Das Duell: Der aufstrebende Fürst 9 – Familienroman
Von Betsy Collins
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Über dieses E-Book
Das ist die spannende, prekäre Situation, wie sie sich zu Beginn dieser großherrschaftlichen Familiensaga um einen herausragenden, außergewöhnlichen Lord darstellt.
»Grün?«, wiederholte Lady Mildred entgeistert. »In der Tat.« Die Duchess of Parbrooke nickte entschieden. »Helena wird bei der Hochzeit mit Ihrem Sohn ein grünes Brautkleid tragen.« »Nun …« Lady Mildred zögerte. Constance Parbrooke hatte sechs Jahre in einem abgelegenen schottischen Ort verbracht. Vermutlich war ihr Sinn für Schicklichkeit dadurch getrübt. »Darf ich daran erinnern, was der Volksmund sagt? ›Schämen soll sich die Braut, die in Grün zum Altar sich traut‹.« Die Duchess machte eine wegwerfende Handbewegung. »Grün passt fabelhaft zu Helenas tizianroten Haaren. Am Hochzeitstag soll sich eine Braut schließlich von ihrer besten Seite zeigen. Außerdem stehen wir doch über diesem törichten Aberglauben, nicht wahr?« Ein Klopfen enthob Lady Mildred der Notwendigkeit einer Antwort. Sie war heilfroh darüber. Natürlich stand sie selbst über jeglichem törichten Aberglauben. Aber ob das auch für die Gäste galt? Die Hochzeit des Marquess of Meadowby mit der ältesten Tochter der Duchess of Parbrooke sollte keinerlei Anlass für Kritik bieten.
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Buchvorschau
Das Duell - Betsy Collins
Der aufstrebende Fürst
– 9 –
Das Duell
Betsy Collins
»Grün?«, wiederholte Lady Mildred entgeistert.
»In der Tat.« Die Duchess of Parbrooke nickte entschieden. »Helena wird bei der Hochzeit mit Ihrem Sohn ein grünes Brautkleid tragen.«
»Nun …« Lady Mildred zögerte. Constance Parbrooke hatte sechs Jahre in einem abgelegenen schottischen Ort verbracht. Vermutlich war ihr Sinn für Schicklichkeit dadurch getrübt. »Darf ich daran erinnern, was der Volksmund sagt? ›Schämen soll sich die Braut, die in Grün zum Altar sich traut‹.«
Die Duchess machte eine wegwerfende Handbewegung. »Grün passt fabelhaft zu Helenas tizianroten Haaren. Am Hochzeitstag soll sich eine Braut schließlich von ihrer besten Seite zeigen. Außerdem stehen wir doch über diesem törichten Aberglauben, nicht wahr?«
Ein Klopfen enthob Lady Mildred der Notwendigkeit einer Antwort. Sie war heilfroh darüber. Natürlich stand sie selbst über jeglichem törichten Aberglauben. Aber ob das auch für die Gäste galt? Die Hochzeit des Marquess of Meadowby mit der ältesten Tochter der Duchess of Parbrooke sollte keinerlei Anlass für Kritik bieten.
Der Butler von Axbury Manor trat ein. »Verzeihung, Euer Gnaden.« Er verbeugte sich tief und hielt der Duchess ein Silbertablett hin. Darauf lag eine weiße Karte, wie ein Besucher sie dem Personal gab, um sich bei der Herrschaft anzukündigen.
Lady Mildred kniff die Augen leicht zusammen. Diese Karte musste von einem Gentleman stammen, denn sie war klein und nur dezent bedruckt. Eine Dame hätte ein größeres Format und verspielte Motive gewählt. Ihre eigene Karte beispielsweise zierten Blumenranken und Täubchen. Ein geschmackvolleres Exemplar musste man in ganz England mit der Lupe suchen, fand sie.
Constance Parbrooke nahm die Karte vom Tablett und musterte sie. »Mein Neffe Archibald?«, stieß sie verdutzt hervor.
