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SARAH - SIE SIND ZAUBERHAFT
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eBook248 Seiten3 Stunden

SARAH - SIE SIND ZAUBERHAFT

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Über dieses E-Book

Enttäuscht, weil ihr Vormund Marcus Ravenhurst sich in all den Jahren seit dem Tod ihrer Eltern nie um sie gekümmert hat, beschließt die entzückende Sarah, heimlich aufzubrechen und zu ihrer alten Erzieherin zu reisen. Doch das Schicksal will, dass just in dieser Zeit der äußerst vermögende Marcus sich auf den Weg macht, um sein Mündel in Bath zu besuchen. Als er Sarah dort nicht vorfindet, beschließt er, ihr nachzufahren. Durch einen aufkommenden Schneesturm muss er gezwungenermaßen in einem Landgasthaus übernachten. Eine ebenfalls dort wohnende junge Dame betört ihn sofort durch ihren ungewöhnlichen Liebreiz. Zufällig erfährt er, wer sie ist: seine verschwundene Sarah! Doch bevor Marcus sich zu erkennen gibt, geschieht im Gasthof ein Mord. Jetzt kann er beweisen, wie sehr ihr Wohl ihm am Herzen liegt…

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum16. Dez. 2013
ISBN9783954467648
SARAH - SIE SIND ZAUBERHAFT
Autor

Anne Ashley

Die Engländerin schreibt historical romances und entspannt sich gerne in ihrem Garten. Diesen hat sie bereits öfter zugunsten des Fondes der Kirche in ihrem Dorf der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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    Buchvorschau

    SARAH - SIE SIND ZAUBERHAFT - Anne Ashley

    IMPRESSUM

    Historical erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

    Fotos: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format im 12/2012 - die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    eBook-Produktion: readbox, Dortmund

    ISBN 978-3-95446-764-8

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    ROMANA, BIANCA, BACCARA, TIFFANY, MYSTERY, MYLADY, HISTORICAL

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    1. KAPITEL

    Das perfekt aufeinander abgestimmte Grauschimmelgespann fuhr unter einem der schönsten elisabethanischen Torbögen der Grafschaft Wiltshire hindurch, um im Hof vor den Stallungen anzuhalten.

    Marcus Ravenhurst, viel beneideter Besitzer der Grauen, wartete, bis sein Stallbursche von der eleganten Rennkarriole heruntergesprungen war und die Zügel übernommen hatte, ehe er mit der federnden Geschmeidigkeit des geübten Sportsmannes seinem Beispiel folgte.

    Als Marcus zum Haus ging, fing sich der Februarwind in seinem Kutschermantel mit dem breiten Schulterkragen. Trockenes Laub wirbelte vor ihm über den Boden und wurde zu kleinen Häufchen zusammengeweht. Ehe er unter den schützenden Vorbau trat, fiel sein Blick auf die hohen Bäume, die den Bau verdunkelten. Missbilligend zog er die dunklen Brauen zusammen, sodass sein Gesicht den für ihn typischen finsteren Ausdruck annahm.

    Er griff nach dem schimmernden Türklopfer und pochte einige Male energisch. Es dauerte eine Weile, bis die schwere Eichentür von einem grauhaarigen Butler geöffnet wurde.

    „Ach, Master Marcus!, rief der Alte erfreut und mit jener Vertraulichkeit aus, die nur treuen und langjährigen Dienern zustand, ehe er den unerwarteten Besucher eintreten ließ. „Ihre Ladyschaft ließ nichts von Ihrer Ankunft verlauten, Sir.

    „Sie erwartet mich nicht, Clegg. Auf dem Weg nach Somerset fiel mir ein, dass ich kurz vorbeischauen könnte. Ich bleibe nur eine Nacht."

