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Vom verzauberten Trudchen: und andere Erzählungen
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Vom verzauberten Trudchen: und andere Erzählungen
eBook237 Seiten3 Stunden

Vom verzauberten Trudchen: und andere Erzählungen

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Über dieses E-Book

Dieses Buch enthält folgende zwölf Kindergeschichten: Vom verzauberten Trudchen, Das stille Kind, Auferstehen, Fannys Abenteuer, I-ah, Möndchen, Das Zeitungskind, Der Ritter, Herr Aberdoch und Fräulein Möchtegern, Das schönste Kind, Gute Kameraden, Die fröhliche Hochzeit.
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum25. Apr. 2019
ISBN9783730954133
Vom verzauberten Trudchen: und andere Erzählungen

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    Buchvorschau

    Vom verzauberten Trudchen - Bertha Mercator

    Vom verzauberten Trudchen

    Trudchen wohnte mit ihren Eltern in der alten Stadt Breslau, die sehr groß ist, wenn auch nicht ganz so groß wie Berlin. Ihr könnt euch denken, was für eine Menge Straßen und Häuser sie hat.

    „Aber unser Haus ist das aller-allerschönste!, sagte Trudchen fast jedes Mal, wenn es mit Mama ausgewesen war und wieder durch den kleinen, bunten Garten hüpfte, die Treppen hinan zur Glastür mit dem blanken Schellenknopf. „Nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu hoch und nicht zu niedrig, nicht zu weit und nicht zu nah – gerade richtig und hübsch! Weißt du, Mamale, genau wie das siebente Bett bei Schneewittchen, nicht wahr?

    „Ja, ja, ja! Du Schneewittchen du!", lachte dann wohl die Mutter.

    Und es war richtig, ein Schwätzerchen war Trudchen wirklich! Schon früh am Morgen fing es an, wenn Papa ganz gern noch ein Weilchen geschlafen hätte. „Papa! Papa! Papale!, rief es dann aus dem kleinen Bett zu ihm hinüber: „Bitte, willst du mir mal schnell ein Rätsel machen, bitte, bitte! Aber nicht so furchtbar schwer wie gestern.

    „I bewahre – schlafen will ich, und du auch."

    „Nein – ich nicht, Papale. Ich bin fertig. Pass auf, dann mache ich dir eins: Es ist – es ist – warte mal – es ist was Spitzes auf was Spitzes! Was ist das?"

    Aber Papa gab keine Antwort, und Trudchen schwatzte weiter: „Na! Das kannst du nicht raten? So’n großer Papa und so’n kleines Rätsel! Das Kreuz ist es doch natürlich auf dem Kirchturm von neulich, weißt du noch?"

    „So – ja, daran dachte ich nicht, meinte Papa und lachte ein ganz klein wenig, befahl dann aber: „Nun schweig noch ein Weilchen, verstanden?

    „Ja, aber ich weiß noch so viele Wörter, klagte Trudchen halblaut unter ihrer Decke. Und nur ein winzig Weilchen dauerte es, gerade bis Papa eben wieder eingeschlafen war, da huschte ein weißes Nachtkittel-Menschchen aus dem kleinen Bett, auf nackten Füßen hin zu dem großen, zupfte den guten Papa am Bart und rief sehr dringlich: „Papale! Du! Hör mal!

    „Na, was ist denn los?"

    „Magst du gern Pellkartoffeln?"

    Nun glaube ich, hätte mancher Vater den kleinen Naseweis gründlich geklapst. Aber dieser hatte eben nur das eine Trudekind, das mochte er sehr ungern strafen. „Du Hexe, sagte er darum nur. „Wart, du wirst dich erkälten! Dann hob er es zu sich. „Denke aber nicht, jetzt werde ich Rätsel machen oder so was", erklärte er freilich und schloss schnell wieder die Augen.

    Ob er aber schlafen konnte mit dem Schwätzerchen im Arm? Denn Trudchen schwatzte! Und weil es noch nicht mit Papa und Mama reden sollte, redete es mit seinen Fingern, redete mit den Fliegen, mit den Bildern an der Wand; schwatzen musste es nun einmal, das kleine, lustige Ding.

