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Das Haus Zamis 38 - Und mit mir die Finsternis
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Das Haus Zamis 38 - Und mit mir die Finsternis
eBook225 Seiten2 Stunden

Das Haus Zamis 38 - Und mit mir die Finsternis

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Über dieses E-Book

Mit Hilfe ihres Begleiters, Fürst Helmut von Bergen, gelingt es der Hexe Coco Zamis in letzter Sekunde aus der Gefangenschaft des russischen Patriarchen und Dämons Theodotos Wolkow zu fliehen. Ab sofort ist die Jagd auf sie eröffnet. Doch Coco denkt nicht daran, Moskau zu verlassen. Nicht, bevor sie herausgefunden hat, wo sich das legendäre Schwarze Zimmer befindet, auf das sich angeblich Wolkows Macht stützen soll ...

Der 38. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
92: "Ljudmilja"
93: "Und mit mir die Finsternis"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum6. Juni 2014
ISBN9783955722388
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    Buchvorschau

    Das Haus Zamis 38 - Und mit mir die Finsternis - Catalina Corvo

    Und mit mir die Finsternis

    Band 38

    Und mit mir die Finsternis

    von Catalina Corvo, Rüdiger Silber, Diana Dark und Logan Dee

    nach einer Story von Uwe Voehl

    © Zaubermond Verlag 2014

    © Das Haus Zamis – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Lektorat: Reinhard Schmidt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind …

    Kaum hat sich Coco Zamis mit dem Café Zamis in Wien etabliert, kündigt sich neues Unheil an: Ihr verschwundener Bruder Volkart schwebt in Gefahr. Schon einmal befand er sich in der Gewalt eines Nekromanten, von dem er sich erhofft hatte, seinen vor Jahren ermordeten Zwillingsbruder Demian zum Leben zu erwecken.

    Gleichzeitig macht ein Schwarm Raben die Metropole unsicher. In ihrem Gefolge erscheinen die geheimnisvollen Todesboten. Sie übergeben den drei mächtigsten Dämonen Wiens das Schwarze Siegel:

    Eine Woche haben sie noch zu leben. Doch die drei hießen nicht Skarabäus Toth, Michael und Coco Zamis, wenn sie sich kampflos fügen würden. Sie schließen einen Pakt, denn nur gemeinsam haben sie eine Chance, das Todesurteil abzuwenden.

    Keiner von den dreien traut dem anderen über den Weg, doch der Pakt, den sie eingegangen sind, ist stärker als ihr gegenseitiges Misstrauen. Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, die Todesboten zu vernichten.

    Doch Coco Zamis hat die Rechnung ohne Asmodi gemacht. Der Fürst der Finsternis besitzt ihr noch ungeborenes Kind als Pfand. Während die junge Hexe bisher sicher war, dass sie es von dem Verräter Dorian Hunter empfangen hat, behauptet Asmodi, dass er es ist, der sie geschwängert hat.

    Um ihr ungeborenes Kind wiederzuerlangen, begibt sie sich in Asmodis Hände.

    Und der Fürst der Finsternis hat eine ganz besondere Aufgabe für sie:

    Als sein Racheengel entsendet er sie nach Moskau. Dort soll sie den einflussreichen Oligarchen und Dämon Theodotos Wolkow ausfindig machen und entführen. Es heißt, dass er seine Macht dem legendären Schwarzen Zimmer verdankt.

    Kaum in Moskau gelandet, erweckt Coco die Kräfte, die in dem Schwarzen Zimmer hausen, erneut zum Leben. Und die Nachwirkungen erschüttern selbst die Zamis-Villa im fernen Wien.

    Wolkow indessen entpuppt sich als stärkerer Gegner, als Coco geahnt hat. Zwar gelingt ihr dank ihres Gefährten Fürst von Bergen zunächst die Flucht, doch Wolkows Schergen sind ihr auf den Fersen ...

    Erstes Buch: Ljudmilja

    Ljudmilja

    von Catalina Corvo

    nach einer Story von Uwe Voehl

    1.

    Coco, Moskau

    »Wohin als Nächstes?«, fragte ich meinen Begleiter, sobald wir ein paar Straßen zwischen uns und das Penthouse gebracht hatten. Wir waren beide von den Strapazen der Flucht gezeichnet. Ich keuchte, als wäre ich den New-York-Marathon gelaufen.

    Mein Retter, Helmut von Bergen, lehnte an einer Hauswand und rang nach Atem. Das hinderte ihn leider trotzdem nicht an seiner üblichen Redseligkeit. »In meinem erfahrungsreichen, lasterhaften Leben habe ich natürlich überall auf der Welt Bekannte und Verbindungen«, erklärte er mir, von einzelnen Schnaufern unterbrochen.

