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Tessa: Die Wandlung
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eBook244 Seiten3 Stunden

Tessa: Die Wandlung

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Über dieses E-Book

Tessa wird Königin. Wer hat sich das noch nie erträumt? Aber es ist nicht so einfach, plötzlich die Herrin über faszinierende Sagengestalten zu sein und zu merken, dass man sich verändert. Tessa muss Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen und gegen einen mächtigen Feind kämpfen. Sie muss schwere Verluste ertragen und lernt ihre große Liebe kennen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum31. Dez. 2013
ISBN9783847662471
Tessa: Die Wandlung

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    Buchvorschau

    Tessa - Andrea Kretz

    Kapitel 1: Der letzte Tag meines gewohnten Lebens

    Als ich freitags von der Arbeit heimkam, fand ich vor meiner Haustür einen Brief, der mein ganzes Leben auf den Kopf stellen würde. Er war unfrankiert und meine Adresse war in einer edlen Handschrift fast schon darauf gemalt. Natürlich war ich neugierig und konnte es kaum erwarten, ihn zu öffnen. Obwohl mein Telefon sonst nur als Staubfänger fungierte, klingelte es, sobald ich die Haustüre hinter mir schloss. Ich legte den Brief auf das kleine Schränkchen im Flur und schlenderte zum Telefon. Als ich die Nummer des Anrufers auf dem Display erkannte, seufzte ich und überlegte, ob ich wirklich dran gehen sollte. Meine Tante war es, die sich schon ewig nicht mehr bei mir gemeldet hatte und meine Lust, ihren endlosen Monologen zu lauschen, war gegen Null. Aber dennoch hob ich ab, bevor der Anrufbeantworter anspringen konnte.

    Wie gewohnt ließ ich ihre Anschuldigungen, warum ich so lange nichts habe von mir hören lassen, an mir abprallen. Sie jammerte mir den Kopf voll, dass ich doch ihre einzige verbliebene Verwandte und sie doch so einsam sei. Das ganze ging eine halbe Stunde so weiter, ich kam nicht zu Wort, mehr als ein „Hmm ja oder „Hmm nein konnte ich in ihren kurzen Atempausen nicht loswerden. Schließlich verabschiedete sie sich von mir mit den Worten „Ich bin ja echt gespannt, wann du endlich etwas Anständiges aus deinem Leben machst". Diese Sprüche kannte ich zur Genüge. Brummelnd legte ich auf und ging in die Küche, um mir erst einmal einen Kaffee zu kochen. Ich steigerte mich so in meinen Ärger hinein, dass ich den Brief vergaß.

    Tja, nüchtern betrachtet war mein Leben nicht gerade der Hit. In meinem Beruf als Büroangestellte verdiente ich gerade genug, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Freunde hatte ich keine, da ich sehr introvertiert und still war. Mir war noch nie nach Party zu mute, und mit 44 wollte ich auch nicht mehr damit anfangen. Am Abend ging ich meiner Lieblingsbeschäftigung nach. Ich war eine Leseratte, hatte jede Menge Bücher in meiner kleinen, spärlich eingerichteten Wohnung verteilt und somit lümmelte ich auf der Couch und vertiefte mich in meine Lektüre. Da das Wochenende bevorstand und danach mein 3-wöchiger Jahresurlaub, las ich bis spät in die Nacht. Urlaub war für mich immer grausam, da ich dann mit meiner Zeit nichts anzufangen wusste und dadurch in Depressionen verfiel. Die einzige Ablenkung waren tägliche Spaziergänge im nahegelegenen Stadtpark.

    Als ich im Bett lag, erinnerte ich mich plötzlich an den Brief. Also sprang ich auf, holte ihn und verkroch mich wieder in den Federn. Unentschlossen drehte und wendete ich ihn in meinen Händen. Der Umschlag war aus edlem Papier und es erschien mir wie eine Sünde, dieses aufzureissen, um an den Inhalt zu kommen. Schließlich überwand ich meine Scheu und öffnete den Brief.

    „Sehr geehrte Frau von Rosenthal, ich würde mich sehr freuen, Sie am morgigen Samstag in meinem Hause zu empfangen. Bitte erscheinen Sie um 15 Uhr in der Brandenburger Allee 17. Hochachtungsvoll Cenhelm von Rothenstein"

    Na so was, dachte ich mir. Was soll das wohl bedeuten? Was will der denn von mir? Da ist sogar ein Familienwappen eingraviert. Das kann ja nur ein Irrtum sein, bestimmt habe ich eine Namensvetterin und dies ist alles eine Verwechslung. Zudem habe ich kein „von".

