Das Glück auf dem Christinenhof: Kinderärztin Dr. Martens Classic 45 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
In schmerzlicher Unentschlossenheit fragte sich Marlies von Conzelmann, was sie tun könnte, um diesem unerträglichen Zustand ein Ende zu machen. Ein möglichst rasches Ende, damit sie endlich ihren Seelenfrieden wiederfand. Meinen Seelenfrieden…, ach du liebe Zeit. Die junge Frau lächelte bitter. Hatte sie den nicht schon vor langer Zeit auf Nimmerwiedersehen verloren? Und was bedeutet das Wort überhaupt? Zufriedenheit? Oder Wohlbehagen, Gemütsruhe, gar ein gutes Gewissen? Ich habe ein gutes Gewissen, ich bestimmt, ich muß mir keine Vorwürfe machen, was das Scheitern meiner Ehe betrifft, ereiferte sich Marlies, zwischen Aufbegehren und Resignation schwankend, während sie mit beiden Händen in ihr schweres dunkelblondes Haar griff und es aus dem Gesicht strich. Das war blaß und kummervoll, und die Schatten unter den grünen Augen kündeten von vielen schlaflos verbrachten Nächten. »Was soll ich nur tun, Himmel, was soll ich tun?« Sie hielt sich nur kurz vor dem Fenster auf, war viel zu nervös, um den Anblick des sommerlich blühenden Gartens genießen zu können, der sonst, in gelassenerer Gemütsverfassung, ihre helle Freude war. Doch jetzt schenkte sie weder den weiten Rasenflächen noch dem herrlichen alten Baumbestand einen Blick, sie schaute vielmehr nach innen, grübelte, haderte, trotzte, lotete aus und verwarf am Ende doch alles wieder. Wie immer wollte sie mal wieder das Beste für alle Beteiligten tun, wollte keinem schaden und niemanden verletzen. Sie sehnte sich einerseits nach einem gewaltigen, die Atmosphäre reinigenden Gewitter, andererseits fürchtete sie sich davor. Ich bin unmöglich, sagte sie sich unzufrieden, ich weiß genau, daß ich Unmögliches von mir verlange… Ich will sozusagen ein Omelette zubereiten, ohne die dazu gehörigen Eier zu zerbrechen. Oh, meine verflixte Sucht nach Harmonie, verwünschte sie sich, und spazierte ruhe- und rastlos durch das große Musikzimmer, in dessen Mitte der schwarze Konzertflügel stand. Wie ein Ungeheuer kam er Marlies jetzt vor, wie eine riesige Motte mit seinem aufgeklappten Deckel. Die folgenden Augenblicke waren für Marlies ein stummer Kampf, ein zähes Ringen mit den Wünschen, die sie durchaus hatte, aber nicht zu äußern wagte, und den Gegebenheiten, denen sie sich anzupassen hatte. Ein Dilemma, an dem sie nicht ganz unschuldig war, wie sie genau wußte.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Rezensionen für Das Glück auf dem Christinenhof
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Buchvorschau
Das Glück auf dem Christinenhof - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 45 –
Das Glück auf dem Christinenhof
Endlich kam wieder Freude in ihr Leben
Britta Frey
In schmerzlicher Unentschlossenheit fragte sich Marlies von Conzelmann, was sie tun könnte, um diesem unerträglichen Zustand ein Ende zu machen. Ein möglichst rasches Ende, damit sie endlich ihren Seelenfrieden wiederfand. Meinen Seelenfrieden…, ach du liebe Zeit.
Die junge Frau lächelte bitter. Hatte sie den nicht schon vor langer Zeit auf Nimmerwiedersehen verloren?
Und was bedeutet das Wort überhaupt? Zufriedenheit? Oder Wohlbehagen, Gemütsruhe, gar ein gutes Gewissen?
Ich habe ein gutes Gewissen, ich bestimmt, ich muß mir keine Vorwürfe machen, was das Scheitern meiner Ehe betrifft, ereiferte sich Marlies, zwischen Aufbegehren und Resignation schwankend, während sie mit beiden Händen in ihr schweres dunkelblondes Haar griff und es aus dem Gesicht strich.
Das war blaß und kummervoll, und die Schatten unter den grünen Augen kündeten von vielen schlaflos verbrachten Nächten.
»Was soll ich nur tun, Himmel, was soll ich tun?«
Sie hielt sich nur kurz vor dem Fenster auf, war viel zu nervös, um den Anblick des sommerlich blühenden Gartens genießen zu können, der sonst, in gelassenerer Gemütsverfassung, ihre helle Freude war.
Doch jetzt schenkte sie weder den weiten Rasenflächen noch dem herrlichen alten Baumbestand einen Blick, sie schaute vielmehr nach innen, grübelte, haderte, trotzte, lotete aus und verwarf am Ende doch alles wieder.
