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Auf hundert Pfoten ins Glück
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eBook480 Seiten6 Stunden

Auf hundert Pfoten ins Glück

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Über dieses E-Book

Nele erbt von ihrem Onkel ein Rudel Schlittenhunde und ist mit dem Erbe völlig überfordert. Sie hat nicht die geringste Ahnung von Huskys und dem Schlittenhundesport, den ihr Onkel mit den Huskys betrieben hat. Sie interessiert sich nicht für die Tiere, möchte aber dennoch den letzten Wunsch ihres Onkels erfüllen und ein gutes neues Zuhause für die Vierbeiner finden. Sie lernt Frencis kennen, die ganz in ihrer Nähe wohnt und ebenfalls ein Rudel Huskys hält. Frencis möchte Nele helfen und lädt sie zu sich ein, um ein gemeinsames Wochenende mit ihr zu verbringen. Obwohl sie so verschieden sind wie Feuer und Wasser, verlieben sie sich ineinander. Hat ihre Liebe dennoch eine Chance?

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum22. Dez. 2017
ISBN9783743846494
Auf hundert Pfoten ins Glück

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    Buchvorschau

    Auf hundert Pfoten ins Glück - Michelle Zerwas

    Vorwort

    Irgendwann hat man im Leben den Punkt erreicht, wo einfach alles läuft. Das Leben verläuft in geregelten Bahnen, man hat einen guten Job, ist privat glücklich auch ohne in einer Beziehung zu sein. Man hat Pläne für die Zukunft geschmiedet und arbeitet Tag für Tag darauf hin diese Pläne zu verwirklichen. Es gibt keinen Grund unglücklich zu sein und man genießt sein Leben ganz genauso wie es ist. Vor allem hat man nicht die Absicht etwas zu ändern. Wer kennt das alles nicht? Irgendwann im Leben gibt es für jeden Menschen genau diesen Moment. Dabei vergisst man jedoch, dass es eine trügerische Sicherheit ist. Das Leben schreitet unaufhörlich voran, mal schneller mal langsamer… Wir befinden uns in ständigem Wandel. Wir sind nur ein Spielball des Schicksals und von heute auf morgen kann etwas geschehen, das alles verändert. Dann muss man sich entscheiden, ob man mit aller Macht versucht seinen gewohnten Weg weiter zu gehen oder sich auf die Veränderungen des Lebens einlässt.

    Egal wie wir uns entscheiden, wir sollten bei jeder Entscheidung daran denken, dass eine völlige Veränderung in unserem Leben nicht deshalb geschieht, um es uns schwerer zu machen. Wir sollten es aus einer anderen Sicht sehen. Was ist, wenn das Schicksal etwas Gutes für uns vorgesehen hat und wir das Gute nur bekommen können, wenn wir uns auf die Veränderung einlassen?

    Manchmal weiß man nicht, wohin der eingeschlagene Weg uns führt. Doch wenn man sich aus tiefstem Herzen für einen bestimmten Weg entscheidet, ist es der Richtige.

    1. Kapitel

    Urlaub, was gibt es schöneres im Leben? Genau das dachte sich auch Nele. Das Wetter war zwar nicht ideal für einen ersten Urlaubstag, denn es regnete in Strömen, aber für einen Tag im Kino mit ihrem besten Freund Damian war es natürlich perfekt. Wie sehr hatte sie das in den letzten Monaten vermisst. Seit einer Woche war er nun wieder zu Hause, nachdem er fast ein halbes Jahr als Schauspieler im Ausland gewesen war. Bisher hatten sie sich noch nicht gesehen, umso mehr freute sich Nele auf den heutigen Tag.

    Doch nun räkelte sie sich erstmal ausgiebig im Bett. Was gab es schöneres an einem Urlaubstag, als lange auszuschlafen? Das regnerische Wetter lud sogar ganz besonders dazu ein. Dicke Regentropfen prasselten ans Fenster.

    Gerade als sie nach einem Buch griff, das zuoberst auf dem Stapel der noch zu lesenden Bücher auf ihrem Nachttisch lag, klingelte es an der Tür.

    Nele zog eine Grimasse. „Och nee, jetzt nicht."

    Sie beschloss das Klingeln zu ignorieren. Bestimmt war es nicht wichtig. Damian erwartete sie erst in drei Stunden und bestellt hatte sie nichts. Also konnte es unmöglich wichtig sein.

    Ignorieren half jedoch meistens nicht sehr viel im Leben. Das musste auch Nele am eigenen Leib erfahren, denn das Klingeln an der Haustür wurde nun ausdauernder und zusätzlich dazu klopfte es an ihrer Wohnungstür.

    Vielleicht ist ja doch etwas Wichtiges, dachte Nele. Zumindest hört es sich so an.

    Mit einem Satz sprang sie aus dem Bett und da sie keine Zeit mehr hatte sich umzuziehen, tapste sie im Schlafanzug zur Tür.

    Als sie sie öffnete, stand der Briefträger vor ihr und reichte ihr einen Brief.

    „Ein Einschreiben für Sie."

    Nele nahm den Brief entgegen, überprüfte die Adresse, um sicher zu gehen, dass der Brief an sie adressiert war und quittierte den Erhalt des Briefes mit ihrer Unterschrift.

