Wenn die Angst um sich greift: Toni der Hüttenwirt 353 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Die Hüttengäste waren bereits zu Bett gegangen. Auf einem Tisch, der abseits im Wirtsraum stand, hatten Toni und Anna alles für das Frühstück am nächsten Morgen bereitgestellt. Das taten sie jeden Abend, damit sie nur noch Getränke und frisches Brot, Butter und Milch dazustellen mussten. Die Hüttengäste holten sich dann, was sie brauchten und suchten sich einen Platz an einem der Tische im Wirtsraum oder setzten sich im ersten Morgenlicht auf die Terrasse. Sie deckten alles mit einem frischen, weißen Tischtuch ab. »So, das wäre es für heute. Das waren die letzten Handgriffe«, sagte Toni. Er schaute auf seine Uhr. »Wir sind früh dran, das gefällt mir«, sagte er. »Mir auch«, sagte Anna, »das kommt daher, dass wir die große Wandergruppe haben, die früh aufbrechen will. Das sind alles ruhige, vernünftige Bergliebhaber, die Respekt vor den Bergen haben. Sie lassen sich vor einer größeren Tour nicht volllaufen. Sie gehen früh schlafen, damit sie bis zum Aufstehen genug Schlaf bekommen. Ach, Toni, wie schön wäre es, wenn alle Hüttengäste so besonnen wären.« »Das stimmt. Nun gut, die meisten sind vernünftig, besonders unsere vielen Stammgäste. Und du weißt, dass ich immer ein Auge auf übermütige und unvernünftige Angeber habe.«
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Buchvorschau
Wenn die Angst um sich greift - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 353 –
Wenn die Angst um sich greift
Unveröffentlichter Roman
Friederike von Buchner
Die Hüttengäste waren bereits zu Bett gegangen. Auf einem Tisch, der abseits im Wirtsraum stand, hatten Toni und Anna alles für das Frühstück am nächsten Morgen bereitgestellt. Das taten sie jeden Abend, damit sie nur noch Getränke und frisches Brot, Butter und Milch dazustellen mussten. Die Hüttengäste holten sich dann, was sie brauchten und suchten sich einen Platz an einem der Tische im Wirtsraum oder setzten sich im ersten Morgenlicht auf die Terrasse.
Sie deckten alles mit einem frischen, weißen Tischtuch ab.
»So, das wäre es für heute. Das waren die letzten Handgriffe«, sagte Toni.
Er schaute auf seine Uhr.
»Wir sind früh dran, das gefällt mir«, sagte er.
»Mir auch«, sagte Anna, »das kommt daher, dass wir die große Wandergruppe haben, die früh aufbrechen will. Das sind alles ruhige, vernünftige Bergliebhaber, die Respekt vor den Bergen haben. Sie lassen sich vor einer größeren Tour nicht volllaufen. Sie gehen früh schlafen, damit sie bis zum Aufstehen genug Schlaf bekommen. Ach, Toni, wie schön wäre es, wenn alle Hüttengäste so besonnen wären.«
»Das stimmt. Nun gut, die meisten sind vernünftig, besonders unsere vielen Stammgäste. Und du weißt, dass ich immer ein Auge auf übermütige und unvernünftige Angeber habe.«
Anna lächelte.
»Ja, das hast du. Du heizt ihnen ja auch kräftig ein. Ich verdrücke mich dann gern in die Küche, wenn du ihnen die schlimmen Geschichten erzählst, die du erfunden hast. Das machst du gut.«
Toni grinste.
»Ja, das ist ein bisserl so, wie wenn man Kindern mit Märchen Angst macht. Ich kann sie nicht mit Gewalt zurückhalten. Aber wenn ich sage, ich sei verpflichtet, sie namentlich bei der Bergwacht zu melden, das zeigt Wirkung. Und dass eine Rettung mehrere zehntausend Euros koste, die sie dann zu bezahlen hätte, das bringt sie zum Nachdenken.«
»Nicht immer gleich. Oft musst du stärkere Geschütze auffahren«, sagte Anna.
Toni schmunzelte.
»Gut, dass ich so eng mir Leo von der Bergwacht befreundet bin. Unser kleines geheimes Abkommen wirkt dann oft. Es ist für beide Seiten nützlich. Leo und seine Mannschaft haben auch keine Lust, verunglückte Bergwanderer oder Bergsteiger zur retten. Besonders, weil diese mit einem Brummschädel nach einem langen Abend mit viel Bier aufgebrochen sind. Bis jetzt hat es geklappt. Wenn es an den Geldbeutel geht, verlässt sie der Wagemut.«
Toni zapfte sich ein kleines Bier. Anna nahm einen Saft aus Ella Waldners Sirup. Dann setzten sie sich in die Schaukelstühle vor dem Kamin.
Toni legte einige Scheite Holz nach.
»Wenn ich solche Märchen erzähle, habe ich immer ein schlechtes Gewissen«, sagte er.
Toni und Anna prosteten sich zu und tranken.
Anna lächelte ihn an.