    Sobald der Tag anbrach, durfte es das auch nach Herzenslust, Mama war sogar froh, wenn sie recht viel von ihrem Trudekind hörte; denn Papa musste so viel fort sein und Geld verdienen, und Emma, das Hausmädchen, war auch bald fertig mit ihren Fragen und Antworten. Da wäre es ohne Trudchen gar still gewesen.

    Im vorigen Sommer war es, da fing jeder Tag für Trudchen an mit der eiligen Frage: „Mama! Mama! Mamale! Wie oft müssen wir jetzt noch schlafen?"

    Aber, werdet ihr denken, im Sommer zählt man doch noch nicht die Tage vor Weihnachten! Das dauert ja noch entsetzlich lange! – Fiel Trudchen auch gar nicht ein; sie zählte für etwas ganz andres: Für ihre große Reise zählte sie, denn die sollte bald kommen. Papa hatte es erlaubt und Mama hatte es versprochen: Im Juni, wenn die Rosen blühten, sollte Trudchen mit Mama nach Westfalen reisen, nach Liebenau, wo Großmutter wohnte und Onkel Robert, Tante Anna und ganz viele Kinder.

    Trudchen konnte es kaum abwarten, es stand jeden Tag auf den Zehen an jedem Rosenstock im Vorgärtchen und guckte, ob sie noch nicht blühten. Eine Knospe war da, die tat drei Tage lang, als wollte sie aufbrechen, und blieb doch noch so ein rundes festes Ding. Da nahm Trudchen sie, bohrte ihr Zeigefingerlein hinein und drückte sie auseinander, dass die krausen dunkelroten Blättchen aus dem Grün hervorplatzten. Dabei aber brach die Rose ab vom Stiel. Trudchen erschrak. Man sollte nichts abpflücken, es war streng verboten; sie wusste es wohl. Darum steckte sie die arme Rose flink unters Schürzchen, lief zu Mama und flüsterte, dass Emma es nicht hören sollte: „Mamale – ich hab es gemacht, das Abbrechen und das Blühen. Gib mir nur Klapse; aber dann müssen wir ganz schnell den Koffer packen, denn guck, sie blüht ganz richtig."

    Da kamen die Klapse freilich, aber die Reise kam noch nicht; denn was so ein ungeduldiger, vorwitziger Finger macht, das ist kein Blühen, das ist Zerstören. Es half nichts! Trudchen musste warten, warten, warten, bis endlich eines sonnigen Tages die Rosen wirklich blühten, der Koffer gepackt wurde, Mama der Kleinen den neuen roten Reisemantel mit der Kapuze umhängte und Papa und Emma sie abends, als es kühler wurde, hinbrachten zur Eisenbahn. Jetzt fing die Reise endlich an!

    „Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!", rief Trudchen immer noch einmal aus dem kleinen Fenster, und ganz zuletzt sprang der liebe Papa auf den Wagentritt, küsste sein Mädelchen so tüchtig, dass sein langer Bart es ordentlich kitzelte, steckte ihm noch eine runde rosa Schachtel in die Hand, und dann fing der Zug schon an zu fahren – Papa musste nur ganz fix wieder herunter springen.

    „Kommt Papale morgen auch nach Liebenau?", fragte Trudchen, denn es wurde ihm ganz ängstlich zumute, als er so plötzlich weg war.

    „Nein, leider nicht, sagte Mama. „Er muss hier bleiben und Geld verdienen.

    „Braucht er gar nicht, wir haben genug. Dein ganzes Portmonee ist ja voll und dann noch meine Sparbüchse. Die kann er sich aus dem Silberschrank nehmen und mitkommen."

    Mama seufzte. Jetzt guckte Trudchen die kleine Schachtel an. „Ach, und ich glaube, hier sind auch noch Taler drin!"

    Es waren wirklich Taler, aber von Schokolade, und Trudchen durfte gleich einen essen. Dabei wurde sie wieder vergnügt und meinte: „Zwei will ich nie, nie aufessen; die soll Papa haben, wenn er zu uns nach Liebenau kommt." Dass er kommen müsse, meinte sie nun doch einmal, obwohl Mama den Kopf schüttelte.

