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Verfangen im Liebeswahn: Eine wahre Geschichte
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eBook241 Seiten3 Stunden

Verfangen im Liebeswahn: Eine wahre Geschichte

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Über dieses E-Book

Das Thema Stalking ist ein Thema, das uns alle angeht! Denn unverhofft kann es zu einer solchen unprovozierten Situation kommen. Das Leben hält viele unterschiedliche Begebenheiten für uns bereit. Stalking gehört zu den dunklen! Diese Geschichte erzählt von einer jungen Frau ,deren Leben sich schlagartig, von einer Sekunde zur anderen, völlig verändert.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum28. Okt. 2015
ISBN9783738045437
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    Buchvorschau

    Verfangen im Liebeswahn - Kathrin Ehrlich

    DIE FRAU 2013

    Verfangen im Liebeswahn

    Nach einer wahren Begebenheit

    Das Telefon. Mitten in der Nacht klingelt es und weckt die Schläferin auf.

    Ihr Herz schlägt bis zum Hals, und sofort fühlt sie sich wieder hinein versetzt in diese eine Nacht vor über 30 Jahren, als der Albtraum begann.

    DIE FRAU März 1980

    Sie war so glücklich. Endlich hatte sie ihn wieder gefunden. Michael, ihre Jugendliebe.

    Wie oft hatte sie versucht sich vorzustellen, was wohl aus ihm geworden sei und wie es ihm gehen möge.

    Und nun stand er vor ihr. Seltsamerweise sah er nicht viel älter aus als damals, als sie im Alter von 16 Jahren heimlich den ersten Kuss tauschten.

    Irgendwann hatten sie sich aus den Augen verloren.

    Aber nun war er hier und kam mit ausgebreiteten Armen und strahlendem Lächeln auf sie zu.

    Gerade als sie ihm entgegenlaufen will, wird sein Gesicht plötzlich unscharf, und kurz darauf ist Michael komplett verschwunden.

    Ihr wird das Herz ganz schwer, weil sie ihn schon wieder verloren hat.

    So ganz allmählich realisiert die Frau, dass da ein unangenehm störender Ton an ihr Ohr dringt.

    Etwas desorientiert wache ich allmählich auf. Schlaftrunken werfe ich aus halb geöffneten Augen einen Blick auf meinen Wecker. Mist, es ist ja noch mitten in der Nacht. Unwillig drehe ich mich auf die andere Seite. Bemüht, wieder einzuschlafen. Hoffnung auf Fortsetzung dieses schönen Traumes habe ich allerdings nicht. Aber das, was mich gestört hat, ist immer noch da. Und widerstrebend wird mir klar, dass es das Läuten meines Telefons ist, das mich mitten in der Nacht so unsanft geweckt hat und mich wohl oder übel jetzt aus dem warmen Bett scheucht.

    Wenn um diese Zeit angerufen wurde, dann musste was passiert sein. Es gab nur diese Erklärung. Hoffentlich nicht wieder was mit Vater, fährt es mir durch den Kopf.

    Auf einen Schlag bin ich hellwach, verheddere mich beim Sprung aus dem Bett in meiner Bettdecke, nehme mir nicht die Zeit, meine Nachttischlampe einzuschalten und stolpere im Dunkeln zur Tür und in die Diele, wo das Telefon an der Wand hängt.

    Mit zitternden Händen betätige ich den Lichtschalter dort und greife nach dem Hörer. Voller innerer Unruhe vor dem, was ich gleich erfahren werde, hauche ich ein „Hallo" in den Hörer.

    Zunächst keine Reaktion am anderen Ende. „Mutter, bist du das? Was ist passiert?" Ein Keuchen entsteigt meiner Brust, und meine Beine zittern. Aber nicht nur vor Aufregung, sondern mittlerweile auch vor Kälte. Ich mag ein warmes Bett, aber einen kalten Raum. So zieht jetzt die kalte Luft an meinen nackten Beinen hoch.

    Völlig entnervt will ich gerade wieder auflegen, als endlich ein Ton an mein Ohr dringt. Aber es ist nicht wie erwartet und gleichzeitig befürchtet die Stimme meiner Mutter.

    Es ist eine Männerstimme, die mir völlig unbekannt vorkommt, und die im Moment auch noch nicht mehr als ein „Hallo" ins Telefon flüstert. Das kann doch nicht wahr sein, da hat sich einer bloß verwählt, ärgere ich mich.

    „Wer sind Sie, und wen möchten Sie denn sprechen?", frage ich aber höflichkeitshalber und bereue das gleich darauf. Stand mir doch der Sinn eher nach auflegen.

