Ein Graf sieht rot: Der kleine Fürst 265 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»So, meine Liebe«, sagte Cora Bühler und setzte die beiden Tassen behutsam auf das edle Silbertablett, »mit zwei Löffeln Zucker und einer schönen Sahnehaube, wie Sie beide es am liebsten mögen.« Ihre Worte waren an Lili Hausmann gerichtet, die fast halb so alt war wie sie, nämlich dreiundzwanzig. Cora war fünfundvierzig und seit beinahe zwei Jahrzehnten als Haushälterin und Köchin bei Johannes Graf von Ammerthal und seinem Sohn Florian tätig, Lili war seit fast zwei Jahren Florians Kindermädchen und hatte sich sofort eng an Cora angeschlossen. Bei den Worten der Älteren errötete sie heftig, weil sie, genau wie der elfjährige Florian, Süßigkeiten liebte. ›Schleckermäulchen‹ nannte Cora sie beide gelegentlich mit liebevoll-mütterlichem Unterton. Graf Johannes sah es nicht gern, wenn sein Sohn Zucker in die heiße Schokolade bekam, aber Cora nahm sich die Freiheit heraus, manche seiner Anweisungen zu übergehen, wenn sie fand, dass es ›dem Jungen‹ gut tat. Florian hatte vor zweieinhalb Jahren seine Mutter verloren. Cora fand, wenn zwei Löffel Zucker wenigstens für ein paar Augenblicke ein Lächeln auf sein sonst so trauriges Gesicht zauberten, waren sie gut angelegt und man konnte reinen Gewissens darüber hinwegsehen, dass sie vielleicht seinen Zähnen schadeten. Bei Graf Johannes war es schwieriger, ihm ein Lächeln zu entlocken. Mit zwei Löffeln Zucker war es da nicht getan. Cora erinnerte sich nicht einmal, wann sie ihn zum letzten Mal hatte lächeln sehen. »Wenn das der Graf sähe«, sagte Lili leise. Sie sah noch jünger aus als sie war, man hätte sie auch für einen Teenager halten können mit ihrem spitzen kleinen Gesicht, in dem vor allem die warmen braunen Augen auffielen. Auch sonst schien alles an ihr klein und spitz zu sein. Wann immer Cora, die zu gemütlicher Fülle neigte, sie ansah, hatte sie das Gefühl, sie ein wenig aufpäppeln zu müssen. »Er sieht es aber nicht, und den Jungen macht es glücklich«, erklärte sie gelassen. »Wo bleibt er denn eigentlich?
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Buchvorschau
Ein Graf sieht rot - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 265 –
Ein Graf sieht rot
Dabei ist die schöne Arabella unschuldig
Viola Maybach
»So, meine Liebe«, sagte Cora Bühler und setzte die beiden Tassen behutsam auf das edle Silbertablett, »mit zwei Löffeln Zucker und einer schönen Sahnehaube, wie Sie beide es am liebsten mögen.«
Ihre Worte waren an Lili Hausmann gerichtet, die fast halb so alt war wie sie, nämlich dreiundzwanzig. Cora war fünfundvierzig und seit beinahe zwei Jahrzehnten als Haushälterin und Köchin bei Johannes Graf von Ammerthal und seinem Sohn Florian tätig, Lili war seit fast zwei Jahren Florians Kindermädchen und hatte sich sofort eng an Cora angeschlossen.
Bei den Worten der Älteren errötete sie heftig, weil sie, genau wie der elfjährige Florian, Süßigkeiten liebte. ›Schleckermäulchen‹ nannte Cora sie beide gelegentlich mit liebevoll-mütterlichem Unterton.
Graf Johannes sah es nicht gern, wenn sein Sohn Zucker in die heiße Schokolade bekam, aber Cora nahm sich die Freiheit heraus, manche seiner Anweisungen zu übergehen, wenn sie fand, dass es ›dem Jungen‹ gut tat. Florian hatte vor zweieinhalb Jahren seine Mutter verloren. Cora fand, wenn zwei Löffel Zucker wenigstens für ein paar Augenblicke ein Lächeln auf sein sonst so trauriges Gesicht zauberten, waren sie gut angelegt und man konnte reinen Gewissens darüber hinwegsehen, dass sie vielleicht seinen Zähnen schadeten. Bei Graf Johannes war es schwieriger, ihm ein Lächeln zu entlocken. Mit zwei Löffeln Zucker war es da nicht getan. Cora erinnerte sich nicht einmal, wann sie ihn zum letzten Mal hatte lächeln sehen.
»Wenn das der Graf sähe«, sagte Lili leise. Sie sah noch jünger aus als sie war, man hätte sie auch für einen Teenager halten können mit ihrem spitzen kleinen Gesicht, in dem vor allem die warmen braunen Augen auffielen. Auch sonst schien alles an ihr klein und spitz zu sein. Wann immer Cora, die zu gemütlicher Fülle neigte, sie ansah, hatte sie das Gefühl, sie ein wenig aufpäppeln zu müssen.
»Er sieht es aber nicht, und den Jungen macht es glücklich«, erklärte sie gelassen. »Wo bleibt er denn eigentlich? Wenn er nicht bald kommt, ist die Schokolade kalt und die Sahne zerlaufen.«
»Er wollte nur schnell noch einmal nach seinem Pony sehen, weil es heute Morgen nicht richtig gefressen hat. Ich habe ihm gesagt, dass es heiße Schokolade gibt, wenn er zurückkommt.«
»Die lässt er sich nicht entgehen«, lächelte Cora, »darauf kann man sich verlassen.«
»Ich sehe trotzdem mal nach, wo er bleibt«, erwiderte Lili. Aber sie rührte sich nicht von der Stelle, ihr Blick war an den beiden Tassen auf dem Silbertablett hängen geblieben.
