Gaslicht 13: Wenn dich die Toten rufen
Von April March
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Liebkosend strich Sean über Tamys blondes Haar, über ihren Nacken, küßte ihre Augen, ihre Stirn – und kehrte gleich wieder mit den Lippen zu ihrem Mund zurück. Und Tamy genoß es, von einem Mann so umworben zu sein. Ihr Herz floß über vor Glück und Seligkeit. Eine halbe Ewigkeit schien vergangen, bevor sich ihre Lippen voneinander lösten. Für einige Herzschläge standen beide noch im Banne dieses Kusses. In diesem Moment wurde die fast feierliche Stimmung durch häßliche, krächzende Laute gräßlich zerrissen. Entsetzt blickte Tamy nach oben. Über der Burgmauer kreiste ein ganzer Schwarm schwarzer Krähen, die ihre heiseren Schreie ausstießen. »Ich fürchte mich vor ihnen!« flüsterte Tamy und drückte sich an Seans breite Brust. »Sie heißen die neue Herrin auf Caer Macbeth willkommen!« sagte Sean, doch sein beruhigendes Lächeln war nicht ganz echt. Auch Sean war erschrocken…
Tamy Cronach fühlte sich an diesem Abend völlig ausgepumpt.
Der Tag in der Boutique war anstrengend gewesen, nachdem der Großteil der neuen Frühjahrskollektion eingetroffen war. Tamy spürte kaum noch ihre Arme, weil die Chefin ausgerechnet sie angewiesen hatte, die Ware in Empfang zu nehmen. Das bedeutete das Ausladen eines ganzen Kleintransporters. Dazu mußte sie Blusen, Röcke, Hosen und Jacken auf Bügel hängen. Mit jeder Minute wurden die Textilien schwerer. Die Chefin und Sharon Beller hatten es einfacher.
Während die Chefin die Preisetiketten unauffällig anheftete, suchte Sharon einige schöne Stücke aus, die sie wirkungsvoll im Laden dekorierte.
Die besten probierte sie allerdings erst einmal selbst an. Denn Laura Jennings, die Chefin, hielt viel davon, wenn die Kundschaft sah,
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Buchvorschau
Gaslicht 13 - April March
Gaslicht
– 13 –
Wenn dich die Toten rufen
April March
Liebkosend strich Sean über Tamys blondes Haar, über ihren Nacken, küßte ihre Augen, ihre Stirn – und kehrte gleich wieder mit den Lippen zu ihrem Mund zurück. Und Tamy genoß es, von einem Mann so umworben zu sein. Ihr Herz floß über vor Glück und Seligkeit. Eine halbe Ewigkeit schien vergangen, bevor sich ihre Lippen voneinander lösten. Für einige Herzschläge standen beide noch im Banne dieses Kusses. In diesem Moment wurde die fast feierliche Stimmung durch häßliche, krächzende Laute gräßlich zerrissen. Entsetzt blickte Tamy nach oben. Über der Burgmauer kreiste ein ganzer Schwarm schwarzer Krähen, die ihre heiseren Schreie ausstießen. »Ich fürchte mich vor ihnen!« flüsterte Tamy und drückte sich an Seans breite Brust. »Sie heißen die neue Herrin auf Caer Macbeth willkommen!« sagte Sean, doch sein beruhigendes Lächeln war nicht ganz echt. Auch Sean war erschrocken…
Tamy Cronach fühlte sich an diesem Abend völlig ausgepumpt.
Der Tag in der Boutique war anstrengend gewesen, nachdem der Großteil der neuen Frühjahrskollektion eingetroffen war. Tamy spürte kaum noch ihre Arme, weil die Chefin ausgerechnet sie angewiesen hatte, die Ware in Empfang zu nehmen. Das bedeutete das Ausladen eines ganzen Kleintransporters. Dazu mußte sie Blusen, Röcke, Hosen und Jacken auf Bügel hängen. Mit jeder Minute wurden die Textilien schwerer. Die Chefin und Sharon Beller hatten es einfacher.
Während die Chefin die Preisetiketten unauffällig anheftete, suchte Sharon einige schöne Stücke aus, die sie wirkungsvoll im Laden dekorierte.
Die besten probierte sie allerdings erst einmal selbst an. Denn Laura Jennings, die Chefin, hielt viel davon, wenn die Kundschaft sah, daß sich das Personal der Boutique nach neuestem Stil kleidete.
