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Élise & Maé
Élise & Maé
Élise & Maé
eBook435 Seiten6 Stunden

Élise & Maé

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Über dieses E-Book

Nach Jahren entwickelt Maé erneut Gefühle für ihre ehemalige Lehrerin Élise. Die erste Kontaktaufnahme verläuft postiv, doch danach bricht Élise den Kontakt ab. Maé gibt allerdings nicht so schnell auf und beschließt übers Wochenende zu ihr zu fahren. Sie besucht den Tag der offenen Tür an Élises Schule und sie verbringen eine schöne Zeit miteinander, in der sie sich sogar ein wenig näherkommen. Für Maé beginnt ein Kampf um ihre große Liebe, denn Élise ist mit einem Mann verheiratet und steht nicht auf Frauen. Eines Tages plant eine Kollegin eine gemeine Intrige gegen Élise und lässt es so aussehen, als ob Maé dahintersteckt. Für Élise bricht ihre heile Welt in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Nichts ist mehr so, wie es war, ihr Leben versinkt im Chaos. Doch Maé versucht mit allen Mitteln Élises Vertrauen zurückzugewinnen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum13. Sept. 2017
ISBN9783736894341
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    Buchvorschau

    Élise & Maé - Michelle Zerwas

    Vorwort

    Nur Träume verraten, was man wirklich fühlt…

    Traum

    Ich saß im Unterricht zwischen all meinen Mitschülern. Während die Mehrheit der Klasse sich auf den Unterricht konzentrierte und eifrig mitschrieb, hatte ich nur Augen für meine Lehrerin Frau Thalheim oder Élise, in meinen Träumen nannte ich sie beim Vornamen.

    Sie stand an der Tafel, schrieb einige Sätze auf und erklärte uns anhand dessen die englische Grammatik, was mich so gar nicht fesselte. Élise hatte keine Chance mit ihrem Englischunterricht bei mir zu punkten, aber sie schaffte es, mich mit ihrem einzigartigen Lächeln in ihren Bann zu ziehen. Ich spürte die Freude, die ihr das Unterrichten bereitete, mit großer Freude gestaltete sie ihren Unterricht und ihr unverwechselbares Lächeln durfte da nicht fehlen. Wenn man einmal dieses Lächeln gesehen hatte, wollte man nie mehr etwas anderes sehen.

    Traum

    Wieder einmal saß ich in Élises Unterricht. In meiner Schultasche verbarg ich einen Brief, der für Élise bestimmt war. Die ganze Stunde überlegte ich, wie ich es am Ende der Stunde schaffen könnte, mit ihr allein im Klassenzimmer zurückzubleiben. Ich wollte ihr den Brief geben, ohne dass meine Mitschüler Zeugen davon wurden.

    Traum

    In meinem nächsten Traum war Élise bei mir zu Besuch, doch danach hat sie sich nicht mehr bei mir gemeldet.

    Traum

    Die Schule lässt einen wohl nie vollständig los…

    Ich befand mich auf der Abschlussfeier meiner damaligen Schule und habe die ganze Zeit Élise gesucht, weil ich gehofft hatte sie zu sehen und mit ihr reden zu können. Sogar zum Lehrerzimmer bin ich gegangen und habe mich nach ihr erkundigt, aber ich konnte sie nicht finden.

    Traum

    Mein Handy piepste und zeigte das Eintreffen einer neuen Nachricht an, eine Nachricht von Élise. Mein Herz machte Luftsprünge vor Freude. Wir schrieben eine ganze Weile hin und her und plötzlich antwortete sie einfach nicht mehr. Ich konnte schreiben, was ich wollte, sie reagierte nicht mehr darauf.

    Träume zeigen die wahren und verborgenen Hoffnungen, Wünsche und Ängste, denen man sich in der Realität vielleicht noch nicht mal bewusst ist.

    Manchmal tauchen Menschen in unseren Träumen auf, die wir längst vergessen glaubten. Doch unser Unterbewusstsein vergisst niemals. Wenn man einen Menschen in sein Herz geschlossen hatte, war dieser Mensch auf ewig ins Herz eingebrannt und löste gute oder schlechte Erinnerungen aus.

    1. Kapitel

    Endlich waren wir an unserem Ziel angekommen. Die Fahrt war lang gewesen, aber ich hatte das Glück Élises Gegenwart genießen zu dürfen, denn sie hatte während der ganzen Fahrt neben mir gesessen. Wir waren zusammen mit einigen anderen Schülern unterwegs, die zum Teil aus meiner Klasse waren, aber auch mir völlig unbekannte Schüler befanden sich darunter, letztere waren sogar etwas jünger.

