Gracia ist doch noch ein Kind!: Kinderärztin Dr. Martens Classic 23 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Dr. Kay Martens' Blick fiel auf die Uhr. Es war höchste Zeit. Er stemmte die Hände auf der Schreibtischplatte ab und lächelte Dr. Olegra entschuldigend an. »Ich würde vorschlagen, Sie gehen so vor, wie wir gerade besprochen haben. Wenn bis in drei Tagen keine Besserung eintritt, sollten wir uns noch einmal darüber unterhalten.« »Haben Sie es eilig?« fragte Dr. Olegra – er hatte italienische Eltern, war aber in Deutschland aufgewachsen – geradeheraus. Daß der Chef nach der Uhr sah, war er nicht gewohnt. Über verzwickte Fälle konnte er sich stundenlang unterhalten. »Stimmt!« Der Kinderchirurg schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Wie ich meine Schwester kenne, hat sie vergessen, daß wir heute abend Karten für eine Eisrevue haben. Ich werde mich wohl auf die Suche nach ihr machen müssen.« Er sah noch einmal auf die Uhr. Dr. Olegra erhob sich nun ebenfalls. Lächelnd schüttelte er den Kopf.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Buchvorschau
Gracia ist doch noch ein Kind! - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 23 –
Gracia ist doch noch ein Kind!
Wenn Eltern allzu ehrgeizige Pläne haben
Britta Frey
Dr. Kay Martens’ Blick fiel auf die Uhr. Es war höchste Zeit. Er stemmte die Hände auf der Schreibtischplatte ab und lächelte Dr. Olegra entschuldigend an. »Ich würde vorschlagen, Sie gehen so vor, wie wir gerade besprochen haben. Wenn bis in drei Tagen keine Besserung eintritt, sollten wir uns noch einmal darüber unterhalten.«
»Haben Sie es eilig?« fragte Dr. Olegra – er hatte italienische Eltern, war aber in Deutschland aufgewachsen – geradeheraus. Daß der Chef nach der Uhr sah, war er nicht gewohnt. Über verzwickte Fälle konnte er sich stundenlang unterhalten.
»Stimmt!« Der Kinderchirurg schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Wie ich meine Schwester kenne, hat sie vergessen, daß wir heute abend Karten für eine Eisrevue haben. Ich werde mich wohl auf die Suche nach ihr machen müssen.« Er sah noch einmal auf die Uhr.
Dr. Olegra erhob sich nun ebenfalls. Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Kaum zu glauben, daß Sie beide einmal gleichzeitig die Kinderklinik verlassen wollen«, spottete er. Er meinte es jedoch nicht böse. Die Geschwister Martens waren gleichberechtigte Leiter der Kinderklinik Birkenhain. Sie hatten das Birkenschlößchen, das in der Nähe des Ortes Ögela in der Lüneburger Heide lag, zu einer Kinderklinik umgebaut. Da sie beide unverheiratet waren, gehörte ihre ganze Energie der Klinik.
»Stimmt!« Dr. Kay Martens fuhr sich mit beiden Händen durch sein schwarzes welliges Haar. »Ich wollte mit den Karten meiner Schwester auch eine besondere Freude machen. Schon als wir noch Kinder waren, war es für uns ein sehr schönes Geschenk, Karten für eine Eisrevue zu bekommen. Voriges Jahr mußte Hanna allein gehen, doch dieses Mal scheint es zu klappen.« Kay rieb sich in Vorfreude die Hände. »Zur Zeit haben wir nur zwei Problemfälle, doch Dr. Mettner hat Nachtdienst.«
»Sie können wirklich unbesorgt gehen«, meinte nun auch Dr. Olegra, dessen Fachgebiet die Urologie war.