Tamy hatte in dieser Zeit das Verpackungsmaterial wegzuräumen und den Laden zu säubern. Dabei hätte es sie sehr gereizt, auch einmal in eine der schicken Kreationen zu schlüpfen.
Doch sie gehörte nicht zum Stammpersonal der Boutique und wurde nur dann kurzfristig eingestellt, wenn es besonders und ungewöhnlich viel zu tun gab oder wenn Sharon oder die Chefin Urlaub machten.
Während Tamy müde die vier Treppen zu ihrem kleinen Appartement im Londoner Stadtteil Kensington emporstieg, haderte sie wieder einmal mit dem Schicksal, das sie nicht gerade zu seinem Lieblingskind erkoren hatte. So sehr sie sich auch Mühe gab, einen festen Job zu finden, es war unmöglich. Der abgebrochene Collegebesuch hatte alles vereitelt.
Mit neunzehn Jahren war sie durchgebrannt – mit ihrer großen Liebe. Doch was romantisch und richtig abenteuerlich begonnen hatte, war im Grunde nichts anderes als Herumvagabundieren gewesen.
Andy Barrel gehörte zu den Typen, die jeder geregelten Arbeit aus dem Wege gingen, dabei aber der Ansicht waren, daß sie gut leben müßten. Während Tamy sich für den Rest ihrer Ersparnisse eine alte Gitarre beim Trödler kaufte und in den Straßen für ein paar Pennys sang, verlegte sich Andy auf kleinere Diebstähle, die bald auch schwerere Ausmaße annahmen.
Als Tamy dahinter kam, daß Andy sie nur ausnutzte, war es bereits zu spät.
Mochte der Himmel wissen, was aus ihm geworden war. Das letzte, was Tamy Cronach von ihm gesehen hatte, waren seine verzweifelten Augen, als ihn die Polizei abführte.
Eine ganze Welt brach für das zierlich gebaute Mädchen mit den langen, mittelblonden Haaren und den strahlend blauen Augen zusammen. Für sie war es Liebe gewesen. Nun saß der Mann, an dem ihr Herz gehangen hatte, hinter Gittern und sie auf der Straße.
Zu ihren Eltern konnte sie nicht. Sie waren zu konservativ, um für so etwas Verständnis zu haben.
Tamy hatte Andy bis zu dem Tag geliebt, an dem sie das erste Mal durch Zufall Zeuge seiner üblen Machenschaften geworden war. Alle Vorhaltungen hatten nichts genützt, und Andy hatte prompt von der Justiz die Quittung für seine Gesetzwidrigkeiten bekommen.
Das College war ebenfalls stockkonservativ und lehnte es ab, Tamy wieder aufzunehmen. Nun saß sie da, mit abgebrochenem Studium für Kunst und Anglistik. Der Arbeitsmarkt war übervoll und nur Fachkräfte waren gefragt.
Tamy konnte von Glück sagen, wenn Laura Jennings ihr für einige Tage oder Wochen einen Job gab. Davon konnte sie die Miete für ihr kleines Appartement und die wenigen Dinge des täglichen Bedarfs decken.
Tamys schlanke Figur kam nicht von diversen Diäten oder Schlankheitstests. Sie entstand zwangsläufig, weil nicht immer genügend zu essen da war. Und weil das Mädchen, statt die U-Bahn zu benutzen, die Geld kostete, mit ihrem klapprigen Fahrrad zur Boutique in der Bond-Street fuhr.
Im Vorbeigehen zahlte Tamy noch die rückständige Miete für den letzten Monat. Es war wichtig, das sofort zu regeln, damit man nicht aus einer Emotion heraus das Geld für andere Dinge ausgab.
Immerhin lag die Boutique in der Nähe eines Restaurants und die appetitanregenden Düfte hatten Tamy fast verrückt gemacht.
Zu allem Überfluß war dann noch ein Mann wie aus einem Modejournal in die Boutique gekommen. Ein echter Traumtyp.
Tamy machte sich schon Hoffnungen, weil er über sie gestolpert war, als sie den Laden aufwischte. Sie mußte an einen der Liebesromane denken, die ihr Sharon manchmal auslieh. Da hätte ihr in einer solchen Situation der Mann galant beim Aufstehen geholfen, sich höflich bei ihr entschuldigt und sie zum Essen eingeladen.
