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Gaslicht 28: Im Schloß des Schreckens
Gaslicht 28: Im Schloß des Schreckens
Gaslicht 28: Im Schloß des Schreckens
eBook103 Seiten1 Stunde

Gaslicht 28: Im Schloß des Schreckens

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Über dieses E-Book

In dieser neuartigen Romanausgabe beweisen die Autoren erfolgreicher Serien ihr großes Talent. Geschichten von wirklicher Buch-Romanlänge lassen die illustren Welten ihrer Serienhelden zum Leben erwachen. Es sind die Stories, die diese erfahrenen Schriftsteller schon immer erzählen wollten, denn in der längeren Form kommen noch mehr Gefühl und Leidenschaft zur Geltung. Spannung garantiert!

Die Schloßhalle mit den hohen Spitzbogenfenstern lag im schummrigen Halbdunkel. Vorsichtig das Tablett mit dem Teegeschirr und den köstlich duftenden Plätzchen vor sich hertragend, erklomm Ilonka die steinernen Stufen. Nach den aufregenden Ereignissen spürte sie plötzlich eine lähmende Müdigkeit. An einem Treppenabsatz setzte sie das Tablett auf einem flachen Sockel ab, um sich für einen Augenblick auszuruhen. Dabei glitt ihr Blick nach oben. Sie zuckte zusammen. Auf der Empore bewegte sich eine lichte Gestalt in einem langen, fließenden Gewand. Das Gesicht war nicht zu erkennen. Es wurde von einem dichten Schleier verhüllt. Die weiße Frau? Dieselbe Erscheinung, die ihr Vater zu sehen glaubte, bevor er seinen Gehirnschlag erlitt?


»Ihren Reisepaß und Fahrtausweis, bitteschön!« sagte der österreichische Zugkontrolleur, bevor der Orient-Express die Grenzstation erreichte, wo das Zugpersonal turnusmäßig wechselte.


Der Beamte mußte seine Aufforderung wiederholen, bevor das junge Mädchen, das allein in einem Erster-Klasse-Abteil saß, aus seinen Gedanken hochfuhr.


Verwirrt zog Ilonka von Allmassy die gewünschten Reisepapiere aus ihrer Handtasche und überreichte sie dem Mann in der blauen Uniform.


»Können Sie mir sagen, wie lange man braucht, um von Budapest nach Varazdin zu gelangen?« fragte sie schüchtern.


»So an die fünf Stunden mit dem Regionalzug müssen Sie schon rechnen, Komteß«, sagte der Kontrolleur, der aus ihrem Reisepaß entnommen hatte, daß die wirklich hübsche zierliche Brünette eine Grafentochter war. Mit einer ganz kleinen Verbeugung, wie man es hohen Herrschaften wohl schuldig ist, verließ er dann wieder das Abteil.


Ilonka war sichtlich nervös, und das hing mit ihrem schlechten Gewissen zusammen.


Sie war heimlich aus dem vornehmen Mädchenpensionat von Madame
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum13. Okt. 2016
ISBN9783740910327
Gaslicht 28: Im Schloß des Schreckens

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    Buchvorschau

    Gaslicht 28 - Gitta Holm

    Gaslicht

    – 28 –

    Im Schloß des Schreckens

    Gitta Holm

    Die Schloßhalle mit den hohen Spitzbogenfenstern lag im schummrigen Halbdunkel. Vorsichtig das Tablett mit dem Teegeschirr und den köstlich duftenden Plätzchen vor sich hertragend, erklomm Ilonka die steinernen Stufen. Nach den aufregenden Ereignissen spürte sie plötzlich eine lähmende Müdigkeit. An einem Treppenabsatz setzte sie das Tablett auf einem flachen Sockel ab, um sich für einen Augenblick auszuruhen. Dabei glitt ihr Blick nach oben. Sie zuckte zusammen. Auf der Empore bewegte sich eine lichte Gestalt in einem langen, fließenden Gewand. Das Gesicht war nicht zu erkennen. Es wurde von einem dichten Schleier verhüllt. Die weiße Frau? Dieselbe Erscheinung, die ihr Vater zu sehen glaubte, bevor er seinen Gehirnschlag erlitt?

    »Ihren Reisepaß und Fahrtausweis, bitteschön!« sagte der österreichische Zugkontrolleur, bevor der Orient-Express die Grenzstation erreichte, wo das Zugpersonal turnusmäßig wechselte.