    Auf dem Weg zurück in ihr Bett starrte sie ungläubig den Brief an. Ein Einschreiben bedeutete normalerweise nichts Gutes und so sehr sie auch überlegte, ihr fiel nichts ein, was sie sich hatte zu Schulden kommen lassen.

    Sobald sie wieder eingekuschelt in ihrem Bett lag, riss sie ungeduldig den Briefumschlag auf, entnahm ihm den Inhalt und begann zu lesen.

    Je mehr sie las, umso mehr runzelte sie verwundert die Stirn. Der Brief kam von einem Notar, der sie zu einer Testamentseröffnung bat, weil ihr Onkel, Rudolf Steigendorf, gestorben war.

    Zuerst dachte Nele es läge eine Verwechslung vor, weil sie sich nicht an einen Onkel Rudolf erinnern konnte, doch dann tauchte ein verschwommenes Bild aus Kindertagen vor ihren Augen auf. Sie verspürte allerdings keine Traurigkeit, obwohl jemand gestorben war, mit dem sie verwandt gewesen war. Eigentlich hatte sie ihn ja nicht gekannt und wenn man jemanden nicht wirklich kannte, trauerte man meistens nicht um ihn. Gleichzeitig fühlte sie sich aber auch schlecht, weil sie so dachte. Doch für seine Gedanken konnte man nichts. Im Brief stand allerdings nichts davon, was sie geerbt hatte. Sie las das Schreiben noch ein weiteres Mal ganz genau, um sicher zu gehen, dass sie nichts übersehen hatte, aber auch das zweite Lesen war nicht aufschlussreicher. Doch sie hatte geerbt, das war eine Tatsache. Sie wusste, dass sie sich keine großen Hoffnungen machen sollte, denn immerhin bestand die Möglichkeit, dass sie bloß unbrauchbare Dinge geerbt hatte oder im schlimmsten Fall sogar Schulden. Sie musste unbedingt so schnell wie möglich herausfinden, was es mit ihrem Erbe auf sich hatte.

    Nach einer Weile legte sie den Brief zur Seite und kuschelte sich zurück ins Bett. Der Gedanke an ihr mögliches Erbe ließ sie allerdings nicht los. Sie sah schon ein gut gefülltes Bankkonto vor sich, wodurch alle ihre Träume in greifbare Nähe rückten. Es war egoistisch so zu denken und sie fühlte sich schlecht deswegen, aber Gedanken ließen sich nicht einfach abstellen. Sie waren da und verschwanden dann nicht mehr so schnell, auch nicht wenn man es mit aller Macht wollte.

    Vertieft in ein spannendes Buch, verging die Zeit wie im Flug und als es ein weiteres Mal an der Tür klingelte, lag sie noch immer im Bett und umgezogen hatte sie sich auch noch nicht.

    Kaum hatte Nele die Tür geöffnet, flog Damian ihr in die Arme und erdrückte sie fast. Dann hielt sie Nele von sich und betrachtete sie von oben bis unten.

    „Du bist ja noch gar nicht umgezogen. Kaum hast du Urlaub mutierst du zum Faulpelz."

    „Ich freue mich auch dich zu sehen", erwiderte Nele lachend.

    „Unser Film fängt gleich an, deshalb schlage ich vor, du ziehst dich jetzt mal um."

    Damian fasste Nele an den Schultern und schob sie Richtung Schlafzimmer, wo er sofort begann in ihrem Kleiderschrank zu wühlen.

    „Mir ist eigentlich gar nicht mehr danach ins Kino zu gehen."

    Damian schob die Unterlippe vor. „Och menno, ich habe mich so darauf gefreut nach so langer Zeit endlich mal wieder etwas mit dir zu unternehmen."

    „Ich hatte mich ja auch gefreut, aber…" Nele brach mitten im Satz ab.

    „Aber? Was ist passiert?", wollte Damian wissen.

    Nele ging die wenigen Schritte vom Schrank zu ihrem Nachttisch und übergab Damian den Brief vom Notar.

    Er runzelte überrascht die Stirn. „Schlechte Nachrichten?"

    „Eigentlich nicht, zumindest glaube ich das."

    „Muss ich das verstehen?"

    „Lies den Brief, dann weißt du, was ich meine."

    Damian zog das Schreiben aus dem Umschlag und überflog es hastig.

    „Du hast geerbt? Wie geil ist das denn!" Damian war völlig aus dem Häuschen und kriegte sich kaum noch ein. Er besah sich die leere Rückseite des Schreibens und las dann noch einmal die Vorderseite.

    „Hier steht nichts davon, was du geerbt hast."

    „Das erfahre ich ja bei der Testamentseröffnung."

    „Das heißt, du musst nach Oberwiesenthal?"

    „Sieht ganz so aus. Hast du eine Ahnung, wo das ist?"

    „Ja, ich war da mal wegen eines Drehs. Es ist nicht gerade um die Ecke."

    „Also am Arsch der Welt?"

    „Na ja, nicht ganz, aber nicht mehr allzu weit davon entfernt."

    „Wie weit ist es?" Allmählich wurde Nele das ganze Ausmaß bewusst.

