Der neue Landdoktor 81 – Arztroman: Üble Nachrede
Von Tessa Hofreiter
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Über dieses E-Book
Tessa Hofreiter ist in vielen Romangenres mit großem Erfolg aktiv. Einen ihrer zahlreichen Höhepunkte bildete fraglos die Serie um "Das Chateau", die sich um ein französisches Weingut dreht. Immer populärer ist in jüngster Zeit "Der neue Landdoktor" geworden, der den Nerv einer wachsenden Lesergemeinde trifft. Der Stil dieser Schriftstellerin ist unverwechselbar.
"Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Frau Talhuber. Dieses Mittel hilft gegen den lästigen Reizhusten, und Sie werden besser schlafen können." Mit diesen freundlichen Worten verabschiedete sich Sebastian Seefeld von der letzten Patientin dieses Tages und schloss hinter ihr die Tür. Der gutaussehende und sehr beliebte Landdoktor liebte seinen Beruf und schaute nicht nach der Uhr, wenn seine Patienten bei ihm waren, aber nun freute er sich sehr auf den Feierabend. Seine Freundin Anna Bergmann, die im Umkreis von Bergmoosbach als Hebamme arbeitete, und er waren mit einem befreundeten Ehepaar verabredet. Sie wollten zum Landgasthof ›Zum Gamsbart‹ hinausfahren und dort eine rustikale Brotzeit genießen. Anna war eine hübsche junge Frau mit sportlicher Figur, seidigen, dunklen Haaren und schönen grünen Augen. Sie kam eben mit ihrem Mountainbike in die Einfahrt des Doktorhauses, schob das Rad in den Garten und warf ihrem Liebsten mit Schwung die Arme um den Nacken. Ihre Augen leuchteten auf, als sie seinem liebevollen Blick begegneten. "So, allen Babys und den Müttern geht es gut, heute Nacht gibt es keinen Storchenalarm, und bis morgen Abend habe ich noch nicht einmal Rufbereitschaft. Wir haben Zeit für uns", sagte sie zufrieden. "Dann lass uns gleich losfahren. Wir nehmen Rieke mit, ihr Mann ist gleich aus dem Wald zum ›Gamsbart‹ gefahren und reserviert uns Plätze", antwortete Sebastian. "Praktisch, wenn man mit dem Förster befreundet ist", schmunzelte Anna. Dessen Frau war die Tierärztin Rieke Wagenfurth, die ihre Praxis am Marktplatz hatte. Auch sie hatte verhältnismäßig pünktlich Feierabend machen können und erschien jetzt in der Einfahrt. "Guten Abend, ihr beiden"
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Der neue Landdoktor
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Der neue Landdoktor 81 – Arztroman - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 81–
Üble Nachrede
Niemand gab ihm eine Chance
Tessa Hofreiter
»Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Frau Talhuber. Dieses Mittel hilft gegen den lästigen Reizhusten, und Sie werden besser schlafen können.« Mit diesen freundlichen Worten verabschiedete sich Sebastian Seefeld von der letzten Patientin dieses Tages und schloss hinter ihr die Tür. Der gutaussehende und sehr beliebte Landdoktor liebte seinen Beruf und schaute nicht nach der Uhr, wenn seine Patienten bei ihm waren, aber nun freute er sich sehr auf den Feierabend.
Seine Freundin Anna Bergmann, die im Umkreis von Bergmoosbach als Hebamme arbeitete, und er waren mit einem befreundeten Ehepaar verabredet. Sie wollten zum Landgasthof ›Zum Gamsbart‹ hinausfahren und dort eine rustikale Brotzeit genießen.
Anna war eine hübsche junge Frau mit sportlicher Figur, seidigen, dunklen Haaren und schönen grünen Augen. Sie kam eben mit ihrem Mountainbike in die Einfahrt des Doktorhauses, schob das Rad in den Garten und warf ihrem Liebsten mit Schwung die Arme um den Nacken. Ihre Augen leuchteten auf, als sie seinem liebevollen Blick begegneten.
»So, allen Babys und den Müttern geht es gut, heute Nacht gibt es keinen Storchenalarm, und bis morgen Abend habe ich noch nicht einmal Rufbereitschaft. Wir haben Zeit für uns«, sagte sie zufrieden.
»Dann lass uns gleich losfahren. Wir nehmen Rieke mit, ihr Mann ist gleich aus dem Wald zum ›Gamsbart‹ gefahren und reserviert uns Plätze«, antwortete Sebastian.
»Praktisch, wenn man mit dem Förster befreundet ist«, schmunzelte Anna.
