Die Pflanzenfresser-WG: unfreiwillig vegan
Von Laura Dessner, Constanze Kramer und coverbotique.de
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Über dieses E-Book
Laura Dessner
Laura Dessner is the pen name of a German writer, translator and editor, who published more than 20 short stories in her youth and won several awards for her writing. After longer stays abroad in the US, Argentina and the Dominican Republic, she now published her heartfelt novel "Involuntarily vegan — my life with a grumpy herbivore".
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Buchvorschau
Die Pflanzenfresser-WG - Laura Dessner
Kapitel 1
»VEGANS ONLY.«
Stirnrunzelnd betrachtete ich den Aufkleber an der Tür, während ich mir mein Handy fester ans Ohr presste. Das Freizeichen ertönte schon zum siebten Mal, doch niemand nahm ab. Flüchtig sah ich auf den Bildschirm meines Handys, um die Uhrzeit zu prüfen. Sechzehn Uhr zwölf. Die Frau am Telefon gestern Abend hatte mir gesagt, ich sollte um sechzehn Uhr hier sein. Und der Name, den sie mir genannt hatte, stand auf dem Klingelschild vor mir, also musste ich richtig sein, oder?
Hätte ich nicht so ein gutes Gefühl bei dem Gespräch gehabt und so viel Hoffnung in dieses Treffen gesetzt, wäre ich vermutlich schon längst wieder gegangen.
Mit einem Seufzen beendete ich den Anruf und beschloss, ein letztes Mal zu klingeln. Als wie erwartet noch immer niemand öffnete und ich mich gerade abwenden wollte, hörte ich unten die Haustür ins Schloss fallen. Ich hielt inne und lauschte. Schwere Schritte polterten die Stufen hinauf. War das etwa …?
Erwartungsvoll blickte ich in Richtung Treppe und zog gleich darauf den Kopf ein, als mir ein grimmiges Augenpaar entgegenblickte. Nein, das war sicher nicht die Frau, die – »Ah, Emilia. Bienvenida. Bist du schon so früh da?«
Schon so früh?
Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie verdattert ich war, und zwang mich zu einem Lächeln. »Hallo, ich …«
Bevor ich meinen Satz beenden konnte, drückte die Frau mir einen Schlüsselbund in die Hand. »Sei so nett und sperr die Tür auf, por favor. Das ist hier wirklich schwer.«
Mein Blick fiel auf die Einkaufstüten in ihren Händen. »Äh, klar. Kein Problem.«
Ich schob mein Handy in meine Hosentasche und begann, die Unmengen an Schlüsseln in Augenschein zu nehmen. Wie um alles in der Welt behielt man bei dieser Menge den Überblick?
Ich versuchte mein Glück mit einem der Schlüssel, aber natürlich passte er nicht. Die Frau sah mir über die Schulter, was nun wirklich keine Hilfe war.
»Der ganz links … Nein, der andere! No, la otra.«
Ich spürte, wie sich mein Unterkiefer verkrampfte. Keine Ahnung, was ich von der Wohnungsbesichtigung erwartet hatte, aber definitiv nicht das hier.
Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit den richtigen Schlüssel gefunden hatte, hätte ich beinahe erleichtert aufgeatmet, doch da sprach die Frau erneut.
»Erst ziehen, dann drehen!«
Nach einigen Anläufen ließ sich die Tür endlich öffnen. Gerade wollte ich mir meine Schuhe ausziehen, um sie im Treppenhaus stehen zu lassen, als mich die Frau, von der ich annahm, dass sie Frau Sehner war, ins Innere der Wohnung trieb. »Ist schon okay. Das kann Lorena saubermachen.«
Ich hob kaum merklich die Braue, widersprach aber nicht. Hieß das, die WG hatte eine eigene Putzkraft? Das wäre praktisch.
Frau Sehner ging in die Küche und ließ die Tüten mit so viel Wucht auf den Tisch an der Wand fallen, dass der darauf stehende Flachbildschirm wackelte. Mein Blick blieb für einen Moment an ihm hängen. Nun, ich schätzte, die Küche musste auch als Wohnzimmer herhalten, denn besonders groß war die Wohnung mit ihren knapp fünfzig Quadratmetern nicht.