Wie immer wollte sie mal wieder das Beste für alle Beteiligten tun, wollte keinem schaden und niemanden verletzen.
Sie sehnte sich einerseits nach einem gewaltigen, die Atmosphäre reinigenden Gewitter, andererseits fürchtete sie sich davor.
Ich bin unmöglich, sagte sie sich unzufrieden, ich weiß genau, daß ich Unmögliches von mir verlange… Ich will sozusagen ein Omelette zubereiten, ohne die dazu gehörigen Eier zu zerbrechen.
Oh, meine verflixte Sucht nach Harmonie, verwünschte sie sich, und spazierte ruhe- und rastlos durch das große Musikzimmer, in dessen Mitte der schwarze Konzertflügel stand. Wie ein Ungeheuer kam er Marlies jetzt vor, wie eine riesige Motte mit seinem aufgeklappten Deckel.
Die folgenden Augenblicke waren für Marlies ein stummer Kampf, ein zähes Ringen mit den Wünschen, die sie durchaus hatte, aber nicht zu äußern wagte, und den Gegebenheiten, denen sie sich anzupassen hatte.
Ein Dilemma, an dem sie nicht ganz unschuldig war, wie sie genau wußte. Von Anfang an hätte sie sich im Hause der Großeltern ihres Mannes behaupten und durchsetzen sollen. Stattdessen hatte sie ihre Wünsche unterdrückt, sich untergeordnet und eingefügt.
Die junge zierliche Frau mit dem schweren dunkelblonden Haar war so vertieft in ihre verzweifelten Überlegungen, daß sie das zaghafte Anklopfen überhörte. Erst als sich die Tür sacht öffnete, drehte sie sich um. Und bemühte sich, na klar, um einen unverfänglichen Gesichtsausdruck. Immer schön nach der Devise: Nur nicht stören, immer hübsch angepaßt bleiben.
»Ich hab aber wirklich angeklopft, Mami«, beteuerte die siebenjährige Stefanie und kam auf Zehenspitzen näher. »Darf ich?«
»Aber natürlich, Steffi.« Marlies schloß ihre Tochter in die Arme und zog sie an sich. »Bist du schon fertig mit dem Abendessen, meine Kleine?«
Steffi hob ihr hübsches sonnengebräuntes Gesicht, um der Mutter in die Augen zu schauen. »Hm«, machte sie. »Es hat Tomatensuppe gegeben und hinterher eine Pastete. Und die Großmama hat dich vermißt, Mami. Zweimal hat sie nach dir gefragt.«
»Ich hatte keinen Appetit, meine Kleine, ich habe Kopfweh.«
»Ich weiß, das sehe ich an der Falte auf deiner Stirn. Die ist immer dort, wenn du Kopfweh hast. Warum hast du Kopfweh, Mami?«
Marlies wußte nicht, was sie sagen sollte, deshalb blieb sie ihrer Tochter die Antwort schuldig.
»Du machst dir wieder Sorgen, stimmt’s?«
»Aber was, Steffi, es ist das Wetter«, schwindelte Marlies. »Es ist unheimlich schwül, schon seit Tagen…«
»Wegen Papi, stimmt’s?«
Ganz schnell schaute Marlies nach unten in Steffis himmelblaue Augen. Die waren forschend auf sie gerichtet.
Marlies nickte daher, denn wenn ihre Tochter sowieso Bescheid wußte, war es müßig, sie mit einer Ausrede abzuspeisen. Sie kannte ihre Steffi… Sie würde so lange nachfragen, bis sie die Wahrheit herausgefunden hatte.
Marlies lächelte schwach. Ihre Steffi besaß die Ausdauer, die ihr fehlte. Und ein robustes Selbstvertrauen, von dem sie nur träumen konnte.
»Warum machst du dir Sorgen, Mami? Der Papi ist doch gar nicht hier«, erklärte Steffi so treffend wie treuherzig. »Er wird erst übermorgen zurückkommen. Und er hat mir versprochen, mir eine richtige Gondel mitzubringen. Meinst du, er tut’s?«
»Bestimmt, Steffi.« Es klang viel zu halbherzig, deshalb nickte Marlies bekräftigend. Obwohl sie nicht daran glaubte, daß sich Bernd an sein Versprechen halten würde.
Großspurige Zusagen und Schwüre waren seine Spezialität. Aber wenn’s ans Einlösen ging, wies Bernds Gedächtnis immer große Lücken auf. Oder er überließ es ihr, Tränen zu trocknen, Ausflüchte zu erfinden oder drohendes Unheil von ihm abzuwenden.
Merkwürdig, überlegte Marlies, daß Bernd trotz seiner Fehler und Schwächen so unglaublich beliebt ist. Jeder sieht ihm seine Versäumnisse lächelnd nach, keiner nimmt ihm krumm, was bei einem anderen auf die Goldwaage gelegt werden würde.