    Nachdem er Handschuhe und Biberfilzhut auf den Hallentisch gelegt hatte, zog Marcus seinen Mantel aus, unter dem ein blauer Rock von erstklassigem Schnitt und ein blütenweißes Halstuch zum Vorschein kamen. Dazu trug er braungelbe Pantalons, die faltenlos seine muskulösen Beine umspannten. Seine schlichte, zweireihige Weste wies weder Uhrketten noch sonstigen Zierrat auf. Sein einziger Schmuck war ein goldener Siegelring, der seine kraftvollen, wohlgeformten Hände betonte.

    Von der dezenten und eleganten Aufmachung wie immer beeindruckt, dachte der betagte Butler bei sich, dass es nicht viele Gentlemen gab, die so untadelig gekleidet waren und eine so gute Figur machten wie der älteste Enkel seiner Herrin.

    „Ihre Ladyschaft befindet sich in ihrem Salon, Sir, sagte er, als er ihm den Mantel abnahm. „Ich werde ihr melden, dass Sie eingetroffen sind.

    „Sparen Sie sich die Mühe, Clegg. Ich melde meine Ankunft selbst. Marcus ließ ein Lächeln sehen, das seine scharf geschnittenen Züge weicher wirken ließ. „Damit erspare ich Ihnen die Peinlichkeit, Ohrenzeuge der Strafpredigt zu werden, die mir droht, weil ich mich so lange nicht blicken ließ.

    „Wie Sie wünschen, erwiderte der Butler ernst, aber mit einem verräterischen Zucken der Lippen. „Ich werde ein Zimmer für Sie vorbereiten lassen.

    „Danke, Clegg. Sorgen Sie dafür, dass mein Bursche alles Nötige hat."

    Am oberen Ende der Treppe angelangt, wandte Marcus sich nach rechts und ging den schmalen Gang zu den Privaträumen seiner Großmutter entlang um nach kurzem Anklopfen einzutreten. Die Dowager Countess saß in einem Sessel vor dem Feuer, eine Decke über den Knien, auf dem Schoß ein offenes Buch.

    „Ist Besuch gekommen, Clegg?", fragte sie ohne sich umzublicken.

    „Wie schön, dass dein Gehör noch so gut ist, Großmama."

    „Ach, Marcus! Sie drehte sich um und sah ihrem Lieblingsenkel, der zielbewusst auf sie zuging, mit gerunzelter Stirn entgegen. „Ein ganzes Jahr habe ich dich nicht mehr gesehen. Ich dachte schon, du wärst tot!, bemerkte sie trocken.

    „Ein Vierteljahr um genau zu sein, Madam. In seinen dunklen Augen blitzte es spitzbübisch, als er ihr einen Kuss auf die rosige Wange hauchte. „Sicher bist du überglücklich mich so gesund und munter wiederzusehen.

    Sie reagierte mit einem spöttischen Auflachen. „Marcus, um Gesundheit und Munterkeit mache ich mir bei dir keine Sorgen, da du das bei Weitem am besten geratene männliche Exemplar unserer Familie bist. Zwar ist es mit deinem Aussehen nicht weit her, fuhr sie mit ungeschminkter Offenheit fort, „aber es fliegen ja nicht alle Frauen auf ein hübsches Gesicht.

    Er stellte sich ans Feuer und wärmte sich den Rücken, während er sie liebevoll betrachtete. Nur ihr Ebenholzstock und ihr weißes Haar, das unter dem Spitzenhäubchen hervorlugte, verrieten ihre fünfundsiebzig Jahre. Sie hatte sich ihre glatte Haut bewahrt und ihre grauen Augen waren wach und aufmerksam wie eh und je. Ihr klarer Verstand und ihre scharfe Zunge bereiteten ihrem ältesten Sohn oft genug Unbehagen und brachten seine Gemahlin immer wieder in Verlegenheit. Da sie stets offen ihre Meinung sagte und mit spöttischen Kommentaren nicht sparte, wirkte sie auf ihre Umgebung ziemlich einschüchternd – nicht aber auf Marcus. Seine Großmutter gehörte zu den wenigen Menschen, denen er Bewunderung und Respekt zollte.

