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Mutter, Vater, Kuckuckskind
Mutter, Vater, Kuckuckskind
Mutter, Vater, Kuckuckskind
eBook386 Seiten4 Stunden

Mutter, Vater, Kuckuckskind

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Über dieses E-Book

Manchmal ändert sich durch eine belanglose Geschichte, die man zufällig erfährt, das ganze Leben.
Als Simon mit seinen Kumpels in der Kneipe ein Feierabendbier trinkt, erzählt sein Freund Waldemar von einem Arbeitskollegen, dessen Frau ihm ein Kuckuckskind untergeschoben hat. Waldemar und Simon machen heimlich einen Vaterschaftstest und Simon erfährt etwas Unfassbares. Seine Tochter Jule ist nicht sein leibliches Kind. Für ihn bricht eine Welt zusammen. Er begibt sich auf Spurensuche und macht eine weitere unglaubliche Entdeckung. Jessica ist auch nicht Jules leibliche Mutter. Simon kann es nicht glauben. Wer sind Jules Eltern wirklich? Was hat Jessica mit all dem zu tun? Während er nach der Wahrheit sucht, findet Jessica heraus, dass ihr Geheimnis gelüftet wurde.

Ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum23. Nov. 2023
ISBN9783755461821
Mutter, Vater, Kuckuckskind

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    Buchvorschau

    Mutter, Vater, Kuckuckskind - Michelle Zerwas

    1

    2023

    „Ein Kuckuckskind, stellt euch das mal vor. Waldemar trank einen großen Schluck aus seinem Bierglas. „Das ist doch verrückt.

    „Was ist verrückt?", fragte Simon, der gerade an den Tisch gekommen war und Waldemars letzte Worte gehört hatte.

    „Ey, da bist du ja endlich", sagte Florian und gab seinem Kumpel einen kräftigen Schlag auf die Schulter, als dieser sich mit an den Tisch setzte.

    „He Jupp!, rief Carsten, der vierte in der Runde dem Wirt am Tresen zu. „Wir hätten gern noch ne Runde! Er hob sein leeres Bierglas.

    „Bring ich euch sofort!", rief Jupp zurück.

    „Was ist denn nun verrückt?", fragte Simon nochmal nach, da seine Neugier noch nicht gestillt worden war.

    Waldemar trank sein Bierglas leer, bevor er antwortete. „Der Thorsten, mein Arbeitskollege hat erfahren, dass sein Sohn nicht sein Sohn ist. Die Petra hat ihm den Moritz heimlich untergeschoben."

    „Kuckuckskind nennt man so was", sagte Carsten.

    „Is ja en Ding." Simon riss ungläubig die Augen auf.

    „Ja, krass, oder? Ich wollte es erst auch nicht glauben, sprach Waldemar weiter. „Das hätte ich der Petra gar nicht zugetraut.

    „Wie ist es raus gekommen?", fragte Florian.

    Waldemar setzte gerade zu einer Antwort an, da trat Jupp an den Tisch, um die nächste Runde Bier zu bringen.

    „Auf dich ist Verlass", sagte Carsten an Jupp gewandt.

    „Lasst es euch schmecken, Jungs." Er sammelte die leeren Biergläser ein und verschwand wieder hinter seiner Theke.

    „Erzähl!, richtete Florian das Wort an Waldemar. „Wie ist die ganze Sache raus gekommen?

    „Wie das halt so ist, durch einen dummen Zufall."

    „Geht das auch etwas konkreter?", bohrte Florian weiter.

    Waldemar stärkte sich mit einem weiteren Schluck Bier, bevor er weiter sprach. „Der kleine Moritz hat so eine seltene Krankheit bekommen, den Namen weiß ich nicht mehr. Jedenfalls kann die Krankheit nur vom Vater vererbt werden. Thorsten hat sich daraufhin testen lassen und es hat sich herausgestellt, dass er dieses Gen gar nicht in sich trägt. Mit hundertprozentiger Sicherheit kann Moritz nicht Thorstens Sohn sein. Tja, dumm gelaufen.  Da musste Petra Farbe bekennen und tatsächlich hat sie wohl auf einer Betriebsfeier was mit einem Kollegen gehabt. Angeblich nur ne einmalige Sache, aber dabei hat sich Klein Moritz auf den Weg gemacht."

