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Gaslicht 7: Der geheimnisvolle Palazzo
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Gaslicht 7: Der geheimnisvolle Palazzo
eBook146 Seiten2 Stunden

Gaslicht 7: Der geheimnisvolle Palazzo

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Über dieses E-Book

In dieser neuartigen Romanausgabe beweisen die Autoren erfolgreicher Serien ihr großes Talent. Geschichten von wirklicher Buch-Romanlänge lassen die illustren Welten ihrer Serienhelden zum Leben erwachen. Es sind die Stories, die diese erfahrenen Schriftsteller schon immer erzählen wollten, denn in der längeren Form kommen noch mehr Gefühl und Leidenschaft zur Geltung. Spannung garantiert!

Satt und zufrieden, umhüllt von Dunkelheit und Zerfall, schlief sie im Gestank der Fäulnis bereits seit mehr als einem Menschenleben. Ohne daß sie vollends erwachte, ernährte sie sich von allem, was so unvorsichtig war, sich ihr zu nähern. Ein kurzer Griff, manchmal Schreie, zappelnde Körper, dann ein Saugen, das sie warm erfüllte, und wieder tiefer Schlaf, durchzogen von purpurnen Träumen wie Adern in festem weißem Fleisch…


Jessica Albright seufzte, ließ die Hände auf die Tastatur ihres Notebooks sinken und schaute auf. Sie saß jetzt seit vielen Stunden über dem Manuskript und hatte nicht bemerkt, daß es Nacht geworden war. Schaudernd blickte sie sich in ihrer kleinen Wohnung um. Die Schatten in den Ecken schienen sich auf sie zuzubewegen. Jessica stand auf und schaltete die Deckenbeleuchtung ein. In diesem Moment war sie ausnahmsweise froh, daß sie ein überschaubar kleines Appartement bewohnte, nur ein Wohnschlafzimmer mit einer abgeteilten Küchenzeile.


Sie blickte auf die Uhr. Mitternacht war bereits vorüber. Es passierte ihr bei ihrer Arbeit als Übersetzerin selten, daß ein Text sie wirklich so berührte und fesselte, daß sie über ihrer Arbeit die Zeit vergaß. Die meisten ihrer Aufträge, die insgesamt leider viel zu selten waren, bestanden aus trockenen oder manchmal auch blumig-schwülstigen spanischen Texten, die sie routiniert ins Englische übersetzte. Doch dieser Roman eines jungen, noch unbekannten Schriftstellers war seltsam faszinierend und zog sie unwiderstehlich in seine Handlung hinein, obwohl Jessica eigentlich nicht viel für Horrorgeschichten oder -filme übrig hatte.


Ihr Nacken schmerzte von der starren Haltung am Computer. Sie dehnte und streckte sich ausgiebig
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum19. Apr. 2016
ISBN9783740902841
Gaslicht 7: Der geheimnisvolle Palazzo

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    Buchvorschau

    Gaslicht 7 - Jane Weston

    Gaslicht

    – 7 –

    Der geheimnisvolle Palazzo

    Hier verliert die mutige Jessica Albright fast ihren Verstand

    Jane Weston

    Satt und zufrieden, umhüllt von Dunkelheit und Zerfall, schlief sie im Gestank der Fäulnis bereits seit mehr als einem Menschenleben. Ohne daß sie vollends erwachte, ernährte sie sich von allem, was so unvorsichtig war, sich ihr zu nähern. Ein kurzer Griff, manchmal Schreie, zappelnde Körper, dann ein Saugen, das sie warm erfüllte, und wieder tiefer Schlaf, durchzogen von purpurnen Träumen wie Adern in festem weißem Fleisch…

    Jessica Albright seufzte, ließ die Hände auf die Tastatur ihres Notebooks sinken und schaute auf. Sie saß jetzt seit vielen Stunden über dem Manuskript und hatte nicht bemerkt, daß es Nacht geworden war. Schaudernd blickte sie sich in ihrer kleinen Wohnung um. Die Schatten in den Ecken schienen sich auf sie zuzubewegen. Jessica stand auf und schaltete die Deckenbeleuchtung ein. In diesem Moment war sie ausnahmsweise froh, daß sie ein überschaubar kleines Appartement bewohnte, nur ein Wohnschlafzimmer mit einer abgeteilten Küchenzeile.

