Frau Doktors Sorgenkind: Mami 1877 – Familienroman
Von Annette Mansdorf
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»Morgen ist also der große Tag?«
»Ja, Tante Antonia. Mir wird ganz schlecht vor Angst, wenn ich nur daran denke.«
»Das verstehe ich gut. Aber du bist eine ausgezeichnete Ärztin und hast jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet. Jetzt kannst du nicht mehr kneifen, Julia.«
»Nein, das will ich auch gar nicht. Aber… na ja, jeder gibt mir gute Ratschläge. Mir brummt schon der Schädel vom vielen Zuhören.«
»Mit jeder meinst du wohl in erster Linie deinen Bruder Hanno, nicht wahr? Mein Gott, Julia, du kennst ihn doch. Hanno ist ein guter Mensch, aber er steckt in seinem Panzer aus Verhaltensmustern und Regeln und Vorstellungen, und da guckt er nur äußerst selten heraus. Nimm ihn einfach nicht ganz so ernst.«
Hanno, von dem Antonia von Kremm sprach, war der älteste Bruder Julias. Auch er war Arzt, besaß eine kleine Privatklinik und hatte es geschafft, wie man so sagte. Normalerweise schaffte er es nicht, Julia einzuschüchtern, weil sie seine Art tatsächlich gut durchschaute, aber im Moment, wo sie selbst vor so einer neuen Aufgabe stand, verunsicherte er sie doch ein wenig. Einerseits ärgerte sie das, andererseits konnte sie seine Worte auch nicht abstreifen wie sonst.
»Julia, eines mußt du dir zur Regel machen! Patienten sind Menschen, die dich mit Haut und Haaren auffressen, wenn du keinen Abstand hältst. Achte immer darauf, daß du für sie die Autorität bist und keine Freundin, wie du es in der Klinikzeit so oft gezeigt hast. Sie kommen und gehen und sollten dich nur so lange interessieren, wie du ihre Krankheiten diagnostizieren und
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Buchvorschau
Frau Doktors Sorgenkind - Annette Mansdorf
Mami
– 1877–
Frau Doktors Sorgenkind
Liebe ist die beste Medizin
Annette Mansdorf
»Morgen ist also der große Tag?«
»Ja, Tante Antonia. Mir wird ganz schlecht vor Angst, wenn ich nur daran denke.«
»Das verstehe ich gut. Aber du bist eine ausgezeichnete Ärztin und hast jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet. Jetzt kannst du nicht mehr kneifen, Julia.«
»Nein, das will ich auch gar nicht. Aber… na ja, jeder gibt mir gute Ratschläge. Mir brummt schon der Schädel vom vielen Zuhören.«
»Mit jeder meinst du wohl in erster Linie deinen Bruder Hanno, nicht wahr? Mein Gott, Julia, du kennst ihn doch. Hanno ist ein guter Mensch, aber er steckt in seinem Panzer aus Verhaltensmustern und Regeln und Vorstellungen, und da guckt er nur äußerst selten heraus. Nimm ihn einfach nicht ganz so ernst.«
Hanno, von dem Antonia von Kremm sprach, war der älteste Bruder Julias. Auch er war Arzt, besaß eine kleine Privatklinik und hatte es geschafft, wie man so sagte. Normalerweise schaffte er es nicht, Julia einzuschüchtern, weil sie seine Art tatsächlich gut durchschaute, aber im Moment, wo sie selbst vor so einer neuen Aufgabe stand, verunsicherte er sie doch ein wenig. Einerseits ärgerte sie das, andererseits konnte sie seine Worte auch nicht abstreifen wie sonst.
»Julia, eines mußt du dir zur Regel machen! Patienten sind Menschen, die dich mit Haut und Haaren auffressen, wenn du keinen Abstand hältst. Achte immer darauf, daß du für sie die Autorität bist und keine Freundin, wie du es in der Klinikzeit so oft gezeigt hast. Sie kommen und gehen und sollten dich nur so lange interessieren, wie du ihre Krankheiten diagnostizieren und heilen mußt. Privat kannst du dann deine Gefühle ausleben. Wenn du es erst falsch anfängst, wird es schwer, es zu ändern. Und mit dem Personal mußt du genauso verfahren. Es ist eine Unsitte, sich zu duzen und zu freundlich zu sein. Deine Sprechstundenhilfen werden dich nicht mehr ernst nehmen.«
Ob Hanno wußte, wie manche seiner Schwestern und Ärzte über ihn dachten? Julia kannte seinen Spitznamen, ›Dr. Besserwisser‹. Hanno meinte, für jedes Problem eine Antwort zu haben, das machte ihn manchmal ganz schön anstrengend. Sie liebte die psychologischen Hintergründe, warum wurde ein Mensch krank, warum dann gerade diese Krankheit. Sie war Schulmedizinerin wie ihr Bruder, doch im Gegensatz zu ihm war sie offen für alle alternativen Heilmethoden, denn es gab überraschende Heilerfolge, die nicht im Bereich der Phantasie lagen. Für Hanno war dieses Thema ein rotes Tuch.