Ach, das wäre zu schön gewesen…
Essen gehen in einem vornehmen Restaurant…
Aber leider erlebte sie nur die rauhe Wirklichkeit, und die bestand in einem gemurmelten »Verzeihung«.
Denn in diesem Moment kam Sharon mit ihrem besten berufsmäßigen Verkaufslächeln auf ihn zu. Ein Lächeln, das Tamy oft vor dem Spiegel geübt, aber nie in dieser Perfektion erreicht hatte.
Das blondhaarige Mädchen mußte aus der Entfernung miterleben, wie aus dem Verkaufsgespräch ein Flirt wurde. Schließlich kaufte der Mann einen Anzug, für dessen Preis Tamy gut drei Monate hätte leben können.
Und weil gerade Mittagspause war, lud er Sharon zum Essen ein.
Tamy sah, wie die beiden in einem Bentley davonrauschten.
Am Nachmittag bat Sharon die Chefin, sich ein Modellkleid ausleihen zu dürfen. Der nette Herr vom Vormittag habe sie zu einem Konzert im Covent-Garden eingeladen – ein Mann von Welt, der nicht nur Geld hatte, sondern es auch auszugeben verstand…
Warum passierte es immer anderen und mir nicht? dachte Tamy verbittert. Als das Schicksal die Lose nummerierte, hätte eigentlich auch für Tamara Cronach ein winziger Treffer dabei sein müssen…
Tamy betrachtete ihr Bild in dem großen Spiegel neben dem uralten Bett aus Schmiedeeisen. Der Spiegel war das einzige Schmuckstück ihres kleinen Zimmers, und sie hatte ihn bei der Auflösung eines Flohmarktes einmal geschenkt bekommen.
Nein, ein Mädchen in verwaschenen Jeans und T-Shirt sah kein Mann aus besseren Kreisen an. Da hatte sie absolut keine Chance. Nicht einmal Geld für etwas Make-up und andere Kosmetikartikel hatte sie übrig. Nur wer ganz genau hinsah, stellte fest, daß Tamy Cronach eine natürliche Schönheit besaß, die es eigentlich nicht nötig hatte, besonders betont zu werden.
Wie sagte Laura Jennings immer? Auf die Verpackung kommt es an.
Tamy Cronach zuckte die Schultern. Sie wollte versuchen, nicht mehr daran zu denken. Das Bad, das sie sich genehmigte, war zwar nur lauwarm, weil heißes Wasser extra berechnet wurde, tat aber gut.
Als das Wasser im Teekessel lustig zu summen begann und Tamy noch zwei Eier im Kühlschrank fand, sah der Abend schon sehr viel besser aus.
Tamy begann gerade, die zweite Tasse Tee zu genießen, als sie halblautes Klopfen an der Tür aufschreckte…
*
Die Frau war mittelgroß und hatte eine auffallend dunkle Stimme. Ihrer Aufmachung nach zu urteilen, paßte sie absolut nicht in diese Gegend. Zwar nicht nach der neuesten Mode, aber zeitlos und geschmackvoll war sie gekleidet.
»Ich bitte Sie, die späte Störung zu entschuldigen!« sagte die Besucherin mit etwas rauchiger Stimme. »Ich bin Vertreterin der Trainton-Cosmetic-Enterprises. Darf ich Ihnen die neue Kollektion unseres Hauses vorstellen?«
»Nein… nein danke«, stammelte Tamy verwirrt. »Ich kaufe nichts… ich kann gar nichts kaufen… kein Geld… tut mir leid… auf Wiedersehen!«
»Aber es verpflichtet Sie zu nichts!« sagte die Vertreterin schnell. »Wissen Sie, ich bin Kosmetikerin aus Leidenschaft. Die Hausbesuche mache ich im Grunde aus Langeweile. Eigentlich verdient mein Mann genug Geld, daß ich mir zu Hause einen guten Tag machen könnte. Aber auf die Dauer ist mir das nicht genug und…«
Tamy schaltete geistig ab. Die Frau redete wie ein Wasserfall und schnitt ihr jedes Wort ab, das wie ein Rauswurf geklungen hatte. Außerdem ging eine eigenartige Faszination von dieser attraktiven Kosmetikerin aus. Tamy sah, daß sie dezent geschminkt war.