    Während alle anderen Schüler zum Hotel voraus liefen, in dem wir die nächsten Tage unserer Klassenfahrt verbringen sollten, nahm Élise sacht meine Hand und gemeinsam schlenderten wir Hand in Hand Richtung Eingang. Auch während des Aufenthaltes im Hotel, konnte Élise es nicht lassen mich zu küssen oder mir auf andere Art und Weise Zärtlichkeiten zukommen zu lassen, durch liebevolle Berührungen, Blicke und Gesten. Es war uns beiden egal, was die Schüler dachten, aber seltsamerweise störte sich niemand daran. Ich fühlte mich wohl in Élises Nähe, geborgen und geliebt.

    Das Klingeln ihres Handys ließ Maé abrupt aus ihrem Schlaf schrecken. Sie musste sich zunächst einmal orientieren und ehe sie ihrem Gehirn den Befehl geben konnte aus dem Bett zu springen und den Anruf entgegenzunehmen, verstummte das Klingeln, so plötzlich wie es angefangen hatte.

    Maé drehte sich auf den Rücken und schloss wieder die Augen. Warum hatte das Handy ausgerechnet jetzt klingeln müssen? Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte es dafür wirklich nicht geben können. Der Traum von Élise war so real gewesen, so wunderschön. Jede einzelne Berührung von ihr, hatte sie ganz genau gespürt. Es war lange her, dass Maé solch einen schönen Traum gehabt hatte. Am liebsten wäre sie nie wieder aufgewacht. Nun, da sie wach war, wünschte sie sich, den Traum in der nächsten Nacht weiterträumen zu können, doch sie wusste, dass das unmöglich war und bedauerte diese Tatsache. Noch nie in ihrem Leben hatte sie den Wunsch verspürt, einen ihrer Träume weiterträumen zu können. Sie hatte große Sehnsucht nach Élise und wünschte sich nichts sehnlicher, als sie in diesem Moment bei sich zu haben.

    Erneut meldete sich ihr Handy zu Wort und signalisierte ihr den Eingang einer neuen SMS. Es war offensichtlich, dass irgendjemand sie ganz dringend erreichen wollte.

    Lustlos kroch sie aus dem Bett und machte sich auf die Suche nach ihrem Handy. Weit weg konnte es nicht sein, da es immerhin die Frechheit besessen hatte, sie aus einem wunderschönen Traum zu reißen.

    Endlich fand sie es auf ihrem chaotischen Schreibtisch und öffnete die Textnachricht.

    Wo bleibst du? Wir waren für 10 Uhr verabredet. LG Lena

    „Oh verdammt, fluchte Maé laut. „Das habe ich ja total vergessen. Schnell wählte sie die Nummer ihrer besten Freundin, die bereits nach dem ersten Klingeln das Gespräch annahm.

    „Na endlich. Sag mal, wo bleibst du? Ich warte hier schon seit einer halben Stunde auf dich."

    „Es tut mir echt leid, aber ich habe verschlafen. Ich dachte eigentlich, dass ich auch ohne Wecker rechtzeitig wach werde, aber das ist ganz offensichtlich nach hinten losgegangen."

    „Ja, so sieht es aus. Kommst du denn noch oder soll ich wieder nach Hause gehen?"

    „Ich bin schon auf dem Weg, versicherte Maé schnell. „Bestell dir schon mal einen Kaffee, der geht selbstverständlich auf mich.

    Maé war froh, dass sie ihre Freundin wieder besänftigt hatte, obwohl sie insgeheim wusste, dass Lena nicht wirklich sauer auf sie war. Sie kannten sich schon so lange und Lena hatte Maés manchmal verträumte und verpeilte Art lieben gelernt.

    Keine zwanzig Minuten später stürmte Maé in das Café, in dem sie mit Lena verabredet war.

    „Da bist du ja endlich. Ich dachte schon du kommst überhaupt nicht mehr, du Schlafmütze."

    „Ja, wie gesagt, ich habe verschlafen. Es tut mir leid."

    „Schon gut, jetzt bist du ja da. Ich habe uns übrigens schon mal Frühstück bestellt, ich weiß ja, was du so magst."

    „Das ist gut, ich habe einen Bärenhunger."

    Kaum hatte Maé am Tisch Platz genommen, sagte Lena: „Ich bin gleich wieder da, die zwei Tassen Kaffee, die ich dir voraus habe, machen sich langsam bemerkbar."

    Maé hatte nun noch etwas Zeit über ihren Traum nachzudenken, denn er ließ sie nicht los. Manchmal gab es das ja, dass ein Traum einen den ganzen Tag hindurch begleitete.

    Ihr Blick glitt aus dem Fenster, doch sie nahm gar nicht richtig wahr, was draußen passierte. Sie musste daran denken, wie geborgen sie sich in Élises Nähe gefühlt hatte und verspürte sofort wieder diese Sehnsucht nach ihr.

    Maé war so tief in Gedanken versunken, dass sie Lenas Rückkehr nicht bemerkte.

    „Maé, geht es dir gut?", fragte Lena und holte ihre Freundin aus dem Reich der Träume in die Realität zurück.

    „J-ja, ich war nur gerade… in Gedanken."