»Trinken Sie ruhig schon, Lili«, sagte Cora.
Aber die junge Frau blieb standhaft. »Nein, ich warte auf Florian«, sagte sie. »Bis gleich, Frau Bühler.« Nach diesen Worten schlüpfte sie aus der Küche des weiträumigen Gutshauses, das Graf Johannes seit dem Tod seiner Frau allein mit seinem Sohn bewohnte und das schon vorher viel zu groß für die kleine Familie gewesen war.
Cora wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Graf Johannes hatte angerufen, er werde pünktlich zum Abendessen zu Hause sein, also musste sie sich beeilen. Zwar fragte sie sich manchmal, wieso sie sich noch immer so viel Mühe mit dem Kochen gab, obwohl Vater und Sohn kaum zu bemerken schienen, was sie zu sich nahmen, aber sie wollte sich nicht entmutigen lassen. Eines Tages würde die Trauer um die verlorene Ehefrau und Mutter in den Hintergrund treten und das Leben für die Hinterbliebenen wieder an Farbe gewinnen. Daran glaubte sie ganz fest, obwohl im Moment nichts darauf hindeutete, dass ihr Optimismus gerechtfertigt war.
*
Arabella von Lützow summte leise vor sich hin. Sie war auf dem Weg zu ihren Freunden im Sternberger Schloss, wo sie ein verlängertes Wochenende verbringen würde. Lange war sie nicht mehr bei ihnen gewesen, umso mehr freute sie sich darauf, sie wiederzusehen. Sternberg war zu jeder Jahreszeit schön, sie hatte sich dort immer wohl gefühlt: Die Umgebung war zauberhaft, im Schloss selbst wurde man verwöhnt und umsorgt, und das Zusammensein mit ihren Freunden war immer Entspannung und Anregung zugleich.
Mit Baronin Sofia und Baron Friedrich von Kant war sie schon lange befreundet. Beide waren Anfang Vierzig und damit deutlich älter als sie selbst, aber ihrer Freundschaft hatte der Altersunterschied nicht geschadet, im Gegenteil. Die beiden hatten zwei Kinder, die vierzehnjährige Anna und den siebzehnjährigen Konrad. Und dann gab es noch den kleinen Fürsten: Prinz Christian von Sternberg, Sofias sechzehnjährigen Neffen. Christian war der Sohn ihrer Schwester Elisabeth und ihres Schwagers Leopold, des Fürstenpaares von Sternberg. Beide waren im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Piloten bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Seitdem war Christian das dritte Kind der Familie von Kant.
Er hatte den Verlust seiner Eltern besser verkraftet als zunächst befürchtet, was auch an der liebevollen Unterstützung seiner Verwandten lag. Zwar war er ernster als seine Altersgenossen, auch reifer, aber seine Lebensfreude hatte er sich erhalten können, und er hatte einen ganz eigenen Weg gefunden, seine Trauer zu verarbeiten: Er besuchte das Grab seiner Eltern jeden Tag und sprach in Gedanken mit ihnen. Deshalb kam es ihm so vor, als seien sie nicht vollständig verschwunden, sondern auf geheimnisvolle Weise noch immer in seiner Nähe. Zugleich hielt er auf diese Weise die Erinnerung an sie wach.
Anders sah es bei Sofia aus. Elisabeth war nicht nur ihre Schwester gewesen, sondern auch ihre engste Freundin, und es verging noch immer kein Tag, an dem sie nicht heimlich ein paar Tränen um sie vergoss. Und anders als Christian konnte sie den Gang zur fürstlichen Gruft auch jetzt, über ein Jahr nach dem Unfall, nicht über sich bringen. Den Namen ihrer Schwester in Marmor eingraviert zu sehen und damit einmal mehr an die Unabänderlichkeit dessen erinnert zu werden, was geschehen war, überstieg ihre Kräfte.
Das bedeutete jedoch nicht, dass sie sich dem Leben nicht mehr gewachsen fühlte. Sie machte ihre Trauer weitgehend mit sich selbst aus, wollte sie doch die Teenager und auch ihren Mann damit nicht belasten. Im Großen und Ganzen hatte sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden und war meistens gelassen und gefestigt, aber es gab Tage, an denen ihr die Welt grau in grau erschien, und dann konnte nichts sie aufheitern. Zum Glück wurden diese Tage immer seltener.
Arabella warf einen Blick auf die Uhr. Halb fünf. Sie lächelte bei dem Gedanken, dass die Familie jetzt sicherlich in der Bibliothek saß, die nach einhelliger Meinung der schönste Raum des Schlosses war. Im Winter wurde ein Feuer im Kamin entzündet, ringsum brannten die Lampen auf den kleinen Lesetischen, die sich in der mehrere Räume umfassenden Bibliothek verteilten, an den Wänden standen Regale, die bis an die Decken reichten und in denen sich nur noch wenige Lücken für neue Bücher fanden. Einige der ausladenden Ledersessel standen immer vor dem Kamin, und Arabella sah vor ihrem inneren Auge die ganze Familie dort sitzen, mit Tee, Kaffee und dem köstlichen Gebäck, das Marie-Luise Falkner, die