Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Vae Victis - Band I
Vae Victis - Band I
Vae Victis - Band I
eBook213 Seiten2 Stunden

Vae Victis - Band I

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die jungen Damen nannten Gardeleutnant Bonaventura von Völkern "den Herrlichsten von allen", obwohl: "Sehr charakterfest war er wohl nie gewesen, seine Eitelkeit und Genusssucht wurden geradezu künstlich großgezüchtet, und da er zu verwöhnt war, um die eiserne Notwendigkeit als beste Zuchtmeisterin im Nacken zu fühlen, so fand seine Oberflächlichkeit in nichts ein Gegengewicht.' Als nach dem Tod seiner Eltern seine finanziellen Mittel schwinden, kommt selbst von Völkern ins Grübeln. Zwar fühlt er sich zu Gräfin Malvine von Kettenau hingezogen, aber auch sie ist mittellos und sich mühevoll über den Generalstab hochzuarbeiten ist nicht seine Sache. Da will es der Zufall, dass die Millionenerbin Ellinor von Heym ein Auge auf ihn wirft. Welche glänzende Perspektiven tun sich vor von Völkern auf.Nataly (Natalie) Auguste Karline Amalie Hermine von Eschstruth (1860–1939; (Ehename: Nataly von Knobelsdorff-Brenkenhoff) war eine deutsche Schriftstellerin und eine der beliebtesten Erzählerinnen des Wilhelminischen Zeitalters. Sie schildert in ihren Unterhaltungsromanen in eingängiger Form vor allem das Leben der höfischen Gesellschaft, wie sie es aus eigener Anschauung kannte. Sie entstammte einer hessischen Familie und war die Tochter des königlich preußischen Majors Hermann von Eschstruth (1829–1900) und der Amalie Freiin Schenck zu Schweinsberg (1836–1914). 1875 durchlief sie eine Ausbildung in einem Mädchenpensionat in Neuchâtel in der Schweiz und bereiste später die wichtigsten europäischen Hauptstädte. Von Eschstruth schrieb Frauenromane, die in der Schicht der wilhelminischen Adelsgesellschaft oder bei hohen Hofbeamten spielen und erzählt dort fiktiv-biographische Geschichten. Das Umfeld der Romane ihrer Hauptschaffensperiode in den 1880er und 1890er Jahren vermittelt heute einen Eindruck von alltäglichen und historischen Details; vom Unterhaltungswert haben von Eschstruths Bücher nichts eingebüßt.-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum7. Apr. 2016
ISBN9788711472897
Vae Victis - Band I

Mehr von Nataly Von Eschstruth lesen

Ähnlich wie Vae Victis - Band I

Ähnliche E-Books

Moderne Geschichte für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Vae Victis - Band I

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Vae Victis - Band I - Nataly von Eschstruth

    www.egmont.com

    Erstes Kapitel.

    „Der Sodomsapfel liegt an den Ufern des toten Meeres. Rosenrot und duftig sieht er aus und lockt den dürstenden Wanderer, — aber nichts wie giftiger, tödlicher Staub dampft ihm entgegen, wenn er die reizende Frucht begierig ergreift."

    O. Funcke.

    Er war eitel — sehr eitel! So eitel, wie nur ein junger Mann sein kann, der von Kindesbeinen auf als „Ausbund von Schönheit, Witz und Talent" verhätschelt ward, und nachdem er die schmucke Uniform eines Gardeleutnants trug, als Löwe des Tages auf glänzender Siegesbahn einherschritt. Wie liebenswürdig, wie amüsant und hübsch war der Freiherr Bonaventura von Völkern! Zu den solidesten der jungen Kavaliere gehörte er freilich nicht.

    Das kleine Vermögen, welches sein Vater, der als kommandierender General gestorben, hinterlassen hatte, war bald zusammengeschmolzen, seit auch die stets leidende und meist in heilsamen Bädern lebende Exzellenz Doris ihrem Gatten in die kühle, dämmerige Gruft des Erbbegräbnisses folgte. Bonaventura war in ein Garde-Grenadier-Regiment eingetreten.