    Dabei zauberte der Fürst einen kleinen silbernen Flachmann aus der Hosentasche hervor. Nach ein paar kräftigen Schlucken reichte er die Flasche an mich weiter. Ein guter Cognac. Der Weinbrand wärmte meinen Magen und schenkte Kraft.

    »Na bitte, endlich bekommst du wieder etwas Farbe.« Helmut musterte mich anerkennend. »Das ist mein Mädchen.«

    Gerade noch hatte ich gedacht, dass wir Freunde werden könnten. Aber nicht, solange er wieder den Macho rauskehrte. Ich hätte ihm nur zu gerne erklärt, dass ich keineswegs sein Mädchen war und auch nicht vorhatte, es je zu werden. Aber dazu blieb keine Zeit.

    Wolkow musste kochen vor Wut. Ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, ihm ein weiteres Mal in die Pranken zu fallen. Also blieb ich kurz angebunden, in der Hoffnung, dass das die Redseligkeit des Fürsten eindämmte. »Wohin also?«, fragte ich schlicht, sobald ich zu Atem gekommen war.

    »Wir müssen uns in die Abgründe begeben.« Er zwinkerte mir süffisant zu. »In dunkle Tiefen zieht es uns hinab.«

    Ich rollte die Augen. »Die Kanalisation etwa?« Na toll. Der Gestank würde erfahrungsgemäß noch zwei Duschen später in meinen Haaren kleben. »Was Exklusiveres hat der Herr Fürst nicht zu bieten? Und außerdem, was sollte Wolkow hindern, uns dort zu suchen?«

    Helmut gab sich rechtschaffen entrüstet. »Ich muss doch sehr bitten! Meine Liebe.« Er bot mir mehr lässig als galant seinen Arm an. Widerwillig hakte ich mich unter, und wir schlenderten die Straße hinab.

    Ich wusste, wie wir wirkten. Der alternde Geschäftsmann und seine blutjunge Schickse. Immerhin fielen wir damit im Stadtbild nicht auf. Wahrscheinlich wurde Helmut beneidet von all jenen, denen das Geld fehlte, eine hübsche, gierige Geliebte zu unterhalten. Natürlich genoss er die Aufmerksamkeit und spreizte sich an meiner Seite wie ein Pfau.

    »Zweifellos habe ich etwas Besseres als eine rattenverseuchte Kloake zu bieten.« Generös tätschelte er mir die Hand, während ich mich unauffällig nach etwaigen Verfolgern umsah. »Aber um dorthin zu gelangen, werden wir ausnahmsweise mal kein Taxi nehmen.«

    Grinsend steuerte er auf einen Metro-Eingang zu.

    Gleich darauf standen wir auf der Rolltreppe, eingekeilt zwischen einer Großmutter, die zwei schmutzige, ausgebeulte Plastiktüten mit sich herumschleppte, und zwei Jugendlichen, die sich mit Energydrinks zuprosteten. Die sonderbare Mischung aus zu viel schweißübertünchendem Deodorant und urigem Parfum stach mir geradezu in die Nase. Gemeinsam mit dieser unangenehmen Wahrnehmung überkam mich im selben Augenblick das beklemmende Gefühl, dass wir beobachtet wurden.

    Ich vertraute meiner Intuition. Schließlich hatte ich Situationen wie diese oft genug erlebt. Ich sah mich um und ließ den Blick über die stoische Menge auf der Rolltreppe schweifen. Doch keines der Gesichter erschien mir verdächtig. Auch meine magischen Sinne nahmen nichts wahr.

    Das Licht der Straße verlor sich bereits über uns, während wir in das Reich der Neonröhren eintauchten, da erkannte ich die Silhouette eines Raben am oberen Ende der Rolltreppe. Der Vogel hockte auf dem Mittelpart der Unterführung und starrte mir nach. Zumindest schien es so. Schon ein paar Sekunden später war ich nicht mehr so sicher. Hatte seine Aufmerksamkeit wirklich mir gegolten? Ich beobachtete das Tier, das inzwischen an etwas Unrat herumpickte. Es schien mir keine weitere Beachtung zu schenken. Vielleicht verfiel ich auch einfach nur einem Verfolgungswahn.

    Wir rollten weiter hinunter in die Tiefe, und der Rabe verschwand aus meinem Blickfeld. Ein eiskalter Windzug stob uns aus dem heranrückenden Schacht entgegen. Meine Nackenhaare stellten sich auf, und ich rieb mir die Arme.

    Dem Fürsten entging meine nervöse Anspannung nicht. »Such doch nicht so auffällig nach Verfolgern«, schnurrte er. »Damit ziehst du sie nur an.«

    »Du nimmst Wolkow wohl auf die leichte Schulter.« Ich schüttelte den Kopf. »War dir die Flucht nicht schwer genug? Du glaubst wohl, er lässt uns so einfach gehen?«

    Helmut zuckte mit den Schultern. »Wenn ich eins gelernt habe, dann, dass man sich über Dinge, die man sowieso nicht ändern kann, auch nicht allzu viele Gedanken machen sollte. Bis der alte Russki begriffen hat, was passiert ist, sind wir schon über alle Berge.«

    »Allein, es fehlt der Glaube«, zitierte ich einen Klassiker.

