Dr. Norden Bestseller 124 – Arztroman: Es darf nicht zu spät sein
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Mit blitzenden Augen sah Julia Tribach Dr. Norden an. »Das Bein ist wieder in Ordnung«, sagte sie fröhlich, »jetzt werde ich mich in Dalmatien erholen. Ich wollte Ihnen aber doch Adieu sagen.« »Nicht Adieu«, meinte er, »auf Wiedersehen, und auf ein gesundes Wiedersehen diesmal!« »Das will ich doch hoffen. Ich werde nur faulenzen.« Im Winter, beim Skifahren, hatte sie sich das rechte Bein gebrochen, und es war eine ziemlich langwierige Geschichte gewesen, man sah es auch noch, und Dr. Norden hoffte, dass das Bein die gleich schöne schlanke Wade wiederbekommen würde wie früher. Er hoffte es für Julia, die ein auffallend hübsches Mädchen war, und ein ganz besonders nettes dazu. Auch Loni, seine treue Praxishelferin, fand das und stellte es fest. »Hoffentlich geht sie nicht so einem glutäugigen Papageno, oder wie die genannt werden, auf den Leim«, sagte sie. Dr. Norden hatte keine Zeit, sie zu berichtigen, denn eine Patientin kam kreidebleich aus dem Sprechzimmer getaumelt. »Mir ist schlecht, mir tut alles weh«, stöhnte sie, und dann schrie sie vor Schmerzen. Es war eine Gallenkolik.
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Dr. Norden Bestseller
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Buchvorschau
Dr. Norden Bestseller 124 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 124 –
Es darf nicht zu spät sein
Patricia Vandenberg
Mit blitzenden Augen sah Julia Tribach Dr. Norden an. »Das Bein ist wieder in Ordnung«, sagte sie fröhlich, »jetzt werde ich mich in Dalmatien erholen. Ich wollte Ihnen aber doch Adieu sagen.«
»Nicht Adieu«, meinte er, »auf Wiedersehen, und auf ein gesundes Wiedersehen diesmal!«
»Das will ich doch hoffen. Ich werde nur faulenzen.«
Im Winter, beim Skifahren, hatte sie sich das rechte Bein gebrochen, und es war eine ziemlich langwierige Geschichte gewesen, man sah es auch noch, und Dr. Norden hoffte, dass das Bein die gleich schöne schlanke Wade wiederbekommen würde wie früher. Er hoffte es für Julia, die ein auffallend hübsches Mädchen war, und ein ganz besonders nettes dazu.
Auch Loni, seine treue Praxishelferin, fand das und stellte es fest.
»Hoffentlich geht sie nicht so einem glutäugigen Papageno, oder wie die genannt werden, auf den Leim«, sagte sie. Dr. Norden hatte keine Zeit, sie zu berichtigen, denn eine Patientin kam kreidebleich aus dem Sprechzimmer getaumelt.
»Mir ist schlecht, mir tut alles weh«, stöhnte sie, und dann schrie sie vor Schmerzen.
Es war eine Gallenkolik. Dr. Norden hatte Frau Kerscher schon mehrere Male gesagt, dass sie sich besser die Gallensteine herausoperieren lassen solle, aber sie hatte sich gesträubt. Nun aber musste sie in die Klinik gebracht werden, und so war Julia Tribach schnell vergessen.
Julia aber dachte noch lange an Dr. Norden, der ihr heimlicher Schwarm war, so wie man eben schwärmt, wenn einem ein Mann so hundertprozentig gefiel und es doch keine Chance gab, ihn zu erobern.
Sie wusste, dass er glücklich verheiratet war, eine bezaubernde Frau und drei reizende Kinder hatte, und sie wusste auch, dass er für keinen Flirt zu haben war.
Sie dachte auch noch über ihn nach, als sie schon im Flugzeug saß, das sie in den Urlaub tragen sollte, in einen Urlaub allein, denn Julia, obgleich ein modernes und lebensfrohes Mädchen, war wählerisch.
Wo gab es denn schon so einen Mann, der wenigstens dem Dr. Daniel Norden ein bisschen ähnlich wäre. Ihr war nie einer begegnet.
