Gestohlenes Glück: Der kleine Fürst 332 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Der arme Kerl«, flüsterte Anetta von Garnier ihrer Schwester Mara zu. »Er hat bald alles verloren!« Mitfühlend hing ihr Blick an dem schmalen dunkelhaarigen jungen Mann, der von seiner Umgebung nichts wahrzunehmen schien. Er saß an einem der Rouletttische im Spielcasino von Monte Carlo. Seit sie ihn beobachteten, waren die zwei Säulen, zu denen er seine Chips säuberlich aufgeschichtet hatte, immer kleiner geworden. Jetzt blieben ihm gerade noch drei oder vier – er war offenbar unschlüssig, wie er sie setzen sollte. »Er hätte besser rechtzeitig aufgehört«, flüsterte Mara zurück. »Er muss doch längst gemerkt haben, dass er heute einfach kein Glück hat!« Mara war die Ältere der beiden Schwestern, vor kurzem hatte sie ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert, Anetta war zwei Jahre jünger. Wo sie auch auftauchten, die Schwestern Garnier, erregten sie Aufsehen, jede auf ihre Weise. Mara war eine schmale blonde Schönheit, mit durchsichtiger Haut und dunklen Augen, die in interessantem Kontrast zu den hellen Haaren standen. Anetta dagegen hatte rötliche Locken, graue Augen, und alles an ihr schien rund zu sein: die Figur, das Gesicht und sogar der niedliche Mund. Vor zwei Wochen hatten sie in Rom das Kreuzfahrtschiff »Victoria« bestiegen. Die Reise, die in Gibraltar enden würde, war ein Geschenk der Eltern zu Maras Geburtstag gewesen, sie hatte sich die Begleitung ihrer Schwester gewünscht. Noch heute Nacht würde das Schiff von Monte Carlo Richtung Marseille ablegen. Die beiden jungen Frauen freuten sich auf das, was noch vor ihnen lag. Schon jetzt hatten sie viel Interessantes gesehen und zahlreiche Bekanntschaften geschlossen.
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Buchvorschau
Gestohlenes Glück - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 332 –
Gestohlenes Glück
Hat Mara sich in den falschen Mann verliebt?
Viola Maybach
»Der arme Kerl«, flüsterte Anetta von Garnier ihrer Schwester Mara zu. »Er hat bald alles verloren!« Mitfühlend hing ihr Blick an dem schmalen dunkelhaarigen jungen Mann, der von seiner Umgebung nichts wahrzunehmen schien. Er saß an einem der Rouletttische im Spielcasino von Monte Carlo. Seit sie ihn beobachteten, waren die zwei Säulen, zu denen er seine Chips säuberlich aufgeschichtet hatte, immer kleiner geworden. Jetzt blieben ihm gerade noch drei oder vier – er war offenbar unschlüssig, wie er sie setzen sollte.
»Er hätte besser rechtzeitig aufgehört«, flüsterte Mara zurück. »Er muss doch längst gemerkt haben, dass er heute einfach kein Glück hat!«
Mara war die Ältere der beiden Schwestern, vor kurzem hatte sie ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert, Anetta war zwei Jahre jünger. Wo sie auch auftauchten, die Schwestern Garnier, erregten sie Aufsehen, jede auf ihre Weise. Mara war eine schmale blonde Schönheit, mit durchsichtiger Haut und dunklen Augen, die in interessantem Kontrast zu den hellen Haaren standen. Anetta dagegen hatte rötliche Locken, graue Augen, und alles an ihr schien rund zu sein: die Figur, das Gesicht und sogar der niedliche Mund. Vor zwei Wochen hatten sie in Rom das Kreuzfahrtschiff »Victoria« bestiegen.
Die Reise, die in Gibraltar enden würde, war ein Geschenk der Eltern zu Maras Geburtstag gewesen, sie hatte sich die Begleitung ihrer Schwester gewünscht. Noch heute Nacht würde das Schiff von Monte Carlo Richtung Marseille ablegen. Die beiden jungen Frauen freuten sich auf das, was noch vor ihnen lag. Schon jetzt hatten sie viel Interessantes gesehen und zahlreiche Bekanntschaften geschlossen. Der Alltag zu Hause im Süddeutschen schien in sehr weiter Ferne zu liegen: Dort warteten auf Anetta, die als Krankengymnastin arbeitete, zahlreiche Patienten, während Mara in einem Museum als Archivarin tätig war.
Doch noch befanden sie sich im glanzvollen Casino von Monte Carlo – und genau in diesem Augenblick verlor der unglücklich dreinschauende junge Mann seinen allerletzten Chip. »Oh!«, seufzte Anetta. »Er wirkt wie eine von diesen tragischen Romanfiguren, Mara. Hoffentlich tut er sich nichts an.«
Der junge Mann erhob sich, wobei er ein wenig taumelte. Er hielt sich einen Moment lang an der Tischkante fest, sein Gesicht wirkte benommen. Gleich darauf straffte er sich jedoch und ging mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern davon.
Mara beobachtete ihre Schwester von der Seite und fragte: »Willst du ihn retten, Netta? Dann lauf ihm nach und sag ihm, dass Geld allein nicht glücklich macht.«
Das war natürlich ein Scherz, aber zu ihrem größten Erstaunen ging Anetta ganz ernsthaft darauf ein.