    „Scheiße!", sagte Florian.

    „Das kannst du laut sagen. Waldemar leerte sein Bierglas zur Hälfte. „Tja, Leute. So kann es gehen. Da ahnst du nichts Böses, vertraust deinem Weib und dann schiebt sie dir ein Kind unter. Da kommt man schon ins Grübeln.

    „Mathilda und Marlon sind garantiert von dir", versicherte Florian seinem Kumpel Waldemar.

    „Das dachte ich bisher auch, aber nach Thorstens Story glaube ich gar nichts mehr. Er hat auch gedacht Moritz ist sein Sohn."

    „Also Jule ist garantiert meine Tochter, bekräftigte Simon. „Das kann gar nicht anders sein.

    „Ich bin mir auch ganz sicher, dass alle meine drei Kinder von mir sind, sagte Florian. „Meine Frau würde mich niemals betrügen.

    „Ich weiß ja, dass Nils nicht mein leiblicher Sohn ist, sagte Carsten. „Verena hat ihn mit ihrem ersten Mann bekommen, aber er ist für mich wie ein Sohn, auch wenn er einen anderen Papa hat und Emma ist hundert pro von mir. Ich war bei ihrer Zeugung dabei.

    „Schön, dass ihr euch alle so sicher seid, meinte Waldemar. „Ich habe nach der Geschichte beschlossen einen Vaterschaftstest zu machen. Sicher ist sicher.

    „Findest du nicht, du übertreibst?", fragte Simon.

    „Ne Freunde, man kann nicht vorsichtig genug sein."

    „Du willst das echt durchziehen?", fragte Florian.

    „Alter, so ein Test ist schweineteuer", mischte sich Carsten ein.

    „Das ist es mir wert und das sollte es euch auch sein."

    „Wo kann man so was überhaupt machen lassen?", wollte Florian wissen.

    „In der Apotheke zum Beispiel oder man bestellt online einen Test."

    „Im Ernst? So einfach ist das?", fragte Simon.

    „Und wann bekommt man das Ergebnis?" Carstens Neugier war nun ebenfalls geweckt.

    „Innerhalb weniger Tage hat man Gewissheit. Ihr seid ganz schön neugierig, dafür dass ihr euch so sicher seid mit eurer Vaterschaft." Waldemar trank sein Glas leer und hielt es für Jupp in die Luft, um ihm zu signalisieren, dass er auf dem Trockenen saß.

    „Was kostet denn sowas?", fragte Florian.

    „Da können schon mehrere hundert Euro zusammen kommen."

    Carsten blies die Backen auf. „Wow, ein stolzer Preis. Willst du wirklich so viel ausgeben?"

    „Gewissheit hat nun mal ihren Preis."

    Carsten, Simon und Florian hoben fast zeitgleich ihre Biergläser und tranken daraus. Sie wehrten sich noch dagegen, aber Waldemar hatte Zweifel gesät. Er hatte ihnen dieses winzige Samenkorn des Zweifels eingepflanzt und es begann sofort zu keimen. Doch da war auch die Angst, die ihnen leise zuflüsterte und sie davor warnte den Dingen auf den Grund zu gehen. Womöglich entdeckten sie dann Dinge, die sie nicht wissen wollten.

    „Na, auf einmal so still, Jungs", sprach Waldemar weiter.

    „Du kannst nicht mit so einer Story um die Ecke kommen und erwarten, dass das einfach an uns abprallt", verteidigte sich Carsten.

    „Genau so ging es mir auch. Mal ehrlich, wollt ihr nicht auch absolute Gewissheit?"

    Simon, Florian und Carsten sahen sich an. Keiner von ihnen wollte seine Zweifel zugeben, denn schließlich waren sie sich alle sicher der Vater ihrer Kinder zu sein. Daran hatten sie bisher geglaubt und sie wollten auch in Zukunft daran glauben. Keiner von ihnen wollte riskieren, dass ihre mühsam geschaffene Welt, die glückliche Familie, zusammen brach.