    „Genau weiß ich es nicht, aber 500 Kilometer sind es locker."

    „Das ist nicht dein Ernst?"

    „Doch, wie gesagt, ich war schon mal dort und wir sind eine ganze Weile gefahren."

    „Da komme ich niemals an. Unmöglich! Wie soll das gehen? Du kennst doch meinen Orientierungssinn."

    Damian winkte ab. „Klar kommst du da an. Sogar du findest mit Navi jeden Weg. Das ist idiotensicher."

    „Wetten, dass ich es sogar damit schaffe mich zu verfahren?"

    Damian schüttelte den Kopf. „Ausgeschlossen. Sobald du dich verfährst, sucht dein Navi eine neue Route. Da kann nichts schief gehen."

    „Musst du denn unbedingt zur Testamentseröffnung kommen? So weit ich weiß, kann dich niemand dazu zwingen. Warum lässt du dir nicht am Telefon sagen, was du geerbt hast?"

    „Das geht? Warum sagst du das denn nicht gleich?"

    „Sicher geht das. Damian zog sein Handy aus der Hosentasche und tippte in Höchstgeschwindigkeit die Telefonnummer des Notars ein. „Das haben wir gleich.

    Ehe Nele ihn aufhalten konnte, hatte er den Notar bereits am Telefon. Nele bemühte sich, das Gespräch zu verfolgen. Angespannt hing sie an Damians Lippen, wurde aber nicht wirklich schlau aus dem wenigen, was er sagte.

    „Gut, ich gebe das dann so weiter, auf Wiederhören", beendete Damian nach wenigen Minuten das Telefonat.

    „Und, was hat er gesagt?"

    „Ich habe schlechte Nachrichten für dich. Du musst unbedingt nach Oberwiesenthal kommen. Es scheint sehr wichtig zu sein, aber es war nicht raus zu kriegen worum es genau geht."

    Nele sank seufzend aufs Bett nieder. „Das war ja mal wieder klar. Es wäre auch zu schön gewesen. Was mache ich denn jetzt?"

    „Hinfahren, was sonst?"

    „Na toll, für dich ist das einfach. Du fährst gerne Auto und zwar überall auf der Welt. Ich hasse Auto fahren und mein Orientierungssinn ist unterirdisch. Wenn du mich dreimal im Kreis drehst, weiß ich nicht mehr wo ich bin."

    Damian brach in schallendes Gelächter aus. „Jetzt übertreibst du aber. So schlimm ist es ja auch nicht."

    „Doch, ist es. Am besten schlage ich das Erbe aus, das geht bestimmt am Telefon."

    „Das wirst du auf keinen Fall tun, solange du nicht weißt, worum es geht. Stell dir vor, du hast eine Million geerbt. Es wäre ziemlich bescheuert, wenn du dir das entgehen lassen würdest."

    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es um ein Millionenerbe geht. Wenn mein Onkel Millionär gewesen wäre, hätte sich das in der Familie herumgesprochen."

    „Wie lange hast du schon nichts mehr von deinem Onkel gehört?"

    „Ewig. Ich erinnere mich nur noch dunkel an ihn. Ich glaube, ich habe ihn als Kind zuletzt gesehen."

    „Siehst du! Du kannst nicht wissen, ob er nicht vielleicht doch einige Euros auf dem Konto hat. Du solltest auf jeden Fall in Erfahrung bringen, was du geerbt hast. Ablehnen kannst du das Erbe dann immer noch."

    Nele überlegte einen Moment, bevor sie weiter sprach. „Hast du keine Lust mich zu begleiten?", fragte sie nicht ganz ohne Hintergedanken.

    „Ja, ja, das käme dir gerade recht und ich würde dich natürlich nur zu gerne begleiten, aber nächste Woche fängt der Dreh für meinen neuen Film an, da kann ich unmöglich fehlen."

    „Na toll, ich bin komplett geliefert."

    „Nein, bist du nicht. Du nimmst einfach mein Navi mit und dann findet dein Auto den Weg von ganz allein."

    „Schön wär’s."

    „Das wird schon. So, und nun genug mit den trüben Gedanken. Du ziehst dir jetzt was Anständiges an, damit wir es wenigstens zur nächsten Vorstellung im Kino schaffen."

    „Muss das sein? Wir können doch auch hier bleiben und…"

    „Damit du die ganze Zeit darüber jammerst, dass du nächste Woche nach Oberwiesenthal fahren musst. Nein, das kommt überhaupt nicht infrage. Ein wenig Ablenkung schadet dir nicht. Also los, anziehen! Wenn du in zehn Minuten immer noch nicht fertig bist, schleppe ich dich im Schlafanzug aus dem Haus." Damian zwinkerte ihr zu, während Nele lustlos zum Kleiderschrank schlurfte, um passende Klamotten raus zu suchen.

    Damian genoss den Nachmittag im Kino in vollen Zügen. Für ihn waren Filme ganz besonders interessant, da er ununterbrochen genauestens seine Schauspielkollegen studierte, um von ihnen zu lernen.

    Nele hingegen konnte sich nur schwer auf die Handlung des Films konzentrieren, dafür war ihre Sorge zu groß. Sie konnte es kaum erwarten, bis der Film endlich vorbei war und sie mit Damian weiterhin ihr Problem hin und her wälzen konnte.