    Hätte er es gewünscht, würden ihm auch die kostspieligsten Kavallerie-Regimenter der Residenz offengestanden haben, oder seine Karriere als Diplomat verbürgt gewesen sein, denn seine Konnexionen reichten weit, und ein Glückspilz, wie der junge Völkern, brauchte nur die Hände auszustrecken, um zu erreichen, was er wollte! — Der sehr vernünftige Vater hatte jedoch den hochfliegenden Plänen seines verwöhnten Sohnes gesteuert und all den vielen Tanten, welche ihn gar nicht hoch genug plazieren konnten, in seiner derb soldatischen Weise geantwortet: „Nee, Kinder, wenn ich als junger Mann zu Fusse laufen konnte, wird es dem Bengel wohl auch nichts schaden!" — und meldete ihn bei dem altvornehmen, soliden Grenadier-Regiment an, aus welchem er selber einst hervorgegangen.

    Obwohl nun Bonaventuras sieggewohntes Antlitz nicht unter der Pelzmütze oder Tschapka hervorlachte, war er doch bald der Held des Tages, — als Vortänzer bei Hofe hatte er Gelegenheit, vorteilhaft aufzufallen, und seine unwiderstehlich liebenswürdige Art feierte Triumphe von dem diademfunkelnden Köpfchen der Prinzessin bis zu den Mauerblümchen herab, für deren übersehenste er selbst noch ein charmantes Lächeln, einen Gruss — eine höfliche Frage hatte! So schlug ihm manches Herzchen heiss und sehnsuchtsvoll entgegen.

    Die jungen Damen nannten ihn voll enthusiastischer Schwärmerei: „den Herrlichsten von allen! — Die Herren selbst — welche immerhin ein wenig im Bannkreis des „kommandierenden Vaters standen, urteilten sehr günstig über den jungen Kameraden: „Ein hervorragend netter Kerl! Ein schlaues Huhn! — Ein ganz famoser Mensch, der nie Spielverderber ist und seine Vorteile nicht in egoistischer Weise ausnutzt!"

    Nur die Mütter hatten etwas an ihm auszusetzen, — eine einzige Kleinigkeit, welche jedoch gerade in ihren Augen am schwersten ins Gewicht fiel: „— Schade! Gar zu schade, dass er kein Geld hat!" —

    So lange der Vater lebte und immerhin recht splendid für seinen Einzigsten sorgte, machte sich dieses Manko noch nicht so fühlbar; als aber der alte Herr ganz plötzlich einem Schlaganfall erlag und die hohe Zulage sehr merklich für Bonaventura zusammenschrumpfte, da empfand es der junge Offizier doch recht drückend, dass es nicht leicht ist, in der Residenz eine Rolle zu spielen, wenn man keine genügenden Mittel hat.

    Als die streng führende Hand des Vaters und bald danach auch die weiche, zärtliche Rechte der Mutter fehlten, als Völkern in sehr jungen Jahren nun ganz auf sich selbst gestellt war, da verfehlte der verderbliche Einfluss der Grossstadt seine Wirkung nicht mehr auf ihn. —

    Sehr charakterfest war er wohl nie gewesen, seine Eitelkeit und Genusssucht wurden geradezu künstlich grossgezüchtet, und da er zu verwöhnt war, um die eiserne Notwendigkeit als beste Zuchtmeisterin im Nacken zu fühlen, so fand seine Oberflächlichkeit in nichts ein Gegengewicht.

    Die guten, edlen Eigenschaften fristeten als schwache Pflänzchen nur noch ein kümmerliches Dasein auf seinem Herzensboden und wurden mehr und mehr von dem bunten Giftkraut überwuchert, dessen Samen die Luft der Grossstadt so unheilvoll ausstreut. Wie der gelbe Staub der Kätzchen um den Weidenbaum wirbelt, so dampft der heisse Giftbrodem aus dem Häusermeer des modernen Sodoms empor, und in solch schwüler Treibhausatmosphäre wuchern die bösen Keime und treiben Blüte und Frucht.

    Noch war Bonaventura kein schlechter und gewissenloser Mensch geworden, noch schritt ihm unsichtbar sein guter Engel zur Seite, welcher ihm rechten Weg wies, aber just dieser Weg war es, welcher dem jungen Mann immer beschwerlicher, mühseliger und dornichter deuchte, je mehr das ererbte Vermögen, mit dessen Hilfe er bequemer und behaglicher schreiten wollte, zusammenschmolz.

    — — — — Es war ein bitterkalter Winterabend. —

    Der Schneesturm heulte durch die Strassen, die elektrische Bahn schnob, bis zum letzten Platz gefüllt, blauweisse Funken sprühend, an dem Lichtgefunkel der Schaufenster vorüber, eilige Menschen schoben sich, drängten und hasteten durch das Gewirr der Droschken und Automobile, das behaglich warme Heim oder die gastlichen Räume eines Restaurants zu erreichen!