    „Denkt einfach mal darüber nach, Jungs. Ich brauchte auch ein paar Tage, aber nun möchte ich es genau wissen. Ich mache diesen Test."

    „Dafür brauchst du Speichelproben von deinen Kindern", sagte Florian.

    „Haare gehen auch, erwiderte Waldemar. „Und da ist leicht dran zu kommen. Jeden Morgen hängen genug in der Haarbürste.

    „Hast du keine Angst, dass deine Frau davon erfährt?, fragte Carsten. „Wie wird sie es wohl finden, wenn du ihr misstraust?

    „Sie muss es ja nicht erfahren. Wenn das Ergebnis zeigt, dass es meine Kinder sind, ist doch alles gut und wir können glücklich als Familie weiter leben."

    Florian trank sein Bier aus. „Braucht man nicht die Einwilligung der Mutter, wenn man so einen Test machen will?", fragte Florian.

    „Na und?, sagte Waldemar zu ihm. „Du wirst es ja wohl hinkriegen die Unterschrift deiner Frau zu fälschen.

    „Ich soll eine Straftat begehen?" Florian wirkte erschrocken.

    „Stell dich mal nicht an, Junge, sagte Waldemar. „Man steht doch sein ganzes Leben ständig mit einem Bein im Knast. Trink lieber noch einen.

    „Nee, lass mal stecken, ich muss los. Ich habe versprochen nicht so spät nach Hause zu kommen."

    „Ich komme mit, sagte Carsten. „Ich muss Nils vom Fußballtraining abholen.

    Florian und Carsten ließen einige Geldscheine und Münzen auf dem Tisch zurück, ehe sie gingen.

    „Macht’s gut, Jungs", sagte Waldemar.

    „Mach es besser", erwiderte Florian.

    Simon und Waldemar blieben allein zurück.

    Simon spielte mit einem Bierdeckel herum und wirkte nachdenklich.

    „Was ist los, Alter?, fragte Waldemar. „Dich beschäftigt doch was.

    „Mir ist da was eingefallen. Erinnerst du dich an damals, als meine Frau schwanger war?"

    Waldemar kramte in seinem Gedächtnis, kam aber nicht drauf. Immerhin war es schon fast 9 Jahre her.

    „Ich fürchte, du musst mir auf die Sprünge helfen."

    „Wir waren regelrecht euphorisch, als wir wussten, dass wir ein Kind bekommen, doch dann von einem Tag auf den anderen, wurde Jessica so komisch. Sie wollte keinen Sex mehr. Ich durfte sie nicht mal mehr berühren."

    „Ja, jetzt erinnere ich mich. Das hat dich damals richtig fertig gemacht. Du hast dich noch mehr in deine Arbeit vergraben und bist kaum noch zu unseren Treffen gekommen."

    „Jessica hat es auf die Hormone geschoben und behauptet, sie hätte deshalb keine Lust mehr auf Sex. Es wurde erst besser, als Jule auf der Welt war."

    „Und du warst bei der Geburt nicht dabei", erinnerte Waldemar sich.

    „Stimmt, das kommt auch noch dazu."

    „Im Nachhinein betrachtet, kommt einem das noch merkwürdiger vor als damals", überlegte Waldemar.

    „Meinst du, sie hatte was mit einem anderen?" Erst als Simon die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm die Tragweite so richtig bewusst. Hatte er womöglich acht Jahre lang ein fremdes Kind aufgezogen? Was wenn sein Leben gar nicht so perfekt war, wie er es bisher angenommen hatte?

    „Mach einen Test und du weißt Bescheid, sagte Waldemar. „Ich habe mich informiert. Die sind zu 99,9 Prozent sicher. Es kann nichts schief gehen.

    „Ich weiß nicht. Ich will Jessica nicht hintergehen."

    „Alter, deine Prinzipien in allen Ehren, aber was, wenn sie dich hintergangen hat? Willst du das dann nicht wissen?"

    „Doch, schon."