    Dann hatte die Rolltreppe ihr Ziel erreicht. Die träge Masse geriet in Bewegung, und auch wir folgten dem Strom der Menge.

    Mein ungutes Gefühl ließ mich nicht los. Überall sah ich unliebsame Beobachter, ahnte ich feindliche Gedanken hinter verschlossenen Gesichtern und fürchtete drohende Gefahren. Hatte dieser Bettler uns nicht ein wenig zu lange angestarrt? War die Frau in dem Kioskhäuschen, die Zeitschriften und Schokoriegel verkaufte, nicht ein wenig zu neugierig?

    Selbst als wir in den Zug stiegen, erschien mir der Ticketkontrolleur, der mit Worten und Gesten unsere Fahrkarten überprüfte, zu berechnend. Doch war auch er unmagisch. Und nichts deutete auf einen Zauber hin.

    Helmut machte Witze darüber, dass ich mich nur auf die richtige Weise entspannen müsste, um mich besser zu fühlen. Er selbst werde selbstverständlich gerne dabei helfen.

    »Natürlich hast du das Gefühl, dass dich alle anstarren.« Er lachte väterlich. »Weil es so ist. Schau dich doch an. Du siehst aus, als kämst du von einer seltsamen Mottoparty.«

    Ich blickte an mir herab und begriff. Natürlich. Ich trug immer noch das Großmutterkleid, das Wolkow für mich ausgesucht hatte. Der altmodische Fummel hatte ganz schön gelitten.

    Vielleicht hatte mein Begleiter recht, und ich war einfach nur paranoid. Er machte sich jedenfalls einen Spaß daraus, dass ich überall potenzielle Angreifer vermutete. »Wusstest du, dass es unzählige Legenden über die Moskauer U-Bahn gibt?«, wisperte er mir ins Ohr. »Da wäre die Legende von den Geisterarbeitern. Bei den Bauarbeiten für eine neue Linie kam es in den fünfziger Jahren zu einem Einsturz. Nicht wegen der sozialistischen Ingenieurskunst, wie man vielleicht vermuten könnte. Die soll nicht einmal ganz schlecht gewesen sein. Sondern wegen Fehlberechnungen über den Grundwassergehalt, hieß es. Manche sagen auch, die Arbeiter seien über die geheime Grabkammer Rasputins gestolpert.«

    »Rasputins Grab?« Ich lächelte ironisch. »Ja, klar.«

    »Egal wieso. Die Arbeiter starben im Tunnel. Und heute sollen sie angeblich hier irgendwo spuken. Manchmal erscheinen einzelne Bauarbeiter auf den Schienen und haben schon so manchem Zugführer einen Herzinfarkt verpasst. Oh, hier müssen wir raus.«

    Wir waren nur eine Station gefahren. Aber anstatt sofort umzusteigen, warteten wir auf den nächsten Zug. Über uns hatten es sich ein paar Vögel zwischen den Neonröhren an der Bahnhofsdecke gemütlich gemacht. Sie huschten und flatterten aufgeregt umher. Ich ließ sie nicht aus den Augen, bis ich erleichtert feststellte, dass es nur Tauben waren.

    Der Zug fuhr ein, und wir schlüpften hinter einer Gruppe schweigsamer Arbeiter in den Waggon. Die Männer ähnelten sich auf seltsame Weise. Ihre Jacken und Mützen unterschieden sich nur geringfügig, aber es waren vor allem ihre Gesichter, die alle dieselbe Müdigkeit ausstrahlten. Sie ließen eine halb volle Wodkaflasche herumgehen, die sich in Kürze leerte.

    Obwohl die Männer unter sich blieben, schien die Gesellschaft meinem Begleiter nicht zu gefallen. Mit einem Stirnrunzeln stand er wieder auf, kaum dass der Zug in die nächste Station einfuhr.

    »Auch nicht richtig?«, murrte ich. Trotzdem folgte ich ihm zurück auf das kalte Bahngleis. Nun, da mich die Rennerei nicht mehr warmhielt, fröstelte ich. Der russische Winter kroch auch auf die Bahnsteige des Untergrundnetzes hinab, und ich war für seinen kalten Atem schlecht gerüstet.