Ich spähte um die Ecke und erblickte ein Regal neben dem Kühlschrank, das mit Büchern und Backutensilien gefüllt war. Die Augen zusammenkneifend, machte ich ein paar der Titel aus: Anständig essen, The China Study, Tiere essen, Meine Rezepte für eine bessere Welt, Animal Liberation – Die Befreiung der Tiere.
Hmm, das war nicht übliche Kollektion an GU-Kochbüchern.
Frau Sehner begann in aller Seelenruhe, Schränke zu öffnen und ihre Einkäufe zu verstauen. Ich meinte, mich zu erinnern, sie hätte bei unserem Telefonat gesagt, sie würde nicht selbst in der Wohnung leben. Vielleicht hatte ich sie falsch verstanden, aber sie wirkte mit geschätzt Mitte vierzig ein bisschen zu alt, um in einer WG zu leben.
Als sie mir weiterhin den Rücken zuwandte, überlegte ich, ob ich mich räuspern sollte, um auf mich aufmerksam zu machen – oder einfach gehen. Es war mir unangenehm, sie nur zu beobachten und verunsichert in ihrer Wohnung herumzustehen. Konnte sie ihre Sachen nicht später auspacken?
Von verrückten WG-Castings hatte ich gehört, aber wie ein Geist behandelt zu werden – das hatte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht ausgemalt.
Ich dachte an unser Telefonat zurück, bei dem sie zunächst ziemlich unfreundlich gewesen war, bis sie meinen Namen gehört und herausgefunden hatte, dass ich argentinische Wurzeln hatte und fließend Spanisch sprach. Danach war sie nicht mehr zu bremsen gewesen. Tatsächlich hatte sich das Telefonat kaum um die Wohnung, sondern um meinen Vater gedreht, und darum, wann und warum er nach München gekommen war und wie er meine Mutter kennengelernt hatte und was die beiden beruflich machten.
Im Gegenzug hatte Frau Sehner mir eine Kurzfassung ihrer eigenen Lebensgeschichte gegeben. Vielmehr als dass sie ihre Heimat Peru schon in jungen Jahren verlassen und einen Deutschen geheiratet hatte, hatte ich nicht erfahren. Denn als ihr im Hintergrund eine Frauenstimme etwas zugeschrien hatte, hatte sie es mit einem Mal eilig gehabt und mich kurzfristig zu einer Besichtigung eingeladen.
Heute schien sie aber einen schlechteren Tag zu haben, denn im Moment schien sie nicht im Geringsten in Plauderlaune zu sein.
»Soll ich vielleicht ein anderes Mal wiederkommen?«, erinnerte ich sie höflich an meine Anwesenheit.
Sie drehte sich zu mir um und setzte ein Lächeln auf, das ihre fast schwarzen Augen nicht erreichte. »Nein, nein. Schau dich ruhig um, ich bin gleich fertig!«
So lief das also. Ich zögerte kurz, begann dann aber einen Rundgang durch die Wohnung. Allerdings kam ich nur dazu, einen Blick ins Badezimmer zu werfen, ehe Frau Sehner so unvermittelt hinter mir auftauchte, dass ich erschrak.
»Du teilst dir die Wohnung mit meiner Tochter Lorena.«
Na Gott sei Dank.
»Die ist gerade nicht da. Das da ist dein Zimmer.« Ich drehte mich um und folgte ihr in den Raum links vom Bad, der bis auf einen Schrank, der einen Umzug mit Sicherheit nicht mehr im Ganzen überstehen würde, und einer Matratze auf dem Boden leer war. Obwohl ich mir besser Gedanken über die spärliche Einrichtung und die fleckigen Wände machen sollte (die ich auf den Fotos nicht bemerkt hatte), konnte ich nicht anders, als mich zu fragen, wie ihre Tochter wohl war.
»Das ist Lorenas Zimmer«, sagte die Frau und deutete auf eine verschlossene Tür mit weiteren bunten Aufklebern. »Und die Küche und das Bad kennst du ja jetzt.«
Das war die wohl kürzeste Wohnungsbesichtigung aller Zeiten. Vorausgesetzt, man berücksichtigte nur die Zeit in und nicht vor der Wohnung und vernachlässigte die Zeit für das Einräumen der Einkäufe.