    Sie blickte auf die Uhr. Mitternacht war bereits vorüber. Es passierte ihr bei ihrer Arbeit als Übersetzerin selten, daß ein Text sie wirklich so berührte und fesselte, daß sie über ihrer Arbeit die Zeit vergaß. Die meisten ihrer Aufträge, die insgesamt leider viel zu selten waren, bestanden aus trockenen oder manchmal auch blumig-schwülstigen spanischen Texten, die sie routiniert ins Englische übersetzte. Doch dieser Roman eines jungen, noch unbekannten Schriftstellers war seltsam faszinierend und zog sie unwiderstehlich in seine Handlung hinein, obwohl Jessica eigentlich nicht viel für Horrorgeschichten oder -filme übrig hatte.

    Ihr Nacken schmerzte von der starren Haltung am Computer. Sie dehnte und streckte sich ausgiebig und musterte ein wenig mißtrauisch die dunklen Schatten im Raum. Bereits seit einem Jahr wohnte sie nun in diesem Appartement und fühlte sich noch immer nicht heimisch. Doch ihr Einkommen reichte nicht für eine schönere Wohnung. Nachdem vor eineinhalb Jahren ihr Vertrag als Englisch- und Spanischlehrerin am Chester-College ausgelaufen und aus Geldmangel nicht verlängert worden war, hatte sie ihre gemütliche Zwei-Zimmer-Wohnung in Notting Hill aufgeben müssen und von einer glücklicheren Freundin dieses billige dunkle Appartement im Souterrain eines Mehrfamilienhauses übernommen. Selbst im Sommer wurde es in der feuchten Wohnung nie richtig hell, und Jessica fürchtete sich schon vor den kommenden Wintermonaten. Sie würde sich auf jeden Fall noch einige Lampen anschaffen und vielleicht sogar einen dieser schrecklichen elektrischen Kamine, die sie eigentlich verabscheute, die aber zumindest für wohlige Wärme sorgten.

    Sie zuckte zusammen, als ihr Handy einen kurzen Piepton von sich gab. Eine SMS. Wer schrieb ihr um diese Uhrzeit? Jessica drückte einige Tasten, bis die Nachricht auf dem kleinen Monitor erschien.

    Noch wach? Wenn ja, ruf mich sofort auf dem Handy an, sonst morgen! Dringend! Gruß, Helen.

    Jessica griff zum Hörer und lächelte. Typisch Helen. Die temperamentvolle Rothaarige war ihre beste Freundin und ein Nachtvogel. Wie Obelix, nur unvergleichlich attraktiver, schien sie als Kind in einen Zaubertrank gefallen zu sein und über unerschöpfliche Energiereserven zu verfügen. Schlaf war eines dieser Dinge, die Normalsterbliche brauchten, auf die Helen aber offenbar verzichten konnte.

    Jessica lächelte und tippte die Nummer ihrer Freundin ein. Ein Gespräch mit Helen war genau das, was sie in ihrer trüben Stimmung jetzt brauchen konnte.

    Helen nahm sofort ab. »Jessica? Du bist wirklich noch wach? Sag nicht, du warst ausnahmsweise im Kino oder vielleicht sogar in einem Pub?« Sie lachte fröhlich.

    »Wo denkst du hin?« Jessica grinste. »So etwas tue ich doch nur, wenn du mich aus dem Haus zerrst. Nein, nein, ich habe noch gearbeitet. Los, erzähl! Was ist denn so wichtig, daß es nicht bis morgen warten kann?« Sie freute sich auf eine unterhaltsame Story aus Helens turbulentem Liebesleben.