    Am nächsten Morgen galt mein erster Gedanke dem Brief. Ich las ihn immer wieder durch und schaute mir nochmals den Umschlag an. Nein, er war ganz eindeutig an mich adressiert, kein Zweifel, es stand sogar mein vollständiger Vorname drauf. Sollte ich wirklich dorthin gehen? Ich würde es kurzfristig entscheiden. Aber Moment mal, wo ist diese Allee denn? Habe noch nie etwas davon gehört und da er nur die Straße aufgeschrieben hat, wird es wohl hier in der Stadt sein. Also schaltete ich mein Navi an und gab die Daten ein. Die Fahrt würde etwa eine halbe Stunde dauern und mich an den Stadtrand führen.

    Nach Frühstück und Dusche suchte ich mir bequeme Kleidung aus und machte mich auf den Weg in den Stadtpark. Vielleicht half mir ein Spaziergang durch die Frühlingssonne dabei, meine Gedanken zu ordnen. Also schlenderte ich auf meiner gewohnten Route und genoss das Vogelzwitschern und die aus dem Winterschlaf erwachende Natur. So früh am Morgen hatte ich eigentlich nicht erwartet, außer Joggern irgendjemandem zu begegnen. Jedoch war „mein" Pavillon, in dem ich immer so gerne saß und auf den kleinen See dahinter blickte, besetzt. Eine Frau meines Alters saß dort in Begleitung eines älteren Herrn im Rollstuhl. Die beiden unterhielten sich leise, aber am Gesichtsausdruck der Frau erkannte ich, dass es wohl ein Streitgespräch war. Also ging ich am Pavillon vorbei und begann eine Runde um den See. Boah, so früh am Tag, und schon streiten. Welch ein Glück, dass ich das nicht mitmachen muss.

    Als ich etwa 50 Meter gegangen war, fühlte ich mich beobachtet. Ich spürte ein Kitzeln im Nacken, nicht unangenehm, aber dennoch konnte ich nicht anders und drehte mich um. Ich sah genau in die herrlich blauen Augen des älteren Herren und konnte meinen Blick nicht abwenden. Er hatte graumeliertes kurzes Haar und ein sehr sympathisches Gesicht. Er zwinkerte mir zu und brach den Augenkontakt mit einem gütigen Lächeln ab. Ich lächelte zurück, drehte mich wieder um und ging weiter. So ein netter Mann, warum er wohl im Rollstuhl sitzt? Und wie um alles in der Welt, kann man mit ihm einen Streit anfangen? Ob das seine Tochter ist? Oder gar seine Frau? Ich würde mich gerne mal mit ihm unterhalten. Von ihm könnte ich bestimmt viel lernen. Er strahlt so eine innere Wärme, Weisheit und Güte aus. So gingen meine Gedanken weiter, bis ich plötzlich wieder vor meiner Haustür stand. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich wohl auf Autopilot geschaltet hatte.

    Kopfschüttelnd ging ich in meine Wohnung. Mein Blick fiel wieder auf den Brief und ich war mir auf einmal ganz sicher, dass ich die Einladung annehmen würde. Aber was ziehe ich an? Ein Herr von und zu und ich hab nur Jeans und Pullis. Vielleicht wäre ein schickes Kleid angebrachter? Oder zumindest ein Rock mit anständiger Bluse? Aber dann bräuchte ich auch entsprechende Schuhe und eine Handtasche, Schminke und nette Frisur. All das befand sich aber nicht in meinem Besitz und ich würde mich auch nicht wohlfühlen. Ich war ja schließlich nicht Aschenputtel, die auf den Ball im Königshaus geht und sich den Prinzen angelt. Ich musste über mich selbst lachen. Schließlich entschied ich mich für eine Jeans und fand in der hintersten Ecke meines Schrankes noch eine Bluse, die ich ganz vergessen hatte. Ich bürstete sogar noch meine bequemen Treter und anstatt meines obligatorischen Rucksacks kramte ich eine Umhängetasche heraus, die als Handtaschenersatz herhalten sollte und füllte sie mit den Dingen, die eine Frau unbedingt bei sich haben sollte: Geldbeutel, Papiere, Feuerzeug, Zigaretten, Handy, Lesebrille und Navi.