»Ich denke schon, Euer Gnaden. Der Gentleman sagte jedenfalls, er wolle seine Tante besuchen. Und – er hat Gepäck ausladen lassen. Recht viel Gepäck, Euer Gnaden.«
Gibbs versuchte, sich seine Sorge nicht anmerken zu lassen. Der junge Mann, der eben aus der Kutsche gestiegen war, schien auf einen längeren Aufenthalt in Axbury Manor eingerichtet zu sein. Von einem solchen Gast wusste der Butler allerdings nichts. Warum nicht? Und welche Gästesuite sollten die Hausmädchen am besten herrichten?
»So? Ich lasse bitten.«
Neugierig blickte Lady Mildred vom Butler zur Duchess und wieder zurück. Hier handelte es sich offenbar nicht um einen der üblichen Nachmittagsbesuche. Und sie bekam alles aus erster Hand mit!
»Sehr wohl, Euer Gnaden.« Gibbs verbeugte sich und verließ den Grünen Salon.
Die Duchess war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, doch jetzt schlug ihr Herz deutlich schneller. Vier Neffen hatte sie. Allesamt Söhne von Lord Walter, dem jüngeren Bruder ihres verstorbenen Gatten.
Sie selbst hatte zwar drei Töchter, aber keinen Sohn zur Welt gebracht. Keinen Erben. Ein ständiger Streitpunkt in ihrer Ehe. Schließlich hatte Constance Parbrooke den Duke verlassen und war mit den Töchtern zu ihrer Mutter nach Schottland gezogen. Seit dem Selbstmord ihres Mannes im letzten Frühling trug Lord Walter gemäß Erbfolge den Titel des Duke of Parbrooke.
An dessen Söhne erinnerte sie sich nur vage. Ihr Ehemann hatte den Kontakt zu seinem Bruder nicht gepflegt. Zu groß war der Stachel in seinem Fleisch gewesen, weil Lord Walter vier Söhne sein Eigen nennen durfte. Die Duchess hatte ihre Neffen seit fast einem Jahrzehnt nicht gesehen. Welcher von ihnen war Lord Archibald? Sollte er der Älteste sein, gab es nämlich guten Grund für ihr Herzklopfen …
Nach dem Erbfall war Lord Walter in seinem geliebten Yorkshire geblieben, statt in Axbury Manor einzuziehen. Er hatte seiner Schwägerin angeboten, mit ihren Töchtern dort zu wohnen. Constance Parbrooke sollte dafür sorgen, dass das prächtige Anwesen in Schuss blieb. Womöglich schickte er nun seinen Sohn vor, weil er seine Meinung geändert hatte? Oder wollte Lord Archibald vielleicht selbst in Axbury Manor leben?
Mal nicht den Teufel an die Wand, mahnte sich die Duchess. Vielleicht war ihr Neffe ja nur auf der Durchreise und wollte ihr einen Höflichkeitsbesuch abstatten. Immerhin gab es viele Menschen, die mehr Familiensinn besaßen als ihr verstorbener Gatte.
»Ich fürchte, wir müssen das Gespräch über die Hochzeit unserer Kinder auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, Marchioness.«
»Selbstverständlich, Euer Gnaden. Verwandtenbesuch, wie nett! Ich freue mich für Sie. Dann werde ich mich jetzt verabschieden. Ich trinke nur noch rasch meinen Tee aus.« Alles andere wäre unhöflich gewesen, fand Lady Mildred. Im Zeitlupentempo hob sie die Tasse zum Mund. Hoffentlich sputete sich Gibbs. Sie wollte unbedingt noch einen Blick auf den Besucher werfen.
Widerstrebend stellte sie die leere Tasse zurück auf den Tisch und stand auf, genau wie die Duchess.
»Danke, dass Sie vorbeigeschaut haben, Lady Mildred.«
»Es war mir ein Vergnügen. Einen angenehmen Tag wünsche ich Ihnen. Und natürlich eine schöne Zeit mit Ihrem Neffen. Familie ist so wichtig, nicht wahr? Ich persönlich bin ja der Meinung …«
Lady Mildreds Verzögerungstaktik ging auf: Gibbs führte einen Gentleman herein. Der war Mitte zwanzig, durchschnittlich groß, dunkelhaarig, besaß einen imposanten Backenbart – und einen leichten Silberblick.