    Helmut hob die Schultern. »Tut mir leid. Wir müssen uns wohl noch etwas gedulden.« Beim dritten Zug fiel mir auf, dass wir immer in den letzten Waggon stiegen. Und dass sich Helmut jedes Mal prüfend umsah, sobald wir das Abteil betraten. So als ob er jemand Speziellen suche. Aber als ich nachfragte, legte er nur beschwörend den Finger an die Lippen. »Wirst schon sehen, meine Hübsche.«

    Mit solchen Versprechungen lotste er mich kreuz und quer durch die Unterstadt Moskaus, wie das weitverzweigte Bahnnetz manchmal genannt wurde. Besonders, da sich in den Bahnhöfen vor allem nachts jede Menge Gesindel tummelte. Obdachlose und Drogensüchtige, Trinker und Gangmitglieder ohne Zuhause schliefen in den Bahnhöfen oder Zügen, bis Polizei oder private Sicherheitskräfte die Unglücklichen mit unsanften Tritten hinausbeförderten.

    Je länger unser Spiel dauerte, desto stärker leerten sich die Züge. Die Insassen änderten sich zum Schlechteren. Der Gestank intensivierte sich um ein Vielfaches, und die bittere Atmosphäre verbesserte mein Gefühl der ständigen Verfolgung nicht wirklich. Wir fuhren bereits Stunden hin und her. Mittlerweile war ein Großteil unserer Mitreisenden betrunken oder von anderen Mitteln berauscht. Ich musste verschiedene Kerle abweisen, die sich von mir für Geld eine schnelle Nummer erhofften. Einen schickte ich letztendlich mit Hypnose weg.

    Ich sprach kaum noch mit Helmut. Er besaß immerhin den Anstand, angemessen verlegen zu sein. »Ich weiß auch nicht, warum es jetzt nicht funktioniert.« Ungeduldig fuhr er sich durchs schüttere Haar. »Sie sind alle weg.«

    »Wer ist weg?«, fragte ich, nun mit gewisser Ungeduld. Aber Helmut hielt an seiner Geheimniskrämerei fest und winkte nur ab. »Wo stecken die, verflucht!«, murmelte er vor sich hin. Sein Plan schien gescheitert.

    »Wir können nicht die ganze Nacht herumfahren«, versuchte ich es mit sanftem Zureden. »Vielleicht sollten wir uns irgendwo einmieten, um zumindest ein paar Stunden zu schlafen.«

    Neben uns schnarchte lautstark ein Bettler. In seiner Hand lag eine halb leere Konservendose, deren bräunlicher Inhalt sich langsam über den Boden ergoss.

    Die Qualität der U-Bahn Fahrt hatte wirklich nachgelassen. Die Züge kamen immer seltener. Außerdem hatte ich Hunger. Bei Wolkow hatte ich mir nicht gerade den Bauch vollgeschlagen. Meine letzte richtige Mahlzeit lag eine Weile zurück.

    Helmut schüttelte den Kopf. »Du bist doch diejenige, die Angst vor Wolkow hat.« Er seufzte übertrieben genervt. »Suchst du nun ein sicheres Versteck oder nicht?«

    »Ich würde es gern noch diese Nacht erreichen, wenn's geht«, erwiderte ich und gab mir nun auch keine Mühe mehr, meine schlechte Laune zu verbergen.

    Helmut schwieg. Als die Lichter der nächsten Station den Zug empfingen, presste er die Lippen zusammen und gab sich einen sichtbaren Ruck. »Einen letzten Versuch machen wir noch«, beschloss er. »Diesmal gehen wir es anders an. Wenn das auch nicht klappt, sei's drum.«

    Diesmal fuhren wir weiter als nur eine Station. Erst bei der Komsomolskaja der Ringlinie stiegen wir aus. Die Bahnstation war eine der wichtigsten Moskaus, erklärte mir Helmut knapp. Seine wortreiche, schmierige Galanterie war mit seiner guten Laune in der Kälte der Nacht erfroren. Ich bestaunte die Stuckdecke über uns. Goldmosaike und riesige Kronleuchter verliehen dem Bahnhof das Flair eines barocken Saals.

    In der Komsomolskaja kreuzten sich mehrere wichtige Linien. Hier war immer was los. Selbst mitten in der Nacht fuhren noch regelmäßig Züge.

    Helmut klapperte die einzelnen Gleise ab. Ich folgte ihm frierend. Ein kleiner Wärmezauber half mir immerhin, nicht haltlos zu zittern, aber ich wagte kaum, meine Magie ausgiebiger anzuwenden. Falls Wolkow magische Spione auf uns angesetzt hatte, wollte ich sie nicht unnötig auf mich aufmerksam machen.

    Ein alter, magerer Bettler mit krummem Rücken und fleckiger Jacke, der tapfer selbst mitten in der Nacht auf einer schmutzigen Decke die Stellung hielt, erregte das Interesse meines Begleiters.

    Er blieb vor dem schmutzigen Kerlchen stehen. Der Alte sah ihn halb erwartungsvoll, halb unterwürfig an.

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