    Ich machte mich frühzeitig auf den Weg und vertraute mich meinem Navi an. Zunächst ging es durch bekannte Straßen, aber dann kam ich in eine Gegend, in der ich nie zuvor war. Statt der Mehrfamilienhäuser fanden sich hier kleine Häuschen mit Vorstadtcharme. Schließlich bog ich in die Brandenburger Allee ein und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Allee machte ihrem Namen alle Ehre. Eine breite Straße gesäumt von wunderschönen alten Kastanien, die gerade die ersten Blüten hervorbrachten. Rechts und links standen in einigem Abstand immer schöner werdende Häuser. Die Hausnummern begannen bei 80, zudem war ich zu früh dran. Also fuhr ich langsamer und betrachtete die Häuser, die schließlich von Villen abgelöst wurden. Ah, da ist ja Nummer 19, also kann es nicht mehr weit sein. Das Grundstück der Nummer 19 war klar durch einen weißen Zaun abgegrenzt. Danach begann eine hohe rote Mauer, die bestimmt hundert Meter lang war, bevor sie durch ein großes Eisentor unterbrochen wurde. Ich hielt vor dem geschlossenen Tor an, stieg aus und begab mich auf die Suche nach einer Klingel. An der Mauer neben dem Tor war ein Messingschild angebracht:

    Brandenburger Allee 17

    von Rothenstein

    Daneben befand sich eine mit Kamera und Gegensprechanlage versehene Klingel. Bevor ich mir überlegen konnte, ob ich überhaupt klingeln wollte, ertönte eine Stimme „ Frau von Rosenthal, Sie werden bereits erwartet, bitte fahren Sie bis vor das Haus." Gleich darauf öffnete sich das Tor. Ich stieg wieder ins Auto ein (das ich vergessen hatte, zu waschen und bestimmt mickrig neben dem Nobelschlitten des Besitzers aussehen würde) und fuhr durch das Tor. Selbstredend schloss es sich direkt wieder. Ich befand mich nun auf einer Kopfsteinpflasterstraße, die schnurgerade durch einen wunderschön angelegten Park führte. Mein Blick hing wie gebannt auf dem Haus, nein - Anwesen, dem ich mich näherte. Es war sehr groß, leuchtend rot mit weißen Fenstern und Balkonen, 4 Stockwerke hoch mit vielen Erkern und zwei Türmen, die das Anwesen rechts und links flankierten.

    Ich stellte mein Auto ab – keine Luxuslimousinen weit und breit – stieg aus und blickte mich staunend um. Jetzt fehlt nur noch, dass ein Butler in Uniform mir die Tür öffnet. Etwas befangen ging ich zur Treppe vor dem imposanten Eingangsportal und wiederum musste ich nicht klingeln, sondern die Tür öffnete sich und eine junge Frau stand vor mir. „Frau von Rosenthal, schön, dass Sie da sind. Kommen Sie doch herein, der Hausherr erwartet Sie schon. Ich räusperte mich und sagte: „Vielen Dank für die nette Begrüßung, aber das ´von´ ist zu viel. Einfach nur Rosenthal. Die junge Frau nickte lächelnd und bat mich herein.

    Der Eingangsbereich war einfach phantastisch. Hohe Decke (mit beträchtlichem Kronleuchter natürlich), mehrere Türen (eher Portale) und eine breite Treppe im Hintergrund. Die junge Frau leitete mich zu einem der Portale.

    „Ich bin die Enkelin des Hausherren, mein Name ist Sunny, naja eigentlich Sunhild, aber den Namen mag ich nicht. Die Familientradition verlangt diese schrecklichen Namen. Ich lächelte sie an und erwiderte „Davon kann ich auch ein Lied singen. Nennen Sie mich einfach Tessa, Theresa-Elisabeth gefällt mir nämlich auch nicht.

    Lachend öffnete Sunny das Portal und wir gelangten in ein Wohnzimmer. Es gab dort alte Schränke mit vielen Büchern, einen Kamin und davor eine bequem aussehende halbrunde Couch mit dekorativen Kissen und einen einzelnen Sessel, der so stand, dass man nicht erkennen konnte, ob jemand darin saß.

    „Großvater, dein Besuch ist da. Darf ich vorstellen: Theresa-Elisabeth von Rosenthal. Oh, nein, ohne von. Entschuldigen Sie bitte, Tessa."

    „Kein Problem Sunhild" erwiderte ich lachend und erntete ein schiefes Grinsen von Sunny. Aus dem Sessel ertönte ein tiefes gluckerndes Lachen.

    „Die Jugend von heute, tse tse" Der Sessel drehte sich und ich erblickte den älteren Herrn aus dem Stadtpark.

