Die Schocktherapie: Kurfürstenklinik 76 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
»Ich glaube, er ist unglücklich«, sagte Dr. Julia Martensen. »Hast du seine Augen gesehen? Wenn sein Mund lächelt, lächeln seine Augen nicht mit. Das ist mir sofort aufgefallen.«
»Mir auch«, erwiderte Dr. Adrian Winter. Er leitete die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg. Außer der Internistin Julia Martensen gehörte noch der Assistenzarzt Dr. Bernd Schäfer zu denjenigen Kollegen, die am häufigsten mit ihm zusammen in der Notaufnahme arbeiteten. Adrian und Bernd waren beide Unfallchirurgen.
»Was er wohl hat?« überlegte Julia weiter. »Ich meine, er sieht gut aus, er hat sein Studium mit Auszeichnung beendet, er ist ganz offensichtlich bei bester Gesundheit – und fast alle Schwestern und einige der jüngeren Ärztinnen sind in ihn verliebt. Wie kann ein junger Mann dann unglücklich sein?«
Sie sprachen über Dr. Markus Herbener, der das Notaufnahmeteam seit zwei Wochen unterstützte. Der gutaussehende dunkelhaarige junge Mann war Arzt im Praktikum und hatte ausdrücklich darum gebeten, in der Notaufnahme arbeiten zu dürfen. Adrian war sehr froh darüber, daß ein so ausgezeichneter Nachwuchsmediziner ihnen in diesen Wochen zur Seite stand, denn die Notaufnahme hatte wieder einmal Außerordentliches zu leisten: So viele Patienten wie noch nie mußten Tag für Tag behandelt werden, und es sah nicht so aus, als werde sich das in nächster Zeit ändern. Verbrennungen, Brüche, Herzinfarkte, schwere innere Verletzungen, Krampfanfälle – sie mußten alles bewältigen, und alles schnell. Jede Verzögerung konnte Menschenleben kosten.
»Ach«, meinte Adrian, »du weißt, daß es tausend Gründe geben kann, unglücklich zu sein.«
»Die Liebe«, meinte Julia mit plötzlicher Bestimmtheit. »Er ist bestimmt unglücklich verliebt.«
Adrian mußte lachen.
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Kurfürstenklinik
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Rezensionen für Die Schocktherapie
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Buchvorschau
Die Schocktherapie - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 76–
Die Schocktherapie
Tanja ist verzweifelt – wird es nie mehr Freude für sie geben?
Nina Kayser-Darius
»Ich glaube, er ist unglücklich«, sagte Dr. Julia Martensen. »Hast du seine Augen gesehen? Wenn sein Mund lächelt, lächeln seine Augen nicht mit. Das ist mir sofort aufgefallen.«
»Mir auch«, erwiderte Dr. Adrian Winter. Er leitete die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg. Außer der Internistin Julia Martensen gehörte noch der Assistenzarzt Dr. Bernd Schäfer zu denjenigen Kollegen, die am häufigsten mit ihm zusammen in der Notaufnahme arbeiteten. Adrian und Bernd waren beide Unfallchirurgen.
»Was er wohl hat?« überlegte Julia weiter. »Ich meine, er sieht gut aus, er hat sein Studium mit Auszeichnung beendet, er ist ganz offensichtlich bei bester Gesundheit – und fast alle Schwestern und einige der jüngeren Ärztinnen sind in ihn verliebt. Wie kann ein junger Mann dann unglücklich sein?«
Sie sprachen über Dr. Markus Herbener, der das Notaufnahmeteam seit zwei Wochen unterstützte. Der gutaussehende dunkelhaarige junge Mann war Arzt im Praktikum und hatte ausdrücklich darum gebeten, in der Notaufnahme arbeiten zu dürfen. Adrian war sehr froh darüber, daß ein so ausgezeichneter Nachwuchsmediziner ihnen in diesen Wochen zur Seite stand, denn die Notaufnahme hatte wieder einmal Außerordentliches zu leisten: So viele Patienten wie noch nie mußten Tag für Tag behandelt werden, und es sah nicht so aus, als werde sich das in nächster Zeit ändern. Verbrennungen, Brüche, Herzinfarkte, schwere innere Verletzungen, Krampfanfälle – sie mußten alles bewältigen, und alles schnell. Jede Verzögerung konnte Menschenleben kosten.
»Ach«, meinte Adrian, »du weißt, daß es tausend Gründe geben kann, unglücklich zu sein.«
»Die Liebe«, meinte Julia mit plötzlicher Bestimmtheit. »Er ist bestimmt unglücklich verliebt.«
Adrian mußte lachen. »Wenn du meinst, Julia.« Er legte ihr freundschaftlich einen Arm um die Schultern. Julia war fast fünfzehn Jahre älter als er, aber das vergaß er oft, weil sie ungeheuer temperamentvoll war und viel jünger aussah. Niemand hätte ihr Alter auf achtundvierzig Jahre geschätzt. Sie trug die Haare modisch kurz geschnitten, war ganz schlank und kleidete sich sportlich-lässig. Sie liebte weite Reisen und war überhaupt vielseitig interessiert. Es war nicht schwer, sich einen Abend lang mit ihr zu unterhalten, sie konnte zuhören, aber auch sehr lebendig erzählen. Adrian hatte sie gern. Er wußte, wie glücklich er sich schätzen konnte, daß sie so viel Wert darauf legte, oft für den Dienst auf seiner Station eingeteilt zu werden. Ohne sie und Bernd hätte die Notaufnahme längst nicht so viel leisten können.