    „Mir liegt nichts daran, als Adonis zu gelten."

    „Sehr vernünftig, zumal das Aussehen eines Mannes für eine kluge Frau nur eine untergeordnete Rolle spielt, wenn er reich ist wie Krösus."

    „So reich auch wieder nicht", konterte er.

    „Schwindel mich nicht an! Du gehörst zu den reichsten Männern Englands. Sie sah ihn mürrisch an, ehe sie gereizt fragte: „Wie lange willst du noch herumstehen und dich an meinem Feuer wärmen, mein Junge? Hol dir ein Glas Madeira. Er stammt aus Henrys Keller. Dass er etwas von Wein versteht, ist das einzige Zeichen von Intelligenz, das ich an meinem Ältesten entdecken konnte. Und wenn du schon dabei bist, kannst du mir auch eines einschenken.

    Gehorsam kam Marcus der Aufforderung nach und füllte zwei Gläser, von denen er eines seiner Großmutter reichte, ehe er sich in dem Sessel ihr gegenüber niederließ. Nachdem er den edlen Tropfen gekostet hatte, erkundigte er sich höflich, ob der Earl of Styne anwesend sei.

    „Nein, gab die alte Dame befriedigt zurück. „Er weilt mit seiner bleichsüchtigen Frau bei ihrer Mutter in Kent. Ich erwarte sie erst in einer Woche zurück, mit etwas Glück sogar später. Wolltest du ihn sehen?

    „Ich kann mich nicht erinnern jemals den Wunsch verspürt zu haben meinen hochgeschätzten Onkel Henry zu sehen, gab er zur Belustigung seiner Großmutter offen zurück. „Aber ich finde, dass er ein paar Bäume fällen lassen sollte, da sie zu viel Schatten werfen. Der Garten ist eine wahre Schande.

    „Marcus, ich wäre dir dankbar, wenn du das mir überlassen würdest!, antwortete sie nicht ohne Schärfe. „Zu meinen Lebzeiten wird kein einziger Baum gefällt. Das dichte Laub schützt mich vor neugierigen Blicken vom Herrenhaus her. Wilkins wird den Garten in Ordnung bringen, sobald sein Rheuma sich gebessert hat.

    Das Herrenhaus des Earl of Styne lag inmitten eines ausgedehnten Parks eine gute Viertelmeile vom Witwensitz entfernt, sodass es wahrer Argusaugen bedurft hätte, um von dort aus die Dowager Countess zu beobachten. Marcus, der wusste, dass eine Debatte zwecklos war, wechselte das Thema und erkundigte sich höflich, wenn auch mit mäßigem Interesse, nach dem Befinden der übrigen Familienmitglieder.

    Da die Dowager Countess of Styne dem verstorbenen Earl sechs Sprösslinge geschenkt hatte, dauerte es eine Weile, bis sie ihm alles über ihre fünf noch lebenden Kinder und deren zahlreiche Nachkommenschaft berichtet hatte.

    „Dass deine Mutter Agnes, meine Älteste, mein Liebling war, habe ich nie verhehlt. Sie war bei Weitem die Beste", schloss sie.

    „Vielleicht bin ich voreingenommen, aber das war auch immer meine Meinung", erwiderte er mit einem für ihn untypischen Anflug von Zärtlichkeit.

    „Nie hätte ich gedacht, ich würde eines meiner Kinder überleben. Sie schüttelte betrübt den Kopf. „Und dass mir ausgerechnet meine Agnes genommen wurde … Sie hat den Tod deines Vaters wohl nie verwunden. Die beiden waren ein Paar, wie es nur wenige gibt, und führten eine richtige Liebesehe.

    Als er darauf nichts erwiderte, schüttelte sie ihre Trauer, die auch nach sechs Jahren nicht nachgelassen hatte, ab und fragte den einzigen Sohn ihrer Lieblingstochter mit strengem Blick nach dem Grund seines überraschenden Besuches.