    Und schnell, wie ein unheimlich lärmender Spuk, flog auch das Automobil durch die stillere Villenstrasse, welches sich der Freiherr von Völkern bestellt hatte, um zu dem Ball des englischen Gesandten zu fahren. Nachdenklich vor sich hinstarrend, das Kinn tief auf den eleganten Pelzkragen seines Paletots geneigt, lehnte Bonaventura in den Polstern, nicht so strahlend heiter und lachend wie sonst, wenn er gleich einem Siegesgott dem friedlichen Schlachtfeld zueilte, auf welchem Gott Amor ihn so ständig mit Lorbeer krönte!

    Nein, heute sah er ernst, verdriesslich, beinahe übellaunig aus.

    Wie sehr hatte er sich gerade auf dieses Fest gefreut, wo er nach vierzehntägiger Pause die sinnige, minnige, kleine Malva wiedersehen sollte!

    Wunderlich, dass es ihm gerade dieses schlichte Wegekräutlein angetan hatte, welches doch neben all den farbenbunten, selbstbewussten Schwestern so gar keine Rolle spielte!

    Gräfin Malvine von Kettenau war die dritte Tochter des Erbherrn auf Schloss Meersburg, eine jener stiefmütterlich Behandelten, welche um des grossen Majorats willen auf das Erbe der Väter verzichten müssen.

    Zwei jüngere Schwestern teilten mit ihr das gleiche Los, in eine Ehe kaum die Ausstattung, geschweige ein Kapital mitbringen zu können, und doch dabei in den glänzendsten Verhältnissen aufwachsend, welche die dadurch sehr verwöhnten jungen Damen zu schlichten und arbeitsamen Hausfrauen untauglich machen!

    Malva schien in dieser Beziehung freilich eine Ausnahme zu machen, denn sie weilte hier in der Residenz bei ihrem Onkel, dem Kammerherrn von Kettenau, zum Besuch, nicht lediglich, um die jungen Seelenschwingen in dem Lichtmeer einer Hochsaison zu baden, sondern um ein grosses und geniales Maltalent in dem Atelier eines bedeutenden Künstlers auszubilden.

    Anfänglich war Komtesse Malva dem Herrn von Völkern kaum aufgefallen.

    Ihre Toiletten waren zwar recht schick, aber doch sehr einfach, ihr zartes, rosiges Gesicht mit den grossen Enzianenaugen musste man öfters sehen, wenn es interessieren sollte.

    Und das tat es durch das reiche, warme Seelenleben, die tiefe Innerlichkeit, welche aus diesen unergründlichen Augen leuchtete. Eine Welt voll Empfindung, voll edler Begeisterung und genialer Leidenschaftlichkeit lag darin und dennoch etwas so Reines, Unberührtes, wie bei einem Kinde, welches, sich selber unbewusst, zum Weib herangewachsen. Der Blick dieser klaren Augen hatte ihn zuerst gefesselt.

    Es lag etwas darin, was ihm neu und fremd war.

    Er liess sich vorstellen und sprach mit ihr. Anfänglich nur ziemlich nichtssagende, gleichgültige Worte, aber bald blitzte es immer geistvoller, immer anregender durch die kurzen Phrasen, und wenn das Fest verrauscht und Bonaventura in seinem stillen Zimmer die letzten blauen Wölkchen der Zigarre in die Luft blies, dann zerrannen all die strahlenden, brillantenglitzernden Gestalten der schönen Frauen und Mädchen wie ein Nebelspuk, und nur zwei grosse, geheimnisvolle Augen lachten ihn an, und Gräfin Malvas weiche, seelenvolle Stimme klang noch leis neben ihm, bis in den tiefsten Traum hinein!

    Und bald fehlte ihm etwas, wenn ihre schlanke, anspruchslose Erscheinung nicht in dem glänzenden Rahmen des Ballsaales erschien, und wiederum in kurzer Zeit langweilte er sich zum Sterben ohne sie, und schliesslich ward es ihm klar, erschreckend klar, dass ihr Bild sich rettungslos tief in sein Herz gesenkt hatte, dass er auf dem besten Wege stand, sich in ein völlig mittelloses Mädchen zu verlieben!

