Der junge Fürst 3 – Familienroman: Die unmögliche Liebe der Lady Florence
Von Betsy Collins
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Über dieses E-Book
Das ist die spannende, prekäre Situation, wie sie sich zu Beginn dieser großherrschaftlichen Familiensaga um einen herausragenden, außergewöhnlichen Lord darstellt.
»Ich brauche dein Kleid, Elsie«, kam Lady Florence ohne Umschweife zur Sache. Verdattert nestelte ihre Zofe am runden Ausschnitt ihres langen Baumwollkleides. »Mein Kleid, Mylady?« »Genau. Also, natürlich nicht dieses. Du hast doch noch ein Zweites in der Farbe, richtig?« »Ja, Mylady. In meinem Zimmer.« Das gesamte Personal von Renwood Hall trug Schwarz, genau wie die Herrschaft. Ein Zeichen des Respekts für den Marquess of Meadowby, der vor wenigen Monaten gestorben war. »Sehr schön. Leihst du es mir, Elsie? Nur für heute?« Die junge Zofe zögerte. Es stand ihr nicht zu, einen Wunsch ihrer Herrin zu hinterfragen. Andererseits hatte Lady Florence die Wahl zwischen etlichen eleganten schwarzen Roben. Also weshalb um alles in der Welt …? »Du würdest mir wirklich aus der Patsche helfen«, beteuerte die Schwester des neuen Marquess of Meadowby.
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Der junge Fürst
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Buchvorschau
Der junge Fürst 3 – Familienroman - Betsy Collins
Der junge Fürst
– 3 –
Die unmögliche Liebe der Lady Florence
Betsy Collins
»Ich brauche dein Kleid, Elsie«, kam Lady Florence ohne Umschweife zur Sache.
Verdattert nestelte ihre Zofe am runden Ausschnitt ihres langen Baumwollkleides. »Mein Kleid, Mylady?«
»Genau. Also, natürlich nicht dieses. Du hast doch noch ein Zweites in der Farbe, richtig?«
»Ja, Mylady. In meinem Zimmer.« Das gesamte Personal von Renwood Hall trug Schwarz, genau wie die Herrschaft. Ein Zeichen des Respekts für den Marquess of Meadowby, der vor wenigen Monaten gestorben war.
»Sehr schön. Leihst du es mir, Elsie? Nur für heute?«
Die junge Zofe zögerte. Es stand ihr nicht zu, einen Wunsch ihrer Herrin zu hinterfragen. Andererseits hatte Lady Florence die Wahl zwischen etlichen eleganten schwarzen Roben. Also weshalb um alles in der Welt …?
»Du würdest mir wirklich aus der Patsche helfen«, beteuerte die Schwester des neuen Marquess of Meadowby. Sie saß am Sekretär und trug noch ihren seidenen schwarzen Morgenmantel. »Später habe ich den ersten Termin mit meinem Bruder und einigen Arbeitern. Ich bin ausgezeichnet vorbereitet.« Zum Beweis nahm sie einen dicken Papierstapel vom Sekretär und hielt ihn hoch. »Nur an meine Garderobe habe ich zu spät gedacht. Ich kann nicht mit einem meiner Kleider in der Scheune erscheinen.«
»Der Scheune, Mylady?«, stieß Elsie entgeistert hervor. Es stand ihr auch nicht zu, die Entscheidungen ihrer Herrin zu beurteilen. Aber eine Dame dieses Ranges hatte in einer Scheune nichts zu suchen!
»Ist es nicht wundervoll?« Strahlend drückte die Neunzehnjährige den Papierstapel an sich. »Ich werde arbeiten! Genau wie du.«
»Ja, Mylady«, erwiderte Elsie in der Hoffnung, man möge ihr die Skepsis nicht anhören.