    Das Reisen gefiel Trudchen sehr, besonders so lange sie am Fenster knien durfte und sehen, wie draußen alles flog; wenigstens sah es so aus, als flögen Häuser, Bäume, Leute, Tiere, Telegrafenstangen schschschsch am Zuge vorbei. In Wirklichkeit war es der Zug selbst, der solche Eile hatte und mit jeder Minute weiter wegsauste von Breslau und dem aller-allerschönsten Hause, in dem Trudchens Bett stand.

    Es stiegen immer mehr Leute ein, zuletzt eine gar dicke alte Frau; da wurde es so eng, dass Trudchen vom Fenster weg musste auf Mamas Schoß. Dort aßen sie zusammen zwei Brötchen auf, immer jedes einen Happen, und tranken Milch dazu aus Trudchens silbernem Becher. Das war nicht ganz leicht, wenn der Zug so rüttelte, aber es ging doch. Dann wurde es so dunkel, dass die Welt draußen ganz schwarz und langweilig aussah und inwendig im Eisenbahnstübchen eine kleine Lampe brennen musste.

    „Sind wie bald da?", fragte Trudchen und gähnte; jetzt hatte sie genug von der Eisenbahn.

    „Schlaf ein bisschen, mein Liebling, nachher kommt dann bald Liebenau!", sagte Mama und machte ihm ein Nestchen auf ihrem Schoß.

    Wirklich, es dauerte nicht lange, so schlief Trudchen ein, schlief und schlief und lächelte manchmal im Schlaf, denn es träumte Liebes und Schönes. Ja, einmal lachte es sogar hell auf, schlief aber weiter.

    „So ein Kind! So ein Kind!, sagte die alte, magere gelbe Dame, die ihnen gegenüber saß und so viel seufzte und den Mund so fest zukniff, wenn sie einmal gerade nicht seufzte. „So ein Kind! Sogar im Schlafe kann es sich noch freuen.

    „Ja, es ist ein Sonnenscheinchen", nickte Mama, deckte den roten Mantel über Trudchens Beine und küsste leise die kleine warme Hand, die den halben Schokoladentaler, der zum Nachtisch hatte verspeist werden sollte, noch festhielt.

    Erst am andern Morgen wurde Trudchen wieder recht wach, es hatte wohl ein paar Mal so getan, als wollte es wach werden, hatte sich gestreckt und gereckt und ein paar Wörtchen geredet; aber jetzt riss es seine Blau-Äugelein weit auf, schaute erstaunt um sich, schaute die Mutter an, schaute die hohen Häuser an, zwischen denen man eben langsam hindurchfuhr, sprang auf beide Füße und rief: „So, nun kommt Liebenau!"

    Aber o weh! Dies war noch längst nicht Liebenau, sondern erst Berlin. Die gelbe Dame stieg hier aus, strich beim Weggehn mit ihrer langen Hand über Trudchens Blondschopf und sagte: „Sonnenscheinchen, du! Auf Wiedersehn!"

    Aber was war das nur mit Trudekind? Wo war der Sonnenschein? Als Mama ihm erklärte, das sei Berlin, hier würden sie behaglich frühstücken und dann weiter fahren, machte es ein verdrießliches Gesicht, so eins, wie eigentlich nur in die Ecke gehört, und nicht einmal der richtige Kaffee mit zwei dicken Zuckerstücken darin, so etwas Wunderbares, das kleine Mädchen sonst nie kriegen, machte Trudchen wieder vergnügt.

    Still saß es auf seinem Plätzchen, als der Zug nachher weiterfuhr. Es mochte seine Puppe nicht, es mochte den Ball nicht, den Mama auf einmal entdeckte, es mochte nicht aus dem Fenster gucken und nicht in das Bilderbuch hinein, das aus der Reisetasche hervorkam. „Kommt bald Liebenau?, fragte es nur immer wieder und dann jedes Mal gleich hinterher: „Ist Papale schon in Liebenau und Emma auch?

    Die arme Mama gab ihr schließlich gar keine Antwort mehr und war herzlich froh, als sich endlich, endlich grüne Berge zeigten und sie rufen konnte: „Guck, mein Trudchen, jetzt sind wir da!"

    Auf dem Bahnhof standen Onkel Robert und Tante Anna und winkten und lachten, und kaum hielt der Zug, da flog auch schon die Tür auf und Tante Anna streckte beide Arme herein: „Willkommen, willkommen! Trudchen, arme kleine Maus, nun darfst du endlich aus deinem Käfig!" Aber die kleine Maus tat gerade wie eine echte: Sie entwischte Tante Annas Händen und krabbelte an Mamas Kleid in die Höhe.