    2. Kapitel

    Nele hielt am Straßenrand an und betrachtete das Haus, vor dem sie angehalten hatte. An der Hauswand war ein Messingschild angebracht. Falk Bäumer Notar, las Nele und jubelte innerlich. Sie hatte ihr Ziel nach 534 Kilometern endlich erreicht.

    Sie nahm das Navi von ihrer Frontscheibe und steckte es ins Handschuhfach. Im Stillen bedankte sie sich bei dem elektronischen Gerät, denn ohne hätte sie ihr Ziel niemals erreicht. Vermutlich wäre sie in irgendeiner Einöde gelandet und hätte nie wieder nach Hause gefunden.

    Beim Aussteigen gehorchten ihre Beine ihr nicht wirklich und sie lief ungelenk die Einfahrt hinauf zur Haustür. Viel lieber wäre sie vorher ins Hotel gefahren, um sich ein wenig frisch zu machen und kurz auszuruhen, aber dafür reichte die Zeit nicht mehr, wenn sie Falk Bäumer noch treffen wollte. Auf dem Weg hatte sie sich trotz Navi mehrmals verfahren und war deshalb völlig aus dem Zeitplan geraten.

    Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, drückte sie auf die Klingel.

    Ein älterer Herr mit bereits leicht ergrautem Haar öffnete ihr die Tür.

    „Guten Tag", begrüßte er Nele.

    „Guten Tag. Ich bin Nele Humboldt."

    „Ach ja, ich habe Sie schon erwartet."

    „Entschuldigen Sie bitte, dass ich zu spät bin. Ich habe mich auf dem Weg hierher ein paar Mal verfahren."

    „Das macht nichts. Sie kommen ja von weit her. Bitte kommen Sie doch herein." Er gab die Tür frei und Nele trat ein.

    „Folgen Sie mir bitte in mein Büro."

    Nach wenigen Schritten durch den Flur traten sie in ein großzügiges Büro, in der Mitte befand sich ein großer schwarzer Schreibtisch, auf dem sich Akten stapelten und an der Wand entlang zogen sich Bücherregale mit Aktenordnern.

    „Nehmen Sie doch bitte Platz. Falk Bäumer deutete auf einen der Stühle gegenüber seinem Schreibtisch. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee, Tee, Wasser?

    „Wasser wäre toll, danke."

    Er verließ den Raum und kehrte eine Minute später mit dem Gewünschten zurück. Nele bedankte sich bei ihm, als er das Glas vor ihr abstellte.

    Falk Bäumer ließ sich ihr gegenüber nieder, griff nach einer Mappe und öffnete sie.

    „Dann legen wir mal los", leitete er die Testamentseröffnung ein.

    „Was ist mit den anderen Erben?"

    Der Notar sah von seinen Unterlagen auf und warf Nele einen überraschten Blick zu. „Es gibt keine anderen Erben. Sie sind Alleinerbin."

    Nele musste sich sehr zusammenreißen, damit ihr vor Verblüffung nicht der Mund aufklappte. In ihrem Kopf entstanden bereits wieder Bilder eines gut gefüllten Bankkontos und der Erfüllung all ihrer Träume.

    Falk Bäumer blätterte in seinen Unterlagen und förderte ein Blatt Papier zutage, auf dem mit krakeliger Handschrift etwas geschrieben stand. Er räusperte sich kurz und begann das Dokument zu verlesen.

    „Hiermit vermache ich, Rudolf Steigendorf, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, mein gesamtes Vermögen meiner Nichte Nele Humboldt. Es geht hierbei um mein Haus (Grubenweg 8, 09484 Oberwiesenthal) mit all seinen Wertgegenständen, meine Schlittenhunde sowie die gesamte Ausrüstung für den Schlittenhundesport, Bargeld (sofern vorhanden) sämtliche Transportmittel (Geländewagen und Quad) und alles, was mir gehört und an dieser Stelle vergessen wurde zu erwähnen. Meine einzige Bedingung, um das Erbe antreten zu können, besteht darin, zu jeder Zeit auf das Wohl meiner Hunde zu achten. Sie müssen entweder von meiner Nichte Nele Humboldt übernommen oder in andere gute Hände gegeben werden (auf keinen Fall ins Tierheim, das Rudel MUSS zusammen bleiben). Hochachtungsvoll Rudolf Steigendorf."

    Falk Bäumer ließ das Dokument sinken und betrachtete sein Gegenüber.

    Nele musste das soeben Gehörte erstmal verarbeiten und war deshalb nicht in der Lage etwas zu sagen. Mit allem hatte sie gerechnet, die wildesten Sachen hatte sie sich in den letzten Tagen ausgemalt, aber dass in ihrem Erbe auch Hunde beinhaltet waren, daran hätte sie im Traum nicht gedacht.

    „Das kommt sicherlich alles ziemlich überraschend für Sie", meinte Falk Bäumer.

    „Um wie viele Hunde geht es?", war schließlich Neles erste Frage.

    „Es geht um 13 Hunde."

    Nele wurde blass. „Das ist doch jetzt ein Scherz?!"

