Gaslicht 5: Gefangene des Grauens
Von Jane Robinson
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Die Wand fühlte sich kalt an und rauh, trotzdem lehnte sich Andrea erschöpft mit dem Rücken dagegen. Ihre Knie knickten ein wie Streichhölzer, so daß sie auf den Boden sackte. Ihre Lider wurden immer schwerer – waren kaum noch offenzuhalten. Andrea kämpfte mit verbissener Entschlossenheit gegen die bleierne Schwere ihrer Lider an – vergebens! Kein Wunder, daß ich so müde bin! dachte sie verzweifelt. Ich bin von all den Strapazen und den Aufregungen der letzten Stunden völlig erschöpft! Oder liegt es an diesem süßlichen Geruch, daß mich die Kräfte verlassen wollen? Andrea spürte noch, daß sich hinter ihrer Stirn ein Wattekissen auszubreiten begann. Das Denken fiel ihr von Sekunde zu Sekunde schwerer, doch ehe sie das bewußt zur Kenntnis genommen hatte, war auch ihr letzter Gedanke erstickt!
Andrea Larsen stand an der Tür des ehemaligen Wohnraums und ließ ihren Blick deprimiert umherschweifen. Hier hatte sie viele glückliche Stunden verbracht – zu Beginn ihrer Ehe. Jetzt fielen durch die gardinenlosen hohen Fenster die Strahlen der späten Nachmittagssonne auf staubiges Parkett, von dem die kostbaren Teppiche entfernt worden waren, und an den Wänden verrieten dunkle Ränder, wo die abtransportierten Bilder und Schränke bis vor kurzem ihren Platz gehabt hatten.
Eine befremdende Leere! Andrea zog erschauernd die Schultern ein.
Es ist kaum noch vorstellbar, daß dieses Haus einmal ein Hort der Geborgenheit für zwei Menschen war, die sich liebten und sich einander eng verbunden fühlten, dachte sie melancholisch. Nun ist von dem großen Glück, das wir uns einst erträumt hatten, nur noch eine wehmütige Erinnerung zurückgeblieben.
Nein,
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Buchvorschau
Gaslicht 5 - Jane Robinson
Gaslicht
– 5 –
Gefangene des Grauens
Für immer eingesperrt und in Todesangst
Jane Robinson
Die Wand fühlte sich kalt an und rauh, trotzdem lehnte sich Andrea erschöpft mit dem Rücken dagegen. Ihre Knie knickten ein wie Streichhölzer, so daß sie auf den Boden sackte. Ihre Lider wurden immer schwerer – waren kaum noch offenzuhalten. Andrea kämpfte mit verbissener Entschlossenheit gegen die bleierne Schwere ihrer Lider an – vergebens! Kein Wunder, daß ich so müde bin! dachte sie verzweifelt. Ich bin von all den Strapazen und den Aufregungen der letzten Stunden völlig erschöpft! Oder liegt es an diesem süßlichen Geruch, daß mich die Kräfte verlassen wollen? Andrea spürte noch, daß sich hinter ihrer Stirn ein Wattekissen auszubreiten begann. Das Denken fiel ihr von Sekunde zu Sekunde schwerer, doch ehe sie das bewußt zur Kenntnis genommen hatte, war auch ihr letzter Gedanke erstickt!
Andrea Larsen stand an der Tür des ehemaligen Wohnraums und ließ ihren Blick deprimiert umherschweifen. Hier hatte sie viele glückliche Stunden verbracht – zu Beginn ihrer Ehe. Jetzt fielen durch die gardinenlosen hohen Fenster die Strahlen der späten Nachmittagssonne auf staubiges Parkett, von dem die kostbaren Teppiche entfernt worden waren, und an den Wänden verrieten dunkle Ränder, wo die abtransportierten Bilder und Schränke bis vor kurzem ihren Platz gehabt hatten.
Eine befremdende Leere! Andrea zog erschauernd die Schultern ein.
Es ist kaum noch vorstellbar, daß dieses Haus einmal ein Hort der Geborgenheit für zwei Menschen war, die sich liebten und sich einander eng verbunden fühlten, dachte sie melancholisch. Nun ist von dem großen Glück, das wir uns einst erträumt hatten, nur noch eine wehmütige Erinnerung zurückgeblieben.
Nein, es ist wohl eher der Scherbenhaufen einer geplatzten Illusion! verbesserte sie sich. Aber die Narben, die die Verletzungen auf meiner Seele zurückgelassen haben, werden mich hoffentlich davor bewahren, noch einmal einem Menschen so spontan und bedingungslos zu vertrauen und ihm meine Liebe zu schenken!
Andrea hatte sich gerade abwenden und das Zimmer verlassen wollen, da entdeckte sie auf dem Kaminsims den kleinen Bilderrahmen. Das Foto war herausgenommen worden. Es war das erste gemeinsame Foto gewesen, das Max und sie damals zu Beginn ihrer Liebe mit einem Selbstauslöser gemacht hatten. Und nach ihrer Hochzeit hatte es wie ein kleiner Talisman dort auf dem Kaminsims seinen Platz gehabt.
»Dieses Foto soll mich immer an den Tag erinnern, an dem ich dich zum ersten Male geküßt habe«, hatte Max damals erklärt.
Wie lange ist das her? dachte Andrea melancholisch.