    „Das war nicht zu übersehen, meinte Lena. „Du bist generell in letzter Zeit irgendwie komisch, so nachdenklich und in dich gekehrt. Ich merke das schon länger. Du warst zwar schon immer eher ein ruhiger und nachdenklicher Mensch, aber seit ein paar Wochen ist es ganz extrem und mittlerweile mache ich mir ein wenig Sorgen um dich.

    „Das musst du nicht. Es geht mir gut", versuchte Maé Lena zu beruhigen.

    „Das glaubst du doch selbst nicht. Wir kennen uns nun schon so lange und die Zeiten, in denen du mir etwas vormachen konntest, gehören schon lange der Vergangenheit an."

    Da Maé genau wusste, dass sie nun ohnehin keine Ruhe mehr haben würde, bis Lena die Wahrheit kannte, ergab sie sich in ihr Schicksal und erzählte Lena von ihrem letzten Traum.

    „Ich träume in den letzten Wochen so oft von ihr", setzte sie noch hinzu.

    Lena wirkte überrascht. „Und das beschäftigt dich so sehr? Weißt du, wie oft ich von irgendwelchen Menschen aus der Vergangenheit träume oder von Arbeitskollegen? Das heißt doch nichts. In unseren Träumen verarbeiten wir schließlich unsere Erlebnisse, das kannst du überall nachlesen."

    „Das mag ja sein, aber ich habe das Gefühl, diese Träume wollen mir irgendetwas sagen. Vielleicht sind Élise und ich ja vom Schicksal füreinander bestimmt oder was hat es deiner Meinung nach sonst für einen Grund, dass ich nach so langer Zeit wieder von ihr träume?"

    „Du weißt, ich glaube nicht an so was, Schicksal und so, das ist alles Unsinn. Ich weiß, dass du Élise mal sehr gern mochtest und wahrscheinlich hat dein Unterbewusstsein das noch nicht vollständig verarbeitet. Ich kann dir nur raten dich nicht in irgendetwas hineinzusteigern. Betrachte die Sache doch mal realistisch: Sie ist mit einem Mann zusammen und etliche Jahre älter als du, deshalb geht die Chance, dass ihr zusammenkommt, quasi gegen null."

    „Ich weiß, sagte Maé seufzend. „Aber Gefühle lassen sich nicht so einfach abstellen.

    „Welche Gefühle? Du steigerst dich da eindeutig in etwas hinein. Du kennst diese Frau überhaupt nicht, weißt so gut wie nichts über sie. Eine dir völlig fremde Person kannst du unmöglich lieben."

    „Das kannst du ja so auch nicht sagen, widersprach Maé. „Schließlich soll es die Liebe auf den ersten Blick geben und dabei verliebst du dich auch in eine wildfremde Person.

    „Es war ja klar, dass du wieder ein Beispiel findest, aber was Élise betrifft, bin ich mir ziemlich sicher, dass du da vergeblich auf ein Happy End hoffst."

    „Und wenn du dich irrst?"

    Lena verdrehte genervt die Augen. „Dann hast du Glück gehabt und ich hatte Unrecht, aber mal ehrlich: Was willst du jetzt tun? Hast du vor in ihr geordnetes Leben hineinzuplatzen und Chaos zu stiften? Was meinst du wohl wie sie das findet?!"

    „Vielleicht ist ihr Leben ja gar nicht so geordnet, wie du glaubst."

    „Zumindest wissen wir, dass sie vergeben ist und ich finde, das reicht aus."

    „Nur weil sie vergeben ist, heißt das nicht, dass sie glücklich ist", widersprach Maé vehement.

    „Mal angenommen, es ist so, wie du denkst: Glaubst du allen Ernstes, dass du nur bei ihr auftauchen musst und schwups ändert sie ihr ganzes Leben ausschließlich für dich?"

    „Das erwarte ich doch gar nicht von ihr, aber ich muss der ganzen Sache auf den Grund gehen. Es muss eine Bedeutung haben, dass ich in der letzten Zeit so oft von ihr träume."

    Lena schüttelte verzweifelt den Kopf. „Oh man, wach endlich auf Maé. Man könnte glatt denken du träumst immer noch. Ich habe letzte Woche von meinem Fitnesstrainer geträumt. So was kommt vor, aber das heißt noch lange nicht, dass er und ich nun füreinander bestimmt sind."

    „Das kann man nicht miteinander vergleichen, protestierte Maé heftig. „Wenn ich nur einmal von Élise geträumt hätte, würde es mich vermutlich nicht viel länger als einen Tag beschäftigen, ich habe nun aber schon so oft von ihr geträumt. Das muss doch etwas bedeuten.

    „Ich merke schon, dass du meine Einwände nicht hören willst. Du musst selbst wissen, was du machst. Ich jedenfalls kann dir nur raten die Finger von Élise zu lassen, denn am Ende bist du nur wieder unglücklich."

    „Ich muss es zumindest versuchen, sonst werde ich nie erfahren, ob ich Recht habe."