    „Pass auf! Wir machen den Test. Am Montag treffen wir uns nach Feierabend vor der Apotheke. Übers Wochenende sammeln wir ein paar Haare von den Kindern. Deal?" Er hielt Simon seine Hand hin.

    Simon zögerte noch einen Augenblick, dann schlug er ein. „Deal." Kurz meldete sich sein schlechtes Gewissen, weil er seiner Frau misstraute. Sie führten eine gute Ehe, sie waren glücklich. Natürlich gab es einige Aufs und Abs, aber gab es die nicht in jeder Beziehung?

    „So, und jetzt zischen wir noch eins", sagte Waldemar und riss Simon damit aus seinen Gedanken. Mit knappen Gesten signalisierte er Jupp, dass er noch zwei Bier bringen sollte.

    2

    2023

    Am Ende waren es noch einige Bier mehr geworden und Simon fühlte sich ein kleines bisschen betrunken, als er nach Hause lief. Es war ein herrlicher Sommertag und das machte es nicht gerade besser. Der Alkohol war ihm ordentlich zu Kopf gestiegen. Zum Glück musste er ein gutes Stück nach Hause laufen. Er hoffte, dass sich bis dahin sein Alkoholpegel ein wenig normalisiert hatte. Das war nämlich etwas, was Jessica absolut nicht leiden konnte, wenn er betrunken nach Hause kam. Er hatte keine Lust auf Streit.

    Als er nach einer Weile, die Strecke war ihm heute endlos vorgekommen, in seine Straße einbog, kam seine Tochter Jule ihm auf dem Fahrrad entgegen.

    „Hallo, Papa!, rief sie aufgeregt und begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln. „Guck mal, was ich kann! Sie nahm eine Hand vom Lenker und fuhr einhändig.

    „Toll!", rief Simon.

    Da tauchte auch schon Mirabella auf, Jules beste Freundin. Sie kam in einem Affenzahn mit dem Fahrrad angesaust.

    „Ich kann sogar freihändig fahren!", kreischte sie und nahm für einige Sekunden beide Hände vom Lenker.

    „Super macht ihr das!, rief Simon. „Aber seid vorsichtig. Doch seine Warnung hörten die beiden nicht mehr. Sie waren mit den Fahrrädern schon wieder auf dem Weg die Straße hinunter.

    „Das wilde, draufgängerische hat sie auf jeden Fall von mir, murmelte Simon. „Das kann gar nicht anders sein. Er legte die letzten Schritte zu seinem Haus zurück und schritt durch die Gartenpforte. Nicht ohne Stolz näherte er sich der Haustür. Er hatte sich und seiner Familie den Traum vom Eigenheim erfüllt.

    Als er die Haustür öffnete, drang ein köstlicher Duft in seine Nase. Offenbar hatte Jessica sich dazu entschieden etwas zu kochen, obwohl es dafür eigentlich viel zu heiß war. Als Simon in die Küche trat, stand Jessica am Herd und rührte in einem Topf. Sie trug eine kurze Hose, die so kurz war, dass sie nur knapp ihren Po bedeckte und ein Top, ihre Haare hatte sie zu einem Dutt nach oben gesteckt. Sie wirkte immer noch sehr anziehend auf Simon, auch nach über zehn Jahren Beziehung. Kurz dachte er daran sie in der Küche zu verführen. Doch dann machte Jessica mit einer einzigen Bemerkung all seine Pläne zunichte.

    „Du wolltest doch heute früher nach Hause kommen", warf sie ihm vor.

    „Ja, tut mir leid. Ich habe mich noch mit den Jungs getroffen nach der Arbeit."

    „Das ist mal wieder typisch, schimpfte Jessica. „Du hattest Jule versprochen die Fahrradreifen aufzupumpen. Das ist mal wieder an mir hängen geblieben.

    „Es tut mir leid. Kann ich es irgendwie wieder gut machen?"

    „Wenn du den Tisch deckst, wäre das schon mal ein guter Anfang", sagte Jessica. Sie klang immer noch ein bisschen wütend, aber Simon wusste dennoch, dass Jessicas Wut bald verraucht sein würde.