Ein halbes Leben?
Oder wirklich nur fünf Jahre?!
Max hat dieses Foto also tatsächlich etwas bedeutet, dachte sie berührt. Hätte er es sonst an sich genommen?
Doch ehe sie diese Erkenntnis eingeordnet hatte, entdeckte sie auf dem Boden des Kamins unzählige Papierschnipsel.
Das Foto!
Max hatte es nicht an sich genommen, sondern es in hundert kleine Schnipsel zerfetzt, um ihr auf diese stumme Weise noch einmal zu verstehen zu geben, daß die gemeinsame Vergangenheit für ihn nicht mehr existierte!
Tot war!!!
Andrea preßte die Lippen trotzig aufeinander.
Max hat mich also noch ein letztes Mal ausgepunktet! dachte sie. Auch wenn sie sich dagegen wehrte, ein bißchen schmerzte es sie trotz allem immer noch, und sie mußte ihren ganzen Willen aufbieten, um diesen Schmerz nicht wieder Herr über sich werden zu lassen.
»Das Leben geht weiter!« sagte sie wie eine Beschwörungsformel halblaut vor sich hin. Sie nahm den Bilderrahmen auf und pfefferte ihn zu den Papierschnipseln. Das Metall klirrte auf den Schamottesteinen der Feuerstelle.
»Aus und vorbei!« ächzte Andrea. Sie preßte die Lippen trotzig aufeinander, drehte sich um und verließ mit entschlossenen Schritten den Wohnraum. Ohne ihren Schritt noch einmal zu verzögern, durchquerte sie die geräumige Diele, zog die Haustür auf und ging hinaus.
Ein letztes Mal!
Vor dem Haus wartete ihr kleiner knallroter Sportwagen auf sie. Andrea ging mit festen Schritten darauf zu, entschlossen, nicht mehr zurückzublicken. Nur als die Haustür hinter ihr ins Schloß fiel, zuckte sie doch leicht zusammen, und ihr nächster Schritt verzögerte sich um den Bruchteil einer Sekunde.
Das eben war wie ein Schlußpunkt! dachte sie. Von jetzt an werde ich nicht mehr zurückdenken. Vor mir liegt ein anderes, ein neues Leben, und nur darauf werde ich mich konzentrieren!
Mit wenigen entschlossenen Schritten hatte Andrea ihr kleines rotes Cabrio erreicht. Dieses Auto war alles, was ihr nach der Scheidung von Max geblieben war. Das gesamte Vermögen, das sie nach dem Tode ihres Vaters geerbt hatte, hatte Max in wenigen Jahren mit seinen Kumpanen durchgebracht.
Jedenfalls hatte er das behauptet, als während der Scheidung die Vermögensregelung behandelt worden war. Und niemand hatte ihm das Gegenteil beweisen können.
Andrea schob sich hinter das Lenkrad und zog die Wagentür so hart ins Schloß, daß man den Eindruck gewinnen konnte, sie wollte damit unter ihre Vergangenheit einen energischen Schlußpunkt setzen. Sie schob den Zündschlüssel ein und startete.
Andrea ließ den Motor ein paarmal aufheulen, und für sie hörte es sich an wie ein Fanal zum Aufbruch in ein neues Leben.
Auf jeden Fall würde sie Schottland wieder verlassen und in ihre Heimat zurückkehren! Alles andere würde sich finden.
Langsam ließ sie die Räder anrollen, den Blick vor sich auf die Straße gerichtet, und sie hatte das Gefühl, daß sich mit jeder Umdrehung der Räder nicht nur der Abstand zu ihrem Haus vergrößerte, sondern auch zu ihrem bisherigen Leben.
Ich habe für die Illusion, glücklich zu sein und geliebt zu werden, zwar einen hohen Preis bezahlen müssen, sinnierte sie. Aber ich bin gesund und jung genug, um noch einmal von vorn beginnen zu können.
Seltsam ist nur, daß Max trotz der hohen Prämie die Lebensversicherung übernommen hat, grübelte sie. Sie war doch auf Gegenseitigkeit abgeschlossen.
Wahrscheinlich wird er diese Klausel schnellstens abändern lassen, damit ich im Falle seines Todes nicht länger die Begünstigte sein werde.
An die entgegengesetzte Möglichkeit der Begünstigung dachte Andrea Larsen in diesem Augenblick nicht! Zwar sah sie das Leben jetzt, nachdem ihre rosarote Brille zerbrochen war, nüchterner als früher, doch reichte ihre Phantasie einfach nicht aus, sich das Schicksal auszumalen, das ihr Ex-Mann ihr zugedacht hatte!
*
Andrea streifte die Zeitung auf dem Beifahrersitz mit einem schnellen hoffnungsvollen Blick. Eine der Anzeigen hatte sie mit dicken Strichen rot umrandet:
»Finden Sie vor Sorgen keinen Schlaf?
Sind Sie enttäuscht oder verzweifelt?
Haben Sie das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken?
Donata weiß immer Rat!«
Im allgemeinen beachtete Andrea Larsen Anzeigen dieser Art nicht, doch irgendwie hatte der Text gerade dieser Anzeige sie angesprochen. Vielleicht weil der Name ihrer Großmutter mütterlicherseits Donata gewesen war?
Großmutter Donata war sehr früh gestorben, doch sie