    Gerade als ich dazu ansetze, antwortet der Unbekannte:

    „Dich will ich sprechen, schöne Frau. Mein richtiger Name tut nichts zur Sache. Du kannst mich einfach Martin nennen."

    „Also gut, Martin. Ich kenne Sie nicht und möchte daran auch nichts ändern. Mir steht auch nicht der Sinn danach, mich mit Ihnen mitten in der Nacht zu unterhalten. Worüber auch?

    Ich lege jetzt auf."

    Gesagt, getan.

    Mal abgesehen davon, dass ich Grund hatte, mich über die nächtliche Störung zu ärgern, war ich nicht gewillt, dem Ganzen irgendeine weitere Bedeutung beizumessen.

    Ganz schnell noch eben zum Klo (die kalten Füße hatten die Blase aufgeweckt) und dann wieder ab ins warme Bett.

    Wenn ich nun aber dachte, bald wieder einschlafen zu können, so hatte ich mich gründlich getäuscht. Sehr sogar.

    Immer wieder kreisten mir die Worte durch den Kopf, die der fremde Mann gesagt hatte: „DICH will ich sprechen". Genau mit dieser Betonung.

    Was er damit bloß gemeint hatte? Ich hatte die Stimme nie gehört. Und selbst wenn ich mich getäuscht hätte, ein Bekannter würde sich ja wohl zu erkennen gegeben haben. Setzte ich einfach mal voraus.

    Aber welcher flüchtige Bekannte würde denn schon ausgerechnet mitten in der Nacht anrufen? Das konnte wohl kaum anzunehmen sein.

    Es machte alles einfach keinen Sinn.

    Und so ganz allmählich begann ich mich wirklich zu ärgern. Verwählen kann man sich ja durchaus mal. Auch mitten in der Nacht. Aber dann einer wildfremden Frau zu erzählen, man wolle ganz speziell SIE sprechen. Das war ja schon absurd. Und dafür musste ich mir die Nacht um die Ohren schlagen.

    Aber irgendwann holte der Schlaf mich dann doch wieder ein.

    Am nächsten Morgen schien diese nächtliche Begebenheit schon ziemlich weit weg, und der Alltag forderte sein Recht.

    So verschwendete ich auch keinen Gedanken mehr daran. Die Arbeit als Filialleiterin eines Supermarktes forderte mal wieder meine ganze Aufmerksamkeit.

    Eine Mitarbeiterin hatte sich krank gemeldet, und dann blieb es nicht aus, dass auch die Filialleiterin an einer der Kassen einspringen musste, obwohl heute eigentlich viel Papierkram auf mich wartete.

    Als deshalb in dem kleinen Büro, das mit einer Glasscheibe zum Verkaufsraum hin versehen und nur nach dorthin durchsichtig war, das Telefon läutete, konnte ich gerade nicht von der Kasse weg.

    Das dürfte wahrscheinlich der Bereichsleiter, Herr Mattes sein, der immer mal wieder einen Kontrollanruf machte.

    Er würde sich zwar wundern, warum ich nicht ans Telefon kam, aber es war ihm ja bekannt, dass manchmal mein Einsatz an der Kasse erforderlich war und ich deshalb nicht gleich weg konnte.

    Deshalb musste er eben nicht gleich zwanzig Mal klingeln lassen. Er wusste doch, wie es manchmal im Laden zuging.

    Das Läuten wollte einfach nicht aufhören, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als nach der Kundin, die ich gerade bedient hatte, das Schild aufzustellen „Kasse zur Zeit nicht besetzt" und zum Büro hinüber zu rennen.

    Jetzt musste aber schon mindestens die Zentrale brennen, wenn Herr Mattes derart lange läuten ließ.

    Aber es war nicht Herr Mattes und auch sonst niemand aus der Zentrale.

    Als ich das „Hallo, schöne Frau" hörte, fiel mir fast der Hörer aus der Hand.

    Schon wieder diese Stimme. Und dann hier am Arbeitsplatz. Das ging ja nun wirklich entschieden zu weit.

    Wut stieg in mir auf. Und gerade, als ich dem Unbekannten ein paar passende Worte dazu sagen wollte, flüsterte der nur noch „Bis bald, meine Schöne" und legte auf.

    Ich knallte den Hörer auf die Gabel und ließ mich in meinen Schreibtischstuhl plumpsen. Was war das denn für ein Mist? Ich hatte mich doch in der Nacht nicht mit Namen gemeldet. Und selbst wenn, woher konnte er wissen, wo ich arbeite?