    »Ich bin gerade bei Jake und habe in einer von seinen Immobilienzeitschriften geblättert, als er unter der Dusche war«, erwiderte Helen. »Du glaubst nicht, was ich dort gefunden habe.«

    Jessica nahm das Telefon und kuschelte sich auf ihr Sofa. Wenn Helen einmal ins Plaudern kam, konnte es eine Weile dauern. »Schieß los!«

    »Also, paß auf! Ich lese es dir vor: Mutiger Gast für einen Winter in Venedig gesucht. Geboten: Freie Logis in einem unbewohnten Palazzo mit friedlichem Hausgeist. Gesucht: Zuverlässiger Bewohner, der sich in der feuchten Jahreszeit um Haus und Inventar kümmert.« Helen machte eine kleine Pause, bevor sie aufgeregt fortfuhr. »Ist das nicht Wahnsinn? Das ist doch genau das Richtige für dich. Du könntest in aller Ruhe deine Arbeit beenden, dazu noch einen wunderbaren Urlaub in der romantischsten Stadt der Welt verbringen, und du kämest endlich mal raus. Außerdem – wer weiß, was sich sonst noch alles daraus ergeben kann? Und als i-Tüpfelchen sprichst du doch auch Italienisch. Wenn ich hier nicht meinen Job und Jake hätte, würde ich selbst dort anrufen.« Helen war vor Begeisterung ein bißchen außer Atem.

    Im Hintergrund hörte Jessica eine tiefe Stimme, dann kicherte Helen. »Ich muß jetzt Schluß machen. Hier steht eine Telefonnummer, die gebe ich dir mal.«

    »Halt! Warte! Ich brauche noch die Adresse und überhaupt…«, rief Jessica in den Hörer. »Von wann ist denn die Zeitschrift? Es gibt für so ein Wahnsinnsangebot doch bestimmt Tausende von Interessenten.«

    »Oh, die Zeitung ist schon zwei Wochen alt, aber…« Jessica hörte ein Rascheln und wieder ein ersticktes Kichern. »Nein bitte!«, lachte Helen. »Noch fünf Minuten, Jake.«

    Jessica ertappte sich dabei, daß sie eine Gondel auf den Notizblock kritzelte. »Das sollte doch bestimmt nur ein Scherz sein. Venezianischer Palazzo mit Hausgeist! Da hat irgend jemand zu viele schlechte Filme gesehen.«

    »Das glaube ich nicht. Bei den horrenden Anzeigenpreisen in Buildings und Budgets kann das kein Witz sein. Versuch’s doch einfach mal! Ein Anruf schadet ja nichts. Sie können nicht mehr als nein sagen. Und wenn’s klappt… Stell dir mal vor: Ein Winter in Venedig. So, meine Süße, ich muß jetzt wirklich langsam Schluß machen. Hast du etwas zu schreiben?«

    Jessica notierte sich die Telefonnummer mit einer italienischen Vorwahl, legte den Hörer auf und klappte ihr Sofa zu einem schmalen Bett aus. Vielleicht sollte sie wirklich morgen einfach anrufen. Helens Ideen waren zwar immer unkonventionell, aber auf den zweiten Blick selten so verrückt, wie sie anfangs wirkten.

    Jessica zog ihre Decke bis zum Hals und schlug sie unter den Füßen um. Der Gedanke an Venedig ließ sie nicht mehr los. Selbst ein Hausgeist wäre besser, als noch ein Winter in dieser schäbigen Wohnung.

    *

    Ein Trommeln, als würden Finger vor die Scheibe klopfen, weckte Jessica, als es noch dunkel war. Mit rasendem Herzschlag setzte sie sich auf. Nach einem Blick aus dem Fenster, vor dem auf Kopfhöhe dicke Tropfen auf den dunkelgrau glänzenden Asphalt prasselten, atmete sie tief ein, bis sie ruhiger geworden war. Das Wetter sah aus, als würde es heute überhaupt nicht mehr hell werden. Donnernd fuhr ein Lastwagen vorbei und schleuderte das Wasser einer Pfütze bis an die Scheiben.

    Jessica drehte sich seufzend um und zog die Decke über den Kopf, doch irgendein Gedanke bohrte in ihrem Unterbewußtsein und hielt sie wach, bis er wie eine Luftblase in einem Honigglas an die Oberfläche gestiegen war.

    Venedig!

