, ich habe nämlich richtigen Kaffeedurst.«
»Vati, Vati so warte doch auf uns«, erklang es da zweistimmig hinter seinem Rücken.
Lächelnd drehte er sich um und sah seinen beiden Jungen entgegen. René schleppte stolz seine große Tasche und Mark wedelte mit einem Blumenstrauß.
»Sind die Blumen für die Oma, Vati?« wollte er wissen.
»Für wen denn sonst, Mark? Die habe ich doch tatsächlich vergessen. Du darfst sie der Oma geben. Ich gehe jetzt nach oben unter die Dusche und kleide mich um. Ihr dürft euch aus meiner Tasche eure Päckchen nehmen und nachsehen, was ich euch mitgebracht habe. Ein paar Minuten, dann bin ich wieder unten.«
Mark gab Renate den Blumenstrauß und verschwand mit seinem Bruder im Wohnzimmer.
»Danke für die Blumen, Frank, ich werde sie rasch in eine Vase geben. Es muß aber nicht sein, daß du immerzu so viel Geld für mich ausgibst.«
»Die Hauptsache ist, du freust dich darüber, Mutter. Laß mir die Freude. Bis gleich.«
Bevor Renate Geversen etwas erwidern konnte, ging Frank Matissen mit langen Schritten ins Obergeschoß hinauf.
Nachdenklich sah ihm Renate nach. Sie wußte, daß es noch immer ein Davonlaufen von ihm war, einen Beruf auszuüben, der ihn ständig unterwegs sein ließ. Ein Davonlaufen vor der Erinnerung an die glückliche Zeit mit Hella. Sie war jedoch realistisch genug, um zu wissen, daß das Leben