    Falk Bäumer schüttelte den Kopf. „Ich sollte Ihnen vielleicht etwas mehr erzählen. Das Testament enthält nicht besonders viele Informationen."

    „Glauben Sie wirklich das macht die Sache besser?" Nele war der Verzweiflung nahe und in dem Moment fest entschlossen das Erbe auszuschlagen. Es war ihr egal, um wie viel Geld es ging. Unmöglich konnte sie sich auf die Bedingung ihres Onkels einlassen. Was sollte sie mit 13 Hunden anfangen? Sie hatte keinerlei Erfahrung mit Hunden und war auch nicht scharf darauf daran etwas zu ändern.

    Ein erneutes Räuspern des Notars unterbrach ihre Gedanken, ehe er das Wort erneut an sie richtete.

    „Ich kannte Ihren Onkel sehr gut. Wir waren Freunde, umso mehr liegt mir sein letzter Wunsch am Herzen."

    „Ich kann das Erbe unmöglich annehmen, platzte es aus Nele heraus. „Ich habe keine Ahnung von Hunden. Außerdem arbeite ich den ganzen Tag und habe nicht die Zeit mich um die Tiere zu kümmern. Ich habe nicht mal Platz, um so viele Hunde unterzubringen.

    „Sie sollten Ihre Entscheidung auf jeden Fall gut überdenken. Ich kann mir vorstellen, dass das jetzt alles etwas viel für Sie ist, aber gemeinsam werden wir sicher eine Lösung finden."

    „Das bezweifle ich."

    „Für Rudolf waren seine Hunde das Wichtigste. Er hat mit ihnen an vielen Schlittenhunderennen teilgenommen. Natürlich kann niemand von Ihnen verlangen, dass Sie die Hunde übernehmen. Es ist ja auch eine Kostenfrage, der Schlittenhundesport ist teuer und Geld sollten Sie bei Ihrem Erbe nicht allzu viel erwarten. Das Haus ist verschuldet, die Konten sind so gut wie leer. Es tut mir leid, ich hätte Ihnen gerne etwas Erfreulicheres mitgeteilt."

    Nele sank regelrecht auf ihrem Stuhl in sich zusammen. All ihre Träume vom großen Geld zerplatzten auf einen Schlag wie eine Seifenblase.

    Falk Bäumer entging Neles Verzweiflung und Zerrissenheit nicht.

    „Sie müssen das wahrscheinlich jetzt erstmal alles verdauen. Was halten Sie davon, wenn Sie eine Nacht über alles schlafen und wir fahren morgen gemeinsam zu Rudolfs Haus? Dann können Sie sich alles in Ruhe ansehen und die Hunde kennenlernen."

    „Habe ich eine Wahl?", erwiderte Nele resigniert.

    „Man hat immer eine Wahl."

    Er kramte erneut in einer Schreibtischschublade und förderte einen hellblauen Briefumschlag zutage, den er Nele übergab.

    „Ich habe hier noch einen Brief von Rudolf. Vielleicht beeinflusst er Ihre Entscheidung."

    Nele nahm den Brief an sich, erwiderte aber nichts darauf. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Brief etwas an ihrer Meinung änderte. Sie erhob sich und machte Anstalten zu gehen. Falk Bäumer tat es ihr gleich und reichte ihr zum Abschied die Hand. „Wir sehen uns dann morgen. Kommen Sie zum Haus oder soll ich Sie abholen?"

    „Mein Navi wird den Weg schon finden", erklärte Nele und zum ersten Mal an diesem Tag gelang ihr ein schiefes Lächeln.

    „Also gut, dann sehen wir uns morgen. Sie können mich jederzeit anrufen."

    Nele atmete erleichtert auf, sobald sie draußen in der Einfahrt stand und eilig auf ihr Auto zu lief.

    Sie gab die Adresse ihres Hotels ins Navi ein. Für einen Moment hielt sie inne und dachte darüber nach allein zum Haus ihres Onkels zu fahren. Doch dann schüttelte sie kaum merklich den Kopf. Nein, es reichte, wenn sie das ganze Ausmaß am nächsten Tag sehen musste. Sie wollte nur noch ins Hotel und am besten schlafen, damit ihre Gedanken endlich Ruhe gaben.

    Nach einem deftigen Essen und einem Entspannungsbad fühlte sie sich schon etwas besser. Sie verkroch sich im Bett, um sich vor dem Einschlafen noch ein wenig mit ihrem Handy zu beschäftigen. Man musste ja schließlich auf dem Laufenden bleiben und wenn man mal ein paar Stunden nicht auf sein Handy sah, hatte man das Gefühl, das Leben ging an einem vorbei.

    Als sie sich die aktuellsten Meldungen bei Facebook ansah, klingelte ihr Handy. Natürlich war es Damian. Wer sonst? Die ganze Zeit hatte sie schon auf einen Anruf von ihm gewartet.

    „Hi Damian", meldete sie sich.

    „Hi. Offensichtlich bist du gut angekommen. Du hast Handyempfang, das bedeutet, dass du nicht irgendwo in der Pampa stehst."

    Nele lachte. „Ja, du hattest Recht. Ein kleines schwarzes elektronisches Gerät ist in der Tat schlauer als ich."

