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Das Haus Zamis 61 - Tatkammers Sündenfall
Das Haus Zamis 61 - Tatkammers Sündenfall
Das Haus Zamis 61 - Tatkammers Sündenfall
eBook242 Seiten3 Stunden

Das Haus Zamis 61 - Tatkammers Sündenfall

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Über dieses E-Book

Michael Zamis spioniert seiner Gattin Thekla hinterher, vermutet er doch, dass sie ihn erneut mit einem Liebhaber betrügt. Rasend vor Eifersucht muss Michael feststellen, dass sich seine Befürchtung bewahrheitet. Doch Thekla ist nicht ohne Grund eine Affäre mit dem Kapitän des Luxusschiffs "Abraxas" eingegangen, denn der plant, sämtliche Passagiere zu opfern …

Unterdessen wird der geheimnisvolle Monsignore Tatkammer wie magisch von dem Café Zamis angezogen. Und er erweckt damit erneut die darin verbliebenen Todsünden …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Apr. 2020
ISBN9783955722616
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    Buchvorschau

    Das Haus Zamis 61 - Tatkammers Sündenfall - Michael Marcus Thurner

    Fußnoten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind.

    Die intriganten Spiele, auch innerhalb der Zamis-Sippe, gehen unvermindert weiter. Dabei erfährt Coco Zamis einen ganz besonderen Exorzismus: Ihre böse Seite gewinnt die Oberhand. Mit wessen Hilfe Michael Zamis das geschafft hat, bleibt erstmal sein Geheimnis.

    Coco wird unterdessen aufgewiegelt, dass ihre Halbschwester Juna ihr das Café streitig machen wolle. Kurzerhand versetzt Coco sie mithilfe des Zwerges Ficzkó in die Vergangenheit – in die Dienste der berüchtigten Blutgräfin.

    Doch Juna taucht in der Gegenwart wieder auf – als Puppe. Georg Zamis, der inzwischen seine Gefühle für Juna entdeckt hat, entführt sie kurzerhand und versteckt sich mit ihr im Haus der Callas. Coco findet es heraus und zwingt Ficzkó, Juna erneut auf magische Weise in die Vergangenheit zu entführen. Sie bringt Ficzkó einen Zauber bei, den dieser anwenden soll, sobald er Junas habhaft wird. Von Georg verfolgt, flüchtet Ficzkó in einen Schrank und versetzt sich und Juna in die Vergangenheit. In letzter Sekunde springt Georg hinzu. Alle drei werden von dem Sog erfasst und gelten seitdem als verschollen.

    Doch etwas ging schief: Fortan ist ein Durchgang zu anderen – höllischen – Dimensionen entstanden. Ein neuer Dämon taucht so in Wien auf: Monsignore Tatkammer. Niemand weiß, woher er stammt, doch er sät Böses, wo immer er ist. Noch ist die Schwarze Familie nicht auf ihn aufmerksam geworden, sodass er ungehindert wirken kann.

    Unterdessen wird der verschwundene Schiedsrichter der Schwarzen Familie, Skarabäus Toth, in Wien gesichtet. Michael Zamis hatte ihn, um ihn loszuwerden, in ein Chamäleon verwandelt. Offensichtlich aber hat Toth eine Möglichkeit gefunden, zumindest als Geistererscheinung auf seine verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. Michael Zamis will ihn daher endgültig loswerden und beauftragt dafür Coco.

    Sie macht sich widerwillig auf die Reise und lässt den Sarg mit Toth über dem Ätna abwerfen.

    Auftrag erledigt, doch sie zieht es nicht sofort nach Wien zurück, denn dort warten weitere Probleme auf sie. Nicht zuletzt ein Dämon namens Youssef, dem sie ihr Café »verkauft« hat.

    In Italien lernt sie Alessandro Wolkow kennen. Als Sohn einer weißen Hexe und eines schwarzblütigen Dämons ist er eine zwiegespaltene Persönlichkeit. Die beiden verlieben sich ineinander, auch wenn Coco bewusst ist, dass sie ihre magischen Fähigkeiten dadurch zum großen Teil verliert. Dafür erkennt sie, warum sie sich so sehr verändert hat: Ihr Vater hat die Neiddämonin Invidia auf sie angesetzt. Doch gegen die Liebe ist auch die Neiddämonin machtlos – und verschwindet. Coco hofft, sie für immer los zu sein, und flüchtet mit Alessandro nach Frankreich.