    Und Malva?

    Je nun, nicht nur er, sondern auch alle andern mussten es wohl bemerken, dass Baron Völkern wieder einmal gesiegt hatte, dass ihm auch dieses bebende, heisse, sehnsuchtsvolle Mädchenherz entgegenflog, wie so viele andere schon vor ihm!

    Welch eine Torheit!

    Sie beide mussten sich sagen, dass an eine Heirat nicht zu denken sei.

    Sein Bataillonskommandeur hatte ihn nach einem musikalischen Fest einmal beiseite genommen.

    „Wenn Sie sich auf die Kriegsakademie vorbereiten wollen, lieber Völkern, wäre es jetzt eine sehr passende Zeit. Man wird Ihnen von allen Seiten die Wege ebnen; wer Konnexionen hat, wie Sie, dem kann es nicht fehlen. — Eine gute Karriere — und Sie können heiraten, wen Sie wollen, auch eine mittellose Frau! — Mit bedeutsamem Lächeln klopfte er ihn auf den Arm —: „Die interessante Komtesse Malva mit der Künstlerseele würde Sie fraglos sehr glücklich machen! — Pardon, wenn ich indiskret bin, einem alten Freunde ist es wohl gestattet! — Und nebenbei hat der Onkel als Kammerherr alle Fäden in der Hand, um höchsten Ortes für eine solche Neigungsehe zu interessieren! Glauben Sie mir, Völkern, Sie riskieren nichts, wenn Sie glücklich werden wollen! — Nur mal ernstlich hingesetzt und gearbeitet — damit Sie den Generalstab in der Tasche haben!

    Bonaventura war recht verlegen geworden. Also aufgefallen war seine Kurmacherei bereits! Man erwog schon alle Möglichkeiten seiner eventuellen Heirat und gab ihm Mittel und Wege an die Hand. Der junge Offizier nagte etwas nervös an der Lippe.

    Ernstlich hingesetzt und gearbeitet! Gerade das war ein Mittel, welches ihm so gar nicht zusagte.

    Wer sich so lange ausschliesslich nur amüsiert hat, wie er, dem ist die Lust vergangen, sich noch einmal auf die Schulbank zu setzen. Solch ein Gebüffel von früh bis spät ist furchtbar, geradezu unerträglich! Und eine Ehe ohne das nötige Kleingeld ist bei der besten Karriere doch nur eine Kette von Miseren und Entbehrungen. Vae victis! —

    Er hat Malva lieb — wirklich sehr lieb —, aber von früh bis spät über den Büchern sitzen — sich von aller Geselligkeit zurückziehen, — ein Examen machen — abschliessen mit der schönen, flotten Zeit bunten Genusslebens! — Nein, das ist viel verlangt, zu viel für einen Mann, welcher bisher alle Befriedigung nur in den Freuden der grossen Welt gesucht. Wie hatte es ihm eben schon die Laune verdorben, als sein Bankier die Abrechnung geschickt, als der Rest seines Vermögens so klein geworden war, dass selbst ein so leichtlebiger junger Herr, wie Bonaventura, ernstlich erschrak.

    Gut gerechnet reicht er vielleicht noch ein halbes Jahr damit, wenn er so weiterlebt, wie bisher!

    Und er muss so leben! Er würde ein Herabschrauben all seiner Wünsche und Bedürfnisse gar nicht mehr ertragen.

    Heiraten! — Ja, aber nur eine sehr, sehr reiche Frau, welche eventuell noch einen kleinen Sack voll Schulden kalt lächelnd für den Geliebten bezahlt.

    Das kann Komtesse Malva nicht, wenn sie es auch noch so opferwillig tun möchte! Aber warum denn immer gleich heiraten! Warum alle Poesie, allen Reiz des Interessanten und geistvoll Fesselnden unter dem grauen Schleier von Sorge und Entbehrungen ersticken? — Nein! Nimmermehr!

    Schöne Weiber sind wie die Blumen, an deren Duft und deren Liebreiz man sich berauschen kann, ohne sie zu pflücken und für immer an der Brust zu tragen!

    Bonaventura schrak aus seinen unbehaglichen Gedanken empor.

    Das Automobil hatte sein Ziel erreicht, und ein Livreediener, welcher harrend im Portal stand, sprang herzu, den Schlag der modernsten aller Droschken zu öffnen.