    „Schätzchen, gegen die Elektronik wirst du nie eine Chance haben. Finde dich endlich damit ab."

    „Ja, ja, schon gut, seufzte Nele. „Ich bin ja froh, dass es dieses Navi gibt.

    „Erzähl mal, begann Damian. „Was hast du geerbt? Wie viele Millionen sind es? Du gibst mir doch etwas ab, oder? Ich will auch gar nicht viel.

    „Meinetwegen kannst du alles haben", erklärte Nele.

    Damian machte ein verwundertes Gesicht, was Nele natürlich nicht sehen konnte. Dann sprach er weiter. „Das bedeutet dann wohl, dass du einen Haufen Schrott geerbt hast."

    „So ähnlich… Du wirst es nicht glauben, aber mein Erbe besteht aus einem verschuldeten Haus und einem Rudel Schlittenhunde."

    Damian schnappte nach Luft und Nele war sich sicher, dass er die Hand vor den Mund schlug. „Das ist nicht dein Ernst?"

    „Ich wünschte, es wäre so, aber leider stimmt es."

    „Und jetzt? Nimmst du das Erbe trotzdem an?"

    Nele seufzte schwer. „Ich weiß es nicht. Im Moment tendiere ich dazu das Erbe auszuschlagen. Morgen werde ich mir das Haus und die Hunde ansehen, aber ich glaube nicht, dass das an meiner Entscheidung noch etwas ändert."

    „Tja, somit sind die Millionen also futsch", sagte Damian bedauernd.

    „Ich bin sowieso nicht davon ausgegangen, dass es um ein Millionenerbe geht, meinte Nele. „Ein bisschen Bargeld wäre allerdings schön gewesen. Stattdessen habe ich 13 Hunde an der Backe, die Geld kosten, anstatt etwas einzubringen.

    „Schöner Mist, aber vielleicht tauchen ja doch noch unerwartet ein paar Schätze auf."

    „Das glaube ich nicht, aber falls ich morgen den Schatz berge, erfährst du es als erster."

    „Das will ich doch hoffen."

    „Erwarte aber nicht zu viel, sonst wirst du nur enttäuscht."

    „Abwarten. So, ich lasse dich jetzt in Ruhe. Du bist sicher müde nach der Fahrt."

    „Und wie." Nur mit Mühe konnte Nele ein Gähnen unterdrücken.

    „Also dann, schlaf schön." Damian schickte einen schmatzenden Kuss durchs Telefon.

    Nele tat es ihm gleich. „Schlaf du auch gut."

    Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, kuschelte sie sich wohlig seufzend ins Bett. Als sie gerade dabei war einzuschlafen, fiel ihr der Brief wieder ein, der noch immer ungelesen in ihrer Jackentasche steckte. Sofort begannen Müdigkeit und Neugier in ihr um die Oberhand zu kämpfen. Diesmal gewann die Neugier und Nele wälzte sich wieder aus dem Bett, wühlte in ihrer Jackentasche und schlurfte gähnend zu ihrem Bett zurück.

    Vorsichtig öffnete sie den Briefumschlag und zog ein Blatt Papier heraus, das sie gespannt auseinander faltete. Wieder begegnete ihr die krakelige Handschrift, die sie bereits auf Rudolfs Testament gesehen hatte.

    Liebe Nele,

    ganz sicher bist du jetzt sehr überrascht. Du wirst unzählige Fragen haben und vermutlich hast du keine Ahnung, warum ich ausgerechnet dich als meine alleinige Erbin eingesetzt habe. Schließlich hatten wir zu Lebzeiten nie besonders engen Kontakt zueinander. Es hat natürlich einen Grund. Du bist die einzige Person aus der Familie, der ich zumindest ein bisschen vertraue, deshalb hoffe ich, dass mich mein Gefühl nicht trügt und du mich nicht enttäuschen wirst.

    Ich weiß, es ist viel, was ich von dir verlange, aber der letzte Wille eines jeden Menschen ist zu akzeptieren. Ich hoffe, dass du dir diese (meine) Worte zu Herzen nimmst und in meinem Sinne handelst.

    Die Hunde waren für mich immer das Wichtigste, sie sind meine Freunde, meine Familie… Ich habe alles für die Hunde gegeben und dies kein einziges Mal als Opfer empfunden. Vielleicht wirst du eines Tages selbst erfahren, wie gewaltig die Liebe eines Hundes zu seinem Menschen sein kann.

    Es bricht mir das Herz meine Hunde zurück lassen zu müssen, während ich an einen unbekannten Ort gehe, von dem es keine Wiederkehr gibt.

    Ich wünsche mir von dir, dass du dich in meinem Sinne um meine Hunde kümmerst. Wenn du sie gut behandelst, werden sie dir stets treu zur Seite stehen. Jeder einzelne meiner Hunde kommt aus einer erstklassigen Zucht und ist ein gut ausgebildeter Schlittenhund, bereit vor dem Schlitten zu arbeiten und bis ans andere Ende der Welt zu laufen. Wenn du dich auf das Abenteuer Schlittenhundesport einlässt, wirst du es weit bringen. Du findest alle Informationen und Unterlagen in meinem Büro.

