Gaslicht 4: Die Mörderin aus dem Jenseits
Von Ira Korona
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Nebelschwaden waberten über den dunklen See neben der Burg. Es war kurz vor Mitternacht. Das silberne Licht des Vollmonds ließ den Nebel wie von innen heraus leuchten. Träge bewegten sich
die Schwaden, krochen über das Ufer und schlichen sich zwischen die nachtschwarzen Ruinen der Burg.
Die Mauern und die verfallenen Türme waren von Moos und Flechten überwuchert. Herabgestürzte Steine lagen verstreut über dem unebenen Boden. Verwildertes Buschwerk und hohes Gras stand in den düsteren Winkeln des verwunschenen Gemäuers. Neben einem Durchbruch in der Burgmauer ragten die Reste eines schmiedeeisernen Tores aus dem Gras. Die kunstvoll geschmiedeten Gitterstäbe waren verrostet und verbogen und erinnerten in ihrer Form und Machart an schartige Schwerter.
Plötzlich war der Klang schwerer Schritte zu vernehmen. Die Schritte waren unsicher und stolpernd. Dumpf und schaurig hallten sie von den Mauern der Ruine wider. Dann erschien eine wankende Gestalt in dem Durchbruch der Mauer. Ausgetretene, von Gräsern halb überwucherte Stufen führten von dort zu dem Ufer des Sees hinab. Die Nebel vor dem Torbogen rissen auseinander. Die Gestalt strauchelte. Fast wäre sie gestürzt. Aber der Mann konnte sich gerade noch rechtzeitig an die Einfassung des Torbogens klammern. In den tiefen Spalten zwischen den Steinen fanden seine feisten Finger sicheren Halt.
Schwer atmend lehnte der Mann gegen den Torbogen. Dabei schwappte etwas Wein aus der Flasche, dessen Hals er mit der Linken umklammert hielt.
»Verflucht«, lallte Lord Ballynac mit rauher Stimme. Er war ein waschechter Ire und hatte die Fünfzig längst überschritten. Seine füllige Statur versuchte er unter einem eleganten, locker geschnittenen Anzug zu
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Gaslicht 4 - Ira Korona
Gaslicht
– 4 –
Die Mörderin aus dem Jenseits
Eine unheimliche Geisterfrau verlangt nach immer neuen Opfern
Ira Korona
Nebelschwaden waberten über den dunklen See neben der Burg. Es war kurz vor Mitternacht. Das silberne Licht des Vollmonds ließ den Nebel wie von innen heraus leuchten. Träge bewegten sich
die Schwaden, krochen über das Ufer und schlichen sich zwischen die nachtschwarzen Ruinen der Burg.
Die Mauern und die verfallenen Türme waren von Moos und Flechten überwuchert. Herabgestürzte Steine lagen verstreut über dem unebenen Boden. Verwildertes Buschwerk und hohes Gras stand in den düsteren Winkeln des verwunschenen Gemäuers. Neben einem Durchbruch in der Burgmauer ragten die Reste eines schmiedeeisernen Tores aus dem Gras. Die kunstvoll geschmiedeten Gitterstäbe waren verrostet und verbogen und erinnerten in ihrer Form und Machart an schartige Schwerter.
Plötzlich war der Klang schwerer Schritte zu vernehmen. Die Schritte waren unsicher und stolpernd. Dumpf und schaurig hallten sie von den Mauern der Ruine wider. Dann erschien eine wankende Gestalt in dem Durchbruch der Mauer. Ausgetretene, von Gräsern halb überwucherte Stufen führten von dort zu dem Ufer des Sees hinab. Die Nebel vor dem Torbogen rissen auseinander. Die Gestalt strauchelte. Fast wäre sie gestürzt. Aber der Mann konnte sich gerade noch rechtzeitig an die Einfassung des Torbogens klammern. In den tiefen Spalten zwischen den Steinen fanden seine feisten Finger sicheren Halt.
Schwer atmend lehnte der Mann gegen den Torbogen. Dabei schwappte etwas Wein aus der Flasche, dessen Hals er mit der Linken umklammert hielt.
»Verflucht«, lallte Lord Ballynac mit rauher Stimme. Er war ein waschechter Ire und hatte die Fünfzig längst überschritten. Seine füllige Statur versuchte er unter einem eleganten, locker geschnittenen Anzug zu verbergen. Es war ein dunkler Anzug, der ziemlich ramponiert und zerknittert aussah, da der Lord sich zuvor einige Stunden in dem verstaubten Weinkeller der alten Burg aufgehalten hatte. Sein kurzes dichtes Haar war dunkelrot, und rötlich schimmerte es jetzt auch im Mondlicht.
Ächzend streckte Lord Ballynac den Arm und hielt die Flasche gegen den Mond. Prüfend linste er durch das grüne Glas.
»Die Pulle ist schon halb leer!« stieß er mit schwerer Zunge hervor. Es störte ihn nicht, daß er sich unstandesgemäß ausdrückte. Schließlich war er allein. »Ich hätte noch eine Flasche aus dem Keller mitnehmen sollen!«
Lord Ballynac schüttelte über sich selbst den Kopf – hätte dabei aber fast den Halt verloren und wäre die Stufen hinab gestürzt, wenn er nicht instinktiv einen Schritt zurück gemacht hätte. Sein Fuß stieß gegen einen losen Stein, der polternd die Stufen hinab kullerte, im Nebel verschwand und schließlich mit einem lauten Platsch im See landete.