    Welch ein geheimnisvoll süsser Duft weht dem Ankömmling schon aus dem warmen, teppichbelegten Flur entgegen!

    Ein Gemisch von Ambree und all jenen eleganten Modeparfüms, welche um das Spitzengewebe seidener Schleppen, um zierlich frisierte Köpfchen und tadellose Uniformen wehen, ein Duft, welcher sich einschmeichelnd auf die Nerven legt und selbst den Übellaunigsten und Widerstrebendsten gar bald in eine Narkose versetzt, durch deren magische Schleier die ganze Welt als rosenrotes Eden erscheint!

    Kaum hatte sich Völkern küssend über die Hand der Hausfrau geneigt und war mit ein paar gütigen Worten „zu der harrenden Jugend in den Tanzsaal dirigiert — als auch um seine Lippen wieder das alte, übermütige Lächeln spielte, welches jeden Skrupel und jeden ernsten Gedanken als törichten Ballast über Bord wirft. Er grüsst nach allen Seiten. — Die Hacken schlagen zusammen, sein Blick schweift „Opfer suchend — wie ein ganz junges Mädchen seufzend in das Ohr der Freundin flüstert — in die Runde. Endlich! —

    Dort steht sie und schaut ihm harrend mit den köstlichen, enzianfarbenen Augen entgegen. Wie prunklos das weisse Tüllkleidchen an der schmiegsamen Gestalt herniederrieselt, wie bescheiden das kleine Sträusschen Edelweiss den Kleiderausschnitt ziert. Keine Perlen, keine funkelnden Juwelen, — und doch wie originell bei aller Einfachheit. —

    Wer trägt ausser ihr noch Edelweiss? —

    Keine, — weil keine andere so edel, so fleckenlos weiss ist, wie sie!

    Bonaventura hatte eigentlich die Absicht gehabt, ein wenig „abzustoppen" und sich der kleinen Komtesse etwas ferner zu halten — um des albernen Geredes willen! — Aber es ist, als ob eine geheimnisvolle Macht in den klaren, lächelnden Augen liegt, welche ihn unwiderstehlich anzieht und in ihren Zauberkreis bannt.

    Er will es eigentlich nicht, aber er schreitet geradeswegs auf Gräfin Malva zu, begrüsst sie in seiner gewinnenden Weise, welche ihr gegenüber vertraulicher, freundschaftlicher erscheint, wie bei den andern Damen, und versichert sich des Soupers.

    Das zarte Rot auf den Wangen der Komtesse flammt heisser auf — ein Blinder muss es sehen, welch tiefen Eindruck es auf sie macht, von dem Helden des Tages in solch auffälliger Weise ausgezeichnet zu werden!

    Ein kurzes, angeregtes Plaudern, dann muss Bonaventura weiterschreiten, seine Tanzkarte zu füllen.

    Und wie er sich umwendet, schaut er in zwei Augen, welche mit scharfem Blick, schier herausfordernd auf ihn gerichtet sind.

    Völkerns Blick schärft sich; er mustert die fremde, seitwärts stehende Erscheinung ebenso ungeniert, wie sie ihn.

    Zuerst mit einer instinktiven Regung von Widerwillen und Gleichgültigkeit.

    Die junge Dame ist nicht hässlich, im Gegenteil, der Gesamteindruck steht unter einer ausserordentlichen Eleganz, welche nie einer gewissen, faszinierenden Wirkung ermangelt. Desto fataler deuchen ihm die Einzelheiten. Ein Paar Augen, deren elegischer Ausdruck unleugbare Mache ist — ihre wimperlose, leicht gerötete Umrandung wirkt direkt unsympathisch.

    Die Nase ist leicht aufgestülpt, die Mundwinkel herabgeneigt, wie bei steter Übellaunigkeit, der starke Hals hässlich nach vorn gedrückt, wie bei einem Kropfansatz.

    Das wird freilich versteckt unter einem vielreihigen Perlhalsband mit riesigen Brillantspangen und einem feinen Kettengehänge, welches etwas unmotiviert auf die Brust herab flimmert — es gilt wohl hauptsächlich die Solitäre zu zeigen, welche es netzförmig zusammenhalten.

    Das Haar ist hoch toupiert. Ein Reiherstutz, abermals von prunkender Steinagraffe gehalten, steigt wie eine kleine Fontäne empor!

    Obwohl sie einige Herren sehr galant umdrängen, hat sie doch nur Augen und Interesse für Herrn

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1