    Er ging zum Küchenschrank, um Teller und Besteck zu holen. Dafür musste er an Jessica vorbei und konnte einfach nicht widerstehen. Er umarmte Jessica von hinten und ließ seine Hand zu ihrem Po wandern, streichelte ihn und schob seine Hand in Jessicas Hose.

    Sie stöhnte lustvoll auf. Simons Finger bahnten sich ihren Weg. Sie wussten, wo sie hin mussten, um Jessica zur Besinnungslosigkeit zu treiben.

    „Du siehst so heiß aus. Sein Mund näherte sich ihrem Ohr. „Ich will dich. Jetzt und hier.

    „Du stinkst nach Bier", erwiderte Jessica. Trotzdem drehte sie sich in seinen Armen zu ihm herum, ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuss.

    Simon streifte Jessicas Hose mitsamt ihrem Slip herunter, danach öffnete er seine Hose und befreite sein bestes Stück aus dem Gefängnis. Er hob Jessica auf die Küchentheke und nahm sie in Besitz. Jessica schlang ihre Beine um ihn, damit sie ihn noch intensiver spüren konnte. Simon versuchte die Gedanken und Zweifel aus seinem Kopf zu verbannen, während er seine Frau dem Höhepunkt entgegen trieb, doch es gelang ihm nur zum Teil und schließlich verweigerte sein bestes Stück ohne die geringste Vorankündigung seinen Dienst. Beschämt und wütend auf sich selbst zog er sich aus Jessica zurück.

    „Verdammte Scheiße!", entfuhr es ihm.

    Jessica küsste ihn, obwohl sie seine Alkoholfahne unangenehm fand. „Du hattest bestimmt einen harten Tag. Wir probieren es ein anderes Mal wieder. Ich liebe dich."

    „Ich liebe dich auch."

    Sie sahen sich tief in die Augen und in diesem Moment konnte Simon sich nicht vorstellen, dass seine geliebte Frau ihm all die Jahre etwas vorgemacht hatte. Waldemar hatte ihm einen Floh ins Ohr gesetzt. Jule war seine Tochter. Er hatte nicht den geringsten Grund daran zu zweifeln. Da hörten sie auf einmal die Haustür und sie sahen sich einen kurzen Moment erschrocken an. Sie zogen rasch ihre Hosen wieder nach oben und schafften es gerade noch, bevor Jule in die Küche kam.

    Jessica und Simon warfen sich einen kurzen Blick zu. Sie wirkten beide verlegen. Um ein Haar hätte ihre kleine Tochter sie in flagranti erwischt. Das war gerade nochmal gut gegangen.

    „Wann gibt es essen?", fragte Jule.

    „Gleich, mein Schatz." Jessica widmete sich wieder den Töpfen auf dem Herd.

    „Ich gehe hoch und ziehe mich um", sagte Simon. Bevor Jessica ihn aufhalten und daran erinnern konnte, dass er den Tisch decken wollte, hatte Simon den Raum schon verlassen.

    Simons Weg endete im Schlafzimmer. Dort entledigte er sich seiner Klamotten. Er vermied es in den Spiegel am Kleiderschrank zu schauen. Nach dem Desaster vorhin fühlte er sich miserabel und daran war einzig und allein Waldemar Schuld. Sollte er doch weiter rum spinnen, Simon hatte jedenfalls keine Lust sich sein Leben kaputt machen zu lassen, bloß wegen eines albernen Hirngespinstes.

    Er schlüpfte schnell in einen Trainingsanzug, den er gerne zu Hause trug, um es sich gemütlich zu machen. Dann schlurfte er ins Bad und sah sich dort um. Er wusste selbst nicht, warum er überhaupt hinein gegangen war. Da fiel sein Blick auf die Haarbürste, die auf der Ablage über dem Waschbecken lag. Als er näher heran ging, entdeckte er, dass sie voller Haare war und es waren eindeutig Jules Haare, denn sie waren braun und nicht blond, wie Jessicas Haare. Er zögerte kurz, dann nahm er die Bürste in die Hand und zupfte einige Haare heraus, ließ aber noch eine ordentliche Menge übrig, damit Jessica keinen Verdacht schöpfte. Dann fiel sein Blick auf Jules Zahnbürste. Sie war vielleicht auch ganz brauchbar, aber es würde schwierig werden sie heimlich zu entwenden. Vielleicht konnte er nächste Woche dieselbe nochmal kaufen und heimlich austauschen.