    Unterdessen finden sich Georg Zamis, Juna und Ficzkó im Jahr 1888 in Paris wieder. Sie sind getrennt worden, und Georg macht sich auf die verzweifelte Suche nach Juna. Dort treffen sie auf den damals noch jungen Michael Zamis, mit dessen unfreiwilliger Hilfe sie wieder in die Gegenwart gelangen – genau in die Arme einer Pariser SEK, die von der Existenz des Übersinnlichen – und vor allem von den Mächten und Machenschaften der Schwarzen Familie – weiß. Beide, Georg und Juna, werden seitdem verhört und in Gefangenschaft gehalten, haben jedoch ihr Gedächtnis verloren.

    Währenddessen verbringt Coco mit ihrem Liebhaber Alessandro entspannende Wochen an der Côte d’Azur. Nach Wien zieht es sie nicht mehr. Sie ahnt nicht, dass die Zeit des Friedens bald vorbei sein wird. Jemand hat einen dämonischen Kopfgeldjäger auf sie angesetzt: den berüchtigten Charles Axman und seine Rocker-Crew! Cocos Liebhaber stirbt, als er in die Fänge eines fluchbeladenen Hauses gerät und dieses ihn verschlingt. Coco selbst entkommt dem Inferno und erblickt erneut Invidia – als habe die Neiddämonin nur auf den passenden Moment gewartet, sich Coco erneut zu nähern …

    Erstes Buch: Abraxas

    Abraxas

    von Michael Marcus Thurner

    nach einem Exposé von Uwe Voehl

    Kapitel 1

    Wodka Rot war alles, was ihm an Tagen wie diesen half. Der Alkohol berauschte, während das damit vermengte Blut die Zweifel beiseitespülte und zugleich seine Wut anfachte.

    »Sie haben mich alle verlassen«, sagte Michael Zamis und ließ sich schwer auf die Lederbank im Wohnzimmer fallen. »Nur du bist mir geblieben, Oskar.« Er lachte. »Ein unsichtbarer Hüter, der mir sklavisch ergeben ist und der zu allem, was ich sage, Ja und Nema sagen muss.«

    »Ja, Herr«, kam eine kaum verständliche Stimme.

    »Bring mir mehr Wodka!« Er schleuderte die halb volle Flasche gegen die Wand, sie zersplitterte und beschmutzte mehrere Bilder. Die darin porträtierten Figuren zogen hässliche Grimassen und verfluchten Michael. Die Ölgemälde zeigten Opfer seiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit. Nur wenige davon hatten die vielen Jahrzehnte seines Lebens überlebt und hingen nun, ein wenig angestaubt, im Wohnzimmer der Villa Zamis.

    Oskars Präsenz wurde weniger. Der Hüter verschwand, kehrte aber rasch wieder zurück. Eine Flasche schwebte unmittelbar vor Michael Zamis.

    Der tat einen Wink mit seiner Rechten. Ein Teil des fürchterlich entstellten Hüters wurde sichtbar. Sein Leib war einstmals in Salzsäure aufgelöst worden. Was übriggeblieben war – Hautfetzen, verätzte Knochen, Nervenbahnen, blutige Innereien, zerstörte Sehnen sowie Venen, durch die fast schwarzes Blut pochte, – erschien als ineinander verdrehtes Irgendetwas.

    Michael erinnerte sich und musste lachen. Er hatte sich aus einer Laune heraus einmal den Spaß gemacht, Oskars körperliche Reste neu zu gruppieren, neu zusammenzusetzen. Herausgekommen war ein bizarres, in sich selbst verknotetes Etwas. Ein blutiges Auge baumelte an einem dünnen Bändchen aus der Leibesmitte, die faltige Darmöffnung hing, beständig gelben Eiter ausstoßend, aus dem Rest eines kaum erkennbaren Gesichts. Offene Nervenbahnen schickten mit jedem Schritt Schmerzimpulse durch Füße und Beine, und die Bandscheiben Oskars hatte Michael Zamis durch Knochensplitter ersetzt.