    Dann freilich hob der große Onkel Robert sie mir nichts dir nichts aus dem Eisenbahnwagen und gab ihr einen Kuss, den sie sich aber schnell wieder abwischte. Doch niemand sah danach, denn nun gab es so viel zu fragen und zu denken, bis die Koffer und die Fahrkarten besorgt waren, und da waren so abscheulich viele Leute, die stießen und drängten. Trudchen mochte wollen oder nicht, es musste sich schon von Tante Anna festhalten lassen, sonst hätte man es umgerannt.

    Endlich aber war man fertig, aus dem Bahnhof heraus und in eine ganz stille Straße gekommen, eine, an der noch kaum Häuser standen, nur Bäume und Hecken. Am Ende sah man eine schöne Kirche mit einem schlanken Turme und neben der Kirche ein hohes steinernes Haus. „Das ist unser Haus", sagte Tante Anna.

    „Unser Haus ist noch viel schöner!", piepte Trudchen, so schnell es nur konnte, ließ Tantes Hand wieder los und fasste Mamas desto fester.

    „Lass sie, lass sie, meinte die Tante. „Sie ist noch scheu, das gibt sich bald, wenn die Kinder kommen.

    Und vor ihnen über den holprigen Weg kamen eben schon ein paar Kinder, ein langes, dünnes Mädchen mit zwei unordentlichen, blonden Zöpfchen – und ein Junge, der nicht viel kleiner, aber noch einmal so breit und dick war und einen ganz kahlgeschorenen Kopf hatte.

    „Evchen kann es natürlich nicht mehr erwarten, und Heini schleppt sie gleich mit", lachte Onkel Robert.

    „Welchen Heini?", fragte Trudchens Mama.

    „Ach, weißt du nicht, dass der bei uns ist? Heini Sieber aus Neudorf, Er muss alle paar Tage zum Ohrenarzt, und das geht von hier aus besser als von Neudorf. Der arme kleine Kerl! Er hört so schlecht seit dem Scharlachfieber."

    Doch sah der arme klein Kerl recht vergnügt aus und Evchen nicht weniger, als die beiden nun mit großen Sprüngen den Reisenden entgegenflogen.

    „Nein, Evchen, was ist aus dir geworden!, rief Trudchens Mama verwundert. „Als ich dich zuletzt sah, warst du kleiner als Trudchen und jetzt solch eine Stange! Sieh, Trudemaus, das ist deine älteste Cousine Evchen, und das ist Vetter Heini; von dem habe ich dir noch nichts erzählt, aber lieb haben will er dich auch, nicht wahr?

    Heini nickte und sah ein bisschen dumm dabei aus, denn er hatte nicht alles verstanden, nur das vom Liebhaben, darum bückte er sich schnell zu Trudchen und gab ihr einen Kuss, den es sich aber ebenso eilig abwischte wie vorher den vom Onkel.

    „Dürfen wir mit Trudchen vorlaufen?, fragte Evchen. „Ach Mutter, sie ist süß!, flüsterte sie, noch ehe die Mutter antworten konnte.

    Aber Trude war durchaus nicht süß, sie klammerte sich an ihre Mama und machte ein ganz saures Gesichtlein. Da ließen sie sie und liefen allein vor.

    „Sie sind da, sie sind da!, schrieen sie in den Garten hinein. „Reizend ist sie! Blonde Löckchen und einen roten Zwergenmantel!, erzählte Eva. Heini sagte gar nichts.

    Und jetzt kamen sie auch schon. Auf die Veranda traten sie und guckten in den Garten. Trudchen riss die Augen auf. Freilich, das war ein anderer als der in Breslau. Hier gab’s ein einziges großes Rosenbeet, von dem man abpflücken durfte – das sah man; denn es standen ein paar Kinder mit einem Puppenwagen mitten im Grase, und der Puppenwagen war ganz mit Rosen bedeckt. Hier gab’s einen großmächtigen Sandberg und viel zu viele Hacken, Schaufelchen und Holzformen, das sah man; denn im halben Garten lagen sie verstreut. Hier gab es Hühner, lebendige weiße, schwarze und braune, die liefen da über Gras und Sand; hier gab es vor allen Dingen Kinder.