    „Das ist mal wieder typisch für dich, sobald dir eine Frau gefällt, lässt du nichts unversucht. Hast du denn schon einen konkreten Plan?"

    „Nein, keine Ahnung, aber mir fällt schon etwas ein."

    Das glaubte Lena Maé nur zu gerne. Sie hoffte, dass der Plan nicht zu waghalsig wurde und am Ende nach hinten losging.

    2. Kapitel

    Wieder zu Hause angekommen, nutzte Maé ihre freie Zeit, um darüber nachzudenken, was sie nun tun sollte. Sie musste auf jeden Fall zunächst mal versuchen Kontakt mit Élise aufzunehmen und da bot das Internet die perfekte Möglichkeit.

    Es dauerte nicht lange, bis sie in einem sozialen Netzwerk Élises Profil entdeckte und ihr nach einigem Zögern eine Freundschaftsanfrage schickte.

    Danach war sie froh, endlich den ersten Schritt getan zu haben, dennoch quälte sie sich auch mit Bedenken herum und fragte sich, ob es richtig gewesen war ihr gleich eine Freundschaftsanfrage zu schicken. Vielleicht wäre es besser gewesen ihr zuerst einmal eine Nachricht zu schreiben, immerhin lag das letzte Zusammentreffen gut 6 Jahre zurück.

    Bestimmt erinnert sie sich gar nicht mehr an mich, dachte Maé. Sie hat jedes Jahr mit so vielen Schülern zu tun, warum sollte gerade ich ihr in Erinnerung geblieben sein?

    Maé konnte nichts anderes tun, als abzuwarten und verbrachte den restlichen Tag in nervöser Vorfreude.

    Bereits am nächsten Tag erlebte sie eine große Überraschung, denn Élise hatte ihre Freundschaftsanfrage angenommen.

    Es sieht ganz so aus, als ob sie mich doch nicht vergessen hat, dachte Maé. Erneut sammelte sie etwas Mut und schrieb eine Nachricht an Élise. Doch danach fühlte sie sich wieder unsicher und fragte sich, ob es nicht zu aufdringlich gewesen war ihr zu schreiben. Am liebsten hätte sie die Nachricht wieder zurückgeholt, trotzdem war sie natürlich auch gespannt, ob Élise ihr antwortete.

    Immer diese ewige Zerrissenheit, dachte Maé. Mittlerweile verstand sie das Symbol ihres Sternzeichens, zwei Fische, die in unterschiedliche Richtung schwammen. Immer wieder war sie unsicher bei ihren Entscheidungen und wusste nicht welchen Weg sie gehen sollte.

    Am nächsten Tag sah Maé nach, ob bereits eine Antwort eingetroffen war und traute ihren Augen kaum, als sie eine Nachricht von Élise vorfand.

    Ihre Aufregung wuchs schlagartig ins Unermessliche, ihre Hände wurden schweißnass, ihr Herz raste. Maé öffnete die Nachricht und begann zu lesen. Bereits der erste Satz ließ Maé vor Freude strahlen. Ich freue mich von dir zu hören. Nach so langer Zeit des Schweigens, erkundigte sie sich natürlich auch nach Maés beruflichem Werdegang und schrieb abschließend noch einige Sätze über sich, dass sie mittlerweile wieder in ihrer alten Heimat unterrichtete und dort sehr glücklich war.

    Maé war so gerührt von Élises liebevollen Worten, dass sie sogar mit den Tränen kämpfen musste.

    Einige Tage später schrieb sie Élise erneut eine Nachricht und traf sich am selben Nachmittag  mit ihrer besten Freundin. Lena hatte ein neues Backrezept ausprobiert und brauchte Maé als Testesserin. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und nahm die Einladung gerne an. Bei Kaffee und Kuchen konnte man zudem wunderbar über die jüngsten Ereignisse quatschen.

    Lena kam auch sofort auf Maés derzeitiges Lieblingsthema zu sprechen. „Was gibt es neues bei deiner Élise?"

    „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe ihr geschrieben und sogar schon eine Antwort erhalten."

    „Das klingt ja schon mal nicht schlecht. Was hat sie denn geschrieben?"

    Nun gab es für Maé kein Halten mehr und sie geriet ins Schwärmen. „Sie hat geschrieben, dass sie sich freut von mir zu hören und selbstverständlich wollte sie wissen was ich so mache. Sie wusste sogar noch ganz genau in welcher Klasse ich gewesen bin und wer damals meine Klassenlehrerin war. Ist das nicht irgendwie seltsam, dass sie sich ausgerechnet an mich noch erinnert? Ich meine, mal ehrlich, meine Schulzeit liegt schon eine gefühlte Ewigkeit zurück und sie hat in der Zeit hunderte Schüler unterrichtet. Trotzdem kann sie sich noch an mich erinnern."