    Er griff nach der Flasche, öffnete sie, setzte sie am Mund an und tat einen tiefen Schluck.

    Er meinte, die alte Heimat zu schmecken. Die weiten Ebenen, die klirrend kalten und klaren Nächte, die Angst der Bauern vor ihm.

    »Eine von nur noch fünfzehn Flaschen«, sagte er und betrachtete das vergilbte Etikett. »Abgefüllt im Jahr achtzehnachtzig, noch unter Pjotr Arsenjevitch Smirnov, dem Gründer der Moskauer Destillerie. Lange Zeit, bevor sein Sohn aus der geliebten Heimat flüchten musste und den Familiennamen in Smirnoff änderte.«

    Er war rührselig, und Rührseligkeit bekämpfte man am besten mit noch mehr Wodka. Also nahm Michael erneut einen tiefen Schluck.

    »Alle haben sie mich verlassen«, sagte er düster und stellte die Flasche vor sich ab. »Lydia ist nach London zurückgekehrt, um sich ihren perversen Gelüsten hinzugeben. Wieder einmal. Wenn sie bloß ihren Einfallsreichtum beim Töten der Opfer ihrer Lüsternheit ein einziges Mal in den Dienst der Familie stellen würde … Was meinst du, Oskar?«

    »Sie haben recht, Herr. Sie ist ein billiges Flittchen.«

    »Adalmar. Dieser Narr, der sich immer wieder in seinen Experimenten verliert und am liebsten die schwarze Magie neu erfinden würde. Er sollte hier sein und mir helfen! Stattdessen ist er im Streit davongezogen.«

    »Er nutzt Sie aus, Herr. Sie brauchen ihn nicht.«

    »Georg. Georg!« Michael brauchte noch mehr Wodka, um seinen Ärger runterzuspülen, also leerte er die Flasche in einem Zug zur Hälfte. »Ich hatte große Hoffnungen in ihn. Aber er war zu gut. Zu weich. Von seiner Schwester Coco beeinflusst. Und er lief seiner Halbschwester Juna nach wie ein geiler Straßenkater.«

    »Er und Juna sind verschwunden, Herr. Sie sind kein großer Verlust für Sie.«

    »Und dann noch Coco. Hat es denn jemals eine schlechtere, unwürdigere Tochter gegeben als sie? Das weiße Schaf einer altehrwürdigen Familie, das Schande über uns gebracht hat. Das sich gegen uns gestellt hat, das uns mehr als einmal Schwierigkeiten eingebracht hat. Und kaum schien sie sich ihrer Wurzeln zu besinnen, verschwand sie.«

    »Sie ist ein undankbares Miststück, Herr. Sie sollten sie töten, wenn Sie sie jemals wiedersehen.«

    War noch ein Kind übrig auf seiner Liste? Michael Zamis’ Gedanken und Erinnerungen verschwammen. Da waren noch andere Namen. Vera. Volkart. Demian.

    Geschöpfe, die er gezeugt und die er durchaus geliebt hatte, auf seine durch und durch dämonische Weise. Sie waren auf der Strecke geblieben, weil sie schwach gewesen und im Wettstreit gegen die Mitglieder anderer dämonischer Sippen gescheitert waren.

    Michael leerte die Flasche mit einem Zug. Der Wodka trank sich leicht wie Wasser.

    »Thekla«, sagte er leise. »Mein Weib. Das großartigste Geschöpf, das die Schwarze Familie jemals hervorgebracht hat. Die Seele dieses Hauses. Ein Biest im Bett. An Bösartigkeit und Grausamkeit kaum zu überbieten, wenn es gegen Feinde der Zamis ging.«

    Thekla hatte ihn geformt. Sie hatte ihn zu jenem erfolgreichen Dämon gemacht, der seit Jahrzehnten über die Wiener Sippen herrschte. Sie hatte ihn unerbittlich an seine Pflichten erinnert, ihn gefordert und gefördert.

    Ihre Willenskraft war sein Motor gewesen. Nun, da sie weg war, fehlte ihm jeglicher Antrieb.

    »Thekla ist keinen weiteren Gedanken wert, Herr!«, sagte Oskar. »Sie ist ein Flittchen, wie Sie es an jeder Straßenecke finden.«

    Michael Zamis tat einige Fingerbewegungen. Oskars Körper wandelte sich erneut um. Der Hüter des Hauses begann zu schreien und zu kreischen, so laut, dass die Fensterscheiben in ihren Fassungen zitterten.