    Mich hier anzurufen, war ja an Dreistigkeit kaum mehr zu überbieten. Was wollte er damit erreichen?

    „Na, ist der Hörer noch heile? Da hat dich wohl der Fischkopp geärgert." Mit einem breiten Grinsen im Gesicht lugte Helga, eine meiner Kolleginnen, hinter der geöffneten Bürotür hervor.

    „Fischkopp" nannten wir Frauen unter uns den Bereichsleiter Herrn Mattes, der uns manchmal gehörig auf die Nerven ging mit seiner drögen Art. Aus dem hohen Norden halt.

    Aber hier in München tummelten sich eher mehr Menschen von überall als noch echte Bayern. Das machte es halt auch sehr interessant.

    „Nein, Helga. Nicht der Fischkopp. Da labert mich so ein fremder Mann blöd an, obwohl er sich doch offensichtlich nur verwählt hat."

    „Dann gibt es ja auch keinen Grund, dass du aussiehst, als wäre dir ein Geist begegnet, liebe Marion." Helgas Blick war etwas skeptisch.

    Warum sagte ich es ihr nicht einfach? Dass mich der Anruf hier beunruhigt? Mit Helga hatte ich mich doch angefreundet, und manchmal unternahmen wir in unserer Freizeit etwas zusammen. Deshalb duzten wir uns auch.

    Die anderen Kolleginnen waren mit der Filialleiterin per Sie.

    Es war so eine eigenartige Scheu da, über diese Anrufe zu sprechen. So als würden sie damit eine gewisse Wertigkeit bekommen.

    Wenn ich dies alles nicht so wichtig nahm, würde sich der Spuk in Nichts auflösen. Hoffte ich irgendwie.

    Aber sicher war ich absolut nicht.

    Und das bereitete mir immer mehr Unbehagen.

    Da noch die Bestellung geschrieben werden musste, erübrigte sich erst einmal jede weitere Überlegung wegen anderer Dinge.

    Was war denn auch schon groß passiert? Doch eigentlich nichts weiter. Das versuchte ich mir einzureden. Vorübergehend half es auch.

    Wie gut, dass ich nicht in die Zukunft schauen konnte. Ich wäre schreiend aus dem Laden gerannt, um mich irgendwo zu verstecken.

    Auf dem Heimweg war ich nicht abgeneigt, einen Teil der Strecke zu Fuß zu gehen. Es war Anfang März und noch kalt, aber ein Spaziergang würde mir gut tun. Den Kopf ein bisschen freikriegen.

    Trotzdem bog ich automatisch nach Links in Richtung Straßenbahnhaltestelle ab. Der Endpunkt der Bahn war nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Nur noch durch den Tunnel unter der mehrspurigen Straße, dann ein paar Minuten geradeaus, und schon war ich zuhause.

    Warum war da nur plötzlich das Gefühl, als sträubten sich mir die Nackenhaare? Jeden Tag mindestens zweimal durchschritt ich doch diesen Tunnel. Also vertrautes Terrain.

    Aber das ungute Gefühl blieb. Es hätte ja schon geholfen, wenn mehr Leute unterwegs gewesen wären. Aber ausgerechnet heute war ich alleine hier. Oder doch nicht?

    Waren da nicht gerade Schritte zu hören, die aber nicht näher kamen? Bin ich jetzt unter die Angsthasen gegangen? Mach dich nicht lächerlich, Marion, schalt ich mich selber.

    Trotzdem lief ich schneller, und letztendlich rannte ich die Stufen zur Straße hoch.

    Hier oben waren noch einige Leute unterwegs. Das war einigermaßen beruhigend.

    Ein schneller Blick zurück in den Tunnel gab mir aber keinen Aufschluss darüber, ob die Schritte hinter mir nur Einbildung gewesen waren. Niemand war zu sehen.

    Jetzt aber schnell nach Hause.

    Es war jedes Mal schön, in meine gemütliche kleine Wohnung zu kommen, die mit kleinem Geldbeutel aber viel Liebe eingerichtet worden war.

    Ohne mir dessen gleich bewusst zu sein, schloss ich die Wohnungstür zweimal ab und legte auch noch die Sicherheitskette vor. Dann erst wurde dämmerte mir, dass ich das noch nie zuvor getan hatte.

    Beginnender Verfolgungswahn, versuchte ich innerlich über mich selbst zu spotten. Es wollte aber nicht recht gelingen.

