Martin ist wieder da: Der Bergpfarrer 300 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Guten Morgen, Xaver, was macht der Rücken?« Anna Griesinger blickte den alten Knecht sorgenvoll an. Gestern hatte er sich beim Umladen des Heus verhoben und plötzlich vor Schmerzen aufgeschrien. Ein Hexenschuss! Der Alte winkte ab. »Alles bestens, dein Zeugs hat Wunder gewirkt«, meinte er grinsend und schob die erste Kuh weiter an den Melkstand. »Das Zeugs, wie du es nennst, ist es ein sehr wirksames homöopathisches Mittel«, erklärte die Bäuerin. »Schön, dass es dir geholfen hat. Trotzdem fahren wir nachher ins Dorf hinunter. Der Doktor soll sich das mal anschau'n.« Der Knecht verzog das Gesicht. »Bin mein Lebtag net beim Doktor gewesen, da geh ich wegen so einer Kleinigkeit net hin«, maulte er leise. Indes war die Melkmaschine in Betrieb gegangen, sodass Anna nichts von Xavers Bemerkung hörte. »Wenn du's hier wirklich alleine schaffst, geh ich dann schon mal ins Haus und mach das Frühstück«, sagte sie. Xaver nickte. »Geh nur.«
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Buchvorschau
Martin ist wieder da - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 300 –
Martin ist wieder da
Was erhofft der sich von seiner Heimkehr?
Toni Waidacher
»Guten Morgen, Xaver, was macht der Rücken?«
Anna Griesinger blickte den alten Knecht sorgenvoll an. Gestern hatte er sich beim Umladen des Heus verhoben und plötzlich vor Schmerzen aufgeschrien.
Ein Hexenschuss!
Der Alte winkte ab.
»Alles bestens, dein Zeugs hat Wunder gewirkt«, meinte er grinsend und schob die erste Kuh weiter an den Melkstand.
»Das Zeugs, wie du es nennst, ist es ein sehr wirksames homöopathisches Mittel«, erklärte die Bäuerin. »Schön, dass es dir geholfen hat. Trotzdem fahren wir nachher ins Dorf hinunter. Der Doktor soll sich das mal anschau’n.«
Der Knecht verzog das Gesicht.
»Bin mein Lebtag net beim Doktor gewesen, da geh ich wegen so einer Kleinigkeit net hin«, maulte er leise.
Indes war die Melkmaschine in Betrieb gegangen, sodass Anna nichts von Xavers Bemerkung hörte.
»Wenn du’s hier wirklich alleine schaffst, geh ich dann schon mal ins Haus und mach das Frühstück«, sagte sie.
Xaver nickte.
»Geh nur.«
Anna Griesinger verließ den Melkstand und ging über den Hof. Rex folgte ihr und wedelte mit der Rute.
»Ja, ja«, schmunzelte sie, »du bekommst auch gleich was.«
Der Hund blieb brav vor der Tür sitzen und wartete geduldig, bis das Frauchen wieder herauskam und ihm den Fressnapf hinstellte. Anna klopfte ihm lächelnd auf den Rücken und kehrte in die Küche zurück. Dort lief bereits die Kaffeemaschine, und ein betörender Duft machte sich breit.
Die Bäuerin stellte die Butter und Marmelade auf den Tisch, dann richtete sie Wurst und Käse auf einem Teller an. Anschließend schnitt sie Brot ab und stellte den Korb ebenfalls auf den Tisch. Als sie kurz darauf den Knecht die vollen Milchbehälter nach vorne zur Hofeinfahrt bringen sah, schnitt sie Speck in feine Streifen und gab ihn in eine Bratpfanne. Wenig später mischte sich unter den Kaffeeduft der appetitanregende Geruch von brutzelnden Spiegeleiern mit Speck.
Xaver kam in die Küche und wusch sich die Hände am Spülbecken.
»Ich fahr dann nachher gleich in den Wald hinauf«, erklärte er, während er sich an den Tisch setzte. »Der Sturm der letzten Woche wird vermutlich einigen Schaden angerichtet haben. Das will ich mir mal ansehen.«
Anna schüttelte den Kopf.
»Das kann warten«, entgegnete sie bestimmt. »Wir fahren nachher zum Doktor!«
Xavers Stirn zeigte eine Unmutsfalte, doch er wusste, dass seine Bäuerin sich davon würde kaum beeindrucken lassen. Also widmete er sich stillschweigend seinem Frühstück und behielt seine Gedanken für sich.
Die Praxis öffnete um acht Uhr. Anna hatte bereits am Vortag dort angerufen und sich einen Termin für ihren lang gedienten, treuen Mitarbeiter geben lassen, und sie würde sehr genau darauf achten, dass Xaver ihn auch wahrnahm.
Schließlich war er auf ihrem Hof unersetzlich!
Da die Bäuerin das alte Schlitzohr nur zu genau kannte, brachte sie Xaver Hochleitner persönlich bis ins Wartezimmer.
»Ich geh dann zum Friedhof«, verabschiedete sie sich von ihm, »und hol dich nachher wieder hier ab.«
Der Alte nickte und brummte irgendwas in seinen grauen Bart. Anna lächelte ihm zu und verließ die Praxis.