    Der Blinddarm Oskars wanderte durch die eitrige Harnröhre in die Galle, die Nieren wurden mit Gallenbitter geflutet, die Reste von Oskars Fingern verstopften die Speise- und die Luftröhre. Und den Zwölffingerdarm ließ er von rasch herbeigeholten Maden anknabbern.

    »Ich erlaube niemandem, ein böses Wort über Thekla zu verlieren«, sagte Michael Zamis leise. »Sie mag mich für den Tod ihres Liebhabers verantwortlich machen, und ich hasse sie abgrundtief dafür, dass sie mich mit diesem Kerl betrogen hat. Aber sie ist immer noch meine Gefährtin. Mein Halt. Meine Lebensdämonin.«

    Er schleuderte Oskar in eine Ecke des Wohnzimmers und ließ ihn erneut unsichtbar werden. Er wollte sich nicht länger mit dieser miserablen Gestalt abgeben.

    Das Gejammer des Hüters allerdings, es half ihm dabei, ein wenig Ruhe zu finden. Benebelt vom Alkohol und voll sehnsüchtiger Gedanken an Thekla rollte er sich auf der Ledercouch zusammen und dämmerte weg.

    Michael Zamis erwachte mit schrecklichen Kopfschmerzen, die einen intensiven Zauber erforderten, um wieder klar denken zu können.

    Er dauerte eine Weile, bis er sich an die Geschehnisse des letzten Abends erinnern konnte.

    Die leeren Flaschen waren weggeräumt, die Wände gesäubert. Jene Gestalten, die in den Bilderrahmen die Qual eines quasi-ewigen Lebens erdulden mussten, waren wieder erstarrt.

    Und in einem Stuhl, ihm gegenüber, saß ein Mann. Altmodisch gekleidet, mit Rüschenhemd und hervorquellendem Brusthaar, mächtigem Schnauzer und schulterlangem Haar. Die Rechte hielt er zwischen die Beine geklemmt. Er wirkte unendlich alt – und dennoch kräftig.

    »Du siehst schlecht aus«, sagte der Mann und lächelte.

    »Basilius«, sagte Michael Zamis. Er fasste sich rasch. »Basilius Kupferhand. Mein treu ergebener Sklave.«

    Der andere verzog das Gesicht. »Ich bin nicht dein Sklave. Ich mag derzeit in deinem Namen handeln – aber ich bin mir sicher, dass unsere … Geschäftsbeziehung rasch zu einem Ende kommt.«

    »Ich habe dir nicht erlaubt, in die Villa Zamis zurückzukehren«, sagte Michael. »Erst dann, wenn du Thekla gefunden hast.«

    »Und wenn ich sie entdeckt hätte? Würdest du mich dann aus deinen Diensten entlassen?«

    »Ich kenne dich, Basilius. Du warst ein Verräter, du wirst immer einer sein. Einem wie dir kann man nicht vertrauen.«

    Der uralte Dämon zeigte die bislang versteckt gehaltene Hand und gestikulierte unruhig damit. Sie war aus Kupfer gefertigt und namensgebend für den uralten Dämon. »Ich schwöre, dass ich dein Weib gefunden habe. Ich kann dich jederzeit zu ihr bringen.«

    »Erzähl mehr! Wo hast du sie gefunden? Wie geht es ihr?«

    »Ich will, dass du mich aus deinem Bann entlässt. Jetzt gleich! Anschließend beantworte ich alle deine Fragen.«

    »Warum machst du es uns beiden so schwer, Basilius?« Michael Zamis seufzte, konzentrierte sich und griff auf die magisch imprägnierte Kupferhand zu. Sie bewegte sich nach seinem Willen, flog hoch zur Decke – und riss den Dämonen mit sich. Basilius schrie, gleichermaßen aus Schmerz und aus Wut. Er klebte mit seiner Rechten an der Decke, die Beine zappelten wie wild.