»Hast du ein festes Einkommen?«, fragte sie so plötzlich und laut, dass ich zusammenzuckte.
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ja, na ja, also ich –«
»Gut«, unterbrach sie mich. »Wann ziehst du ein?«
Ich blinzelte. »Äh …«
»Nächste Woche?«
Ich dachte an den Aufkleber an der Wohnungstür und daran, wie seltsam mir das alles hier vorkam. »Ich weiß nicht. Ich … ich wollte mir eigentlich erst noch andere Wohnungen anschauen, bevor ich mich entscheide.«
Lorenas Mutter winkte ab. »Was Besseres findest du nicht. Ich biete dir das Zimmer für dreihundertfünfzig im Monat an.«
Das lag deutlich unter dem Durchschnitt und war weniger, als sie in die Anzeige geschrieben hatte. Sollte ich jetzt Freudensprünge machen oder lieber das Weite suchen, weil der Preis so verdächtig niedrig war? War es möglich, dass ich schon beim ersten Versuch eine bezahlbare Bleibe in München gefunden hatte? Hmm.
»Sollte ich nicht erst noch Lorena kennenlernen?«, fragte ich. »Immerhin würden wir zusammenleben.«
Sie schnalzte mit der Zunge. »Kein Problem. Lorena ist un poco complicada, aber ein nettes Mädchen.«
»Der Aufkleber an der Tür …«, begann ich zögernd.
Frau Sehner schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, den wird sie wegmachen.«
Ich nickte, war allerdings nicht überzeugt. Ich hatte mich ja nicht einmal nach anderen Möglichkeiten umgeschaut, da ich direkt von Frau Sehner eingeladen worden war, und ehrlich gesagt auch keine Lust mehr gehabt hatte, zu suchen. Ich vermutete immer noch, dass sie nur so bereitwillig gewesen war, weil mir meine Spanischkenntnisse einen Sympathiepunkt bei ihr eingebracht hatten. Oder sie ging einfach davon aus, dass ich eine unkomplizierte Mieterin sein würde.
Frau Sehner starrte mich ungeduldig an, woraufhin ich tief Luft holte und schließlich erwiderte: »Ich werde darüber nachdenken.«
Sie schnaubte abfällig. »Da musst du nicht nachdenken, pero bueno. Ruf mich bis morgen Abend an.«
Als ich kurze Zeit später im Wohnzimmer meines besten Freundes saß und ihm von der Wohnungsbesichtigung erzählte, schüttelte er nur mit dem Kopf.
»Du musst sie sofort anrufen und das Zimmer nehmen!«
Ich hob eine Augenbraue. »Habe ich den Teil mit der Warterei, den Einkäufen und dem merkwürdigen Aufkleber an der Wohnungstür ausgelassen? Und den Büchern? Und dem riesigen Fernseher auf dem Esszimmertisch?«
Daniel grinste. »Nein, aber hast du eine Ahnung, wie verdammt schwer es ist, in München ein auch nur annähernd bezahlbares WG-Zimmer zu bekommen? Normalerweise hofft man darauf, dass die Vermieter sich melden und nicht andersherum. So eine Chance kannst du dir nicht entgehen lassen!« Als ich nicht sofort antwortete, setzte er noch einen drauf: »Außerdem wolltest du doch etwas riskieren und selbstständig sein!«
Ich seufzte. Leider war das nicht so leicht und abenteuerlich, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und wie ich herumposaunt hatte.
»Hast du eigentlich etwas von deinen Eltern gehört?«, fragte Daniel möglichst beiläufig, doch ich hörte die Besorgnis in seiner Stimme. »Oder von Leo?«
»Nein!«, erwiderte ich barsch. »Ich will mit keinem von ihnen mehr etwas zu tun haben.«
Daniel sagte nichts weiter und so schwiegen wir uns an.
Es tat mir leid, dass ich ihn angefahren hatte, aber Leo und meine Eltern waren die letzten Menschen, an die ich denken wollte.
Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Überall im Wohnzimmer lagen meine Sachen verstreut. Zwei Kleiderhaufen in der Ecke, Papierstapel auf dem Tisch, mein Koffer und mein Rucksack hinter dem Sofa.
»Es wird Zeit, dass ich euch wieder in Ruhe lasse.«
»Ach, so ein Blödsinn.« Daniels Hand umfasste mein Knie. »Obwohl ich stark bezweifle, dass unsere Couch wirklich so bequem ist, wie du immer behauptest.«
Ich verdrehte die Augen. »Ich habe ja keine hohen Ansprüche oder so, aber ich weiß echt nicht, ob ich es packe, mit einer militanten Veganerin zusammenzuleben.«
Daniels Mundwinkel hoben sich. »Du hast schon ganz anderes durchgemacht. Vielleicht ist es ja witzig mit ihr.«
»Am Ende wäre mir doch ihre Mutter lieber als Mitbewohnerin«, sagte ich und seufzte.
Kapitel 2
Ein paar Tage später stand ich wieder vor der Tür mit dem wenig einladenden Aufkleber und klingelte. Dieses Mal hatte ich meinen Koffer und den monströsen Reiserucksack dabei, dank dem ich ständig das Gleichgewicht verlor, und war außerdem klatschnass, weil ausgerechnet heute die Sintflut losgebrochen war.
Eine junge Frau öffnete die Tür und musterte mich und die Pfütze, die sich um mich gebildet hatte, mit zusammengekniffenen Augen. Das musste Lorena sein, Frau Sehners Tochter. Sie wirkte zwar etwas blasser als ihre Mutter, aber die pechschwarzen Haare und den mies gelaunten Blick hatte sie zweifellos von ihr geerbt.
»Hi«, sagte ich lächelnd. »Ich bin –«
Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss. Für einen Moment stand ich regungslos da. Mein Lächeln verschwand. Was war hier gerade passiert? Sah ich so abschreckend aus? Ein ohrenbetäubendes Donnergrollen ertönte und ließ mich zusammenzucken. Auf keinen Fall setzte ich jetzt einen Fuß nach draußen.
Ich klingelte noch mal.
»Was?!«, blaffte die Frau, als sie die Tür erneut aufriss.
»Hi, ich bin Emilia, deine neue Mitbewohnerin«, antwortete ich kühl und streckte ihr die Hand hin.
»Davon weiß ich nichts.«
Schon knallte sie die Tür wieder zu.
Ich seufzte und ließ meine Hand sinken. Hätte ich mich doch nur nicht von Daniel dazu überreden lassen, Frau Sehners Angebot anzunehmen. Kein Wunder, dass die Miete bei so einer unfreundlichen Mitbewohnerin spottbillig war!
Aber jetzt stand ich mit meinem ganzen Zeug hier und würde nicht einfach kampflos aufgeben.
»Ich habe das mit deiner Mutter ausgemacht, Lorena!«, rief ich, damit sie es durch die Tür hörte. »Die erste Miete habe ich schon überwiesen und deswegen werde ich hierbleiben, bis du mich reinlässt.«
»Da kannst du lange warten!«, schrie sie.
Ich hatte das starke Bedürfnis, meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen. Meine Mitbewohnerin durchlebte entweder eine sehr späte Pubertät oder … sie war überreizt und frustriert, weil sie seit Jahren keinen Käse mehr gegessen hat oder so was. Ich konnte jedenfalls recht ungemütlich werden, wenn ich Hunger hatte.
»Du kennst mich doch noch überhaupt nicht!«, brüllte ich mit bemüht kontrollierter Stimme.
Die Tür schwang auf.
»Bist du Veganerin?«
Ich starrte sie nur an.