    „Ich hatte ja schon die Ehre, Ihr Antlitz zu erblicken, mein Name ist Cenhelm von Rothenstein. Kommen Sie doch näher Theresa-Elisabeth und setzen Sie sich zu mir. Wir haben viel zu besprechen."

    Zögernd ging ich zur Couch und setzte mich. Mir hatte es die Sprache verschlagen. Was zum Geier soll ich hier? Was soll es schon zu besprechen geben? Ist das jetzt ein Zufall, dass gerade er vor mir sitzt?

    „Sie sind so still, Theresa-Elisabeth."

    „Sagen Sie doch bitte Tessa zu mir." Ich räusperte mich.

    „Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich hier sehr wohl, aber dennoch etwas deplatziert. Was sollten Sie denn mit mir zu besprechen haben, Herr von Rothenstein? Ist es ein Zufall, dass wir uns gerade heute Morgen im Stadtpark gesehen haben?"

    „Es gibt keine Zufälle", sagten er und Sunny wie aus einem Munde. Wieder hatte ich einen Frosch im Hals.

    „Ähm, also, was kann ich für Sie tun?"

    „Ach wissen Sie, Tessa, das ist schwer zu erklären, aber dennoch ganz einfach. Ich habe Sie vor einer Woche schon einmal im Stadtpark gesehen. Sie saßen im Pavillon und schauten auf den See. Sie haben mich und meine Tochter gar nicht bemerkt.", fing er an zu erzählen.

    „Mir fiel gleich auf, dass Sie ein ganz besonderer Mensch sind und ich musste Sie einfach kennenlernen." Ich und ein besonderer Mensch? Was sollte denn an mir besonderes sein?

    „Sie schauen so ungläubig., fuhr er fort. „Sie wissen gar nicht, was in Ihnen steckt. Aber ich werde es Ihnen zeigen, wenn Sie erlauben.

    „Habe ich denn eine Wahl?", wollte ich wissen.

    „Selbstverständlich haben sie diese. Wir können und wollen Sie zu nichts zwingen, hoffen aber auf ihre Neugierde."

    „Okay, also erst einmal bin ich neugierig, wie sie meinen Namen und meine Adresse herausgefunden haben und dann möchte ich wissen, was an mir so besonderes sein soll."

    „Nun, Tessa, wir haben unsere Mittel und Wege, Informationen über bestimmte Personen zu erhalten. Welche genau, werde ich Ihnen später erklären, wenn wir Ihnen eine kleine Einführung in unser Unternehmen gegeben haben."

    „Sie sprechen immer in der Mehrzahl. Wer ist wir?"

    „Nun, Sie werden bald meine Tochter Agnes-Maria kennenlernen. Wir werden einen kleinen Test mit Ihnen durchführen."

    „Moment mal, einen Test? Wozu? Würden Sie mir bitte erklären, was das soll?"

    Langsam wurde mir mulmig zumute. Ich war eh ein ängstlicher Mensch und konnte nicht mehr verstehen, warum ich eigentlich im wahrsten Sinne mutterseelenallein hierhergekommen war. Hektisch sah ich mich um und sprang auf.

    „Lassen Sie mich bitte gehen, Sie machen mir Angst."

    „Sie können jederzeit gehen.", sagte Cenhelm traurig.

    „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Angst mache, das lag nicht in meiner Absicht."

    „Großvater, vielleicht solltest du nicht immer gleich mit der Tür ins Haus fallen.", ließ sich Sunny vernehmen. Ich hatte sie ganz vergessen. Irgendwie beruhigte es mich, dass sie noch da war. Ich setzte mich wieder.

    „Liebe Theresa-Elisabeth, es tut mir so leid. Ich suche Sie schon seit so langer Zeit, und nun bin ich ungeduldig und möchte meiner Tochter beweisen, dass Sie es wirklich sind."

    „Ach deshalb das Streitgespräch heute Morgen. Das war doch Ihre Tochter?"

    „Ja, das war sie. Sie meint, dass ich mich in etwas hineinsteigere. Und nur, weil ich schon seit Jahrzeh…, er musste husten „...seit Jahren nach Ihnen suche und die Geduld verliere. Aber bei Ihnen bin ich mir ganz sicher. In all der Zeit hatte ich nur eine Frau gefunden, von der ich dachte, dass sie es sei, aber sie hat den Test nicht bestanden. Aber Sie, Sie werden ganz bestimmt das Richtige tun.

