Wir lassen uns nicht trennen: Kinderärztin Dr. Martens Classic 8 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Kathinka Leipert stand am Fenster der winzigen Küche, in der es so schwierig war, Ordnung zu halten und starrte in das verlöschende Tageslicht. In ihren blauen Augen war ein grenzenlos trauriger Ausdruck, der so gar nicht zu ihrer gepflegten damenhaften Erscheinung passen wollte. Bei einer jungen Frau wie ihr, bildhübsch, tadellos gewachsen und geschmackvoll gekleidet, wäre da nicht eine gewisse Sorglosigkeit angebracht gewesen, jene jugendliche Leichtigkeit, die einem im Verlauf des Lebens unweigerlich und bedauerlicherweise irgendwann einmal abhanden kam? Doch Kathinka Leipert hatte Sorgen, sie hatte sogar das seltsame Gefühl, seit einiger Zeit auf einer Schaukel zu sitzen. Früher war sie sich ihres Glücks so sicher gewesen, hatte sich für eine vollkommen zufriedene Frau gehalten, die mit ihrem Mann das Große Los gezogen hatte. Seit einigen Wochen jedoch hatte ihr makelloses Familienglück unschöne Risse bekommen, begann der vermeintlich unverzehrbare Goldglanz ihrer ehelichen Harmonie matter zu werden. Kathinka machte unvermittelt die bestürzende Feststellung, seit gut zehn Jahren in einem Wolkenschloß aus lauter regenbogenbunten Illusionen gelebt zu haben. Auf einmal wünschte sie sich, über Dinge zu sprechen, an die sie seit Jahren nicht mehr gedacht hatte oder über die sie niemals mit einer Menschenseele hatte sprechen wollen. Aber Peter ist ja nicht da, stellte sie gereizt fest, war auf einmal nervös und unruhig und hatte das Gefühl, daß irgendein Unglück auf sie wartete. Ein Unglück, das sich im Hintergrund, von Peter und ihr unbemerkt oder verdrängt, so genau ließ sich das nicht mehr feststellen, aus Ereignissen und Einflüssen zusammengebraut hatte und nun jeden Moment mit seiner ganzen furchtbaren, seit langem aufgestauten Gewalt über sie hereinbrechen konnte. Kathinka war so in ihre deprimierenden Gedanken vertieft, daß sie nicht hörte, wie sich die Küchentür leise öffnete. »Mami?« Kathinka drehte sich um. Ihr Sohn Daniel streckte den dunklen Kopf zur Tür herein. Vom Toben gerötete Wangen, seidenweiche zerzauste Haarsträhnen, die sich wegen der vielen Wirbel niemals ordentlich glätten ließen, große braune Augen, die sie bittend anschauten. Und natürlich wieder barfuß. »Kommst du heute nicht mehr, Mami?« fragte der Achtjährige, der mit einer Hand die rutschende Hose seines blauen Pyjamas festhielt, mit der anderen die Türklinke umfaßte. Der rosige Kinderbauch leuchtete zwischen Hose und hochgerutschtem Oberteil des Pyjamas, das arg mit Fingerfarben gestreift war. Wie immer, wenn Kathinka ihren Sohn anschaute, durchflutete sie Stolz und Freude.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Wir lassen uns nicht trennen - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 8 –
Wir lassen uns nicht trennen
Eltern sind manchmal so gemein
Britta Frey
Kathinka Leipert stand am Fenster der winzigen Küche, in der es so schwierig war, Ordnung zu halten und starrte in das verlöschende Tageslicht. In ihren blauen Augen war ein grenzenlos trauriger Ausdruck, der so gar nicht zu ihrer gepflegten damenhaften Erscheinung passen wollte.
Bei einer jungen Frau wie ihr, bildhübsch, tadellos gewachsen und geschmackvoll gekleidet, wäre da nicht eine gewisse Sorglosigkeit angebracht gewesen, jene jugendliche Leichtigkeit, die einem im Verlauf des Lebens unweigerlich und bedauerlicherweise irgendwann einmal abhanden kam?
Doch Kathinka Leipert hatte Sorgen, sie hatte sogar das seltsame Gefühl, seit einiger Zeit auf einer Schaukel zu sitzen. Früher war sie sich ihres Glücks so sicher gewesen, hatte sich für eine vollkommen zufriedene Frau gehalten, die mit ihrem Mann das Große Los gezogen hatte.
Seit einigen Wochen jedoch hatte ihr makelloses Familienglück unschöne Risse bekommen, begann der vermeintlich unverzehrbare Goldglanz ihrer ehelichen Harmonie matter zu werden.
Kathinka machte unvermittelt die bestürzende Feststellung, seit gut zehn Jahren in einem Wolkenschloß aus lauter regenbogenbunten Illusionen gelebt zu haben.
Auf einmal wünschte sie sich, über Dinge zu sprechen, an die sie seit Jahren nicht mehr gedacht hatte oder über die sie niemals mit einer Menschenseele hatte sprechen wollen.