Constance Parbrooke schluckte. Der Junge mit dem Silberblick. Das wusste sie noch. Kein Zweifel: Vor ihr stand Lord Walters Erstgeborener.
Strahlend ging sie auf ihn zu. »Herzlich willkommen, mein lieber Neffe! Wie schön, dich zu sehen.«
Er verbeugte sich. »Guten Tag, Tante Constance. Ich treffe dich hoffentlich bei bester Gesundheit an?«
»In der Tat, Archibald. Dasselbe trifft hoffentlich auch auf dich zu?«
»Ja, ich bin rundherum wohlauf und froh, hier zu sein.«
»Darf ich dir die Marchioness of Meadowby vorstellen? Ihr ältester Sohn wird im Frühjahr meine Helena heiraten. Lady Mildred, dies ist Lord Archibald. Mein Neffe aus Yorkshire.«
Wieder verbeugte er sich. »Sehr erfreut.«
Lady Mildred neigte den Kopf. »Ganz meinerseits.«
»Und meinen Glückwunsch zu der bevorstehenden Hochzeit. Ich wünsche dem künftigen Ehepaar alles Gute.«
»Wie gütig von Ihnen. Vielen Dank. Ich werde es meinem Sohn ausrichten, sobald ich ihn sehe. Gewiss wird er sich sehr darüber freuen, Lord Archibald. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen, Lady Mildred.«
Mit einem knappen Nicken bedeutete Gibbs einem im Korridor wartenden Hausdiener, die Marchioness hinauszubegleiten. Zwei Hausmädchen huschten vorüber, auf dem Weg in den ersten Stock, um eine Gästesuite herzurichten. Besser, man hatte etwas, das man nicht brauchte, als umgekehrt. Niemand würde Gibbs nachsagen, in Axbury Manor sei man auf Gäste nicht vorbereitet.
*
»Bitte nimm Platz, mein lieber Archibald.« Constance Parbrooke zeigte auf die beiden mit flaschengrünem Samt bezogenen Lehnstühle, zwischen denen ein niedriger rechteckiger Tisch stand. »Du trinkst doch einen Tee mit mir?«
Der Butler räumte Lady Mildreds Geschirr weg und stellte ein sauberes Gedeck auf den Tisch.
Ungläubig schaute Lord Archibald zu. Nach der langen Kutschfahrt hing ihm der Magen in den Kniekehlen. Er hatte sich auf den Nachmittagstee gefreut. Auf eine große Tischplatte, die sich förmlich bog unter Torten, Kuchen, süß und herzhaft belegten Sandwiches, Plätzchen und Blätterteiggebäck. Wie es in englischen Adelshäusern halt üblich war. Erst recht in einem Anwesen des Kalibers von Axbury Manor.
Doch außer den beiden Tassen stand lediglich ein armseliger Teller mit Ratafiaplätzchen da. Sollte das ein Scherz sein? Womöglich gar ein Affront gegen ihn? Nicht ausgeschlossen angesichts des Grundes für seinen Besuch.
Andererseits hatte die Duchess ihn so freundlich begrüßt. Viel freundlicher als erwartet. Unwahrscheinlich, dass sie ihn beleidigen wollte. Außerdem hätte sie damit an dem Ast gesägt, auf dem sie saß. Sie war auf sein Wohlwollen angewiesen, wenn sie nicht wieder bei ihrer Mutter in Schottland unterschlüpfen wollte.
Ihm fielen die Worte ein, mit denen sein Vater ihn verabschiedet hatte: »Die gute Constance ist exzentrisch. Sie wird dich bestimmt manches Mal überraschen. Nimm es wie ein Mann.«
»Sehr gern, Tante Constance«, versicherte Lord Archibald deshalb rasch und hoffte, sie möge sein Zögern nicht bemerkt haben. Er wartete, bis seine Tante saß, und nahm Platz. Sicher, die Ratafiaplätzchen