»Mehr muss ich nicht wissen«, meinte sie, ohne meine Antwort abzuwarten. Ich ahnte, was sie vorhatte, und trat gerade rechtzeitig einen Schritt nach vorne. Mein Fuß machte es ihr unmöglich, die Tür zu schließen.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast kein Recht darauf, meine Wohnung zu betreten.«
Ich verdrehte die Augen. »Ich war schon in unserer Wohnung und verstehe echt nicht, warum du so voreingenommen bist.«
»Pff«, machte sie abwertend und ließ mich endlich eintreten. »Aber lass dir gesagt sein, dass es hier Regeln gibt, wenn du einziehen willst.«
Ich quetschte mich an Lorena vorbei, schleppte mein Gepäck in die Wohnung und betrachtete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Wir werden uns nur ein Bad und den Kühlschrank teilen. Wir sind kein Ehepaar«, stellte ich klar, während ich ungeschickt aus meinen Sneakern schlüpfte.
Lorena lächelte. »Aber um genau diesen Kühlschrank geht es mir. In meiner Küche gibt es keine tierischen Produkte.«
Ich stellte meinen Rucksack ab und schälte mich aus meiner Jacke. »Dann wird sich das jetzt ändern.«
Lorena trat einen Schritt auf mich zu und funkelte mich mit ihren dunklen Augen an.
»Nur über meine Leiche. Ich schwöre dir, dass ich alles höchstpersönlich in die Tonne werfe, was hier nicht hergehört.«
Noch im Gang öffnete ich meinen Koffer und begann damit, meine T-Shirts in mein Zimmer zu tragen und in den Schrank zu räumen, dessen Türen besorgniserregend quietschten und ächzten. Ich hätte meinen Koffer und Rucksack auf die Matratze werfen können, aber ich wollte sie nicht nass und schmutzig machen und der Boden des Zimmers bot nicht so viel Fläche wie der Flur, um alles bequem auszupacken und in den Schrank zu räumen.
»Und wovon soll ich mich dann bitte ernähren?«, fragte ich, während ich zurück zu meinem Koffer ging, um als Nächstes meine Hosen zu holen.
Lorena stellte sich mir grinsend in den Weg »Das wirst du recht schnell herausfinden. Du kannst dich gern von meinen Kochbüchern inspirieren lassen.«
»Nein, danke.« Ich verzog das Gesicht. »Ich stehe nicht so auf Salat und Tofu.«
Lachend trat Lorena beiseite, damit ich an ihr vorbeigehen konnte. »Wir werden eine tolle Zeit miteinander haben, Elisa.«
Mir entwich ein Seufzen, doch ich korrigierte sie nicht, denn ich ahnte, dass man mit Lorena nicht diskutieren wollte.
Als ich wenig später ausgepackt und den leeren Koffer und Rucksack auf den Schrank gehievt hatte, umgezogen war und auf der Matratze lag und die Decke anstarrte, erinnerte ich mich daran, wie ich vor nicht einmal drei Monaten Leos neue Wohnung betreten hatte.
Das Erste, was ich wahrnahm, war der strenge Geruch nach frischer Wandfarbe und Putzmittel. Doch meine Gedanken wurden schnell abgelenkt von dem schönen Echtholzparkettboden, den bodentiefen Fenstern, die so viel Licht hereinließen, und der modernen Küche in amerikanischem Stil. Ich hatte das alles natürlich in Filmen und Katalogen gesehen, doch dass Leo jetzt tatsächlich hier leben würde, haute mich mehr um, als ich gedacht hätte.
»Wow!«, entfuhr es mir und ich zuckte zusammen, als das Echo meiner Stimme in den beinahe leeren Räumen widerhallte.
Leo schlang mit so viel Elan seine Arme um mich, dass ich fast das Gleichgewicht verlor. Er lachte leise in mein Ohr. »Dich erschreckt aber auch alles.«
Ich drehte mich zu ihm um und wollte schon protestieren, als er seine Lippen auf meine legte. Ein altbekanntes Kribbeln machte sich in meinem Magen breit.
»Gefällt es dir?«, fragte er, als er sich von mir löste.
»Machst du Witze?« Ich entzog mich seiner Umarmung, drehte mich einmal im Kreis und rief: »Es ist unglaublich! Ich kann nicht fassen, dass du hier wohnen wirst!«
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen und in seinen sanften braunen Augen glitzerte es gefährlich. »Wir«, verbesserte er mich.
Vor Schreck stolperte ich über meine eigenen Füße, doch Leo packte mich rechtzeitig am Arm, um mich aufzufangen.