    „Simon, kommst du?, hörte er Jessica von unten rufen. „Das Essen wird kalt.

    „Ich bin schon auf dem Weg!", rief er zurück. Noch immer hielt er die Haare in der Hand. Wo sollte er jetzt damit hin? Hektisch sah er sich im Bad um. Er öffnete den Schrank neben dem Waschbecken und entdeckte zu seinem Glück eine Rolle mit kleinen Tüten, in denen Jessica immer ihre Abschminkpads und diverse andere Dinge entsorgte. Er nahm sich eine Tüte, steckte die Haare hinein und knotete sie gut zu. Anschließend steckte er sie in seine Hosentasche. Vielleicht konnte er später unter einem Vorwand nochmal das Haus verlassen und seine Beute im Auto verstecken. Er fühlte sich schuldbewusst, als er nach unten ging. Es war nicht richtig Jessica zu hintergehen. Sie waren bisher immer ehrlich zueinander gewesen. Hoffentlich merkte sie ihm sein schlechtes Gewissen nicht an. Jule und Jessica saßen schon am Küchentisch und warteten ungeduldig auf ihn.

    „Papa, wo bleibst du denn?, sagte Jule vorwurfsvoll. „Ich hab Hunger.

    „Ich bin ja schon da, mein Schatz. Er ließ sich am Tisch nieder und vermied es Jessica anzusehen. Stattdessen richtete er das Wort wieder an Jule. „Wer hat denn das Fahrradrennen gewonnen, du oder Mirabella?

    „Ich natürlich", sagte Jule und zerdrückte eine Kartoffel auf ihrem Teller.

    „Klar, das habe ich mir gedacht."

    „Ich habe heute eine Eins in der Schule bekommen", berichtete Jule stolz.

    „Toll. Ich bin stolz auf dich", sagte Simon.

    Während des Essens plapperte Jule munter weiter, erzählte von der Schule, vom Reitunterricht und vom Ballett. Jessica musste sie mehrmals ermahnen nicht mit vollem Mund zu reden. Simon beteiligte sich kaum am Gespräch, er war damit beschäftigt seine Tochter intensiv zu mustern. Er suchte nach Ähnlichkeiten, die bewiesen, dass sie wirklich seine Tochter war, aber er konnte nichts entdecken. Wie war das möglich? Hatte er sich die Ähnlichkeit in den letzten Jahren nur eingebildet und lediglich gesehen, was er sehen wollte? Er betrachtete Jessica und verglich ihr Aussehen mit Jules. Zu seiner Verwunderung konnte er bei den beiden auch keine große Ähnlichkeit entdecken.

    Vielleicht kommt sie nach ihren Großeltern, überlegte Simon. Das war möglich.

    „Papa, du hörst mir gar nicht zu", beschwerte sich Jule.

    „Tut mir leid, mein Schatz. Ich musste gerade an meine Arbeit denken. Was hast du gesagt?"

    „Mirabella bekommt ein Pony zum Geburtstag. Ich möchte auch ein Pony."

    „Oh." Er warf Jessica einen hilfesuchenden Blick zu.

    „Ein eigenes Pony macht sehr viel Arbeit, sagte Jessica. „Dafür bist du noch zu klein.

    „Ich bin nicht klein. Mirabella ist so alt wie ich", argumentierte Jule.

    „Ja, schon, aber ihre Mama reitet auch. Sie kennt sich aus mit Pferden und kann Mirabella helfen."

    „Dann musst du auch reiten."

    „Na, das fehlt mir gerade noch." Sie warf Simon einen Blick zu, der ihn dazu aufforderte auch etwas zu sagen.

    „Es gibt doch ganz viele Ponys im Stall. Du kannst immer ein anderes reiten. Wenn du dein eigenes Pony hast, kannst du nur noch das eine reiten. Das wird irgendwann langweilig."