    Jessica setzte sich auf, griff nach dem Telefon und dem Zettel auf dem Nachttischchen und wählte die Nummer. Ihr Blick fiel auf ihren Wecker. Sieben Uhr. Vielleicht war es noch zu früh. Nach viermaligem Klingeln legte sie die Hand auf die Gabel, doch bevor sie die Verbindung unterbrechen konnte, hob jemand auf der anderen Seite ab.

    »Si?«

    Überrascht von der zarten Stimme, die aus dem Hörer klang, kramte Jessica vergeblich nach ihrem verschütteten Italienisch. »Oh, hallo, ich bin Jessica Albright.« Sie hätte mit dem Anruf bis nach der ersten Tasse Kaffee warten sollen.

    »Hallo? Wen möchten Sie sprechen?« Die offenbar junge Frau am anderen Ende der Leitung sprach nun ebenfalls Englisch, fließend, allerdings mit einem weichen Akzent, der Jessica eher spanisch als italienisch vorkam.

    »Entschuldigen Sie die frühe Störung. Ich habe Ihr Inserat gelesen.«

    »Inserat«, wiederholte die Stimme vage fragend und ließ die letzte Silbe in der Luft hängen, als wüßte sie nicht, wovon Jessica sprach.

    »Ja, die Anzeige stand vor zwei Wochen in der in der englischen Ausgabe von Buildings und Budgets. Es wird dort nach einem Bewohner für einen Palazzo in Venedig gesucht, der sich in den Wintermonaten darum kümmert. Äh, ja, und von einem Hausgeist war die Rede.« Jessica lachte unsicher, um das Schweigen im Hörer zu überbrücken.

    Nach einer Pause antwortete die junge Stimme. »Ja, natürlich. Es geht um das Haus meines Schwagers. Wir wohnen selbst nicht dort. Unser Palazzo liegt am Canale Grande. Die Anzeige hat mein Mann aufgegeben, aber das ist schon länger her, und inzwischen…« Sie unterbrach sich, und als sie weiter sprach, klang ihre Stimme plötzlich abweisend. »Es tut mir leid, ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Rufen Sie bitte später noch einmal an.«

    »Wann wäre es denn günstig?« fragte Jessica schnell.

    »Ich weiß es nicht. Vielleicht in einer Stunde.«

    Bevor Jessica sich verabschieden konnte, knackte es, und die Verbindung war unterbrochen. Verwirrt nahm sie den Hörer vom Ohr und blickte ihn an, als könnte er ihr eine Erklärung für das seltsam unfreundliche Verhalten der Italienerin bieten, dann legte sie ihn langsam zurück auf die Gabel.

    Entweder hatte die junge Frau ihr wirklich nichts Näheres sagen können, oder ihr gefiel die Idee nicht, daß eine Fremde im Palazzo wohnen sollte. Oder sie hatte einfach einen schlechten Tag. Nun, sie würde es später noch einmal versuchen, aber vielversprechend war das Gespräch nicht gerade gewesen.

    Jessica stand auf und kochte sich einen starken Kaffee. Mit der Tasse in der Hand stöberte sie nach etwas Eßbarem. Das Manuskript hatte sie gestern so gefesselt, daß sie das Einkaufen ganz vergessen hatte. Ein Blick in den Kühlschrank zeigte nur drei Scheiben Toast, eine harte Käseecke und ein Stückchen Butter, bei dem die äußere Schicht bereits glasig geworden war, aber selbst das karge Mahl lockte Jessica mehr, als ein Gang durch den Regen, der noch immer schwallweise gegen die Fenster klatschte.

    Von den vorüberhastenden Menschen konnte Jessica nur die Beine bis hinauf zu den Knien sehen. Im Sommer wirkten die bunten Sandalen der Frauen manchmal wie Konfetti auf dem dunklen Pflaster, doch heute war das bevorzugte Schuhwerk eindeutig ein dunkler, fester Winterstiefel.

    Jessica spülte das kümmerliche Frühstück mit schwarzem Kaffee herunter und griff nach dem Manuskript von Juan Madras-Galzon, dem Autor der Horrorgeschichte, an deren Übersetzung sie in den nächsten Wochen arbeiten würde.

    Zum ersten Mal seit fast hundert Jahren drang ein Geräusch durch ihren Schlaf. Ein dumpfes, rhythmisches

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