Wieder schwappte Wein aus dem Flaschenhals und ergoß sich auf den Jackettärmel. Rasch setzte Lord Ballynac die Flasche an die Lippen und ließ den teuren Rotwein die Gurgel hinunterrinnen.
»Ah!« machte er zufrieden und warf die Flasche über die Schulter. Klirrend zerschellte sie zwischen den Steinen.
Das Geräusch erinnerte den Lord daran, daß er jetzt ohne Wein würde auskommen müssen. In seinem Zustand würde er es nämlich nicht mehr in den Weinkeller schaffen. »Ohne meinen Butler würde ich binnen weniger Tage verhungert oder verdurstet sein«, stellte Lord Ballynac, noch immer mit dem Kopf schüttelnd, selbstkritisch fest.
Der Lord hatte John, seinem Butler, den Abend und die Nacht freigegeben. John war zu seinen Verwandten nach Limerick gefahren. Er würde erst morgen früh wieder in Thule Castle eintreffen.
Der Lord machte eine unwillige Bewegung mit dem Arm und wischte die Gedanken an den Butler fort. Er hatte seine Gründe gehabt, seinen Bediensteten fortzuschicken. Lord Ballynac wollte allein sein. Allein mit sich und seinem Schmerz – und auch allein mit Amata Clearent, seiner blutjungen Nichte!
Niemals durfte der Butler seinen Herrn in diesem bemitleidenswerten Zustand sehen! Und niemals durfte er erfahren, was sein Herr nachts an den See der Burg trieb!
Wankend schritt der Lord die Stufen hinab und verharrte dann am Ufer. Für den unheimlichen Anblick, der das düstere Gewässer bot, hatte der Lord keinen Blick übrig. Der See mit seinem dunklen Wasser und den leuchtenden Nebelschwaden, die wie lebende Geschöpfe über die Oberfläche krochen, war ihm völlig gleichgültig.
Nicht wegen des Sees war er gekommen.
Schwankend drehte der Lord sich um und starrte zu der Burgruine empor.
Zwischen den verfallenen Türmen, deren kantige Silhouetten bizarr in den vom Mondlicht erhellten Nachthimmel ragten, war von hier aus das Haupthaus des Castles zu erblicken. Es war das einzige, noch intakte Gebäude der großen Burganlage. Eins der Fenster des Haupthauses war erleuchtet! Die anderen sahen wie pechschwarze Vierecke aus, die ein verrückter Architekt in unregelmäßigen Abständen in die wuchtigen soliden Mauern gestanzt zu haben schien.
In dem hellen Fenster bewegte sich etwas!
Der Lord wurde unruhig. Er war plötzlich voller Erwartung und kniff die Augen zusammen, damit er besser sehen konnte.
Nun sah er die zierliche Gestalt hinter dem erleuchteten Fenster deutlicher. Es war eine junge schlanke Frau mit rotem wallendem Haar, das ihr bis weit über die Schultern reichte. Splitternackt und unbefangen stand sie da und bürstete ihre rote Haarpracht.
»Amata«, kam es rauh und wispernd über die Lippen des Lords. Seine Hände begannen vor Verlangen zu zittern. Er ballte sie zu Fäusten und kämpfte gegen die innere Stimme an, die ihm befahl, zu seiner Nichte aufs Zimmer zu stürmen und sie in seine starken Arme zu schließen.
»Nein!« preßte der Lord rauh hervor. Ihm graute plötzlich vor sich selbst. Schon oft hatte er nachts an dieser Stelle gestanden, um Amata in ihrem Zimmer zu beobachten. Die junge Frau mit ihrem roten seidigen Haar und ihrer schlanken Statur, weckten in dem Lord tief verborgene Erinnerungen an seine geliebte Frau, die er vor zwanzig Jahren bei einem tragischen Unfall verlor.
Auch Amata hatte einen schweren Verlust erlitten. Sie war gerade einmal drei Jahre alt gewesen, als ihre Eltern starben. Lord Ballynac und seine Frau Claire nahmen die kleine, unglückliche Amata damals bei sich auf. Zwei Jahre später ertrank Claire bei einem Badeunfall. Seitdem lebte der Lord mit Amata allein in der düsteren Burg. Er ließ es der Kleinen an nichts fehlen. Sie erhielt die besten Lehrer, und regelmäßig unternahm er mit ihr Reisen, damit sie von der Welt mehr sah, als nur die düstere, unheimliche Burg der Ballynacs.
Das kleine Mädchen reifte heran. Amata wurde eine Frau. Eine Frau, die eine fatale Ähnlichkeit hatte mit Claire, die der Lord über alles geliebt hatte und über dessen Verlust er nie hinweggekommen war.
Anfangs hatte Lord Ballynac die vermehrte Ähnlichkeit zwischen der heranwachsenden Amata und seiner verunglückten Frau noch mit einem gewissen Wohlwollen zu Kenntnis genommen. Es hatte ihn mit Stolz erfüllt. Doch je reifer und fraulicher Amata wurde, desto mehr regte sich tief im Innern des Lords ein unheilvolles Verlangen. Er fing an, Amata anzustarren. Und er ertappte sich dabei, wie er Dinge, die Amata zuvor berührt hatte, an sich nahm und gierig an seine Lippen preßte…
Von all dem bekam Amata nichts mit. Sie vertraute dem Lord, der ihr wie ein zweiter Vater geworden war. Die beiden verband die schreckliche Erfahrung, einen geliebten Menschen verloren zu haben.
Dieses Urvertrauen, das Amata in ihn setzte, hatte Lord Ballynac bisher die Kraft verliehen, seine unheilvolle Begierde im Zaum zu halten.