    Erst einmal in die Badewanne. Das war ein festes Ritual nach der Arbeit. Im warmen, duftenden Schaumbad beruhigten sich meine Nerven zusehends.

    Und starke Nerven würde ich in der nächsten Zeit brauchen. Was ich aber noch nicht wusste. Nicht einmal ahnte.

    Der nächste Tag brachte keine Besonderheiten. Im Geschäft hauptsächlich Routine, bis auf den Mann, der versucht hatte, zwei Flaschen Schnaps zu klauen. Als er bemerkte, dass er beobachtet worden war, rannte er davon. Eine Flasche ließ er stehen, die andere fiel ihm beim Laufen aus der Hand und zerschellte am Boden. Tja…Schwund ist immer, ging es mir durch den Kopf.

    „Hier riecht es ja wie in einer Kneipe", meinte eine Kollegin, als sie aus der Mittagspause kam.

    Sonst alles wie immer.

    Auf dem Nachhauseweg in der Straßenbahn wurde mir auf einmal mulmig bei dem Gedanken an den Tunnel und ich fragte mich, ob ich ihn heute nicht irgendwie umgehen könnte. Im gleichen Moment aber kam ich mir selbst kindisch und albern vor. War ich doch nie eine besonders ängstliche Person gewesen. Warum also jetzt damit anfangen?

    Ohnehin waren noch mehrere Leute im Tunnel unterwegs, was mir die Überlegungen von vorhin noch lächerlicher erscheinen ließ. Hatte ich vielleicht zu viele Krimis gelesen? An den zwei Anrufen dieses seltsamen Typen konnte es wohl kaum liegen, dass ich plötzlich irgendwie unsicher war. Oder etwa doch?

    Auf jeden Fall atmete ich mehrmals tief durch, als sich meine Wohnungstür hinter mir schloss.

    In meinem geliebten Schaukelstuhl sitzend, gönnte ich mir erst einmal eine Zigarettenpause. Dann wie immer ins Bad.

    Morgen würde es hektisch werden im Geschäft. Vor Wochenenden oder Feiertagen kauften die Leute ein, als gäbe es nie wieder etwas.

    Das Läuten des Telefons unterbrach diesen Gedankengang. Ausgerechnet jetzt, wo ich mich auf die Badewanne freute.

    Unwillkürlich bekam ich Herzklopfen, was ich blöd fand, ging aber trotzdem zielstrebig zum Telefon hinaus in die Diele.

    Kaum hatte ich den Hörer am Ohr, vernahm ich zu meiner großen Erleichterung das vertraute „Hallo Kind" meiner Mutter.

    Manchmal war mir diese Anrede schon ein bisschen komisch vorgekommen, da mit 28 Jahren meine Kinderzeit ja lange zurück lag, aber mittlerweile hatte ich mich nicht nur daran gewöhnt – ich mochte diese liebevolle Anrede sogar.

    Dass ich später mal meine eigene Tochter auch so anreden würde, war ja noch nicht absehbar.

    Mutter rief regelmäßig an, um sich nach dem Wohlbefinden ihrer Tochter zu erkundigen und von sich und Vater zu berichten.

    Anhand der 700 km Distanz zwischen uns, sahen wir uns halt nicht so oft. Da war das Telefon eine wichtige Verbindung.

    Nach dem Telefonat wartete aber nun wirklich die Badewanne auf mich. Wasserhahn aufdrehen, ausziehen und ab in die Wanne. Ich war gerade im Begriff, in die Wanne zu steigen, wo wie immer zunächst wenig Wasser drin war, damit während des Bades heißeres Wasser zulaufen konnte. In die volle Badewanne zu steigen, war mir unangenehm.

    Fast wäre ich auf dem glatten Rand der Wanne ausgerutscht, als das erneute Läuten des Telefons mich erschreckte.

    So wie ich war, lief ich noch einmal zum Telefon hinaus. „Na, Mutter, hast du noch was vergessen?"

    „Nein, deine Mutter bin ich nicht. Nur Martin – dein großer Verehrer."

    Vor Schreck und weil ich mir plötzlich meiner Blöße bewusst wurde, brachte ich keinen Ton heraus.

    „Ich wollte dir auch nur ein Kompliment machen. Heute hast du mal wieder besonders gut ausgesehen. Es war schwer für mich, dich auf dem Heimweg nicht anzusprechen."

    Wenn der Idiot wüsste, dass ich mich ihm hier im Evaskostüm präsentiere, finge er wohl das Sabbern an.