    Nein, was für eine Menge Kinder! Zwei standen an der Verandatreppe, schämten sich und wollten doch gern das neue Cousinchen und Tante Marta besehen. Das waren Christel und Minna, das Küsterkind. Zwei standen bei der Schaukel – richtig, eine Schaukel war ja auch noch da! – schlugen mit Stöcken auf einen alten Gartenstuhl und kümmerten sich sonst um nichts in der Welt. Das waren Käthe und ihr Freund, der Nachbarjunge Adolf Müller.

    Drei kleine Mädchen und ein rotbackiger Junge hockten um den Puppenwagen; sie hatten wohl eben Taufe gespielt, das waren Frieda und Martha und zwei „Kardinälchen", nämlich Karl und Hilda von Kardinal, auch ein paar Nachbarskinder. Und über das niedrige Gartentor, das in die Wiesen führte, guckten noch drei oder vier Kinder, und aus dem Hühnerstall kam eben noch eins gesprungen. Trudchen war ganz erschrocken; so viel Kinder auf einem Haufen hatte sie wohl noch nie gesehen.

    Das Hühnerstall-Dirnlein war noch ein gar Kleines, noch kleiner als Trudchen, gewiss noch nicht vier Jahre alt. Aber es schleppte ein fettes, schwarz und weißes Kaninchen zur Verandatreppe hin und pustete vor Vergnügen.

    „Ach, ein Hundele!", schrie Trudchen und hüpfte ein paar Stufen abwärts.

    „Is gar kein Hund, is Ninchen, schrie das andre Kind. „Is ja unser Puck; Muck kommt auch gleich.

    „So, nun gebt euch doch erst einmal die Hand, ihr beiden kleinen Naturforscher, lachte Tante Anna. „Siehst du, Trudchen, das ist Brigitte, dein Cousinchen Brigitte; mit der kannst du den ganzen Tag spielen.

    „Will ich nicht", sagte Trudchen, drehte sich um und kletterte wieder ein paar Stufen aufwärts.

    „Aber Trudchen!", rief die Mama.

    „Mit dem Hundele will ich spielen, aber die Kinder sollen weggehen", flüsterte Trudchen ganz weinerlich.

    Es war nur gut, dass Tante Anna jetzt bat, man möchte sich doch an den gedeckten Verandatisch setzen und ein wenig Kuchen und Erdbeeren essen, sonst wären wohl gleich in der ersten Viertelstunde Tränen gekommen. „Das Kind ist ganz verwirrt von unserer Herde, meinte sie. „Sieh nur, Robert, wie es sich an seine Mutter klammert.

    „Morgen wird sich’s schon ändern, beruhigte der Onkel. „Es muss erst einmal eine Nacht geschlafen haben.

    „Ja – wenn es nur erst schliefe!

    In der Gaststube stand neben Mamas Bett ein Gitterbettchen, drin hatte sonst Käthe geschlafen, und es war ein wirklich nettes, behagliches kleines Bett. Aber Trudchen sah es sehr misstrauisch an, und als es hinein kam, seufzte es, und als Mama mit ihm gebetet hatte und es küsste, seufzte es noch viel schlimmer und hielt ihren Arm fest, so lange es nur konnte. Als Mama aber dann aus der Türe ging, schrie es plötzlich laut auf: „Nein! Nein! Nein! Hier bleiben, Mamale! Hier bleiben, sonst kann ich gar nicht einschlafen."

    „Natürlich kannst du einschlafen. Sieh mal, was für ein liebes Bettchen! Sieh mal die schöne bunte Decke, darunter schläft man ja wie im Himmel. Und was denkst du wohl? Brigitte schläft auch schon – hier nebenan schläft sie artig. Du wirst dich doch nicht schämen wollen vor der kleinen Brigitte?"

    Aber Trudchen weinte. „Kribitte soll weggehen, schluchzte sie. „Aber du sollst hier bleiben!

    Eine kleine Weile tat Mama ihr wirklich den Gefallen, dachte, nun wäre sie eingeschlafen, und schlich leise hinaus. Doch noch nicht an der Treppe war sie – da schrie Trudchen schon wieder, und schrie so laut, dass Brigitte aufwachte, in ihrem Bettchen saß

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