    Der Beamte mußte seine Aufforderung wiederholen, bevor das junge Mädchen, das allein in einem Erster-Klasse-Abteil saß, aus seinen Gedanken hochfuhr.

    Verwirrt zog Ilonka von Allmassy die gewünschten Reisepapiere aus ihrer Handtasche und überreichte sie dem Mann in der blauen Uniform.

    »Können Sie mir sagen, wie lange man braucht, um von Budapest nach Varazdin zu gelangen?« fragte sie schüchtern.

    »So an die fünf Stunden mit dem Regionalzug müssen Sie schon rechnen, Komteß«, sagte der Kontrolleur, der aus ihrem Reisepaß entnommen hatte, daß die wirklich hübsche zierliche Brünette eine Grafentochter war. Mit einer ganz kleinen Verbeugung, wie man es hohen Herrschaften wohl schuldig ist, verließ er dann wieder das Abteil.

    Ilonka war sichtlich nervös, und das hing mit ihrem schlechten Gewissen zusammen.

    Sie war heimlich aus dem vornehmen Mädchenpensionat von Madame Fleurie entwischt, nachdem sie die strenge Leiterin des Schweizer Internats vergebens um eine Woche Sonderurlaub gebeten hatte.

    Vater wird mir sehr böse sein, dachte Ilonka, indem sie einen zerknitterten Brief aus der Tasche zog, den sie mittlerweile fast auswendig kannte. Tante Jarmila hatte ihr in einem Eilbrief mitgeteilt, ihre geliebte Großmutter sei nach einem schweren Sturz ans Bett gefesselt und völlig auf fremde Hilfe angewiesen.

    Dies war jedoch nicht die einzige Hiobsbotschaft. Der Schloßverwalter von Höltyhöh, woher das Grafengeschlecht der Almassys stammte, war einem Herzinfarkt erlegen, worauf seine Frau, die den Schloßhaushalt leitete, vor Kummer erkrankte und ihren Dienst aufgab. Bis auf eine schwerhörige Kammerzofe hatten die übrigen Bediensteten ebenfalls das unter Denkmalschutz stehende Schloß verlassen.

    Du bist meine einzige Hoffnung, liebes Kind , schrieb die Tante mit krakeliger Schrift. Deine Internatsleiterin wird dir sicher Urlaub gewähren. Andernfalls wäre ich ratlos, was geschehen soll. Deinem Vater schreibe ich ebenfalls, doch ich weiß nicht, wann und wo ihn mein Brief erreicht, da seine diplomatischen Geschäfte ihn oft ins Ausland rufen. Ich selbst wohne zu weit entfernt, um im Notfall zur Stelle zu sein. Da ich an einer schweren Arthritis leide, verlasse ich nur noch selten mein Haus. Deshalb wende ich mich hilfesuchend an Dich, liebste Nichte, und hoffe, meine Bitte bleibt nicht ungehört. Ich sehne Dein Kommen von ganzem Herzen herbei.

    Deine Dich liebende Tante Jarmila.

    Ilonka seufzte. Wie konnte sie einen derartigen Hilferuf ignorieren? Sie liebte ihre Großmutter über alles, hatte sie ihr doch die allzu früh verstorbene Mutter ersetzt. Maria von Talma, die gefeierte Sängerin an der Wiener Staatsopfer, war gebürtige Österreicherin. Nach ihrer aufsehenerregenden Heirat mit dem steinreichen ungarischen Grafen Tibor von Almassy hatte sie ihre Opernlaufbahn aufgegeben, um nur noch für ihre Familie da zu sein. Leider währte das Glück nur allzu kurz. Töchterchen Ilonka war gerade drei Jahre alt, als die von ihrem Mann vergötterte Gräfin bei einem Reitunfall ums Leben kam. Ein Schicksalsschlag, den dieser nie verwinden konnte und aus einem lebenslustigen Mann einen verbitterten Staatsbeamten machte, der ganz in seinem anspruchsvollen Beruf aufging.

    Die Großmutter übernahm die Erziehung ihrer Enkelin. Man bewohnte ein hübsches Palais in der Nähe von Wien, wo die kleine Komteß unter fröhlichen Gleichaltrigen aus der Nachbarschaft aufwuchs. Auf Grund ihrer adligen Herkunft sollte sie jedoch eine exklusive Erziehung erhalten und wurde als Zwölfjährige in die erfahrenen Hände von Madame Fleurie, Leiterin eines Schweizer Elitepensionats für Töchter aus der Hocharistokratie gegeben. Dies war der bewegende Augenblick, in dem ihre Großmutter von Österreich Abschied nahm, um in ihre geliebte ungarische Heimat zurückzukehren. Auf dem Stammschloß ihrer Ahnen wollte sie ihren Lebensabend verbringen.