    Jule dachte über die Worte ihres Vaters nach.

    „Dann kannst du Sternchen nicht mehr reiten", sprang Jessica auf den Zug auf. Sternchen war Jules absolutes Lieblingspony und das schien sie tatsächlich zu überzeugen.

    „Na gut, gab sie nach. „Vielleicht kann ich Mirabellas Pony auch mal reiten.

    „Das kannst du ganz bestimmt", sagte Jessica.

    Nach dem Essen räumte Simon den Tisch ab, während Jessica Jule in die Badewanne steckte und bettfertig machte. Da klingelte auf einmal sein Handy.

    „Waldemar, was gibt’s?"

    „Es geht nochmal um die Sache. Du weißt schon."

    Simon ging zur Küchentür und schloss sie leise. Er wollte nicht, dass Jessica etwas aufschnappte.

    „Ja, und?", sagte Simon.

    „Planänderung", flüsterte Waldemar. Offenbar nahm er sich ebenfalls vor seiner Frau in acht.

    „Was soll das heißen? Blasen wir das Ganze ab?"

    „Nein, ich habe nochmal geguckt vorhin. Es gibt einen Selbsttest für zu Hause. Niemand wird etwas merken. Wir nehmen Proben und schicken sie an ein Labor."

    „Ich habe vorhin Haare von Jule gesammelt."

    „Die brauchst du nicht. Wir brauchen eine Speichelprobe."

    „Und wie soll ich da dran kommen?"

    „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber in dem Fall kommt uns dieses verflixte Corona tatsächlich mal zu Hilfe. Behaupte einfach, es ist ein Corona Test."

    „Das könnte funktionieren", überlegte Simon.

    „Klar funktioniert das. Also soll ich die Tests nun bestellen? Wenn ich sie heute bestelle, kommen sie am Dienstag an."

    „Okay, von mir aus."

    „Gut. Ich melde mich, wenn sie da sind. Bis dann."

    „Ciao, Alter." Simon legte auf und öffnete die Küchentür wieder. Jessica hatte nichts bemerkt. Sie war immer noch oben mit Jule beschäftigt. Simon nahm die Tüte mit den Haaren aus seiner Tasche und entsorgte sie ganz tief im Müll. Danach brachte er die Küche auf Vordermann, damit Jessica keinen Grund hatte mit ihm zu meckern.

    Als er gerade den letzten Teller in den Schrank zurück stellte, kam Jessica in die Küche.

    „Es war wieder ein ganz schöner Kampf, aber sie schläft jetzt." Jessica trat auf Simon zu und legte ihre Hand auf seine Brust. „Ich hätte eine Idee, wie wir den Abend ausklingen lassen könnten. Sie fuhr mit ihrer Hand über Simons Bauch nach unten und verweilte am Bund seiner Hose. Simons bester Freund fand die Idee super, Simon hingegen zögerte einen Moment. Er wollte nicht, dass sich die Katastrophe vom frühen Abend wiederholte.

    Jessica küsste ihn. „Wir müssen doch ausprobieren, ob es wieder geht", sagte sie. Ihre Hand glitt in Simons Hose und mehr Überzeugungsarbeit brauchte es an diesem Abend nicht mehr.

    3

    2014

    Simon wuchtete seinen Koffer und die Reisetasche die Eingangsstufen nach oben zu seiner Haustür. Wieder einmal war eine seiner zahlreichen Geschäftsreisen zu Ende gegangen und er freute sich zu seiner Frau zurückzukehren. Er wurde bereits sehnsüchtig erwartet, denn als er die Haustür öffnete, kam Jessica aus der Küche in den Flur. Simon ließ seine Reisetasche fallen und breitete seine Arme aus, um Jessica in Empfang zu nehmen, die sich sofort hinein stürzte. Sie versanken in einem leidenschaftlichen Kuss und holten nach, worauf sie in den letzten Tagen hatten verzichten müssen.

    „Ich habe dich so sehr vermisst", sagte Jessica.

    „Ich dich auch. Ich konnte es kaum erwarten wieder hier zu sein und ausgerechnet mein Flug musste Verspätung haben."

