Wir beide in einem fremden Land: Mami 1909 – Familienroman
Von Myra Myrenburg
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»Hallo, Ronnie!« rief Fee van Zanten, ging in die Knie und breitete die Arme aus. Ihr straff frisiertes Haar leuchtete wie Messing in der Morgensonne. Ihre Hände, die das herbeistürmende Kind auffingen, waren schlank und fest.
»Ronnie, der Racker«, sagte sie lächelnd und schwang den Zweijährigen dann so lange im Kreis herum, bis ihr die Luft ausging.
»Noch mal«, krähte er und krallte sich in die weiten Ärmel der weichen, samtigen Bluse, die Fee van Zanten zu einem knöchellangen dunkelroten Wollrock trug.
»Nein, jetzt ist es genug«, beschied sie ihn, nahm ihn bei der Hand und ging seiner Mutter entgegen, die im Torbogen des kunstvoll restaurierten alten Stadthauses stehengeblieben war, eine schmalschultrige, dunkel gekleidete junge Frau.
»Guten Morgen, Stefanie«, sagte Fee herzlich und schob eine Hand unter ihren Arm, »schön, daß du kommen konntest.«
Ronnie drängte sich zappelnd dazwischen, setzte einen kleinen roten Schuh in eine Pfütze und tat alles, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Ich hätte mich ja schon längst einmal sehen lassen«, erwiderte seine Mutter gedämpft, »aber es gab schrecklich viel zu erledigen nach der Beerdigung – jede Menge Laufereien – und dazu dieser kleine Junge, der mich sowieso schon auf Trab hält…«
»Ich weiß, ich weiß…«
»Aber nächste Woche bin ich soweit, dann kannst du wieder fest mit mir rechnen«, schloß Stefanie aufatmend.
Fee van Zanten schwieg, während sie durch den Torbogen traten und die flachen Stufen zum Eingang hinauf stiegen, wo es normalerweise von Kindern wimmelte, aber heute war Samstag und der Privatkindergarten im Bonner Diplomatenviertel war geschlossen.
Ronnie steuerte sofort seinen Kleiderhaken an,
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Wir beide in einem fremden Land - Myra Myrenburg
Mami
– 1909–
Wir beide in einem fremden Land
… aber alles wird gut
Myra Myrenburg
»Hallo, Ronnie!« rief Fee van Zanten, ging in die Knie und breitete die Arme aus. Ihr straff frisiertes Haar leuchtete wie Messing in der Morgensonne. Ihre Hände, die das herbeistürmende Kind auffingen, waren schlank und fest.
»Ronnie, der Racker«, sagte sie lächelnd und schwang den Zweijährigen dann so lange im Kreis herum, bis ihr die Luft ausging.
»Noch mal«, krähte er und krallte sich in die weiten Ärmel der weichen, samtigen Bluse, die Fee van Zanten zu einem knöchellangen dunkelroten Wollrock trug.
»Nein, jetzt ist es genug«, beschied sie ihn, nahm ihn bei der Hand und ging seiner Mutter entgegen, die im Torbogen des kunstvoll restaurierten alten Stadthauses stehengeblieben war, eine schmalschultrige, dunkel gekleidete junge Frau.
»Guten Morgen, Stefanie«, sagte Fee herzlich und schob eine Hand unter ihren Arm, »schön, daß du kommen konntest.«
Ronnie drängte sich zappelnd dazwischen, setzte einen kleinen roten Schuh in eine Pfütze und tat alles, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Ich hätte mich ja schon längst einmal sehen lassen«, erwiderte seine Mutter gedämpft, »aber es gab schrecklich viel zu erledigen nach der Beerdigung – jede Menge Laufereien – und dazu dieser kleine Junge, der mich sowieso schon auf Trab hält…«
»Ich weiß, ich weiß…«
»Aber nächste Woche bin ich soweit, dann kannst du wieder fest mit mir rechnen«, schloß Stefanie aufatmend.
Fee van Zanten schwieg, während sie durch den Torbogen traten und die flachen Stufen zum Eingang hinauf stiegen, wo es normalerweise von Kindern wimmelte, aber heute war Samstag und der Privatkindergarten im Bonner Diplomatenviertel war geschlossen.
Ronnie steuerte sofort seinen Kleiderhaken an, der mit einer Mickymaus gekennzeichnet war, warf sein kurzes Mäntelchen ab, kickte ein unversehens aufgetauchtes Bällchen vor sich her und warf einen suchenden Blick in die Runde.
»Martin? Niko? Wo sind sie alle?«
»Zu Hause«, erklärte Stefanie und schnürte ihm die Schuhe fester, »heute spielst du allein mit der großen Eisenbahn. Na, was sagst du dazu? Ist das nicht toll?«
Ronnie schüttelte betrübt den blonden Kopf und ließ sich auf dem dicken dunkelgrünen Spielteppich nieder, während die beiden Frauen in den offenen Nebenraum gingen.
»Komm, ich habe uns schon Kaffee gekocht«, sagte Fee, »und frische Croissants sind in der Tüte da drüben.«
Sie setzten sich an den Fenstertisch, der mit schlichtem buntem Geschirr gedeckt war. An der Wand hing ein großer Kalender unter einer großen runden Uhr.