Davon hatte Dr. Norden keine Ahnung. Er war gefeit gegen jede Versuchung. Oft genug war er solchen ausgesetzt, aber er nahm dies gar nicht mehr zur Kenntnis. Und jetzt war er, nachdem er Frau Kerscher in die Klinik gebracht hatte, in seiner Praxis vollauf beschäftigt. Julia Tribach, so reizvoll sie auch war, war für ihn eine Patientin wie jede andere.
Und gerade in Dalmatien, in diesem zauberhaften Teil Kroatiens, sollte Julia einen Mann kennenlernen, der in gewisser Weise Dr. Norden ähnlich war, und von ihm brauchte sie nicht nur insgeheim zu schwärmen und zu träumen.
André Markos, Sohn eines Kroaten und einer deutschen Mutter, lief Julia schon am ersten Urlaubstag in den Weg, und es war bei beiden Liebe auf den ersten Blick.
Zuerst waren sie am Strand aneinander vorbeigegangen und sahen sich an. Dann blieben sie stehen und drehten sich um, beide gleichzeitig, und beide wurden leicht verlegen.
»Hallo«, sagte André.
»Hallo«, erwiderte Julia ganz benommen, weil sie, von der Sonne geblendet, momentan meinte, es wäre Dr. Norden.
Aber es war nur die Figur, die Größe, das schmale Gesicht, das dunkle Haar. André war jünger und jungenhafter. Und er schien zumindest einem Flirt nicht abgeneigt. Doch es sollte gar kein Flirt werden. Es schien von Anfang an sehr viel Herz dabei zu sein.
»Wie sagt man, wenn man denkt, sich zu kennen?«, fragte André, der auf Julia zuging.
»Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?«, fragte sie schelmisch, aber doch mit ganz belegter dunkler Stimme.
»Wo?«, fragte er.
»Ich weiß nicht. Ich lebe in München.«
»Ich lebe unterwegs. In München war ich auch schon«, erwiderte er. »Ich heiße André Markos.«
»Sind Sie hier zu Hause?«, fragte Julia.
»Eigentlich nicht. Mein Vater lebte hier. Ich musste einiges regeln für meine Mutter. Da mache ich gleich Urlaub.«
»Wie lange?«, fragte Julia.
»Drei Wochen, noch drei Wochen. Eine Woche bin ich schon hier.«
Julia lenkte ihre Schritte zum Strand. Er ging neben ihr. »Darf ich Sie begleiten?«, fragte er höflich.
Sie nickte zustimmend.
Er kannte sich aus, er bestimmte die Richtung, und sie fand sich an einen besonders schönen stillen Platz wieder, wo der Sand weich und warm war und der den andern wohl schon zu einsam und entfernt lag, die hier auch Urlaub machten.
»Wo lebt Ihre Mutter?«, fragte sie.
»In Salzburg. Sie liebt diese Stadt. Sie war früher mal Sängerin. Durch eine schwere Krankheit hat sie ihre Stimme verloren und ist fast blind.«
»Oh, das ist schlimm«, sagte Julia leise.
»Sie hat sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Sie hat sich eine eigene Welt aufgebaut. Ich besuche sie, sooft ich kann.«
»Und sonst?«
»Sonst reise ich durch die Welt. Ich bin Flugingenieur, einmal da, einmal dort. Jetzt bin ich hier und wirklich auch sehr glücklich, Sie gefunden zu haben. Wie heißen Sie?«
»Julia.«
»Und wie noch?«
»Tribach.«
»Erzählen Sie von Ihren Eltern.«
»Sie sind geschieden, und jeder ist schon lange wieder verheiratet. Sie haben andere Kinder. Ich bin erwachsen und lebe allein.«
»Wovon?«
»Ich bin Sekretärin in einem großen Industriewerk.«
»Was haben Sie am Bein?«, fragte er.
»Ich hatte es mir beim Skifahren gebrochen.«
»Hier wird es wieder ganz in Ordnung kommen, Julia«, sagte er. »Wir werden viel schwimmen.«
Und so begann eine Sommerliebe, obgleich der Sommer gerade erst begonnen hatte. Aber hier war es warm, und wenn André sie anblickte, wurde es Julia sogar heiß. Sie dachte nicht mehr an Dr. Norden. Für sie wurde jeder Tag zu einem Festtag, zu einem Wunder.
*
Dr. Norden erlebte keine Wunder. Er hatte seine Patienten zu betreuen, dabei manche, die krank aus einem Urlaub in fernen Ländern zurückkamen, und so freute er sich, als eine Karte von Julia kam. Hier ist es wunderschön, und ich bin sehr glücklich. Wir schwimmen viel, und mein Bein wird zusehends normaler.