    Ich wünsche mir, dass alle Hunde bis zu ihrem natürlichen Tod in deiner Obhut verbleiben.

    Solltest du dich dazu entschließen die Hunde abzugeben oder das Erbe gar nicht erst anzutreten (diese Möglichkeit besteht leider), sorge bitte dafür, dass sie in gute Hände kommen. Achte vor allem darauf, dass das Rudel nicht getrennt wird. Das ist wichtig! Das Rudel ist eine Familie. Ich könnte es nicht ertragen, wenn die Tiere getrennt werden.

    Ich hoffe, du handelst in meinem Interesse.

    Für deine Zukunft wünsche ich dir alles Gute, vor allem Gesundheit und ein langes glückliches Leben.

    Dein Onkel

    Rudolf

    Nele ließ den Brief sinken, doch Rudolfs Worte schwirrten in ihrem Kopf. Sie wehrte sich innerlich dagegen, aber die Worte hatten sie keineswegs kalt gelassen. Bevor sie den Brief gelesen hatte, war es ihr noch leicht gefallen das Erbe auszuschlagen, doch nun war auf einen Schlag alles anders. Rudolf hatte Recht. Es ging schließlich um den letzten Wunsch eines verstorbenen Menschen. Den durfte man nicht ausschlagen.

    Was denke ich da bloß? , dachte Nele schließlich. Das fehlte noch, dass ich nun anfange weich zu werden. Mein Entschluss steht fest. Ich muss an meine Zukunft denken. Ein Rudel Schlittenhunde stört da bloß.

    Nele legte den Brief zur Seite, kroch unter die Bettdecke und schloss die Augen. Vermutlich war sie einfach zu müde, um einen klaren Gedanken zu fassen und wenn man nicht alle Sinne beisammen hatte, wurde man leicht sentimental. Ganz sicher sah die Welt nach einer ordentlichen Mütze Schlaf wieder ganz anders aus.

    3. Kapitel

    Als der Wecker am nächsten Morgen klingelte, fühlte Nele sich wie gerädert. Sie hatte sich die halbe Nacht ruhelos im Bett herum gewälzt und keinen Schlaf gefunden. Unzählige Gedanken waren in ihrem Kopf herum geschwirrt und immer wieder musste sie sich selbst sagen, dass es kein Traum war, denn in ihren Augen konnte es nichts anderes sein als ein Alptraum.

    Der Brief ihres Onkels hatte sie sehr berührt, denn sie spürte ganz deutlich, dass er aus tiefstem Herzen geschrieben war. Trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen in Zukunft die Verantwortung für ein Hunderudel zu übernehmen. Es ging dabei ja nicht bloß um die finanzielle Belastung. Ihr fehlte einfach die Zeit, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Außerdem hatte sie von Hunden nicht die geringste Ahnung. Natürlich konnte man alles lernen, die Frage war nur, ob man dazu bereit war. Ihr fehlte diese Bereitschaft, das spürte sie. Sie war bereit ein gutes Zuhause für die Hunde zu finden, mehr aber auch nicht und genau das wollte sie Falk Bäumer später mitteilen. Es konnte ja nicht so schwer sein jemanden zu finden, der die Tiere aufnehmen konnte. Sie musste bloß jemanden finden, der mit dem Schlittenhundesport beginnen wollte, dann war sie alle Sorgen auf einen Schlag los und wenn sie Glück hatte, bekam sie sogar noch ein wenig Geld für die Hunde.

    Nele wälzte sich aus dem Bett und schlurfte in Richtung Bad. Doch ihr Handy hatte etwas dagegen, denn es begann zu klingeln.

    „Hi Damian", begrüßte Nele ihren Freund.

    „Hi Liebes. Wie geht’s dir?"

    „Frag nicht. Ich habe die ganze Nacht gegrübelt."

    „Und zu welcher Entscheidung bist du gekommen?"

    „Ich kann die Hunde auf keinen Fall behalten."

    „Ist das deine endgültige Entscheidung?"

    „Ja, es geht einfach nicht. Die Hunde passen nicht in mein Leben."

    „Du willst die Hunde also abgeben?"

    „Ich muss. Ich kann ihnen kein artgerechtes Leben bieten und ich werde auf keinen Fall meine ganzen Ersparnisse in ein Rudel Huskys investieren."

    „Bist du sicher, dass du deine Entscheidung nicht irgendwann bereuen wirst? Vielleicht hat das Schicksal einen anderen Lebensweg für dich vorgesehen und dies ist nun der Anfang dieses Weges."

    Nele schnaubte ungehalten. „Das meinst du doch jetzt nicht ernst?!"

    „Du kennst mich. Alles, was ich sage, meine ich auch so."

    Nele schüttelte verständnislos den Kopf, was Damian natürlich nicht sehen konnte. „Wenn du an meiner Stelle wärst und für einen Haufen Hunde deinen beruflichen Traum aufgeben müsstest, würdest du dich genauso entscheiden wie ich."

    „Kann sein. Wann fährst du zu den Hunden?"

    „Ich war gerade auf dem Weg ins Bad, um mich fertig zu machen."

    „Okay, dann mal los. Ich muss jetzt sowieso zur Arbeit. Halt mich auf dem Laufenden."