    „Jetzt bist du ja da. Sie küssten sich erneut. „Was macht dein Projekt? Läuft alles nach Plan?

    „Jetzt ja, aber es wurde höchste Zeit, dass ich vor Ort nach dem Rechten sehe. Das Hotel nimmt Formen an. Ich denke, wir schaffen es bis zur geplanten Eröffnung."

    „Das klingt toll. Ich freue mich für dich und nun komm. Sie nahm Simons Hand. „Ich habe eine Überraschung für dich, eigentlich zwei, aber eins nach dem anderen.

    Sie führte Simon in die Küche. Der Tisch war liebevoll gedeckt und mit Blumen, Kerzen und kunstvoll gefalteten Servietten geschmückt.

    „Das sieht schön aus", sagte Simon und schenkte seiner Frau ein strahlendes Lächeln.

    Ein köstlicher Duft erfüllte die Küche und erinnerte Simon daran, dass er seit dem frühen Vormittag nichts mehr gegessen hatte.

    „Ich habe dein Lieblingsessen gemacht."

    „Sauerbraten", riet Simon.

    „Genau."

    „Du bist ein Engel."

    Jessica lächelte. „In den letzten Tagen hast du am Hotelbuffet sicher noch bessere Dinge bekommen."

    „Aber es schmeckt nirgendwo so gut wie zu Hause", sagte Simon.

    Jessica servierte das Essen, während Simon seinen Platz am Tisch einnahm. Auf seinem Teller entdeckte er ein schwarzes Kästchen. Es erinnerte ihn an das Kästchen, in dem er Jessica vor seiner Abreise ein goldenes Armband überreicht hatte.

    „Du hast ein Geschenk für mich?", stellte Simon fest.

    „Ja."

    „Ich habe auch etwas für dich, aber es ist ganz tief im Koffer vergraben."

    Er brachte Jessica immer Geschenke von seinen Geschäftsreisen mit, weil er es einfach liebte seiner Frau Geschenke zu machen.

    „Soll ich es sofort aufmachen oder bis nach dem Essen warten?"

    „Ganz wie du magst."

    Simon öffnete die Schleife aus rotem Geschenkband und legte das Band neben seinen Teller. Dann öffnete er das Kästchen und wusste zunächst nichts mit dem Inhalt anzufangen. Auf dem schwarzen Samt lag eine Art Teststreifen.

    „Wir sind schwanger, half Jessica ihrem Mann auf die Sprünge. „Du wirst Papa.

    Simon sah Jessica zuerst ungläubig an. Er konnte es nicht fassen und es dauerte einen Moment, bis diese Nachricht vollständig in sein Bewusstsein eingedrungen war. Doch dann überwiegte die Freude. Ein strahlendes Lächeln verwandelte seinen Gesichtsausdruck.

    „Ist das wahr? Ist das wirklich wahr?"

    „Ja. Ich hatte schon seit einer Weile den Verdacht und gestern Abend habe ich einen Test gemacht. Er ist positiv. Am Montag habe ich einen Termin beim Arzt."

    „Ich kann es nicht glauben. Das ist einfach der Wahnsinn. Wir bekommen ein Kind." Simon sprang auf, reichte seiner Frau die Hände und wirbelte glücklich mit ihr durch die Küche. Jessica war die Frau seiner Träume und nun wurde ihre Liebe durch ein Kind gekrönt. Ein größeres Geschenk hätte es für ihn nicht geben können.

    Als er endlich inne hielt, legte er sanft die Hand auf den Bauch seiner Frau. „Es ist ein Wunder", sagte er und küsste Jessica voller Leidenschaft. Danach kniete er vor ihr nieder und küsste den Bauch, der zwar noch flach war, aber bereits ein winziges Wesen sicher in sich beherbergte.

    „Hallo, kleines Wesen. Hier spricht dein Papa. Wir freuen uns auf dich."

    Jessica war gerührt von Simons liebevollem Verhalten. Sie hatte zwar gewusst, dass Simon ein liebevoller Vater werden würde, aber seine Reaktion

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