    „Ich kann doch auf dem Weg nach Somerset nicht einfach vorbeifahren, ohne meine Aufwartung zu machen."

    „Ach? Sie schaute ihn fragend an. „Hast du zufällig die Absicht, dein Mündel in Bath zu besuchen? Komisch, erst gestern dachte ich an das Mädchen. Agnes war mit Sarahs Mutter eng befreundet.

    Er wollte sein Glas an die Lippen führen und hielt in der Bewegung inne. „Nein, das wollte ich nicht."

    Sein spröder Ton entging ihr keineswegs. Sie musterte ihn eine Weile versonnen, ehe sie mahnend fragte: „Besuchst du das Kind denn niemals, Marcus?"

    Er stellte sein Glas auf das Tischchen neben seinem Sessel und stand unvermittelt auf, um wieder vors Feuer zu treten. „Für das Mädchen wird großzügig gesorgt, erklärte er beinahe brüsk. „Ich habe sie zunächst in einer Schule in Bath untergebracht und dann Cousine Harriet in Mamas altes Haus am Upper Camden Place geholt, damit sie sich um die Kleine kümmert. Vierteljährlich überweise ich eine Apanage und mein Sekretär kümmert sich außerdem darum, dass es meinem Mündel an nichts fehlt. Der vorwurfsvolle Blick wich nicht aus den Augen seiner Großmutter, sodass ihm die Zornader schwoll. „Was willst du eigentlich? Was hätte ich sonst noch tun sollen? Woher soll ich wissen, wie man mit Schulmädchen umgeht?"

    „Mit Schulmädchen?, wiederholte sie verblüfft. „Marcus, wo bleibt dein Verstand? Sarah Pennington muss mindestens neunzehn sein. Ihre Mutter kam keine vier Monate nach dem Tod deiner Mama bei einem Kutschunfall ums Leben.

    „Na und?"

    Sie sah ihn entrüstet an. „Marcus, sie ist das Patenkind deiner Mutter. Es wäre wirklich nicht zu viel verlangt, wenn du dir über die Zukunft deines Mündels Gedanken machen würdest. Was hältst du von einer Saison in London? Bath mag ja schön und gut sein, aber Sarah wird in London viel leichter einen passenden Ehemann finden. Wenn sie ihrer Mutter nach geraten ist, muss sie sehr hübsch sein. Hat sie eigenes Vermögen?"

    „Nun, reich ist sie nicht, ihr Erbteil kann sich trotzdem sehen lassen."

    „Na bitte! Am besten, ich bespreche alles mit deiner Tante Henrietta, wenn sie aus Kent zurückkommt. Da sie im Frühjahr deine Cousine Sophia in die Gesellschaft einführen möchte, könnte sie auch Sarah unter ihre Fittiche nehmen. Aber ebenso gut könnte ich das auch selbst machen."

    „Die Mühe kannst du dir sparen, gab er gleichmütig zurück. „Falls ich mich entschließen sollte, Sarah Pennington eine Saison in London zu ermöglichen, kann Harriet die Anstandsdame spielen. Sie wird schließlich dafür bezahlt.

    „Ach was! Diese Gans!, tat seine Großmutter den Vorschlag geringschätzig ab. „Wenn du dich nicht vorsiehst, wirst du diese Frau nie wieder los. Mit ihrer Spielleidenschaft brachte sie schon ihren Mann an den Rand des Ruins. Sie starrte nachdenklich ins Feuer. „Aber im Moment bleibt dir nichts übrig, als dich auf deine Cousine zu verlassen. Ich wünschte, ich hätte mehr tun können, aber das alles kam so rasch nach Agnes’ Tod, dass ich für das Kind nur eine armselige Gesellschaft abgegeben hätte."