    „Ja, bis dann."

    Nele beendete das Gespräch, warf ihr Handy aufs Bett, gähnte ausgiebig und schlurfte ins Bad.

    Die kühle Luft vertrieb Neles Müdigkeit. Sie schaltete das Navi ein und gab ihr Ziel ein. Innerlich bedankte sie sich bei ihrem elektronischen Helfer, denn ohne ihn wäre sie verloren gewesen. Laut Navi brauchte sie für die Strecke zwanzig Minuten.

    Sie startete den Motor und es konnte losgehen. Dieses Mal verfuhr sie sich kein einziges Mal und erreichte planmäßig ihr Ziel.

    Sie parkte ihr Auto am Straßenrand und betrachtete das Haus, das ihr gehören konnte, wenn sie das Erbe annahm. Es handelte sich um ein Holzhaus, mit einer Veranda, die um das ganze Haus herum ging. Damit erinnerte das Haus Nele an ein amerikanisches Farmhaus. Sobald sie aus dem Auto stieg, hörte sie das Heulen der Hunde. So viel wusste sie zumindest über Huskys. Sie heulten mehr, als dass sie bellten.

    Von der Straße aus waren die Hunde nicht zu sehen und auch der Notar war offensichtlich noch nicht aufgetaucht, denn es war kein anderes Auto zu sehen. Nele wusste nicht, ob sie warten oder allein schon mal auf Erkundungstour gehen sollte. Eigentlich konnte niemand etwas dagegen haben, wenn sie sich umschaute, immerhin war es ihr Haus.

    Noch ist es nicht dein Haus, sagte eine innere Stimme in ihr, aber Nele ignorierte sie.

    Die Hunde machten immer noch Lärm. Rudolfs Nachbarn mussten sehr tolerante Menschen sein, wenn sie das so ohne weiteres duldeten. Das war alles andere als selbstverständlich. Nele musste an ihre eigenen Nachbarn denken, die sich an manchen Tagen schon beschwerten, wenn sie sich ganz normal in ihrer Wohnung bewegte oder zu oft an einem Tag durchs Treppenhaus ging… Nele betrachtete wieder das Haus. Hier hatte sie diese Probleme nicht. Die wenigen Nachbarn schienen sich mit dem Lärm der Hunde arrangiert zu haben und eigentlich war die Gegend ja auch ganz schön. Kaum ertappte Nele sich bei diesem Gedanken, rief sie sich selbst zur Ordnung. Auf keinen Fall durfte sie diesen Gedanken weiter spinnen. Sie war eine Stadtpflanze und brauchte den Trubel.

    Die Hunde sorgen für genug Chaos, meldete sich wieder ihre innere Stimme.

    „Genug jetzt", knurrte Nele und schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Sie sah noch einmal die Straße rauf und runter und da noch immer kein anderes Auto zu sehen war, machte sie sich zögernd auf den Weg. Sie lief ums Haus herum und das erste, was sie sah, war ein grauer Pick Up.

    Das Auto könnte dir gehören. Ihre innere Stimme gab einfach keine Ruhe. Dafür waren die Hunde nun ruhig. Nele fragte sich, ob die Hunde sie gehört hatten und deshalb still waren.

    Sie ging um das Auto herum und ihr Blick fiel auf eine weitläufige Zwingeranlage. Nun wurde ihr auch klar warum die Hunde still waren. Ein älterer Mann mit schneeweißen Haaren und ebensolchem Bart, kam humpelnd und etwas schwerfällig zum Tor des Zwingers, während die Hunde ihre Nasen in ihre Futterschüsseln steckten und gierig deren Inhalt hinunter schlangen.

    Noch bevor Nele sich bemerkbar machen konnte, wurde sie von dem älteren Mann entdeckt. Sein Blick verdüsterte sich, als er sie sah. Er schloss sorgfältig das Tor hinter sich, damit die Hunde nicht entwischen konnten und humpelte auf sie zu.

    „Was wollen Sie hier?, bellte er sie an. „Sie haben hier nichts verloren.

    „Ich bin Nele Humboldt, Rudolfs Nichte."

    Der abweisende Gesichtsausdruck des Mannes wurde etwas freundlicher, dennoch blieb ein letzter Rest Misstrauen in seinem Blick.

    „Entschuldigen Sie bitte. Ich dachte, Sie sind wieder jemand von der Presse oder vom Tierschutz oder weiß der Geier wer sich hier in den letzten Tagen die Klinke in die Hand gibt."

    „Das hört sich so an, als ob es hier ziemlich hoch her geht in der letzten Zeit."

    „Das können Sie annehmen. Die Presse schnüffelt hier rum, stellt Fragen… Kein Wunder, Rudolf war ein sehr bekannter Musher."

    Nele hatte keine Ahnung was ein Musher war, sie wollte aber auch nicht nachfragen. Womöglich blamierte sie sich dann bloß. Sicher konnte ihr dabei später das Internet weiter helfen.

    „Und warum waren Leute vom Tierschutz hier?", fragte sie stattdessen.

    Er winkte ab. „Ach, das Übliche. Rudolf hatte schon immer Stress mit denen. Sie

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