»Du musst dir wegen deiner Lügenmärchen keine Gewissensbisse machen. Selbst Pfarrer Zandler würde ein Auge zudrücken. Du lügst aus Sorge, dass sie verunglücken, diese Überflieger. Sie sind jung und denken, die Welt gehöre ihnen und alles sei so, wie sie es sich vorstellen. Es ist in gewisser Weise auch das Recht der Jugend, ein bisserl übermütig zu sein. Nur schießen sie leider dabei oft über das Ziel hinaus. Nach dem vielen Bier haben sie einen schweren Kopf und schlucken Unmengen Schmerztabletten, wie sich Kinder den Bauch mit Süßigkeiten füllen. Egal, ich finde, du machst das gut. Du willst Schlimmes verhindern. Dazu ist jedes Mittel erlaubt. Außerdem haben wir schon etliche Male erlebt, dass Leo mit der Bergwacht diese Deppen, diese Hornochsen ins Tal fliegen musste.«
»Stimmt, deshalb sind mir unsere gegenwärtigen Hüttengäste so lieb. Sie sind nicht mehr so jung. Ich erinnere mich noch daran, wie sie als junge Burschen mit ihren Eltern kamen. Es war der alte Alois, der ihnen damals tüchtig eingeheizt hat. Einmal hat er ihnen nachts, als sie schliefen, die Ausrüstung weggenommen und versteckt.«
»Wirklich?«, sagte Anna erstaunt.
»Ja, so war es.«
»Aber das müssen sie doch bemerkt haben«, sagte Anna.
»Sicher, aber Alois gab sich wortkarg. Er sagte, er sei Hüttenwirt und kein Aufpasser für ihre Sachen. Vielleicht habe sich die Gruppe vom anderen Hüttenboden einen Scherz erlaubt. Aber die seien schon aufgebrochen. Also müssten sie bis zum Abend warten. Sie sollten sich auf die Terrasse setzen und die Aussicht genießen.«
»Und sie blieben friedlich?«
Toni nickte.
»Das ist unglaublich!«, sagte Anna.
»Anna, was hätten sie machen sollen? Die Wanderschuhe waren nicht da, ebenso die Seile, die Karabinerhaken und die Pickel und das andere Zeug.«
»Mei, diese Geschichte kenne ich nicht. Die hast du mir noch nicht erzählt.«
»Ich habe auch lange nicht mehr daran gedacht. Aber es war so. Im Laufe des Tages fand Alois die Sachen dann hinter einem Holzstapel auf der Rückseite der Berghütte. Er schüttelte den Kopf und sagte, es war wirklich ein übler Streich. Aber sie könnten die aufgeschobene Tour nachholen. Nebenbei bemerkt habe sie dieser Streich vielleicht vor einem Unglück bewahrt. Wahrscheinlich wurde ihnen klar, dass es wohl Alois war, der dahintersteckte.«
»Waren sie nicht wütend?«, fragte Anna.
Toni nippte an seinem Bier und schmunzelte.
»Wenn sie es waren, sagten sie jedenfalls nichts. Sie wussten, dass Alois ihnen eine Lektion erteilt hatte. Deshalb waren sie still. Ich weiß nicht, wie oft er diesen Trick anwandte. Aber bei denen, die diese Lektion erhalten hatten, wirkte er. Sie ließen sich am Abend vor der Tour nicht mehr volllaufen. Sie blieben nüchtern und gingen früh schlafen.«
Anna lächelte.
»Deinen Trick mit der Rechnung für eine Rettung finde ich besser. Also mache dir keine Gedanken!«
»Ich habe sogar schon daran gedacht, mir von Wolfi Tests zu besorgen, wie die Polizei sie bei der Kontrolle von Autofahrern verwendet. Einmal pusten, bitte!«, grinste Toni.
»Darauf wird sich niemand einlassen.«
»Ja, deshalb habe ich es auch unterlassen. Ich drohe lieber damit, dass die Bergwacht den Restalkohol im Blut feststellen lässt. Und sollten die Werte darauf hinweisen, werde das der Unfallversicherung gemeldet. Jede Unfallversicherung fordert einen Bericht von der Bergwacht an, wenn jemand am Berg verunglückt. In dem Fall zahle die Unfallversicherung nicht. Ob das wirklich so ist, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber Leo hat einmal so etwas angedeutet. Ich muss ihn bei Gelegenheit danach fragen.«
»Mach das! Mich würde es auch interessieren. Es klingt für mich irgendwie logisch. Wenn jemand in Folge von Trunkenheit am Steuer einen Unfall verursacht, dann zahlt die Versicherung auch nicht. Sie zahlt auch nicht, wenn jemand schwere Verletzungen erlitten hat, weil er nicht angeschnallt war«, sagte Anna.
»Jeder weiß, dass es so ist. Deshalb wird man mir auch glauben«, sagte Toni. »Ich säe Unsicherheit und Zweifel, will ich mal sagen. Nachdenklich werden die jungen Burschen schon irgendwie. Bisher hatte ich immer Erfolg. Ich hoffe, es bleibt so. Du weißt, wie ich es formuliere. Ich betone meine Bedenken und, werfe meine Erfahrungen in die Waagschale.«
»Toni, du machst das sehr geschickt. Du sagst, dass es keine Schande sei, auf Nummer sicher zu gehen. Du betonst, dass du niemandem etwas vorschreiben willst und das auch nicht kannst. Aber dass du dich verpflichtet fühlst, jeden zu warnen, der den Helden spielen und mit viel Restalkohol im Blut eine Tour machen will. Du betonst, du seiest auch mal jung gewesen und könntest jeden verstehen, der Gefahr herunterspiele. Aber es beweise Größe und Ehrfurcht vor der Natur, den Bergen, wenn man gegebenenfalls von solchen Plänen Abstand nehme. Du säst Bedenken. Du hast oft erreicht, dass einer in der Gruppe nachdenklich wurde und