Aber Peter ist ja nicht da, stellte sie gereizt fest, war auf einmal nervös und unruhig und hatte das Gefühl, daß irgendein Unglück auf sie wartete. Ein Unglück, das sich im Hintergrund, von Peter und ihr unbemerkt oder verdrängt, so genau ließ sich das nicht mehr feststellen, aus Ereignissen und Einflüssen zusammengebraut hatte und nun jeden Moment mit seiner ganzen furchtbaren, seit langem aufgestauten Gewalt über sie hereinbrechen konnte.
Ich hätte Peter nicht heiraten dürfen, sagte sich Kathinka und verspürte wieder diesen ziehenden Schmerz in der Brust, der immer dort war, dachte sie an ihren Mann…
Kathinka war so in ihre deprimierenden Gedanken vertieft, daß sie nicht hörte, wie sich die Küchentür leise öffnete.
»Mami?«
Kathinka drehte sich um. Ihr Sohn Daniel streckte den dunklen Kopf zur Tür herein. Vom Toben gerötete Wangen, seidenweiche zerzauste Haarsträhnen, die sich wegen der vielen Wirbel niemals ordentlich glätten ließen, große braune Augen, die sie bittend anschauten. Und natürlich wieder barfuß.
»Kommst du heute nicht mehr, Mami?« fragte der Achtjährige, der mit einer Hand die rutschende Hose seines blauen Pyjamas festhielt, mit der anderen die Türklinke umfaßte. Der rosige Kinderbauch leuchtete zwischen Hose und hochgerutschtem Oberteil des Pyjamas, das arg mit Fingerfarben gestreift war.
Wie immer, wenn Kathinka ihren Sohn anschaute, durchflutete sie Stolz und Freude. Ein auffallend hübscher kleiner Junge war er, ihr Danny, der in jeder Beziehung ganz nach seinem Vater Peter schlug. Ihre Melancholie verflog im Handumdrehen, jetzt erfüllte Bewunderung ihr Herz, aber auch ein Hauch von Dankbarkeit, daß ihr dieses vollkommene kleine Geschöpf gehörte.
»Natürlich komme ich«, erwiderte Kathinka zärtlich und verließ ihren Platz am Küchenfenster, kam mit ausgebreiteten Armen auf Danny zu, blickte lächelnd zu ihm herab.
»Die Fränzi und ich, Mami, wir warten schon so lange auf dich. Ist der Papi denn noch nicht da?«
Ihr Herz tat einen seltsamen Sprung. Auf einmal war sie wieder da, diese scharfe gallige Bitterkeit, die ihr das Herz kalt und schwer machte.
»Nein«, hörte sie sich mit heller kühler Stimme antworten und wunderte sich, wie sie es fertigbrachte, diese Unbefangenheit aufzubringen, »der Papi macht Überstunden, kleiner Hosenmatz, er kommt später.«
»Schade«, sagte Danny achselzuckend, aber nicht sonderlich erschüttert, denn er war ja daran gewöhnt, den Vater nicht sehr häufig zu sehen. »Erzählst du uns eine Gutenachtgeschichte?«
»Mal sehen, wie das Kinderzimmer ausschaut, Danny.«
»Prima«, sagte er wie aus der Pistole geschossen und grinste frech. Sein unwiderstehliches sommersprossiges Zahnlücken-Lachen.
»Du Schlingel!« sagte sie schmunzelnd und fuhr ihm durch das zerzauste Haar, das störrisch war wie das seines Vaters.
Das Kinderzimmer, das sich die zehnjährige Franziska und ihr Bruder Danny teilten, sah wie üblich chaotisch aus. Offenbar hatte vor dem Zubettgehen eine stürmische Kissenschlacht stattgefunden, denn nicht nur sämtliche Stofftiere, Autos und Puppen waren vom Regal zu Boden gefegt worden, auch alle Bilder an den Wänden hingen schief, das Kasperltheater war umgekracht.
»Großer Gott«, murmelte Kathinka, die sich flüchtig an ihr eigenes Kinderzimmer in der eleganten elterlichen Elbvilla erinnerte, ein riesiger sonnendurchfluteter Raum mit eigenem Badezimmer und Balkon, einheitlich in kühlen Blautönen gehalten und natürlich allzeit wohlaufgeräumt und gepflegt…
»Ist gar nicht so schlimm, Mami, die Fränzi und ich räumen das morgen alles wieder auf«, tröstete Danny unbekümmert seine erschrockene Mama, die das Kinderzimmer so behutsam und fast schüchtern betrat, als handle es sich um vermintes Feindesland.
Das Kinderzimmer war, wie sich Kathinka erinnerte, an sich reizend. Es gab sogar eine kleine Sitzecke, damit die Kinder ihre kleinen Freunde dort bewirten konnten, ohne sich beobachtet zu fühlen. Kathinka hatte sich bei der Einrichtung und Ausstattung des Kinderzimmers wirklich große Mühe gegeben.
So weit, so gut. Kathinka hatte das eigene kleine Reich ihrer beiden Kinder also wie eine entzückende Puppenstube eingerichtet. Doch sie hatte leider die Rechnung ohne ihre beiden Sprößlinge gemacht. Buchstäblich seit ihrem allerersten Schrei taten Fränzi und Danny Leipert nämlich genau das, was sie wollten. Und was sie wollten, tja, das wußten die beiden Herzchen ganz genau.