    „Ich finde das gar nicht so seltsam, meinte Lena. „Lehrer haben ein unglaublich gutes Gedächtnis und können sich nach Jahren immer noch an fast alle ihre Schüler erinnern. Ich habe mich schon oft gefragt wie die das machen und ob das möglicherweise die Zulassungsvoraussetzung fürs Studium ist.

    Maé lachte. „Na ja, wenn das so wäre, wie du denkst, wäre einer meiner Lehrer aus der Berufsschule nie Lehrer geworden. Er lebte frei nach dem Motto: Wozu soll ich mir die Namen meiner Schüler einprägen, wenn sie in drei Jahren ohnehin wieder weg sind? Wir haben drei Jahre lang im Unterricht Namensschilder aufgestellt."

    „Ausnahmen gibt es überall."

    „Du versuchst ja bloß wieder mir das Ganze auszureden."

    „Als ob ich dir etwas ausreden kann, sagte Lena und verdrehte die Augen. „Du machst doch immer was du willst, aber ich finde du solltest nicht zu viel in die ganze Sache hinein interpretieren. Bloß weil sie sich an dich erinnert, heißt das noch lange nicht, dass sie auch dasselbe für dich empfindet.

    „Was nicht ist, kann ja noch werden." Maé klang fest entschlossen, was Lena beunruhigte.

    „Hast du denn inzwischen eine Idee, wie du weiter vorgehen willst?"

    „Na ja, nicht wirklich. Ich denke, ich werde erstmal abwarten, wie sich das ganze weiter entwickelt, ob sie mir wieder schreibt oder nicht."

    „Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen, obwohl ich nicht glaube, dass sie sich wieder bei dir meldet."

    „Vielen Dank auch. Du machst mir echt Mut."

    „Was denn? Ich werde ja wohl noch meine Meinung dazu äußern dürfen, aber jetzt mal zu einem anderen Thema: Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie dir mein Kuchen schmeckt?!"

    „Der ist echt gut", beeilte Maé sich zu sagen, ehe sie das nächste Stück in den Mund schob.

    „Das Rezept hat mir eine Arbeitskollegin gegeben."

    „Hattet ihr wieder zu viel Freizeit im Büro, dass ihr die neuesten Rezepte austauschen konntet?", sagte Maé mit ironischem Unterton in der Stimme.

    Lena zuckte mit den Schultern. „Irgendwie muss man seine acht Stunden Arbeit täglich ja erfüllen, außerdem profitierst du ja jetzt davon. Apropos Arbeit, was macht eigentlich deine Schreiberei? Ich brauche so langsam wieder Lesenachschub oder willst du, dass ich mich langweile?"

    „Ich habe so viele Ideen im Moment, dass ich an mehreren Projekten gleichzeitig arbeite, deshalb geht es irgendwie an keiner Stelle so richtig weiter."

    „Dann mach mal voran. Ich bin neugierig. Auf was kann ich mich denn demnächst freuen?"

    Nun gab es für Maé kein Halten mehr. Normalerweise sprach sie nicht so gerne über ihre Ideen, aber bei Lena machte sie eine Ausnahme, schließlich war sie ihre beste Freundin und bot sich nur zu gerne als Testleserin an.

    Nachdem sie Lena ihre neuesten Ideen bis ins kleinste Detail erzählt hatte, kam sie noch einmal auf das ursprüngliche Thema zurück.

    „Warum denkst du, dass Élise sich nicht mehr melden wird?"

    „Ich wusste, dass du das Thema für heute noch nicht ruhen lassen kannst, sagte Lena lachend. „Nun ja, ich denke einfach sie sieht nicht wirklich einen Sinn darin dir mehrfach zu schreiben. Ich glaube ihr, dass sie sich wirklich gefreut hat, dass du dich bei ihr gemeldet hast, aber du bist für sie nun mal nicht mehr als eine ehemalige Schülerin und davon hat sie so viele, warum solltest gerade du für sie etwas Besonderes sein? Sie hätte keine Chance mehr ihrer Arbeit nachzugehen, wenn sie mit jeder Schülerin in Kontakt bleiben würde.

    „Keine Ahnung, vielleicht weil ich ihr zeige, dass ich sie mag, was man von vielen anderen Schülern nicht gerade behaupten kann. Außerdem hat längst nicht jede Schülerin Interesse daran, mit seiner Lehrerin in Kontakt zu bleiben. Die meisten sind froh, wenn sie ihre Lehrer endlich los sind."

    „Warte einfach ab, versuchte Lena Maés Spekulationen zu beenden. „Du wirst ja sehen was passiert. Ich versuche lediglich dir im Vorfeld die Augen zu öffnen, damit du dir nicht so große Hoffnungen machst, schließlich bist du meine beste Freundin und ich kann nicht tatenlos dabei zusehen, wie du in dein Unglück rennst.

    „Vielleicht habe ich ja auch Glück und sie verliebt sich auch in mich." Maé wollte ihre Hoffnung nicht so leicht begraben und klammerte sich an dieser Vorstellung fest.