In diesem Augenblick verließ Markus Herbener eine der Behandlungskabinen. Als er die beiden Ärzte sah, kam er auf sie zu. Ihre Blickte machten ihn unsicher. »Habe ich etwas falsch gemacht?« fragte er. »Sie sehen mich beide so merkwürdig an.«
Adrian schüttelte den Kopf und erklärte überraschend freimütig: »Wir haben über Sie gesprochen und fühlen uns ertappt. Wahrscheinlich sieht man uns das an.«
»Wirklich?« fragte Markus ungläubig. »Sie machen sich über mich lustig, oder?«
»Wir haben darüber gesprochen, daß Sie Ihre Arbeit sehr gut machen«, stellte Julia nicht ganz wahrheitsgetreu fest. Dabei warf sie Adrian einen vorwurfsvollen Blick zu. Manchmal war er wirklich unmöglich! Wieso hatte er das sagen müssen?
»Es freut mich, daß Sie das so einschätzen«, erwiderte Markus Herbener. »Ich bin sehr gern hier in der Notaufnahme, und ich arbeite auch sehr gern mit Ihnen zusammen.«
»Jetzt haben wir genug Komplimente ausgetauscht«, sagte Adrian, der sich über Julias stumme Vorwürfe amüsierte. »Zurück an die Arbeit. Brauchen Sie Hilfe, Herr Herbener?«
»Bisher nicht, vielen Dank. Ich wollte mich als nächstes um den Jungen kümmern, der sich ständig übergeben muß. Es ist vermutlich eine Fischvergiftung, ich habe die Mutter schon eingehend befragt – aber ich mußte zuerst noch die Brandwunden einer alten Dame versorgen.«
»Gut, ich sehe, Sie haben alles bestens im Griff«, stellte Adrian zufrieden fest. »Komm bitte mit mir in die drei, Julia. Ich möchte, daß du dir den Patienten ansiehst – es scheint mir ein Fall für dich zu sein.«
Sie folgte ihm und fragte ihn auf dem Weg leise: »Wieso hast du das gesagt? Einen Augenblick lang hatte ich direkt Angst, du würdest ihm auch noch genau erzählen, worüber wir gesprochen haben.«
Adrian lachte leise. »Ich habe deine bösen Blicke wohl bemerkt. Eigentlich solltest du mich doch gut genug kennen, Julia, um zu wissen, was ich tun würde und was nicht.«
Sie sah ihn skeptisch von der Seite an. »Ich weiß nicht«, sagte sie gedehnt. »Du wirkst auf den ersten Blick wie ein stilles Wasser, Adrian Winter, aber du bist immer für ein paar Überraschungen gut.«
Er lachte vergnügt. »Danke, das höre ich gern!« Sie betraten die Behandlungskabine, in der ein Mann lag, der über starke Schmerzen im Oberbauch klagte und konzentrierten sich nun ganz auf ihren Patienten.
*
»Wie lange hast du das Haus jetzt für dich, Tanja?« Es war eine pummelige Blondine, die diese Frage stellte, während ihr Blick bewundernd über die kostbare Einrichtung des großzügigen Salons glitt, in dem sich etwa zwanzig junge Leute auf verschiedenen Sitzgelegenheiten rekelten. Sie alle hatten Champagnergläser in der Hand, mehrere leere Flaschen standen auf dem Boden. Dazu aßen sie Kaviar und Austern.
Serviert wurde von einer schüchternen Hausangestellten, die nun wieder hereinkam und die leeren Flaschen auf ein Tablett stellte. Zugleich überprüfte sie, ob es den Gästen an nichts fehlte, dann verschwand sie lautlos wieder. Niemand beachtete sie, keiner der jungen Leute hatte sie auch nur wahrgenommen.
»Drei Wochen«, antwortete Tanja Strehler und warf ihre langen hellbraunen Haare nach hinten. Sie war die Tochter von Armand Strehler, einem milliardenschweren Industriellen. Luxus war sie gewöhnt, sie kannte nichts anderes. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich anstrengen müssen, um etwas zu erreichen, bisher war ihr immer alles zugefallen. »Mein Vater ist Armand Strehler«, war eine Art Zaubercode – sobald die Leute diesen Satz hörten, veränderten sie ihr Verhalten. Mit Armand Strehlers Tochter wollte es sich niemand verderben. Tanja wurde bevorzugt behandelt, wo immer sie auftauchte. Daß ihr ein Wunsch nicht erfüllt wurde, war noch nicht vorgekommen.
Natürlich zog ihr familiärer Hintergrund jede Menge falscher Freunde an, doch darüber machte sie sich keine Gedanken. Es gefiel ihr, daß die anderen sich von ihr herumkommandieren ließen. Das Geld ihres Vaters verlieh ihr Macht, und sie kostete sie aus. Niemand von denen, die sich jetzt auf Armand Strehlers Kosten an Kaviar und Austern satt aßen und den teuersten Champagner tranken, hatte Tanja wirklich gern – aber das wußte sie nicht oder besser: Sie wollte es nicht wissen. Sie lebte auf der Überholspur, immer auf der Suche nach neuen Vergnügungen.
Sie würde niemals gezwungen sein, eigenes Geld zu verdienen, und also hatte sie mit ihrem Abitur, zu dem ihre Eltern sie fast hatten zwingen müssen, nichts angefangen. Ein paar Semester hatte sie lustlos Sprachen studiert, dann war ihr das zu mühsam geworden, und so hatte sie das Studium abgebrochen. Seitdem tat sie nichts mehr.
Sie wohnte noch immer in der luxuriösen Villa ihrer Eltern, obwohl sie mittlerweile sechsundzwanzig Jahre alt war und mehrere eigene Wohnungen