»Es ist mir wichtig, dass unsere Arbeiter mich ernst nehmen. Heute sollen sie mich nicht in erster Linie als Schwester des Marquess of Meadowby sehen.«
»Nicht, Mylady?« Elsie hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Lady Florence. Sie konnte sich keine bessere Herrin wünschen. Nun allerdings kam sie nicht mehr mit. Wie sonst sollten die Arbeiter die junge Frau sehen denn als Schwester des Marquess?
Lady Florence seufzte. »Ich habe unzählige Stunden über Berichten und Statistiken gebrütet. Natürlich muss ich noch eine Menge lernen, aber ich will, dass man mich für voll nimmt. Das erreiche ich kaum, wenn ich in einem meiner Kleider aufkreuze. Sie eignen sich nicht für einen Rundgang über ein Feld oder durch einen Stall. Damit würde ich auf dem falschen Fuß starten.«
Jetzt strahlte Lady Florence nicht mehr. Im Gegenteil, der Blick aus ihren grauen Augen war eindeutig besorgt. Elsie fühlte mit ihrer Herrin. Sie wusste, wie sehr es ihr am Herzen lag, den Marquess zu unterstützen. »Ich verstehe«, sagte sie rasch. »Natürlich borge ich Ihnen mein Kleid, Mylady.«
»Ach, du bist ein Schatz. Vielen Dank. Ich werde mich auch damit vorsehen, versprochen.«
»Ich freue mich doch, wenn ich Ihnen helfen kann, Mylady«, wehrte die Zofe ab. »Verzeihen Sie, dass ich gezögert habe. Ich war nur so überrascht. Meine Kleider sind nämlich sehr – schlicht.«
»Genau richtig für meine Zwecke.« Lady Florence legte den Papierstapel wieder auf die Schreibfläche des Sekretärs.
»Es wird Ihnen ein bisschen zu weit sein. Und zu kurz«, meinte Elsie besorgt. Wie würde der Marquess reagieren, wenn seine Schwester ein solch bescheidenes Kleid trug?
»Das macht nichts. Ich muss mich ja freier bewegen können, als wenn ich nur auf der Chaiselongue sitze und eine Teetasse zum Mund führe.«
»Es ist auch nicht aus Seide, sondern aus Baumwolle«, ergänzte Elsie beklommen. Die beiden Damen des Hauses trugen stets die edelsten Stoffe. Hatte ihre Herrin die Sache auch gründlich durchdacht?
Lady Florence schmunzelte. »Ist es möglich, dass du mir dein Kleid ausreden willst?«
»Aber nein, Mylady! Ich hole es sofort.« Elsie knickste, eilte aus dem Zimmer und lief die Treppen hinauf in ihre Dienstbotenkammer unter dem Dach von Renwood Hall.
*
Lady Florence fühlte sich anders als an jedem anderen Tag der letzten neunzehn Jahre.
Heute würde ihr aufregendstes Ereignis nicht sein, Besuch zu empfangen und über Belanglosigkeiten zu plaudern. Oder jemandem einen Besuch abzustatten und ebenfalls über Belanglosigkeiten zu plaudern. Oder die Klaviersonate von Beethoven einen Tick besser zu spielen als gestern.
Nein. Heute war ein ganz besonderer Tag. Sie fühlte sich wichtig. So wichtig, wie eine Frau im Jahr 1838 in England eben sein konnte.
Natürlich nicht so wichtig wie Ihre Majestät, ruderte sie in Gedanken hastig zurück. So vermessen war sie nicht, dass sie sich mit Königin Victoria vergleichen wollte. Die regierte schließlich ein ganzes Land. Lady Florence hingegen lediglich Renwood Hall.
Zumindest regierte sie ein bisschen mit. Herr über Renwood Hall war natürlich ihr Bruder Vincent, der Marquess of Meadowby. Aber der junge Fürst hatte seiner vier Jahre jüngeren Schwester angeboten, ihn bei der Modernisierung des Anwesens zu unterstützen. Eine Chance, die sie nur allzu gern beim Schopf packte.