    »Sag mir gefälligst, wo du Thekla gefunden hast. Dann erspare ich uns beiden weitere Peinlichkeiten. Ein ehemaliger König, der an der Decke eines Hauses klebt, wirkt nicht sonderlich ehrfurchtgebietend.«

    Michael erinnerte sich an die Vorgeschichte des Dämons. Basilius Kupferhand¹ war im zehnten Jahrhundert einem Ritual gefolgt und hatte sich dämonische Gaben angeeignet, um sein Ziel, die Herrschaft über das byzantinische Reich und dessen Kaiser Romanos I., zu erreichen. Er war gescheitert, weil er die schwarze Magie unterschätzt hatte. Er war von Romanos’ dämonischen Lakaien zum Sklaven seiner eigenen künstlichen Hand gemacht worden.

    Aus unerfindlichen Gründen hatte er die Jahrhunderte in einem Tiefschlaf überdauert, in irgendeiner Basilika in Istanbul, um vor wenigen Jahren von einem Sippenmitglied der Schwarzen Familie entdeckt und wiederbelebt zu werden.

    Michael Zamis hatte Basilius Kupferhand erworben, ihn irgendwo in den Gängen unterhalb der Villa Zamis abgelegt und vergessen. Bis er vor zehn Tagen unruhig durch die labyrinthischen Bereiche des Kellers gewandert war und ihn gefunden hatte.

    Wo war er bloß mit seinen Gedanken? Basilius hing immer noch an der Decke und jammerte.

    Michael machte dem Treiben ein Ende und ließ den Dämon herunterfallen. Er stürzte auf seinen Stuhl zurück – und packte sich selbst mit der Kupferhand an der Gurgel.

    »Ich finde dich ja recht amüsant, Basilius. Aber wir beide sind keine Partner. Du bist mein Eigentum, solange ich es möchte. Es gibt für dich keinerlei Aussicht auf Freiheit. Haben wir uns verstanden? Ja? – Dann sag mir endlich, wo du Thekla gefunden hast.«

    »Sie … plant eine Reise!«, ächzte Basilius kaum verständlich, während sich sein Gesicht allmählich rot färbte.

    »Ist sie alleine oder in Begleitung?«

    »All…eine.«

    »Wie erfreulich. Und wo, bitteschön, ist der Ausgangspunkt ihrer Reise?«

    »Sie fährt mit einem Schiff. Von … Casablanca aus.«

    »Mit welchem Ziel?«

    »Valencia. Sie wird an Bord der Abraxas eine Luxusreise antreten.«

    Michael lockerte den Griff der Kupferhand, Basilius atmete tief durch und hustete schwer.

    »Eine Schiffsreise. Zur Entspannung. Will sie sich etwa an anderen Gästen delektieren? – Ich kenne ihre Art. Wenn sie möchte, kann sie derart viel Unfrieden stiften, dass eine Hundertschaft an Menschen übereinander herfällt und sich gegenseitig zerfleischt. Bei Asmodi! Was ist das bloß für ein tolles Weib.«

    »Es ist … nicht ganz so«, krächzte Basilius. »Thekla nimmt an einer Kreuzfahrt teil, die von dämonischen Gästen und Menschen gleichermaßen gebucht wurde.«

    »Um sich einen neuen Liebhaber zu angeln!« Michael sprang hoch, ging unruhig auf und ab und zwang währenddessen Basilius dazu, sich selbst kräftige Fausthiebe zu verpassen. »Sie hat mich völlig vergessen oder verdrängt.«

    Er fand seine Fassung, setzte sich und erlöste Basilius. Beide Augen des Dämons waren gerötet, die Wangen von den Schlägen mit der metallenen Hand aufgeschlitzt. Er blutete stark und erinnerte Michael Zamis daran, dass er noch nicht gefrühstückt hatte.

    »Ich will selbst das geringste Detail über diese Reise wissen, Basilius. Sag mir alles, was du weißt. Ohne weitere Umschweife. Benimm dich gut, dann behandle ich dich gut.« Er lachte kurz auf. »Na schön, vielleicht auch nicht.«

    Kapitel 2

    Von überall her erklangen die Rufe der Muezzin. Es war die Zeit für das erste Fard²-Gebet des Tages, zwischen Morgengrauen und Sonnenaufgang. Michael Zamis hatte einen Nachtflieger genommen und dabei die Business Class für sich alleine gehabt.

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