»Der Mai ist schon fast vorbei«, seufzte Stefanie und rührte in ihrer Kaffeetasse, »höchste Zeit, daß ich wieder Tritt fasse. Danke, daß du so viel Geduld mit mir hattest.«
»Das war doch selbstverständlich. Hör mal, Stefanie…«
»Nein, warte. Ich möchte dir noch sagen, daß ich deine Großzügigkeit zu schätzen weiß, daß ich das alles eben nicht als selbstverständlich genommen habe, daß ihr mir gefehlt habt – du und Alina – und daß ich mich auf die Arbeit freue nach dieser langen Unterbrechung, sehr sogar. Das mußte einmal gesagt werden, ich habe es mir die ganze Zeit vorgenommen. So, jetzt bist du dran.«
Stefanie nahm sich ein Croissant und begann mit sichtlichem Appetit zu essen. Sie hatte große kristallblaue Augen, die sehr intensiv blicken konnten, schmale Wangen und blondes, leicht gelocktes Haar, das an den Spitzen silbrig schimmerte. Sie trug schwarze Jeans und ein pink gemustertes Seidentuch über einem schwarzen Pulli, denn sie hatte vor vier Wochen ihren Mann bei einem Autounfall verloren. Sie war achtundzwanzig Jahre alt und seit drei Jahren feste Mitarbeiterin im Privatkindergarten der Holländerin Fee van Zanten.
Ronnie, der inzwischen die Wagen der Holzeisenbahn aneinandergekoppelt hatte und sich gerade ein Croissant abholen kam, war ihr einziges Kind.
»Wie sieht es aus mit deinen Rentenansprüchen?« erkundigte sich Fee gedämpft.
»Frag nicht! Hajo war ja erst seit drei Jahren im Beruf. Nein, da habe ich nichts zu erwarten. Ich bin auf mich selbst gestellt. In diesem Punkt mache ich mir keine Illusionen.«
Fee betrachtete ein Fensterbild, das an einem Kettchen vor der Glasscheibe hing und den heiligen Martin auf seinem Pferd darstellte. Sie hob die Hand und rückte es ein paar Millimeter nach rechts.
»Da wir von Illusionen sprechen«, sagte sie langsam, »auch ich bin gezwungen, endlich den Tatsachen ins Auge zu sehen. Unsere Kundschaft wandert ab. Spätestens im September müssen wir den Kindergarten schließen.
»Schließen?« wiederholte Stefanie verstört.
Fee van Zanten nickte resigniert. Das Diplomatenviertel in Bonn, die Basis ihres Unternehmens, löste sich auf. Nach Berlin, wo die Eltern ihrer kleinen Zöglinge künftig wohnen würden, zog sie nichts. Sie war fünfzig Jahre alt, auf der niederländischen Karibikinsel Aruba geboren und aufgewachsen. Dort stand ihr Elternhaus, dort konnte sie von ihren Ersparnissen leben, dorthin wollte sie zurückkehren. Das war immer schon ihr Ziel gewesen.
Wenn ihr der Abschied trotzdem schwerfiel, so hauptsächlich wegen Stefanie, die vor vier Wochen ihren Mann verloren hatte und nun auch noch ihre Existenz verlieren würde, ihre vertraute Umgebung, den letzten sicheren Boden für sich und ihr Kind.
Der kleine Ronnie war sozusagen im Kindergarten zu Hause, war außer von seiner Mutter stets von Fee und Alina betreut worden. Kindergesellschaft hatte seine ersten Jahre begleitet und geprägt. Er plapperte schon wie ein Dreijähriger und war seinem Alter weit voraus.
»Im September, sagst du?« fragte Stefanie mit dumpfer Stimme, den Blick auf den Kalender gerichtet.
»Ja, länger werden wir es nicht schaffen. Wir haben mehr Abmeldungen als Anmeldungen, die Kostenrechnung geht nicht mehr auf. Für Alina ist es nicht schlimm, sie wollte ohnehin zurück nach Amsterdam.«
»Aber für uns ist es schrecklich – für Ronnie und für mich! Hier konnten wir immer zusammensein, es war ideal – wie in einer großen, glücklichen Familie. Was soll ich jetzt tun, Fee? Ich bin noch gar nicht richtig zu mir gekommen seit dem Unglück.«
»Das ist kein Wunder, Stefanie. Du brauchst Zeit, Beistand, guten Rat und gute Referenzen. Denn das Leben geht weiter, nicht wahr, es kommt nur darauf an, welche Richtung du einschlägst. Wir werden gemeinsam darüber nachdenken und alle Möglichkeiten prüfen, die sich bieten. Ronnie, komm her, nimm eine Serviette und wisch dir die Händchen ab! Bring dein Croissant mit und leg es auf diesen Teller, wenn du es nicht mehr magst.«
Der Knirps richtete sich vom Spielteppich auf, betrachtete tiefsinnig die Spuren, die er hinterlassen hatte, hob sein winziges Zeigefingerchen und ermahnte sich selbst.
»Nicht krümeln, Ronnie!«
Stefanie biß sich auf die