Bisweilen war Kathinka ob so viel Temperament und Selbstbewußtsein am Ende ihrer Kräfte. Mit diesem Ausbund an Lebhaftigkeit hatte sie dermaleinst wahrlich nicht gerechnet.
Danny stürmte das Kinderzimmer. Kein Mensch hatte ihn jemals langsam gehen gesehen. Der Achtjährige war ständig in Bewegung und Eile. Danny Leipert besaß die unermüdliche Schwungkraft eines Perpetuum Mobiles und den Einfallsreichtum eines Zauberers.
Er warf sich in sein Bett, zog sich die Steppdecke bis unters Kinn und schaute seine Mami erwartungsvoll an.
Kathinka beugte sich zunächst über Fränzis Bett, um nach ihrer Tochter zu sehen. Wie üblich mußte sie zweimal hinschauen, um die Fränzi zwischen ihren Püppchen und Stofftieren zu entdecken.
Springlebendig wie ein übermütiges kleines Fohlen, das den Ernst des Lebens noch nicht erfahren hatte, war ihre Tochter, die zehnjährige Fränzi, die ihre blonden Haare und ihre blauen Augen geerbt hatte. Aber während die Frau Mama sehr zurückhaltend wirkte, vornehm distanziert, erinnerte die Fränzi mit ihrem spontanen, äußerst natürlichen Wesen und dem Hang zu kessen Sprüchen durchaus an den Herrn Papa, den chronisch abwesenden.
Fränzi schlief schon, hatte ihr gerötetes Gesicht tief ins Kissen gedrückt, auf dessen Bezug sich unzählige Mickymäuschen tummelten. Kathinka seufzte und schob die heiße feuchte kleine Kinderhand beiseite, so daß sie die Steppdecke hochziehen konnte.
»Schlaf schön, mein Kleines«, flüsterte Kathinka, beugte sich über das Bett und küßte Fränzi auf die glühende Wange. Dabei atmete sie den Duft nach frischer Seife und sauberer Haut ein.
»Sie pennt schon, die alte Schlafmütze?« fragte Danny neugierig und ein bißchen gekränkt. »Dabei hat sie mir fest versprochen wachzubleiben, bis ich dich geholt habe, Mami.«
»Schscht, Dannyspatz«, wisperte Kathinka und legte warnend den Zeigefinger vor die gespitzten Lippen, kam auf Zehenspitzen zum Bett ihres wartenden Sohnemanns, der sich unbändig darauf freute, die Mama endlich einmal ganz für sich zu haben.
»Mit der Gutenachtgeschichte ist jetzt wohl Essig, wie?«
»Essig?« Kathinka schmunzelte. »Aber Danny, was ist denn das für eine krause Ausdrucksweise!« Sie hockte sich auf die Bettkante und strich ihm das wirre Haar aus der Stirn. »Ich singe dir ein Gutenachtlied vor, einverstanden?«
»Klar, Mami.« Danny streckte sich genüßlich unter der raschelnden Steppdecke aus und meinte schlaftrunken: »Unser Lied, ja?«
»Natürlich, Spatz, unser Lied.« Kathinkas Lippen öffneten sich zu dem glücklichen unbeschwerten Lächeln, das in den letzten Wochen nur noch sehr selten auf ihrem Gesicht erblühte.
Impulsiv streckte sie die Hand aus und hielt Dannys Kinderhand fest, fühlte gerührt all die Kratzer und Hornhautpickel, die von den unzähligen Scharmützeln und Gefechten auf Spiel-, Bolz- und Fußballplätzen herrührten und von enormer Einsatzfreude zeugten.
»Wer hat die schönsten Schäfchen?« sang Kathinka mit gedämpfter Stimme, um die schlafende Fränzi nicht zu stören. »… die hat der goldene Mond, der hinter unserem Hause, am Himmel droben wohnt. Dort weidet er die Schäfchen, auf seiner blauen Flur…«
»Mami«, unterbrach Danny mit ergriffener Stimme den mütterlichen Gesang, »du siehst unheimlich schön aus, wenn du singst und dabei lächelst, weißt du das eigentlich?«
»Danke schön, mein kleiner Kavalier«, sagte Kathinka entzückt ob soviel sommersprossiger Liebenswürdigkeit, die direkt aus dem Bubenherzen zu kommen schien. Und sie drückte seine Hand und sang die nächste Strophe des Schlaflieds, das Danny am liebsten hörte.
Dannys Augen schlossen sich langsam, fielen sacht zu. Sein Atem wurde ruhiger und gleichmäßig. Doch als Kathinka nach der dritten Strophe mit dem Singen aufhörte, flüsterte Danny: »Ich bin noch hellwach, Mami, noch nicht weggehen, ja?«
»Nein«, flüsterte sie zurück und sang auch die vierte Strophe.
Ihr begütigendes Lächeln erlosch freilich, als sie Peters Wagen kommen hörte. Er parkte ihn wie immer vor dem Haus. Die Fahrertür wurde schwungvoll zugeknallt, dann hallten seine