»Das werde ich auch tun. Nur, wie gesagt, Hanna wollte bereits vor zehn Minuten hier sein. Ich kann mir denken, daß sie über einem kleinen Patienten die Zeit vergessen hat.«
»Sie wird bei dem kleinen Elmar sein«, meinte Dr. Olegra. »Der Junge ist sehr sensibel. Da noch immer nicht geklärt ist, warum es bei Elmar zu dieser krankhaften Gewichtsabnahme gekommen ist, bemüht sich Ihre Schwester persönlich um das Kind.«
Dr. Martens nickte. Elmar Pietsch war einer der Problemfälle. Seit einer Woche war er bei ihnen, und sie wußten noch immer nicht, ob es sich bei der Appetitlosigkeit des Kleinen um eine seelisch-nervlich bedingte oder um eine hormonale Störung handelte. »Es wird höchste Zeit, daß ich nach Hanna sehe.« Er ging zur Tür, und Dr. Olegra folgte ihm.
»Viel Vergnügen«, wünschte er dem Chef auf dem Gang. »Ich habe noch im Labor zu tun.«
»Danke!« Kay reichte dem Kollegen die Hand. Dann eilte er den Gang entlang, die Hände in den Taschen des weißen Mantels vergrabend. Am Ende des Ganges befand sich das sogenannte Schwesternzimmer. Er steckte den Kopf hinein und sah die Oberschwester, die die letzten Eintragungen vornahm.
Elli Gaus hob den Kopf. Sie war im Begriff, Feierabend zu machen, und daher fragte sie auch: »Gibt es noch etwas, Herr Doktor?«
»Eigentlich nicht! Ich suche nur meine Schwester. Sie scheint vergessen zu haben, daß wir fort wollten.« Unwillkürlich sah Kay auf die Armbanduhr. Die Zeit war inzwischen weiter fortgeschritten.
»Oh!« Die Oberschwester richtete sich auf. »Das hat Dr. Martens wirklich vergessen. Elmar Pietsch bekam plötzlich hohes Fieber. Ihre Schwester bemüht sich um ihn. Jetzt sieht es so aus, als handele es sich bei dem Kleinen um eine Infektionskrankheit. Ich werde aber sofort Schwester Trude auf Zimmer 35 schicken. Dr. Andergast ist auch im Haus. Ihre Schwester kann also unbesorgt fortgehen.«
»Danke!« sagte Kay, er unterdrückte jedoch einen Seufzer. Hoffentlich war Hanna auch dazu bereit. Wie er sie kannte, würde sie lieber bei Elmar bleiben. Er zog sich aus dem Schwesternzimmer zurück und machte sich auf den Weg zu Zimmer 35. Wie erwartet saß Dr. Hanna Martens am Bett des kleinen Elmar. Sie erhob sich aber sofort, als ihr Bruder eintrat.
»Das Fieber sinkt bereits wieder«, sagte sie. »Ich glaube, wir haben den Infektionsherd gefunden. Somit steht jetzt fest, daß der Gewichtsverlust des Kleinen durch diese Infektionskrankheit hervorgerufen worden ist.«
»Wir unterhalten uns später darüber. Du wirst hier doch nicht mehr gebraucht.« Kay warf einen Blick auf das Bett. Der Kleine schien ruhig, er lächelte ihm sogar zu. Kay erwiderte das Lächeln.
Hanna zögerte. »Ich weiß nicht! Es könnte sein, daß das Fieber erneut in die Höhe geht.«
Kay legte seiner Schwester die Hand auf die Schulter. »Dann kann sich Kollegin Andergast darum kümmern.«
Irritiert zog Hanna die Augenbrauen in die Höhe und sah ihrem Bruder ins Gesicht. »Ich wollte eigentlich noch etwas hierbleiben.«
»Bildest du dir wieder einmal ein, unentbehrlich zu sein?« fragte Kay. »Diesmal werde ich dir jedoch heftig widersprechen. Es wäre wirklich schade um die Eisrevuekarten.« Er sah, wie die Augen seiner Schwester groß wurden, und mußte lächeln.
»Darauf freue ich mich schon seit zwei Wochen«, gestand Hanna. Dann sah sie jedoch zu Elmar hin. »Du meinst, ich kann gehen?« fragte sie leise.
»Du gehst fort?« fragte Elmar. Er wollte sich aufrichten, aber Hanna drückte ihn sofort wieder ins Kissen zurück und deckte ihn sorgsam zu.