    Das wurde ja immer seltsamer. Ich hatte diesen Beinahe-Versprecher natürlich bemerkt. Ach komm, spinn jetzt nicht rum, du heißt ja schließlich nicht Bella und Sunny und ihr Opa haben auch eine gesunde Hautfarbe. Aber meine Neugierde war geweckt. Ich könnte mir diesen Test ja mal anschauen und dann entscheiden, ob ich ihn durchführen würde.

    „Entschuldige die Verspätung, Vater.", erklang eine leise, dunkle Stimme.

    „Das macht doch nichts, Agnes-Maria. Komm nur herein und begrüße unseren Gast." Ich drehte mich in Richtung Portal und erblickte die Frau, die ich im Stadtpark gesehen hatte. Sie war ungefähr so groß wie ich, also 1.72m, allerdings war sie etwas (okay ziemlich) schmaler als ich. Sie hatte langes schwarzes Haar und die hellblauen Augen ihres Vaters. Sie kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Ich stand auf und gab ihr die Hand. Dabei sah sie mir in die Augen und ich fühlte wieder dieses Kribbeln im Nacken. Sie ließ mich los, ging zu ihrem Vater, küsste ihn zart auf die Wange und setzte sich dann ans andere Ende der Couch.

    „Sunhild, bitte setze dich endlich zu uns und steh nicht da hinten in der Ecke, als ob es dich nichts anginge.", sagte Agnes. Gehorsam setzte Sunny sich zwischen ihre Mutter und mich.

    Jetzt wurde ich ganz ruhig und wie immer, wenn ich mich wohlfühlte, bekam ich Lust auf eine Zigarette.

    „Kann ich mal kurz raus gehen? Ich möchte gerne eine rauchen.", fragte ich.

    „Sie müssen nicht nach draußen, Theresa-Elisabeth. Wenn Sie doch bitte dort hinten zu dem Schrank gehen. In der linken unteren Tür befinden sich ein Aschenbecher und eine Zigarrenkiste. Bringen Sie mir dies doch bitte.", erwiderte der Hausherr.

    „Aber gerne doch.", sagte ich und stand auf. Ich ging zu besagtem Schrank, bückte mich, drehte den Schlüssel, öffnete die Tür und nahm die gewünschten Gegenstände heraus. Ich schloss die Tür wieder, stand auf und ging zurück zur Couch, von wo aus mich Agnes und Sunny ungläubig staunend und der Hausherr übers ganze Gesicht strahlend ansahen.

    „Habe ich etwas falsch gemacht?", fragte ich unsicher.

    „Nein, nein, alles bestens.", sagten die drei gleichzeitig. Ich musste lachen und sie fielen in mein Lachen ein. Ich setzte mich wieder, stellte den Aschenbecher und die Zigarrenkiste auf den Tisch vor der Couch, kramte in meiner Tasche nach meinen Zigaretten und zündete mir eine an.

    „Würden Sie mir bitte eine Zigarre aus der Kiste geben? Ich komme nicht dran.", fragte Großvater.

    „Oh, entschuldigen Sie, wie unaufmerksam von mir.", erwiderte ich, legte die Zigarette im Aschenbecher ab und griff nach der Kiste.

    Es war eine alte Holzkiste mit eingeschnitzten Rosen. An der Vorderseite befand sich ein Verschluss. Ich versuchte, die Kiste zu öffnen, aber es ging nicht. Ich betrachtete die Schnitzereien genauer und drückte dann zielstrebig auf eine der Rosen. Der Verschluss öffnete sich und der Deckel sprang auf.

    „Huch, jetzt hab ich mich aber erschrocken! Herr von Rothenstein, welche der Zigarren möchten Sie denn haben. Es scheinen verschiedene Sorten zu sein. Ach, ich denke, diese wird Ihnen besonders gut schmecken." Ich nahm die Zigarre, die als zweite von vorne lag und reichte sie ihm.

    „Abknipsen und anzünden müssen Sie aber selbst, sonst huste ich mir hier die Lunge aus dem Leib und muss mit einem Finger weniger leben."

    „Das gibt es nicht!", riefen Agnes und Sunny. Der Großvater fing an zu glucksen, dann lachte er leise und schließlich lauthals, bis ihm die Tränen die Wange herunter liefen.

    Oh Mensch, was hab ich denn jetzt wieder angestellt? War das zu respektlos? Hätte ich seine Antwort abwarten sollen? Unsicher blickte ich von einem zum anderen. Aber

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