Mami 1758 – Familienroman: Doch die Mutterliebe war stärker
Von Gitta Holm
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"Meine Damen und Herren! Wir landen in wenigen Minuten auf dem Flughafen von Rabat. Darf ich Sie bitten, das Rauchen einzustellen und die Gurte anzuschnallen? Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Marokko!" Während die Chefstewardeß ihre Ansage über das Bordmikrofon auf englisch, französisch und arabisch wiederholte, leisteten die Passagiere der Frankfurter Chartermaschine der Aufforderung gehorsam Folge. Nur ein junger Mann auf dem Mittelplatz der dritten Reihe schien auf seinen Ohren zu sitzen und nichts gehört zu haben. Wie gebannt starrte Konstantin Berghoff, frisch gebackener Doktor der Rechtswissenschaften, auf das junge Mädchen in der feschen blauen Luftfahrtuniform. Sie war so hübsch, daß sein Herz augenblicklich in Brand geriet. Groß, blond, schlank, besaß sie das makelloseste Profil, das er je gesehen hatte. Als sie ihm den Kopf zuwandte, blickte er in zwei haselnußbraune Augen, die einen aparten Kontrast zu ihrem silberblonden Haar bildeten, das lockig und in unbezwingbarer Fülle auf ihre Schultern fiel. "Mein Herr, darf ich auch Sie bitten, jetzt die Gurte anzulegen?" fragte sie mit leisem Vorwurf, doch er vernahm nur den Klang ihrer weichen, melodischen Stimme, der ihm süßer als Himmelsglocken in den Ohren tönte.
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Mami 1758 – Familienroman - Gitta Holm
Mami -1758-
Doch die Mutterliebe war stärker
Gitta Holm
»Meine Damen und Herren! Wir landen in wenigen Minuten auf dem Flughafen von Rabat. Darf ich Sie bitten, das Rauchen einzustellen und die Gurte anzuschnallen? Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Marokko!«
Während die Chefstewardeß ihre Ansage über das Bordmikrofon auf englisch, französisch und arabisch wiederholte, leisteten die Passagiere der Frankfurter Chartermaschine der Aufforderung gehorsam Folge. Nur ein junger Mann auf dem Mittelplatz der dritten Reihe schien auf seinen Ohren zu sitzen und nichts gehört zu haben.
Wie gebannt starrte Konstantin Berghoff, frisch gebackener Doktor der Rechtswissenschaften, auf das junge Mädchen in der feschen blauen Luftfahrtuniform. Sie war so hübsch, daß sein Herz augenblicklich in Brand geriet. Groß, blond, schlank, besaß sie das makelloseste Profil, das er je gesehen hatte.
Als sie ihm den Kopf zuwandte, blickte er in zwei haselnußbraune Augen, die einen aparten Kontrast zu ihrem silberblonden Haar bildeten, das lockig und in unbezwingbarer Fülle auf ihre Schultern fiel.
»Mein Herr, darf ich auch Sie bitten, jetzt die Gurte anzulegen?« fragte sie mit leisem Vorwurf, doch er vernahm nur den Klang ihrer weichen, melodischen Stimme, der ihm süßer als Himmelsglocken in den Ohren tönte.
»Aber selbstverständlich… selbstverständlich«, murmelte er leicht erschrocken und sah sie dabei mit einem so bezwingenden Lächeln an, daß sie unwillkürlich zurücklächeln mußte.
Silbern tanzte das Licht des Mondes auf der Weite des Atlantischen Ozeans. Die Lichter der großen Stadt kamen näher. Dann setzte die Maschine zur Landung in der Hauptstadt Marokkos an.
Junge Mädchen in ihrer alten, goldbestickten Nationaltracht begrüßten die fremden Touristen mit Blumen. Am Rande des Rollfelds sah man einen Reisebus stehen. Sprachfetzen schwirrten durcheinander, Deutsch und Französisch, Englisch, Holländisch, Finnisch. Auf den Flugplatzschildern sah man fremdartige arabische Schriftzeichen, darunter die französischen Bezeichnungen.
Konstantin Berghoff, nur knapp sieben Stunden von der Heimat getrennt, fühlte sich inmitten einer völlig neuen Welt. Lau war hier die Luft, und der süße Duft von Mimosen und Bouganvillea strich durch die Nacht. Wie milliardenfache Diamanten glitzerten die Sterne und hingen so tief über dem Horizont, als seien sie aus der Erde entstiegen. Wie gebannt starrte er in die Höhe, das ungewöhnliche Schauspiel genießend.
»Sie werden Ihren Reisebus verpassen, Monsieur!« sagte jemand auf französisch zu ihm. Es war der Flugkapitän, der mit langen Schritten über das Rollfeld stapfte, in einigem Abstand von seiner Crew gefolgt. Darunter die Chefstewardeß Pamina Petersen.
Das junge Mädchen erblickend, folgte Konstantin einer plötzlichen Eingebung. Ursprünglich hatte er vorgehabt, sich der kleinen Reisegesellschaft, die aus vierzehn Personen bestand, anzuschließen. Von einer Sekunde zur anderen änderte er seinen Entschluß und sagte in seinem etwas holperigen Schulfranzösisch:
»Oh, nein, ich gedenke, mir einen Leihwagen zu mieten, Monsieur le Capitaine. Der Reisebus kann ohne mich starten.«
»Das ist natürlich etwas anderes. Bonne chance, Monsieur.« Der Flugkapitän tippte lässig gegen seine Mütze und ging weiter.