»Du machst es so, wie du es für richtig hältst, meine Kleine. Das ist der einzige Weg für dich, glaub mir. Du darfst dich nicht verbiegen lassen, auch wenn Hanno es natürlich gut meint. Du bist eine erwachsene Frau, nicht die kleine Schwester, die er noch immer so gern in dir sehen möchte.«
»Ach, ich wünschte, er würde nicht immer so streng sein…«
»Du weißt doch, daß das immer noch der lange Arm eures Vaters ist. Ich kann ihm nur wünschen, daß er in seinem Leben noch begreift, wie wichtig es ist, zu sich selbst zu finden. Aber man darf mit ihm nicht darüber reden, das weiß ich wohl. Sebastian ist wieder ganz das Gegenteil, und du, mein Liebes, stehst genau zwischen deinen Brüdern.«
Julia seufzte, als sie an Sebastian, den Jüngsten, dachte. Er war ein äußerst liebenswerter, charmanter Medizinstudent, aber ob er je mit dem Studium fertig werden würde, stand in den Sternen. Auch er stand sich ihrer Meinung nach selbst im Weg, aber auf ganz andere Weise. Er glaubte, nicht an das Können und Wissen seiner Geschwister heranzukommen und versuchte immer wieder, sein Studium an den Nagel zu hängen, was weder sie noch Hanno zulassen wollten. Denn er hatte etwas, was sowohl ihr als auch dem Ältesten der Schlüters fehlte – Sebastian war der geborene Heiler, er tat instinktiv das Richtige, wenn jemand in Not war. Das war ihm offenbar nicht bewußt, und wenn Julia es ihm erklären wollte, lachte er sie aus und bedankte sich für ihre rührenden Versuche, ihn bei der Stange zu halten. Daß Hanno und Sebastian sich nicht verstanden, lag auf der Hand.
»Sebastian wird seinen Weg noch machen, Julia, jetzt mach dir keine Sorgen. Denk nun einmal nur an dich. Du hast einen großen Tag vor dir. Ich bedauere nur, daß ich bei der Feier morgen abend nicht dabeisein kann.«
Julia hatte darauf bestanden, die Feier zur Praxiseröffnung nicht am Vorabend abzuhalten, sondern erst dann, wenn die Praxis auch wirklich eröffnet war, nämlich morgen. Sie war ein bißchen abergläubisch. Tante Antonia aber fuhr morgen früh zu einer Kur nach Italien und hielt sich an ihre Vorhaben. Julia nahm es ihr nicht übel, im Gegenteil, sie bewunderte und liebte ihre Tante für ihre Klarheit. Wenn Antonia von Kremm etwas sagte, dann konnte man sich hundertprozentig darauf verlassen. Sie war die Schwester ihres Vaters, aber verschiedenere Menschen konnte man sich nicht vorstellen. Seit zehn Jahren lebte sie allein, nachdem ihr Mann, ein wohlhabender Industrieller, gestorben war, aber einsam würde sie niemals sein. Ihr Freundeskreis war groß, und in den letzten zwei Jahren bemühte sich ein hartnäckiger Verehrer, Dr. von Jansen, um sie. Julia hatte sehr amüsiert zur Kenntnis genommen, daß Tante Antnia ihn zu alt fand mit seinen dreiundsiebzig Jahren. Sie selbst war achtundsechzig, hatte jedoch das Temperament einer sehr viel jüngeren Frau.
»Gut, meine liebe Julia, ich weiß, daß du wie auf Kohlen sitzt. Danke, daß du noch einmal vorbeigekommen bist. Wir sehen uns dann, wenn ich in vier Wochen zurückkomme. Aber bitte, Liebes, arbeite nicht zuviel. Du übertreibst nämlich manchmal ein bißchen. Sorge dafür, daß es genügend Spaß in deinem Leben gibt.«
»Das mache ich, Tante Antonia. Und dir wünsche ich eine wunderschöne Kur und viel cremigen Cappuccino.«
Antonia von Kremm lachte. Cappuccino war ihre Schwäche, wie jeder wußte, der sie gut kannte. Wohlmeindende Freunde hatten ihr schon die luxuriösesten Maschinen geschenkt, damit sie sich diese Köstlichkeit selbst zubereiten konnte, aber sie begriffen nicht, daß es dazugehörte, in einem Bistro oder einem Café zu sitzen und ihn servieren zu lassen. Sie wußte inzwischen zumindest für den Bereich Italien, wo es die besten Cappuccini gab. Die Maschinen standen zum Teil noch im Geschenkkarton im Keller ihrer Villa.
»Ich danke dir. Und dir, toi, toi, toi für morgen. Oder sagt man besser Hals und Beinbruch bei einem Arzt?«
Julia lachte ebenfalls und umarmte sie herzlich. Sie kam gern zu ihrer Tante, um sich Rat oder Trost zu holen oder sich, wie heute, einfach nur bestätigen zu lassen und sich mit der klugen, charmanten alten Dame zu unterhalten. Schon als Kind war Tante Antonia oft ihre Zuflucht gewesen, wenn der strenge Vater wieder einmal die Stirn gerunzelt hatte, weil eine Arbeit in der Schule nicht so ausgefallen war, wie er es anstrebte für seine Kinder. Tante Antonia hatte Julia immer damit getröstet, daß sie ihren Weg gehen würde, auch wenn der Vater andere Ansichten über das Wie hatte. Und so war es gekommen. Julia hatte immer Ärztin werden wollen, insoweit war ihr Vater auch zufrieden gewesen, aber daß sie nun Kinderärztin mit eigener Praxis war, hätte ihm weniger gefallen. Professor hätte sie, und auch Hanno, sein sollen, mit