    Ein fast schon hysterisches Lachen spürte ich plötzlich in mir aufsteigen. Mit Mühe nur konnte ich es im letzten Moment unterdrücken. Das hieße ja nur Öl ins Feuer gießen.

    Stattdessen brüllte ich in den Hörer: Lassen Sie mich endlich in Ruhe. Ich will nichts mit Ihnen zu tun haben. Und Ihre Komplimente können Sie sich sonstwo hinstecken.

    Und legte auf.

    Wobei es sich genau genommen um einen heftigen Aufprall handelte, als der Hörer auf der Gabel landete.

    Der gesamte Apparat geriet für einen Moment ins Wanken und hätte durchaus von der Wand fallen können.

    Zurück im Badezimmer, zeigte sich mir die Badewanne bis zum Überlauf voll. Gut, dass es den gab, weil ich sonst möglicherweise direkt auf dem Fußboden hätte baden können.

    Also einen Teil des Wassers ablassen und dann endlich ins warme Wasser sinken.

    Entspannung wollte sich allerdings nicht einstellen. Nur das Zittern ließ nach.

    Als mir so richtig bewusst wurde, was dieser Mann angedeutet hatte, wurde mir trotz des warmen Wassers um mich herum von innen heraus kalt. Ich hatte Recht. Er war mir also gefolgt. Und sicher nicht zum ersten Mal. Die Schritte im Fußgängertunnel. Das war ER gewesen. Daran gab es nun keinen Zweifel mehr.

    Aber was sollte das alles? Wie kam er ausgerechnet auf mich, die ich ja nicht mal sehr lange in dieser Stadt wohnte? Erst seit ungefähr einem halben Jahr.

    Bin ich ihm zufällig begegnet, oder hat er mich im Geschäft gesehen? Fragen über Fragen, aber keine Antworten.

    Der Versuch, mir trotzdem einen gemütlichen Abend zu machen, scheiterte kläglich. Der Fernsehfilm, auf den ich mich gefreut hatte, rauschte irgendwie an mir vorbei.

    Die Gedanken kreisten stetig um diesen Fremden, der sich in mein Leben drängte, mich verunsicherte und mir Unbehagen bereitete.

    Aber Morgen war Sonntag. Ausschlafen und bei diesem momentanen Schmuddelwetter keinen Schritt vor die Tür gehen. So stellte ich mir das vor.

    Und es wurde tatsächlich ein schöner, ruhiger Tag.

    Kurz vor Ladenschluss am nächsten Tag machte Helga, meine Kollegin, den Vorschlag, zusammen ein neu eröffnetes Lokal in der Nähe aufzusuchen.

    Ich zögerte, aber stimmte letztendlich zu. Nur der Gedanke, dass ich mich dann noch später auf den Heimweg machen würde als sonst, beunruhigte mich etwas.

    Auf dem kurzen Weg hinüber zu dem neuen Lokal, fiel es Helga auf, dass ich mich mehrmals verstohlen umblickte. Ich konnte nicht anders.

    „Na, schaust du nach, ob dir ein heimlicher Verehrer folgt?", fragte sie lachend.

    Die Versuchung war da, aber nur kurz, meiner Kollegin von den Ereignissen zu erzählen. Stattdessen dachte ich nur: Heimlich nicht – eher unheimlich.

    Es wurde ein lustiger Abend. Ein paar junge Männer hatten sich zu uns gesetzt, und es wurde viel gelacht. Einer fiel mir besonders angenehm auf. Der könnte mir gefallen. Die Anspannung von vorher fiel allmählich von mir ab.

    Dann wurde es Zeit aufzubrechen. Ganz spontan beschloss ich, Helga noch ein Stück weit auf deren Heimweg zu begleiten, um dann den Bus zu nehmen. Keine zehn Pferde würden mich heute noch durch den Tunnel bringen können.

    Helga wunderte sich zwar, da sie wusste, dass der Weg von der Bushaltestelle zu meiner Wohnung weiter war als von der Endstation der Straßenbahn, sagte aber nichts. Ihr Erstaunen konnte ich ihr aber vom Gesicht ablesen.

    Irgendwie spürte sie wohl die wiedergekehrte Unruhe bei mir, die ich leider nicht ganz verbergen konnte. Und so blieb sie wie selbstverständlich mit mir an der Haltestelle stehen, bis ich in den Bus gestiegen war.

    Der Weg war tatsächlich weiter, aber das nahm ich gerne in Kauf, um nicht durch den Tunnel zu müssen. Obwohl kein Mann im Bus saß und keiner mit mir ein-

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