Dessen Frau war die Tierärztin Rieke Wagenfurth, die ihre Praxis am Marktplatz hatte. Auch sie hatte verhältnismäßig pünktlich Feierabend machen können und erschien jetzt in der Einfahrt. »Guten Abend, ihr beiden«, rief sie fröhlich winkend zu ihren Freunden hinüber. »Wie schön, dass es mit unserer Verabredung klappt.«
Genauso, wie Sebastian Seefeld für menschliche Notfälle zur Verfügung stand, war Rieke immer für ihre tierischen Patienten da. Einen Abend gab es nicht oft, an dem beide Ärzte, die Hebamme und der Förster ungestört zusammen ausgehen konnten.
»Dann los, meine Damen«, sagte Sebastian und öffnete mit einer scherzhaften Verbeugung die Tür seines geländegängigen Wagens. »Genießen wir unseren Feierabend.«
Sie ließen das Dorf mit seinen malerischen Gassen und blumengeschmückten Häusern hinter sich und fuhren an satten Viehweiden vorbei, hinter denen das Wasser des Sternwolkensees in der Abendsonne schimmerte. Nachdem sie ein Waldstück durchquert hatten, kamen sie zu weiteren Ackerflächen und Weiden, die einen schönen Bauernhof in traditioneller Bauweise umgaben.
Die Schenke ›Zum Gamsbart‹ gehörte zum Hof der Familie Stübl und war ein beliebtes Ausflugsziel. Dort gab es keine Massentierhaltung, das Essen war schlicht, gesund und äußerst schmackhaft. Man saß an Tischen und Bänken im Schatten alter Eichen und Lindenbäume, es gab einen Bach mit klarem Wasser, und manchmal sorgten süße Katzen- oder Hundewelpen für das Entzücken der kleinen und großen Gäste. Der verwitwete Anton Stübl betrieb Hof und Wirtschaft gemeinsam mit seiner Tochter Katharina, von allen nur Kathi genannt, und zwei Angestellten. An zwei Tagen der Woche kam noch eine ältere Frau aus dem Dorf hinaus, die beim Saubermachen half. Sie hieß Notburga Krämser und wurde Burgl gerufen. Burgl arbeitete gut und gründlich, und trotzdem herrschte oft Gewitterstimmung auf dem Hof, wenn sie dort war. Die ältere Frau war griesgrämig, hatte an allen und allem etwas auszusetzen und war geübt darin, giftige Bemerkungen zu machen. Selbst Traudel, die gute Seele vom Doktorhaus, konnte nicht leugnen, dass Burgl eine boshafte Befriedigung darin fand, in ihren Mitmenschen etwas Schlechtes zu sehen und Unfrieden zu stiften.
Als sich die Freunde aus Bergmoosbach zu Riekes Mann Lorenz setzten, trat auch Burgel mit einer Maß an den Tisch und sagte zu Lorenz: »Hättest gar nicht früher kommen müssen, Förster. Seitdem es unten am Sternwolkensee dieses moderne Steg-Haus mit seinem albernen Namen gibt, kommen nicht mehr so viele Gäste wie früher heraus, es gibt immer freie Plätze.«
»Ja, dir auch einen schönen Abend, Burgl«, antwortete Lorenz friedfertig. Diese griesgrämige Frau mit ihrer ewigen Unzufriedenheit konnte ihm die freundliche Abendstimmung nicht verderben. »Nimmst du heute auch die Bestellungen auf oder sollen wir auf die Kathi warten?«
Burgls stechender Blick huschte von ihm zu einem neuen Gast hinüber, und sie runzelte missbilligend die Stirn. »Was will denn der Wendelin Deggendorf schon wieder hier?«, grummelte sie.
»Na, was wohl, seinen Feierabend genießen«, entgegnete Rieke mit einer gewissen Schärfe in der Stimme. Sie hatte nicht so viel Geduld wie ihr Mann mit den Nörgeleien dieser schwierigen Frau. »Hallo, Wendelin, magst du dich zu uns setzen?«, rief sie zu ihm hinüber.
Der Mann schaute überrascht, dann erfreut zurück. »Komm, Streuner, gehen wir mit an den Tisch dort drüben«, sagte er zu seinem Hund, einer braun-schwarzen Promenadenmischung mit leuchtenden dunklen Augen, und setzte sich mit in die Runde.
Wendelin Deggendorf war ein mittelgroßer Mann mit kräftiger Statur, dem man seine Arbeit an frischer Luft ansah. Die Sonne hatte seine dunkelblonden Haare mit hellen Strähnen durchsetzt, und seine Haut war leicht gebräunt. Er trug Jeans und ein schlichtes weißen T-Shirt, darüber wegen der Abendkühle ein offenes blaues Holzfällerhemd, dessen Farbe gut zu seinen grau-blauen Augen passte.