Zunächst war ein Stapel Statistiken auf ihrem Sekretär gelandet. Was wurde auf den Ländereien von Renwood Hall alles angebaut? Wie viele Rinder und Schafe besaßen sie? Von welchen Erfahrungen mit Saatgut, Maschinen und Tierzucht berichteten andere Großgrundbesitzer?
Lady Florence, die eine Schwäche für Gedichte besaß, hatte die trockene Materie mit Feuereifer durchgeackert. Sie war ihrem Bruder überaus dankbar, weil er sie einbezog.
Wen kümmerte es schon, ob sie den x-ten Kissenbezug bestickte oder ein weiteres Blumengesteck anfertigte? Vincent bot ihr die Chance, etwas Bedeutsames zu tun. Sie wollte ihm unbedingt beweisen, dass sie sein Vertrauen verdiente.
»Ich habe eine Besprechung«, informierte Lady Florence ihre Stute, die den schmalen Feldweg entlang zockelte. Sie lauschte den Worten nach. Eine Besprechung. Wie großartig das klang! Auch Poppy schien angemessen beeindruckt zu sein, denn sie stellte die Ohren auf.
Vergnügt zupfte Lady Florence an der linken Manschette des geliehenen Baumwollkleides. Es saß recht locker, denn Elsie war kräftiger als ihre Herrin. Außerdem war sie fast einen Kopf kleiner. Deshalb sah das Kleid zwar nicht unschicklich, aber doch einen Tick zu kurz geraten aus. Nun, heute stand nicht im Vordergrund, eine gute Figur zu machen, sondern vernünftig gekleidet zu sein.
Wie gut, dass Lady Mildred dieser Anblick erspart blieb, weil sie bei ihrer Schwester in Worcestershire weilte. Die Marchioness of Meadowby hielt ohnehin nichts vom neuen Hobby ihrer Tochter. Ackerbau und Viehzucht waren keine angemessenen Beschäftigungen für eine junge Aristokratin. Nur dank der Fürsprache des Marquess hatte Lady Mildred eingewilligt.
Lady Florence musste schmunzeln, als sie sich an Elsies fassungslose Miene erinnerte. In einem derart schlichten Kleid hatte die Zofe ihre Herrin noch nie zu Gesicht bekommen. Ebenso wenig wie der Stallbursche, der Poppy gesattelt hatte. Vielleicht hielt er die Schwester des Marquess jetzt für exzentrisch?
Sie heftete den Blick auf die große Scheune in einiger Entfernung. Die Vorstellung, für exzentrisch gehalten zu werden, gefiel ihr irgendwie. Im Kleid ihrer Zofe befand sie sich auf dem Weg zu einem geschäftlichen Termin … Es fühlte sich aufregend und abenteuerlich an.
»Ich werde mir ein paar schlichte Kleider schneidern lassen«, erzählte sie Poppy und legte den Kopf in den Nacken, um die Junisonne zu genießen. »Diese Baumwolle trägt sich recht angenehm. Vielleicht sollte ich sogar – oh!«, brach sie ab, weil die Stute über eine Baumwurzel stolperte.
Lady Florence konnte sich gerade noch im Sattel halten. Ihr Pferd humpelte ein paar Schritte und blieb dann stehen.
»Hast du dich verletzt?« Sie machte sich Vorwürfe. Warum hatte sie auch in die Luft geguckt statt auf den schmalen Pfad?
Nachdem sie abgestiegen war, sah sie, dass Poppy das linke Vorderbein hochhielt. »Oje«, stieß sie hervor und tätschelte der Stute beruhigend den Hals. »Lass mich mal fühlen. Ich bin auch ganz vorsichtig.«
In einem ihrer eigenen Kleider hätte sie nicht so mühelos in die Hocke gehen können, wie sie es jetzt tat. Behutsam tastete sie Poppys Bein ab. »Ich kann nichts Außergewöhnliches feststellen.« Sie richtete sich wieder auf. »Was machen wir beiden Hübschen denn jetzt? Gleich soll