»Du mußt liegen bleiben. Vorhin hast du doch gesagt, daß du müde bist.«
»Habe ich«, bestätigte der Sechsjährige auch sofort. Dann schob er jedoch seine Unterlippe nach vorn. »Du hast mir versprochen, ein Märchen zu erzählen, dann werde ich auch gleich schlafen.«
Kay trat an die Seite seiner Schwester. Er mußte verhindern, daß diese sich umstimmen ließ, denn dazu hatte sie wirklich keine Zeit mehr. »Hat die Tante Doktor dir das wirklich versprochen?« fragte er.
»Sie tut es, wenn ich brav schlafe«, behauptete Elmar.
»Da hat er nicht unrecht. Die letzten zwei Tage habe ich es getan.« Hanna lächelte.
»Dann ist die Tante Doktor aber wirklich sehr lieb gewesen.« Während Kay noch nach weiteren Worten suchte, trat Schwester Trude ein. Er wandte kurz den Kopf, nickte ihr zu, dann fuhr er fort: »Was hältst du davon, wenn Schwester Trude dir heute eine Geschichte erzählt? Eine kurze, aber nur unter der Bedingung, daß du nachher brav die Augen zumachst und schläfst.«
»Mh!« Elmar schien zu überlegen. »Schlafen tue ich sowieso, ich bin müde. Bei der Tante Doktor schlafe ich aber viel schneller ein. Ihre Geschichten sind so schön.«
Schwester Trude hatte zugehört und begriffen, worum es ging. Rasch sagte sie: »Ich werde dir eine schöne Geschichte erzählen.«
»Besser deine Geschichte als gar keine«, entschied Elmar. Mit seinen sechs Jahren war er ein sehr aufgewecktes, lebhaftes Kind und hatte die Ärzte sowie die Schwestern schon öfter zum Schmunzeln gebracht.
Lächelnd beugte Hanna sich über das Kind, küßte es auf die Stirn. Zufrieden registrierte sie, daß die Stirn nicht mehr so heiß war. »Gute Nacht!«
*
Dr. Kay Martens öffnete für seine Schwester die Autotür. »Nach der Vorstellung trinken wir noch irgendwo gemütlich ein Glas Wein«, meinte er.
»Gern!« Während Hanna sich auf den Beifahrersitz fallen ließ, lächelte sie zu ihrem Bruder hinauf. »Wir sind schon lange nicht mehr zusammen fort gewesen.«
»Wir gehen überhaupt zu wenig aus. Mich wundert, daß dir die Decke noch nicht auf den Kopf gefallen ist.« Auch Kay lächelte bei seinen Worten. Er ging um das Auto herum und setzte sich ans Steuer.
Hanna war ihm mit den Blicken gefolgt. Er sah sehr gut aus. Seine Gesichtszüge waren scharf geschnitten, sie verrieten Energie. Das leicht gewellte Haar stand nicht im Kontrast zu den markanten Gesichtszügen. Im Geiste verglich Hanna ihren Bruder gern mit einer griechischen Statue. Sie wußte, daß bei seinem Anblick manches Frauenherz höherschlug.
»Was ist mit dir?« fragte sie daher. »Soweit ich mich erinnern kann, hast du schon lange kein freies Wochenende mehr gehabt, und wenn, dann bist du allein durch die Heide gewandert.«
Nun war es Kay, der seine Schwester musterte. Im Gegensatz zu ihrem Bruder war ihr Haar blond, ihre Augen blau. In ihrem eleganten Kleid hätte man sie für ein Mannequin halten können. Nichts erinnerte mehr an die Ärztin, die tagsüber einen weißen Mantel trug.
»Sieh mich nicht so an«, wehrte Hanna ab.
»Ich frage mich gerade, ob alle Männer blind sind. Du bist eine sehr attraktive Frau.«
»Danke. Aber wenn wir nun anfangen, uns mit Komplimenten zu überhäufen, dann kommen wir nie in die Stadt.«
»Es ist mir ernst!« Bevor Kay den Zündschlüssel umdrehte, berührte er flüchtig Hannas Hand.
»Du weißt doch, woran es liegt.« Hanna beseitigte ein unsichtbares Stäubchen von ihrem Kleid. »Wir lieben unseren Beruf zu sehr, um uns einem Partner widmen zu können. Bisher war eben keiner so wichtig.«
»Wahrscheinlich