    Sein Ärger wich einem liebevollen Lächeln. „Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Sarah fehlt es an nichts. Im Laufe der Jahre habe ich zahllose ausführliche und überaus langweilige Briefe von Cousine Harriet bekommen, die mir dies bestätigten. Und was die Saison in London betrifft … Er zögerte kurz. „Nun, ich bin nicht zwar nicht grundsätzlich dagegen, aber es hängt viel von den Umständen ab.

    „Ach? Die Dowager Countess hob neugierig den Kopf. „Von welchen Umständen?

    „Es wird dich sicher freuen zu hören, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft in den Ehestand treten werde", vertraute er ihr ein wenig verlegen an.

    „Es wird auch Zeit, dass du Nachwuchs in die Welt setzt, Marcus Ravenhurst! Nur ein kurzes Aufblitzen ihrer grauen Augen verriet ihre Freude. „Und wer ist die Glückliche? Kenne ich sie?

    „Schon möglich. Es ist Bamfords älteste Tochter. Sie war mit meinem Freund Charles Templeton verlobt. Du weißt vielleicht noch, dass er vor einigen Jahren kurz vor der Hochzeit bei einem Reitunfall ums Leben kam."

    „Ja, ich weiß. Aber an das Mädchen kann ich mich nicht erinnern. Ist es hübsch?"

    „Hübsch?", wiederholte er und starrte mit gerunzelter Stirn auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand, als fiele es ihm schwer, sich ihr Bild ins Gedächtnis zu rufen. „Nein, hübsch würde ich sie nicht nennen. Aber sie sieht gut aus und verfügt über Selbstsicherheit und Würde. Manche halten sie für hochmütig, aber das ist in meinen Augen kein Fehler.

    Mit sechsundzwanzig ist sie nicht mehr in der ersten Blüte ihrer Jugend, aber ein Schulmädchen, das ständige Aufmerksamkeit von mir erwartet, wäre ohnehin nicht mein Fall. Wir kennen uns lange genug, um sicher sein zu können, dass wir gut miteinander auskommen. Ja, fuhr er fort, als müsse er sich selbst erst überzeugen, „Celia Bamford ist für mich die ideale Frau. Sie weiß, was von ihr erwartet wird. Und wenn sie mir einen oder zwei Söhne geschenkt hat, besteht kein Grund mehr, viel Zeit miteinander zu verbringen. Das klang kalt und leidenschaftslos, fast so, als hätte er seine künftige Braut unter rein praktischen Gesichtspunkten ausgewählt.

    Die alte Dame seufzte enttäuscht. Ihre Freude war von nur kurzer Dauer gewesen. „Aber liebst du sie auch, Marcus?", fragte sie mit ungewohnter Sanftheit.

    „Lieben? Sein schmaler Mund verzog sich zu einem zynischen Lächeln. „Übertriebene Gefühle sind nicht mein Fall. Im Laufe der Jahre musste ich erfahren, dass weibliche Liebe vom Grad meiner Großzügigkeit abhängt. Nein, gegenseitiger Respekt genügt vollauf.

    Anders als die Dowager Countess, die eine sehr unruhige Nacht verbrachte, war Marcus am nächsten Morgen sehr früh auf den Beinen und setzte seine Reise nach Somerset fort, nachdem er seiner Großmutter einen kurzen Abschiedsbrief geschrieben hatte.

    Der Wind hatte sich gelegt, es war ein schöner, wenn auch kalter Tag. Wie ihr Herr waren auch die zwei Grauschimmel kräftig und von robuster Natur, sodass man die Abzweigung nach Trowbridge sehr zügig erreichte. Ravenhurst bog zur Verwunderung seines Stallburschen indes nicht ab, sondern fuhr in Richtung Bath weiter.

    Da es seinem Herrn nicht ähnlich sah, sich in der Richtung zu irren, meinte der Reitknecht nach einigem Zögern: „Haben Sie den Wegweiser übersehen, Sir? Nach Trowbridge hätten Sie links abbiegen müssen."