»Als ob es hier nicht schon genug Hunde gibt, das ist eine Schänke und kein Tierheim«, knurrte Burgl vorwurfsvoll und stapfte Richtung Haus davon.
»Naja, wo sie recht hat, hat sie recht«, schmunzelte Sebastian und deutete auf die mittlerweile fünf Hunde, die sich versammelt hatten. Es waren die drei Tiere aus der Försterei, der Berner Sennenhund vom Doktorhaus und Streuner.
»Lassen wir sie im Rudel herumstromern. Sie kennen den Hof und die Umgebung und vor allen Dingen wissen sie sich zu benehmen«, antwortete die junge Tierärztin und entließ die Hunde mit einem Handzeichen. Streuner fragte sein Herrchen mit einem Blick um Erlaubnis und dann stob auch er freudig hinüber zu der großen Wiese, auf der seine Kumpel herumtobten.
»Grüß Gott, was kann ich euch denn heute Abend Schönes bringen?«, fragte eine freundliche Stimme. Eine junge Frau im brombeerfarbenen Dirndl, dessen Mieder mit winzigen Blüten bestickt war, trat zu ihnen an den Tisch. Ihre lockigen dunklen Haare waren zu einem weichen Knoten aufgesteckt. Haselnussbraune Augen leuchteten unter fein geschwungenen Brauen, und ihr Lächeln war offen und warmherzig. Kathi Stübl war eine hübsche junge Frau, die Lebensfreude ausstrahlte. Sie hatte eine zarte helle Narbe, die sich wie ein winziger Halbmond über ihrer Oberlippe erhob. Kathi hatte als kleines Mädchen einen heftigen Sturz mit ihrem Schlitten gehabt und sich am Mund verletzt. Die Narbe, die sie davongetragen hatte, verunstaltete sie nicht, sondern sie wirkte eher wie ein aparter, kleiner Schmuck.
Wenn Wendelin in Kathis lebhaftes Gesicht schaute, hatte er oft das Gefühl, dass sein Herz ins Stolpern geriet. Das hatte nichts mit der kleinen Narbe zu tun, sondern damit, dass sein Herz grundsätzlich seltsame Sprünge vollführte, wenn er Kathi begegnete. Wendelin versuchte tapfer, das zu ignorieren.
Er mochte ein wenig schlicht sein, aber er war keineswegs dumm und wusste, dass eine Frau wie Katharina Stübl für ihn unerreichbar war. Deshalb tat er so, als interessiere ihn die Speisekarte sehr viel mehr als ein Gespräch mit der hübschen Kellnerin, und er bestellte sein Essen und das Feierabendbier mit knappen Worten.
Auch die anderen hatten inzwischen ihr Abendbrot bestellt, ließen sich Bier oder leckere Saftschorlen schmecken und unterhielten sich. Dabei kam die Rede auch auf das Jagdschlösschen, das außerhalb Bergmoosbachs tief in den Wäldern lag.
Dieses sogenannte Jagdschlösschen war alles andere als ein kleines Schloss, sondern vielmehr eine solide, große Jagdhütte aus Holz, die auf einem Fundament aus Feldsteinen ruhte. Es gab einige kleinere Nebengebäude, einen steinernen Brunnen mit Pumpe und einen gemauerten Außenkamin. Das urige Anwesen war vor über hundert Jahren von einem Adligen erbaut worden, der es für sich und seine Gäste als Unterkunft für die Jagdzeit nutzte. Später ging es durch mehrere Hände und war schließlich an die Gemeinde verkauft worden. Man konnte das Haus zu besonderen Anlässen mieten, aber meistens stand es leer.
»Tja, das Jagdschlösschen«, sagte der Förster mit einem kleinen Seufzer. »Bisher macht es mehr Ärger, als dass es der Gemeinde etwas einträgt.«
»Hat es denn wieder neuen Ärger gegeben?«, erkundigte sich Anna besorgt. »Zum Glück sind die Einbrecher vom Frühling an den massiven Fensterläden gescheitert. Wollte wieder jemand hinein?«
»Das nicht, es hat sich wohl herumgesprochen, dass das sehr schwierig ist. Aber im Außenbereich ist allerhand losgewesen. Dort campieren oder randalieren immer wieder irgendwelche meist betrunkenen Idioten und lassen ihren Müll zurück. Wenn wir nicht einen so aufmerksamen Mitarbeiter wie Wendelin hätten, wären die Schäden unabsehbar. Vor zwei Tagen hat er einen Waldbrand verhindert.«
Alle Augen richteten sich auf den Mann, der leicht verlegen mit den Schultern zuckte. »Eigentlich war es ja der Streuner, der die betrunkenen Ruhestörer und ihr Feuer entdeckt hat«, sagte