Da näherte sich auch schon der Rest der Crew, die meisten etwas müde und erschöpft. Nur der blonden Chefstewardeß merkte man den anstrengenden Dienst kaum an. Das marineblaue Käppi saß wie ein lustiger Tupf auf dem silberblonden Haar.
»Was meinst du, Corinne?« hörte Konstantin sie zu einem braunhaarigen Mädchen sagen. »Nehmen wir vor dem Schlafengehen noch einen kleinen Imbiß ein oder –«
»Nein«, fiel die Kollegin ihr ins Wort. »Ich muß sofort mit meiner Schwester telefonieren. Muß hören, wie es ihr geht. Sie erwartet ein Baby, weißt du. Entschuldige, wenn ich dich allein lasse.« Damit eilte sie zum Telefon-Service der Flughalle.
»Kommen Sie mit uns, Pamina«, schlug der Co-Pilot vor. Und sein Freund, der Bordfunker, nickte. Zu dritt schlenderten sie über das Rollfeld zum Restaurant hinüber.
Enttäuscht blickte Konstantin den dreien hinterher. Schade, dachte er. Keine Chance, drei Worte allein mit diesem entzückenden blonden Engel zu wechseln.
Er wollte den dreien auch nicht folgen, um sie von einem entfernten Tisch beim Abendessen zu beobachten. So etwas widerstrebte seinem Naturell. Zum Spionieren besaß er kein Talent.
Die Gelegenheit, seine heimlich Angebetete wiederzusehen, ergab sich am nächsten Morgen. Als er den Frühstücksraum des Flughafenhotels betrat, sah er sie allein an einem Fenstertisch sitzen. Blitzschnell bemerkend, daß kein zweites Frühstücksgedeck aufgelegt war, näherte er sich ihrem Platz.
»Guten Morgen, schöne Frau«, grüßte er charmant. »Ist es gestattet, hier Platz zu nehmen?« Bevor Pamina, total verblüfft, ein Wort erwidern konnte, saß er auch schon und fragte, ihr tief in die Augen schauend: »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, wie wunderhübsch Sie sind?«
Eine leichte Röte färbte ihre Wangen, bevor sie lächelnd erwiderte: »Nicht so direkt, würde ich sagen.« Dann zog ein plötzliches Erkennen über ihr Gesicht. »Jetzt weiß ich, wer Sie sind. Sie sind der Passagier, der vergessen hatte, sich vor der Landung anzuschnallen.«
»Genau der bin ich. Konstantin Berghoff ist mein Name. Und Sie sind die blonde Stewardeß, die mich an mein Versehen erinnerte.«
»Ich dachte, Sie gehören mit zu der Reisegesellschaft, die gestern abend mit Blumen von einer Trachtengruppe empfangen wurde.«
»Nein, ich reise als Single. Mein Herr Papa war so freundlich, mir diese Studienreise nach Marokko zu spendieren.«
»Studienreise? Sind Sie etwa Archäologe?«
»Nein, ich bin nur ein simpler Jurist, der gerade sein Staatsexamen bestanden hat und demnächst als Sozius in die Anwaltspraxis seines alten Herrn eintreten wird. Womit Sie im Telegrammstil schon das Wichtigste über mich wissen.«
Während er sprach, kam der Frühstückskellner, ein weißgekleideter Araber mit Turban, an seinen Tisch und erkundigte sich nach seinen Wünschen.
Als er nicht genau wußte, was ein Fünf-Minuten-Ei auf französisch hieß, übersetzte Pamina es für ihn. Doch sie tat es auf arabisch.
»Sie beherrschen die Landessprache?« fragte Konstantin beeindruckt.
»Ich habe einen Teil meiner Kindheit hier verbracht. Mein Vater war deutscher Konsul in Tanger. Außer arabisch spreche ich noch türkisch neben englisch, französisch und deutsch. Aber das mußte man schon können, wenn man Diplomdolmetscherin im Auswärtigen Dienst werden wollte. Warum erzähle ich Ihnen das eigentlich? Das wird Sie kaum interessieren, Herr Dr. Berghoff.«
»Es interessiert mich sogar mehr, als Sie glauben«, versicherte er lebhaft und sah sie dabei wieder mit einem so zärtlichen Lächeln an, daß Pamina verschämt die Augen niederschlug.
Dieser Mann ist ein durchtriebener Schürzenjäger, flog es ihr durch den Kopf. Aber nein, dafür sah er eigentlich zu seriös aus. Ihr gefiel sein männlich markantes Gesicht mit der klugen hohen Stirn, den stahlgrauen Augen, der geraden Nase, dem noch jungenhaft weichen Mund.
Ihr Herz begann zu klopfen. Was, um Himmels willen, ist mit mir geschehen? dachte sie. Was zieht mich zu diesem Menschen hin, den ich erst seit gestern kenne? Da hörte sie ihn fragen:
»Was machen wir mit dem langen Tag, der vor uns liegt? Oder müssen Sie schon wieder mit einem dieser Riesenvögel weiterfliegen?«
»Zum Glück habe ich ein paar Tage dienstfrei.«
»Na, fabelhaft. Wie wäre es mit einem erstklassigen Bummel?« rief er unternehmungslustig und sprang auf, um sich gleich darauf wieder