    Ilonkas Blick glitt aus dem Fenster. Inzwischen war sie aus dem Orient-Express in einen veralteten Bummelzug umgestiegen, der sie in den gebirgigen Norden Ungarns führte. Die Gegend war von urzeitlicher Schönheit. Es war, als glitte man mit jedem Kilometer in eine längst vergangene Welt.

    In den von Wäldern umgebenen Bergen überraschten reichlich vorhandene Zeugen einer stürmischen Geschichte. Burgen, Kirchen, Schlösser, deren romantische Architektur bis ins zehnte Jahrhundert zurückreichte. Gut zwei Dutzend Relikte aus jenen Zeiten zogen sich wie Leuchttürme über die Bergrücken des nördlichen Gebirgszuges. Eine malerische Burgruine aus dem dreizehnten Jahrhundert thronte über einer verlassenen Siedlung aus der Zeit der Türkenkriege.

    Die lange Reise und die schwierige Aufgabe, die sie am Ziel ihrer beschwerlichen Bahnfahrt erwartete, hatten Ilonka in einen etwas überreizten Zustand versetzt.

    Würde sie ihrer Aufgabe gewachsen sein? Sie, die von Krankenpflege nichts verstand? War sie in der Lage, ihrer Großmutter in ihrer hilflosen Situation beizustehen?

    Je länger die Reise andauerte, desto stärker wuchsen die Zweifel in Ilonkas Herzen.

    Wieder eine ländliche Station. Der Zugschaffner kam, um die altmodischen Lampen in den Salon-Abteilen einzuschalten. Draußen hatte die Dämmerung eingesetzt.

    Von ihrem Fensterplatz aus konnte Ilonka ins Wohnzimmer des Stationsvorstehers blicken. Sie sah einen reich gedeckten Tisch mit selbstgebackenem Brot, Butter, Salami, Schinken und geräucherten Bergforellen. Der Anblick ließ ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen.

    »Haben wir irgendwo einen längeren Aufenthalt, wo man in der Bahnhofsgaststätte einen Imbiß einnehmen kann?« fragte sie in dem drolligen Mischmasch von Deutsch und Ungarisch, wie sie es als kleines Kind von der Großmutter übernommen hatte.

    Der Zugschaffner nannte eine Station, deren unaussprechlicher Name bestimmt in keinem Atlas aufzufinden war. »Dort müssen wir einen Eilzug abwarten und das dauert mindestens a halbe Stund«, fügte er auf österreichisch hinzu. Hierzulande lebten noch viele Menschen, die unter der österreichisch-ungarischen Monarchie aufgewachsen waren.

    »Vielen Dank«, murmelte Ilonka und sank auf das spitzenbesetzte Polster zurück.

    Zwanzig Minuten später hielt der Zug. Ilonka kletterte aus ihrem Waggon, um sich in die beleuchtete Bahnhofsgaststätte zu begeben. Eine dralle Kellnerin nahm ihre Bestellung entgegen.

    Das Mahl war köstlich. Ilonka aß mit bestem Appetit. Dann zahlte sie die Zeche und begab sich auf den Bahnsteig zurück. Gerade wollte sie die Stufen zum Salonwagen erklimmen, als sich eine schwere Hand auf ihre Schulter legte.

    Erschrocken drehte sie sich um und erblickte das strenge Gesicht ihres Vaters.

    *

    Wäre ein Blitz neben ihr eingeschlagen, Ilonka hätte nicht verstörter sein können.

    »Vater… du hier?« stotterte sie erbleichend.

    »Was machst du in Ungarn, Ilonka?« hörte sie die tiefe Baßstimme ihres Vaters fragen.

    Um ein krampfhaftes Lächeln bemüht, stammelte sie: »Ich… ich erhielt einen Brief von Tante Jarmila. Ich soll auf dem schnellsten Wege nach Höltyhöh kommen. Großmutter ist gestürzt und liegt im Bett, weil sie nicht laufen kann. Sie bedarf dringend der Pflege. Außerdem ist der Schloßverwalter gestorben, und seine Frau hat ihre Stellung gekündigt. Tante Jarmila mußte Großmama zwei ihrer eigenen Dienstboten schicken, weil das andere Personal ebenfalls gekündigt…«

    Weiter kam sie nicht. Ihr Vater,

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