Ehe sie losgefahren waren, hatte die Bäuerin einen Strauß bunter Blumen im Garten abgeschnitten, den sie aus dem Auto holte. Noch herrschte kaum Verkehr in St. Johann, aber nicht mehr lange, dann würden die ersten Reisebusse anrollen, die die Tagestouristen brachten. Vor allem die Kirche des Dorfes war ein beliebtes Ziel der Besucher.
Doch jetzt ging Anna alleine den Kiesweg hinauf und drückte die Klinke der eisernen Pforte zum Friedhof hinunter.
Die Grabstätte der Familie Griesinger lag unter einer ausladenden Ulme. Zwei Generationen waren hier schon zur letzten Ruhe gebettet worden. Josef Griesinger und dessen Frau, Anna, sowie Franz und Burgl Griesinger, die Eltern der jungen Bäuerin, die nach der Großmutter benannt worden war.
Anna richtete die Blumen in einer Vase an und säuberte das Grab von herabgefallenen Blättern. Gegossen werden musste auch schon wieder. Bei diesen Temperaturen musste man beinahe jeder Tag herfahren, wenn man die Pflanzen nicht vertrocknen lassen wollte. Leider fehlte dazu die Zeit. Glücklicherweise gab es aber liebe Zeitgenossen, die die Gräber neben denen ihrer Angehörigen ebenfalls gossen, so wie Anna jetzt auch.
Nach getaner Arbeit hielt sie einen Moment inne und sprach ein stummes Gebet. Dann wandte sie sich ab und ging den Weg zum Ausgang zurück.
»Anna, grüß dich!«
Sie schaute zu der Hecke hinüber, die den Friedhof vom Pfarrgarten abtrennte. Dort stand Pfarrer Trenker und winkte ihr zu.
»Grüß Gott, Hochwürden«, erwiderte sie und ging hinüber.
»So früh schon unterwegs?«, bemerkte Sebastian, nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatte.
»Net freiwillig«, erwiderte die junge Frau und berichtete von Xavers Besuch bei Dr. Wiesinger.
Der Bergpfarrer machte ein bedenkliches Gesicht.
»Tja, er ist eben net mehr der Jüngste. Und die Arbeit auf dem Hof wird net weniger – eher mehr!«
Er sah Anna forschend an.
»Du weißt schon, was ich meine …?«
Sie winkte schmunzelnd ab.
»Freilich, Hochwürden, oft genug haben Sie’s mir ja schon gesagt«, entgegnete sie. »Aber ich hab zum Heiraten einfach keine Zeit. Abgesehen davon, fehlt mir auch der Mann dazu.«
»Den zu finden, dürfte net das Problem sein«, lächelte der gute Hirte von St. Johann. »Du müsstest dich bloß mal wieder auf dem Tanzabend im ›Löwen‹, seh’n lassen. Seit dem Tod des Vaters bist net mehr dort gewesen.«
Die junge Bäuerin zuckte die Schultern. Sechsundzwanzig Jahre war sie jetzt alt, und der liebe Gott hatte bei ihr wieder einmal bewiesen, was für ein Künstler er war. Anna war groß und schlank, das kastanienbraune Haar trug sie meistens zu einem Zopf gebunden, und das hübsche Gesicht konnte durchaus auch mal zornig aussehen, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Die Figur der jungen Frau brachte Männer zum Träumen, und doch gab es niemanden in ihrem Leben, für den dieser Traum wahr geworden wäre.
»Als Vater starb, da hat sich’s net geschickt«, erklärte sie nun, »und in der schwierigen Zeit danach, hatte ich, wie gesagt, keine Zeit für Vergnügungen.«
»Aber jetzt solltest dir diese Zeit einmal nehmen«, argumentierte der Bergpfarrer. »Sonst läuft sie dir nämlich davon, und dann ist’s zu spät.«
Wieder zuckte sie die Schultern.
»Mal schau’n«, antwortete Anna Griesinger und verabschiedete sich.
Sebastian blickte ihr nachdenklich hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen war. Genauso nachdenklich kehrte er ins Pfarrhaus zurück.
*
»Was hat er denn gesagt, der Dr. Wiesinger?«, erkundigte sich Anna auf der Fahrt zurück zum Griesingerhof.
Xaver winkte missmutig ab.
»Schonen soll ich mich«, brummte er. »So ein Schmarrn! Als wenn unsereiner dazu Zeit hätt, sich hinzulegen. Und seine Spritze hätt er sich auch sparen können. Hilft ja eh nix.«
Die junge Bäuerin schmunzelte. Genauso kannte sie ihren Knecht.
»Dann werden wir uns eben darauf einstellen müssen, dass du die nächsten Tage ein bissel kürzer trittst«, erklärte sie kategorisch. »Ins Bett musst von mir aus net unbedingt, aber schonen wirst dich! Schließlich ist es bis zur Ernte net mehr lang, da brauch ich dich wieder gesund.«
»Jedenfalls zu diesem Quacksalber geh ich net wieder!«, verkündete Xaver mit einem mürrischen Unterton. »Da frag ich lieber den Brandhuber.«
Anna riss entsetzt die Augen auf.
»Untersteh dich!«,