»Was schreibt sie da«, stellte Loni fest. »Es wird doch nicht so ein Papagallo sein.«
Richtig konnte sie es immer noch nicht sagen, aber diesmal lächelte Dr. Norden nur amüsiert. Manches konnte man Loni hundertmal sagen. Was sie nicht gern begreifen wollte, blieb ihr nicht im Gedächtnis haften, aber sonst war sie ihm unersetzlich geworden in ihrer Gewissenhaftigkeit, und wenn etwas mit Krankheiten zusammenhing, merkte sie sich auch die schwierigsten Bezeichnungen.
Auf ihn wartete jetzt Dr. Reinhard, der von einer schweren Arthrose geplagt war. Dr. Reinhard war Kunsthistoriker, und mit Medizin hatte er sich nie befasst, bis sein Leiden quälend wurde. Allerdings musste man dazu sagen, dass er bereits zweiundachtzig Jahre alt und nie eigentlich krank gewesen war, von einem Schnupfen, Husten oder auch mal leichten Magenbeschwerden abgesehen. Und er wollte nicht begreifen, dass Schmerzen quälend sein konnten, und gerade ihn, ausgerechnet ihn, so quälten.
»Ich habe immer solide gelebt, nicht geraucht, nicht oder nur ganz selten mal Alkohol getrunken«, klagte er. »Ich habe Sport getrieben, bin oft gefallen, wie das so ist, und habe nie danach Sorgen haben müssen.«
»Aber dadurch sind dann Entzündungen entstanden, die mit zunehmendem Alter die Abnutzung der Gelenkknorpel hervorrufen«, erklärte Dr. Norden geduldig. Er hätte ihm noch einen langen Vortrag über die verschiedenen Arten der Arthrosen halten können, doch solche wollte Dr. Reinhard gar nicht hören
»Es geht halt doch langsam bergab mit mir«, brummte er.
Nun, wenn man mal über achtzig war und dann noch »langsam bergab« sagen konnte, hatte man allen Grund, dazu auch noch dankbar zu sein. Das sagte Dr. Norden freilich nicht, sondern er gab Dr. Reinhard den Trost auf den Heimweg mit, dass er für seine Jahre doch noch sehr gut beieinander wäre.
»Das Lorchen versorgt mich ja auch gut«, sagte er.
Das Lorchen war seine Schwägerin, auch schon Ende siebzig, verwitwet wie er, und seit fünfzehn Jahren führte sie ihm bereits den Haushalt. Und Dr. Norden staunte immer wieder, wie gut die beiden alten Leutchen in ihrem hübschen Häuschen zurechtkamen, da die Kinder sich recht wenig um sie kümmerten. Aber das erwarteten sie auch gar nicht, ja, sie wollten es nicht einmal. Sie wollten ihre Ruhe haben, ihre Behaglichkeit.
»Wenn ich mal so alt werde und auch noch so gut beisammen bin, will ich dankbar sein«, sagte Loni. »Aber wir werden schon mit Atombomben ums Leben gebracht werden.«
»Sagen Sie doch nicht so was, Loni«, meinte Dr. Norden.
»Sie wissen doch auch, was die spinnerten Kerle alles machen«, brummte Loni. »Ich mag schon gar nicht mehr Zeitung lesen.«
Daniel sagte nichts mehr, denn Fee hatte auch schon ähnliche Gedanken geäußert. Und immer wieder hörte er es in seiner Sprechstunde, wie groß die Sorge der Älteren war, dass es mit dem Frieden wieder mal vorbei sein könnte. Die seelischen Belastungen machten dem Arzt manchmal mehr zu schaffen als die organischen. Der Kummer der Eltern, was ihre Kinder für ein Leben haben würden, die Sorge um das Geld, um die Kostensteigerungen, aber auch die Angst, Bequemlichkeiten abschreiben zu müssen.
Man konnte das nicht alles mit einer Handbewegung abtun, als Arzt schon gar nicht, wenn man sich seiner Verantwortung bewusst war. Daniel Norden grauste es, wenn er las, dass es Ärzte gab, die leichtfertig mit ihren Patienten umsprangen.
Fee war schon dazu übergegangen, die Fälle, die