    „Ich würde es dir wünschen, aber bitte steigere dich nicht zu sehr da rein. Erinnerst du dich noch an die letzte Frau, in die du verliebt warst? Du warst nach ihrer Abfuhr so am Boden, dass ich Monate gebraucht habe, um dir die Freude am Leben zurückzugeben."

    „Ich weiß, aber diesmal wird das nicht passieren. Ich spüre einfach, dass etwas zwischen uns ist."

    Lena erwiderte darauf nichts mehr. Maé wollte ihre Einwände ohnehin nicht hören. Sie musste ihre eigene Erfahrung machen und das Einzige, was sie tun konnte war, für Maé da zu sein, wenn es wieder einmal schief ging und Maé mit gebrochenem Herzen am Boden lag.

    Als Maé nach Hause kam, startete sie sofort ihren PC, um ihre E-Mails abzurufen. Élise hatte noch nicht wieder geschrieben und ihre nervöse Vorfreude wich einer bleiernen Traurigkeit. Sie versuchte sich damit zu trösten, dass Élise viel zu tun hatte. Es war schließlich nicht mit dem bloßen Unterrichten ihrer Schüler getan, hinzu kam noch das Korrigieren von Klassenarbeiten, die nächsten Stunden mussten vorbereitet werden und um ihre Familie musste sie sich auch kümmern. Da war es doch nur verständlich, dass sie nicht jeden Tag online war.

    Abends lag sie hellwach im Bett und konnte nicht abschalten, geschweige denn einschlafen, weil ihr tausend Dinge durch den Kopf gingen. Sie dachte darüber nach, wie sie Élise zeigen konnte, wie viel sie ihr bedeutete. Es sollte etwas Besonderes sein, so wie Élise etwas Besonderes für sie war.

    Nach langem Grübeln hatte sie schließlich eine Idee: Dreißig Tage lang wollte sie Élise jeden Tag eine kleine Freude machen, indem sie jeden Tag einen Briefumschlag öffnen sollte, der  ein kleines Geschenk enthielt. Glücklich über ihre Entscheidung, konnte sie endlich einschlafen.

    Am nächsten Morgen setzte sie ihre nächtliche Idee in die Tat um und machte sich, sobald die Geschäfte in der Stadt geöffnet hatten, auf die Suche nach Dingen, die sie in die Briefumschläge stecken konnte. Nach ein paar Stunden war sie zufrieden mit ihren Einkäufen und kehrte nach Hause zurück.

    Nun kam der zweite Teil ihres Vorhabens und es galt, die ersten Briefumschläge zu füllen. Maé steckte all ihre Liebe in diese Briefe und musste die ganze Zeit an Élises zauberhaftes Lächeln denken, wenn diese die Briefe öffnete. Sie hoffte so sehr, dass sie Élise damit eine Freude machen konnte, auch wenn eine leise Stimme in ihrem Unterbewusstsein gewisse Zweifel äußerte. Vielleicht war das alles auch etwas viel für den Anfang und sie erschreckte Élise mehr damit, als ihr Freude zu bereiten. Doch wenn Maé sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie ihr Ding bis zum Ende durch, oft genug, ohne auf die Stimme der Vernunft zu hören.

    Insgesamt brauchte sie drei Tage, um ihr Vorhaben zu vollenden, dann endlich lag der große Briefumschlag vor ihr, der nun alle 30 kleineren Umschläge beinhaltete.

    Maé hatte sich überlegt Élise zunächst nicht den Absender des Briefes mitzuteilen und ihr erst im letzten Briefumschlag eine Telefonnummer zu nennen, die sie anrufen sollte, um zu erfahren wer der Absender war. Zuerst plagte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie Élise so lange im Ungewissen lassen wollte, dann aber wurde ihr bewusst, dass Élise sie anhand des Poststempels ohnehin schnell entlarven konnte und sie fühlte sich nicht mehr ganz so mies.

    Am nächsten Tag brachte sie den Brief zur Post. Kaum hatte sie das Postgebäude wieder verlassen, wich die Vorfreude und hinterließ eine gewisse Panik. Sie wäre am liebsten wieder zurückgegangen, um den Brief zurückzuholen, denn möglicherweise war ihre Idee doch nicht so gut.

    Maé fuhr spontan bei Lena vorbei, um ihrer besten Freundin ihr Herz auszuschütten und sich ihren Rat zu holen.

    „Das hast du nicht wirklich getan?", fragte Lena kopfschüttelnd, nachdem Maé sie auf den neuesten Stand gebracht hatte.

    „Doch, habe ich", erwiderte Maé nun noch unsicherer, zog den Beleg der Post aus ihrer Tasche und reichte ihn Lena.

    „Findest du nicht, dass du damit etwas übers Ziel hinausgeschossen bist? Was soll sie denn denken, wenn so ein Brief bei ihr ankommt?"