Ein liebenswerter, charmanter, aber hoffnungslos unzuverlässiger Schwindler, das ist er, mein Mann Bernd, stellte sie mit herabgezogenen Mundwinkeln fest.
Nein, es machte ihr schon lange keinen Spaß mehr, die Ehefrau eines vielgeliebten Filous zu sein.
Die Zeiten, da sie stolz darauf gewesen war, daß sich ein vielbegehrter attraktiver Mann wie Bernd von Conzelmann für sie, eine relativ blasse unscheinbare junge Frau, interessierte, waren lange vorbei. Und waren, wie es inzwischen aussah, nicht wiederholbar.
Aber er war schließlich Steffis Vater, es galt, sein strahlendes Image zu bewahren, zu pflegen, damit die Kleine nicht auch noch unglücklich wurde. Sie würde, Marlies ahnte es dumpf, früh genug von ihrem Vater enttäuscht werden…
»Der Papi kauft dir ganz sicher die schönste und größte Gondel, die es in ganz Venedig gibt, Steffi«, schwindelte Marlies mit betont zuversichtlicher Stimme, während ihr das Herz unbändig klopfte und alles in ihr danach verlangte, endlich Schluß mit dem unwürdigen Theater zu machen.
Großer Gott, jetzt spiele ich dummes Schaf schon wieder die sanftmütige Vermittlerin, dachte sie aufatmend. Während er sich vermutlich mit seiner neuen kleinen Freundin in Venedig amüsierte.
Aber vielleicht tue ich ihm unrecht, es kann ja sein, daß ich viel zu mißtrauisch geworden bin, räumte sie sofort wieder ein und fühlte sich wie gewöhnlich schuldbewußt.
»Mami«, bettelte die Steffi und schlang beide Arme um Marlies, »sag mir doch, was du hast, ja? Ich spür’s genau, daß dich was bedrückt. Deine Stimme klingt so komisch irgendwie.«
Na schön, dachte Marlies und sagte mit erstickt klingender Stimme: »Ich überlege mir schon die ganze Zeit, mein Schatz, ob der Papi wohl versehentlich meinen Paß mitgenommen hat.«
»Brauchst du den denn hier, Mami?«
Sei ehrlich, Marlies, es geht dir in erster Linie um etwas anderes, nicht wahr? Der Paß ist doch nur ein Vorwand…
»Hier nicht, aber wenn wir in den Sommerferien nach Amerika fliegen wollen, werde ich ihn auf jeden Fall benötigen. Ich wollte ihn verlängern lassen, denn er ist seit Januar abgelaufen. Zu dumm, daß ich den Papi jetzt nicht fragen kann, ob er zufällig weiß, wo mein Paß geblieben ist.«
»Ruf ihn doch einfach an, Mami.«
Marlies seufzte. »So einfach ist das leider nicht, Steffi. Dein Papi haßt es, überwacht zu werden. Er wird mir sofort unterstellen, ihn mit dem Anruf kontrollieren zu wollen.«
»Weißt du denn nicht, in welchem Hotel er wohnt, Mami?«
»Doch, das weiß ich. Der Papi hat mir ja die Telefonnummer extra aufgeschrieben. Sie liegt auf seinem Schreibtisch.«
»Na bitte«, meinte die Steffi altklug und schaute jetzt so überlegen zurechtweisend aus wie ihre Großmama Camilla. Der sie im Übrigen ohnehin zu deren Entzücken sehr ähnlich war. Rein äußerlich zumindest. Großmama Camillas stolzes Wesen hatte sie zu Marlies Entzücken nicht geerbt.
»Ich mag den Papi jetzt nicht stören. Falls er beim Abendessen ist, weißt du. Er mag es nicht, wenn er beim Essen gestört wird.«
Das ist nicht der wahre Grund deines Zögerns, nicht wahr?
Marlies schluckte. Auf einmal war ihr der Hals wie zugeschnürt.
»Ach komm, Mami, wir rufen ihn ganz schnell in Venedig an und fragen ihn nach deinem Paß«, schlug Steffi unternehmungslustig vor. »Vielleicht gehen davon deine Kopfschmerzen weg. Soll ich schon mal die Telefonnummer wählen? Wenn ich dran bin, schimpft der Papi bestimmt nicht.«
Wenn er dran ist, dachte Marlies herzklopfend. Wenn…!
Steffi stand schon an der Tür, die Hand auf die Klinke aus schönem altem Messing gelegt, die wie ein Fisch geformt war.
»Worauf wartest du denn noch, Mami?«
Auf ein Wunder, meine kleine Steffi. »Ich komme ja schon.« Oder darauf, daß die Welt untergeht und uns alle verschlingt.