    „Ich weiß, Sutton, aber ich habe mich zu einem kleinen Umweg entschlossen", war die einzige Erklärung und Sutton, an die knappe Art seines Herrn gewohnt, gab sich damit zufrieden.

    Marcus Ravenhurst war für seine scharfe Zunge und offene Ausdrucksweise bekannt, Eigenschaften, die zweifellos ein Erbteil seiner Großmutter waren. Wer ihn freilich gut kannte, wusste, dass er ein gerechter und ehrenhafter Mann war, solide und verlässlich, ein Mensch, den man in einer Krise um Hilfe bitten konnte.

    Seine Dienerschaft war ihm treu ergeben, da er sich seit dem Tod seines Vaters als umsichtiger und fürsorglicher Dienstherr erwiesen hatte, der Fleiß und Treue belohnte. Dass seine Großmutter ihn wegen seiner Pflichtvergessenheit rügte, hatte ihn sehr verdrossen, später aber hatte er insgeheim eingestehen müssen, dass ihre Kritik nicht ganz unberechtigt war.

    Als ihm mit knapp sechsundzwanzig die wenig beneidenswerte Position des Vormunds eines Schulmädchens zugefallen war, hatte er rasch eine ihm genehme Lösung gefunden, indem er seine verwitwete Cousine Harriet Fairchild in Bath im Haus seiner verstorbenen Mutter unterbrachte und ihr die Obhut über die verwaiste Sarah Pennington anvertraute. Danach hatte er die Existenz des Mädchens vermutlich vergessen, wären da nicht die langweiligen Briefe seiner Cousine gewesen, die er nicht gänzlich ignorieren konnte.

    Von wenigen Ausnahmen abgesehen, hielt er vom weiblichen Geschlecht nicht viel. Dank seiner guten Erziehung vor schlechtem Benehmen gefeit, wäre er zwar nie auf die Idee gekommen eine Dame vorsätzlich in Verlegenheit zu bringen, doch nahm er sich kein Blatt vor den Mund und hielt nichts von falscher Galanterie. Mit seinen scharfen Bemerkungen und abweisenden Blicken hatte er schon so manche hoffnungsvolle junge Debütantin eingeschüchtert. Für Migräne und andere Wehwehchen zeigte er wenig Verständnis und weibliche Tränen vermochten ihn selten zu rühren. Welche Rolle hätte er also bei der Erziehung eines jungen Mädchens spielen können?

    Keine, sagte er sich. Es war daher im Interesse Sarah Penningtons gewesen, dass er Distanz gewahrt und sich nicht eingemischt hatte. Seine Miene erhellte sich ein wenig, obwohl ihm klar war, dass er sich wenigstens die Mühe hätte machen können, der Kleinen von Zeit zu Zeit zu schreiben. Auch hätte es nicht geschadet, sie hin und wieder zu besuchen.

    Sein Gewissen regte sich, was bei ihm höchst selten vorkam und ihm gar nicht behagte. Folglich war seine Laune nicht die beste, als er sein Gespann vor einem Haus am Upper Camden Place zügelte.

    Nachdem er Sutton befohlen hatte, die Pferde zu bewegen, klopfte er laut an die Haustür. Das junge Hausmädchen, das öffnete, tat nur einen Blick in seine finstere Miene und stotterte verlegen, dass seine Herrin heute keine Besucher mehr empfange.

    „Ach?, knurrte er in einem Ton, der so bedrohlich war wie sein Blick, und betrat unaufgefordert die Diele. „Nun, mich wird sie ganz sicher empfangen. Melde ihr, Ravenhurst sei gekommen.

    Nachdem es die Tür geschlossen hatte, verschwand das Mädchen in einem der Räume. Marcus, der voller Ungeduld wartete und dabei mit der Schuhspitze auf den Boden klopfte, vernahm Stimmengewirr, dann einen hohen schrillen Aufschrei.

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