    „Einerseits denke ich ja schon, dass es etwas zu heftig ist, aber…"

    „Aber, aber…, unterbrach Lena ihre Freundin. „Warum hast du nicht ein einziges Mal auf dein Bauchgefühl gehört? Du hast erst Ruhe, wenn du dich wieder mal komplett zum Affen gemacht hast.

    „Das stimmt doch gar nicht! Außerdem finde ich nicht, dass man sich zum Affen macht, wenn man jemandem seine Zuneigung zeigt", verteidigte sich Maé.

    „Du musst es aber doch nicht immer gleich so übertreiben. Das hat in der Vergangenheit schließlich auch nicht funktioniert."

    „Élise wird das verstehen. Sie hat dasselbe Sternzeichen wie ich und fühlt genauso."

    „Jetzt fängst du wieder mit diesem Esoterikkram an." Lena verdrehte genervt die Augen.

    „Dann bist du also überzeugt davon, dass sie sich nicht freut?", hakte Maé noch einmal nach.

    „Das habe ich nicht gesagt und ich denke schon, dass sie sich freut. Wer freut sich nicht über so etwas, aber sie wird dir in 30 Tagen deshalb kein Liebesgeständnis machen und wenn du ehrlich zu dir selbst bist, erhoffst du dir das."

    Maé wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, denn insgeheim musste sie sich eingestehen, dass Lena Recht hatte. Sie hoffte, dass Élise ihre Gefühle erwiderte, wusste aber gleichzeitig, dass das total abwegig war.

    „Ich will doch nur nicht, dass du dir zu große Hoffnungen machst und dann enttäuscht wirst, sagte Lena und umarmte Maé. „Es bringt doch nichts, wenn ich dir auch noch einrede, dass du mit Élise zusammen kommst. Dafür sind Freunde schließlich da, damit sie dir die Augen öffnen, wenn du vor lauter rosaroten Liebeswolken die Wahrheit nicht mehr siehst.

    „Du schaffst es trotzdem nicht, mir die Hoffnung zu nehmen", sagte Maé trotzig.

    „Dann mach doch was du willst, erwiderte Lena wütend. „Sage aber hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.

    „Keine Sorge. Ich weiß, was ich tue." Mit diesen Worten verließ Maé die Wohnung, ohne sich zu verabschieden.

    Lena blieb besorgt zurück. Sie wusste nicht mehr was sie noch sagen sollte, um Maé von ihrem Weg abzubringen. Es war der falsche Weg und sie konnte nicht verstehen, warum Maé das nicht einsehen wollte.

    3. Kapitel

    Wieder einmal lag Maé in dieser Nacht grübelnd in ihrem Bett, fürchtete sich einerseits vor Élises Reaktion, spürte aber andererseits auch eine gewisse Vorfreude. Sie konnte kaum den nächsten Morgen erwarten, denn dann erreichte der Brief sein Ziel.

    Die kleine Auseinandersetzung mit Lena machte ihr allerdings zu schaffen. Warum konnte Lena nicht verstehen, dass Élise die richtige Frau für sie war, die Frau, auf die sie all die Jahre gewartet hatte?

    Auch am nächsten Morgen konnte Maé sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Sie schrieb mehrere Seiten an ihrem neuen Roman und musste hinterher feststellen, dass sie ausschließlich für den Papierkorb gearbeitet hatte. Alle paar Minuten sah sie auf die Uhr und fragte sich jedes Mal, ob ihr Brief bereits angekommen war.

    Sie wurde auch eine gewisse Angst nicht los, dass der Brief nicht ankam, obwohl diese Angst mehr als unbegründet war. Um auf Nummer sicher zu gehen, gab sie die Nummer des Einschreibens im Internet ein, mit der sie die Sendung verfolgen konnte und stellte erleichtert fest, dass der Brief sein Ziel bereits erreicht hatte. Nun musste sie nur noch hoffen, dass die Sekretärin der Schule den Brief an Élise weiterleitete, doch sie vertraute darauf, dass alles gut ging und stellte sich den ganzen Tag vor, wie Élise den Brief in Empfang nahm. Sie war bestimmt total überrascht von jemandem Post zu bekommen, der nicht mal seinen Absender nannte.

    Eigentlich hatte Maé damit gerechnet, dass Lena sich meldete. Normalerweise hielt sie es nie lange aus, mit Maé Streit zu haben, aber diesmal hielt sie sich zurück und Maé war ein wenig enttäuscht darüber, schaffte es aber auch nicht über ihren Schatten zu springen und den ersten Schritt zu tun.

    Am Abend lag sie in ihrem Bett und dachte an den ersten Brief, den Élise vielleicht im Laufe des Tages geöffnet hatte. 29 Tage musste sie nun noch warten, bis Élise sich hoffentlich meldete. Die Zeit kam ihr endlos lang vor und sie wusste nicht, wie sie so lange durchhalten sollte.

    Erst drei Tage später stand Lena vor ihrer Tür. Es war lange her, dass sie wegen eines Streits so lange nicht miteinander gesprochen hatten.