»Ja, du hast Recht, ich glaube, das sollte ich tun. Wir haben ja noch zwei Stunden Zeit, bis wir zurück auf dem Schiff sein müssen, nicht? Sagen wir: in einer Stunde am Ausgang? Du wirst dich sicher auch ohne mich amüsieren.« Mit diesen Worten eilte sie dem traurigen jungen Mann tatsächlich nach.
»Sie ist verrückt«, murmelte Mara. »Vollkommen verrückt.« Es kam ihr aber nicht ungelegen, dass sie nun allein war – sie hatte sich in der letzten Viertelstunde bereits ein wenig gelangweilt beim Beobachten des unglücklichen Spielers, aber Anetta war nicht zum Weitergehen zu bewegen gewesen. Jetzt jedoch konnte Mara tun und lassen, was sie wollte.
Sie hatte auch schon ein bisschen gespielt, es aber ziemlich uninteressant gefunden. Man musste wohl risikofreudiger sein, als sie es war – oder man musste verzweifelt Geld brauchen und auf ein Wunder hoffen. Beides war bei ihr nicht der Fall.
Sie bewunderte die elegante Garderobe mancher der anwesenden Damen, freute sich an der Pracht des Gebäudes und überlegte gerade, ob sie es vielleicht einmal an einem der Tische versuchen sollte, an denen Karten gespielt wurden, als jemand zu ihr sagte: »Ab heute Abend werde ich Ihr Tischnachbar sein, Frau von Garnier.«
Sie drehte sich verwundert um und sah sich einem Mann gegenüber, dem sie noch nie in ihrem Leben begegnet war. Er musste etliche Jahre älter als sie sein, sie schätzte ihn auf Anfang bis Mitte Dreißig, und er sah geradezu unverschämt gut aus. Seine Haut war gebräunt, trotz der Jahreszeit, und seine Augen kamen ihr sehr blau vor. Da er fast einen Kopf größer war als sie – und sie war wahrhaftig nicht klein! – blickte er auf sie herunter. Das tat er mit einem Lächeln, das ein wenig Spott zu enthalten schien. Sein Gesicht war gut geschnitten, mit einer kräftigen, geraden Nase und einem Mund, dem ein energischer Zug anhaftete.
»Ich kenne Sie nicht«, erwiderte sie.
Er deutete eine Verbeugung an – und auch das tat er auf eine leicht spöttische Weise. »Verzeihen Sie, dass ich meine guten Manieren vergaß und mich nicht zuerst vorgestellt habe: Maurice de Cherbourg.«
Ihre Verwunderung wuchs. »Comte de Cherbourg?«, fragte sie.
»In der Tat, ja«, erwiderte er.
»Der Name ist mir natürlich geläufig. Ich dachte allerdings, Ihre Familie sei im Ausland, Comte.«
»Bravo!« Jetzt war sein Lächeln breiter, um seine Augen breitete sich ein Kranz von Fältchen aus. »Sie sind bemerkenswert gut informiert. Ja, es stimmt: Wir leben auf La Réunion, im Indischen Ozean.«
»Interessant«, murmelte Mara. »Und wieso sprechen Sie so gut Deutsch?«
»Das habe ich meinem schweizerischen Internat zu verdanken, auf dem ich dreisprachig aufgewachsen bin.«
»Aber ich verstehe noch immer nicht, woher Sie meinen Namen wussten. Und wieso Sie mein Tischnachbar werden. Sie sind doch gar nicht auf der ›Victoria‹!«
»Ab heute schon«, erklärte der junge Graf. Er wies auf einen Mann, der sich etwa zehn Meter von ihnen entfernt mit einer sehr eleganten alten Dame unterhielt. »Kapitän Hartenstein war so freundlich, mir Ihren Namen zu verraten und mich an Ihren Tisch zu platzieren. Darf ich Sie um einen Gefallen bitten? Würden Sie Maurice zu mir sagen? Ich hänge nicht sehr an meinem Titel, und ich bin frei aufgewachsen, auf meiner Insel spielen derlei Dinge keine allzu große Rolle.«
»Dann sagen Sie Mara zu mir«, erwiderte Mara. Es gefiel ihr, wie er ›auf meiner Insel‹ gesagt hatte. Sie kannte La Réunion nicht, aber sie war sicher, dass es ein paradiesischer Ort war – mit Palmen, weißem Sand und einem Meer, das vermutlich so blau war wie seine Augen. »Wie sieht es auf Ihrer Insel aus, Maurice?«, fragte sie.
»Wie stellen Sie es sich vor?«
Sie sagte ihm, was sie zuvor gedacht hatte, und er brach in herzliches Gelächter aus. »Sie haben es haargenau getroffen«, sagte er dann. »Alles, was man sich so vorstellt, wenn man vom perfekten Urlaubsort träumt, finden Sie auf meiner Insel.«
»Und Sie haben sie dennoch verlassen?«, wunderte sich Mara.
»Ab und zu muss man auch mal etwas Anderes sehen«, erklärte Maurice. »Ich war lange nicht in Europa gewesen, es wurde Zeit.«
»Und was machen Sie da unten?«, fragte Mara neugierig. »Immer Urlaub? Oder arbeiten Sie auch?«
»Natürlich arbeite ich«, antwortete er, sichtlich amüsiert. »Ich könnte es nicht aushalten, den ganzen Tag nichts zu tun. Wir haben große Plantagen, die wir bewirtschaften – Gewürz-