    „Ich wollte mich bei dir entschuldigen", sagte sie etwas zerknirscht, nachdem Maé die Wohnungstür geöffnet hatte.

    „Ist schon in Ordnung, du hast es schließlich nur gut gemeint."

    Kurz darauf saßen sie im Wohnzimmer. Sie hatten sich sofort gegenseitig verziehen und tauschten sich nun darüber aus, was in den letzten Tagen geschehen war.

    „Hast du noch mal was von deiner Élise gehört?", fragte Lena.

    „Nein, bis jetzt noch nicht. Sie hat nicht wieder geschrieben, aber meinen Brief müsste sie inzwischen haben."

    „Bereust du es noch nicht, dass du ihr den Brief geschickt hast?"

    „Wieso sollte ich das bereuen? Das Einzige, was ich bereue ist, dass ich mich für 30 Briefe entschieden habe, denn ich halte die Warterei kaum aus."

    „Tja, da musst du jetzt wohl durch und du kannst bloß hoffen, dass sie sich am Ende auch bei dir meldet."

    „Das wird sie, schließlich will sie ja auch wissen wer ihr geschrieben hat, obwohl sie das anhand des Poststempels ja ohnehin schon herausgefunden hat. Ich denke, so viele Kontakte hat sie bei uns in Wallheim auch nicht."

    Na ja, ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen und wenn du Ablenkung brauchst, weißt du ja, dass ich für fast jeden Spaß zu haben bin."

    „Das ist gut zu wissen."

    Als Maé abends in ihrem Bett lag, war sie erleichtert, den Streit mit Lena aus der Welt geschafft zu haben, denn in den letzten Tagen hatte sie ihr sehr gefehlt.

    Maé überlegte, was Élise am heutigen Tage in ihrem Brief vorgefunden hatte und dachte erneut an die unendlich vielen Tage, die sie noch warten musste. In diesem Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher als die Zeit vorwärts drehen zu können.

    In den nächsten Wochen zählte Maé alle paar Tage nach wie viele Tage noch verblieben. Die Zeit, bis zum letzten Briefumschlag, wollte einfach nicht vergehen. Zwischendurch bekam sie immer wieder Zweifel, ob es richtig gewesen war, ihr zu schreiben und sie fragte sich, ob Élise sich tatsächlich bei ihr meldete und wie sie wohl reagierte, wenn sie erfuhr, wer hinter den Briefen steckte. Irgendwann waren es nur noch vier Tage bis zum letzten Brief und Maé konnte die Spannung kaum noch ertragen.

    Den Tag verbrachte sie mit Recherchen zu ihrem Roman. Als sie am Nachmittag kurz innehielt und an Élise dachte, beschlich sie plötzlich eine merkwürdige Angst. Sie hatte auf einmal Angst vor Élises Anruf und wünschte sich für einen kurzen Moment, sie möge sich nie melden. Sie wusste nicht, was sie Élise sagen sollte, obwohl sie in den letzten Wochen ständig versuchte, sich Antworten auf die möglichen Fragen zurechtzulegen, die Élise ihr womöglich stellen  würde. So schnell wie die Gedanken gekommen waren, verflüchtigten sie sich aber auch wieder und sie widmete sich erneut ihrer Arbeit.

    Am Abend schaute sie sich ihre Lieblingsserie im Fernsehen an und war für eine Weile von Élise abgelenkt. Plötzlich klingelte ihr Handy und das Display zeigte eine unbekannte Nummer an. Maés Herz begann wie verrückt zu rasen. Oh mein Gott, das ist sie, das kann nur Élise sein, dachte Maé.

    Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken nicht ans Handy zu gehen, doch dann hätte sie zurückrufen müssen, was noch viel schlimmer gewesen wäre. Es war einfacher angerufen zu werden, als selbst anzurufen. Wenn man angerufen wurde, konnte man sich im Vorfeld nicht so viele Gedanken über den Gesprächsverlauf machen und stundenlang vor dem Telefon sitzen, weil man nicht den Mut hatte anzurufen. Sie war plötzlich so aufgeregt, dass sie glaubte ohnmächtig werden zu müssen, wenn sie Élises Stimme hörte.

    Maé nahm das Gespräch mit einem einfachen „Hallo" entgegen und spürte wie ihr Herz raste.

    „Hallo, hier ist Élise Thalheim. Mit wem spreche ich denn?"

    Offenbar weiß sie doch nicht, dass ich hinter dem ganzen stecke, dachte Maé. Oder sie tut nur so, als ob sie es nicht weiß. Sie nannte Élise ihren Namen und war trotz ihrer Aufregung überglücklich sie am Telefon zu haben. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zum letzten Mal so glücklich gewesen war in ihrem Leben.

    Élise bedankte sich überschwänglich für die Briefe und gestand Maé, noch nie etwas so Schönes bekommen zu haben.

    Maé war unendlich erleichtert, dass Élise ihr nicht böse war, wegen des

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